Direkt ab Lager – Ein Tag im Leben eines Sammlungsmanagers

Wie ich neulich enthüllt habe, sind Registrare, Sammlungsmanager, Depotverwalter und Magaziner eine merkwürdige Tierrasse, die selten zu beobachten ist. Wie wir von zahlreichen Tier-Dokus wissen, gibt es nichts spannenderes, als seltene Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten. Ich bin wirklich froh, dass meine Kollegin Anne T. Lane hier eine Serie über die Arbeit hinter den Kulissen in der Sammlungsabteilung schreiben wird. Wenn Sie unsere Reihe verfolgen, können Sie das nächste Mal, wenn Ihre Kinder fragen „Mama, Papa, was macht denn ein Sammlungsmanager?“ eine wesentlich schlauere Antwort geben als „Also, ein Sammlungsmanager… ein Sammlungsmanager managt Sammlungen.“

Es ist ein anderes Leben hier hinten. Es gibt keine Fenster, denn Licht ist schädlich für Museumsobjekte. Wir haben unsere eigene, abgetrennte Klimaanlage und Klimakontrolle, denn Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit ist schädlich für Museumsobjekte. Genauso wie niedrige Luftfeuchtigkeit. Wenn Sie uns also wie Nachteulen die Augen zusammenkneifen sehen und wir selbst bei einer Hitzewelle von über 30 Grad immer noch etwas Langärmliges anhaben – dann wissen Sie, wo wir herkommen.

mask1So, Sie wollen also wissen, wie ein typischer Tag eines Sammlungsmitarbeiters aussieht? Tut mir leid, so etwas gibt es nicht. Ich entwerfe eine Kiste für die Lagerung einer Gasmaske aus dem Zweiten Weltkrieg. Das mache ich schon seit zwei Wochen. Ich komme immer wieder, na, vielleicht 10 Minuten am Stück dazu, daran zu arbeiten. Immer zwischendurch, wenn ich nicht gerade eine Sammlung Haarnadeln mit Inventarnummern beschrifte, eine Ladung Damenkleider aus der Victorianischen Ära in säurefreies Seidenpapier und säurefreie Kartons packe, die Sammlungsdatenbank auf den neuesten Stand bringe, Zustandsprotokolle für die Ausstellung einen Stock höher anfertige, einen möglichen Spender besuche, der eine Sammlung Babyklamotten aus der Zeit des Ersten Weltkriegs anbietet, einen Kostenvoranschlag für das Rahmen einiger Plakate einhole, die Sammlungsdatenbank auf den neuesten Stand bringe, einen Ehrenamtlichen betreue und kontrolliere, der Daten von unseren alten Karteikarten in die Datenbank überträgt, das Hezekiah Alexander House reinige, die Handschuhe wasche, mit denen wir die Sammlungsgegenstände anfassen (mildes Waschmittel, zweimal spülen, kein Weichspüler und: nicht die Katzen im Wäschesack schlafen lassen!), die Sammlungsdatenbank auf den neuesten Stand bringe, neue Umschläge und Kartons für die Postkartensammlung bestelle, an Vorgesprächen teilnehme, die Hausaufgaben für Vorgespräche mache, eine mit Perlen verzierte Jacke und Handtasche fotografiere, Knitterfalten in einer Steppdecke ausdämpfe, den Ausstellungskalender der nächsten drei Jahre mit Kris durchspreche, oh, und habe ich erwähnt, dass ich die Sammlungsdatenbank auf den neuesten Stand bringe?

Es ist kein langweiliger Job. Man arbeitet mit anderen Leuten zusammen; dann schleicht man sich wieder für Stunden weg, um alleine zu arbeiten. Sie werden kreativ sein, Sie werden Dinge basteln und bauen, Sie werden mit all den hübschen Dingen umgehen, Sie werden recherchieren, Sie werden Probleme lösen, Sie werden jeden Tag neue Dinge lernen, Sie werden mit ähnlich gestrickten Leuten zusammenarbeiten – anderen Museumsmitarbeitern, Praktikanten und Ehrenamtlichen. Oh, und habe ich erwähnt… uuups, falscher Absatz. Sie müssen präzise arbeiten und übergenau sein, wenn es um Fehler geht. Sie müssen gut organisiert sein, aber auch sehr flexibel. Und Sie dürfen nicht am Schreibtisch essen. Niemals.

Ich werde hier über einige Dinge im Museum schreiben, alte und neue, die in den Regalen liegen oder in ihren Kisten stehen. Und über einige der Arbeitsabläufe und Vorgehensweisen, die notwendig sind, um sich um sie zu kümmern. So viele Menschen haben keine Ahnung, was hinter den geschlossenen Türen der Sammlungsabteilung passiert. Sie werden mich dabei antreffen, wie ich eine Behausung für diese arme Gasmaske baue; oder dabei, die Sammlungsdatenbank auf den neuesten Stand zu bringen.

Shanti
Anne

Text: Anne T. Lane

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Matchball für den Registrar!

Wenn Sie an die Arbeit eines Registrars denken, denken Sie wahrscheinlich als erstes an Kunst, archäologische Fundstücke oder Fossilien. Weniger bekannt und beachtet sind Sportsammlungen und -museen. Aber, hey, Sport und Museum? Klingt für mich nach einer Win-Win-Kombination. Ich bin froh, Antony Aristovoulou kennen gelernt zu haben, der schon für einige Sportsammlungen gearbeitet hat. Das Spiel des Registrars scheint immer das gleiche zu sein: sortieren, katalogisieren, in die Datenbank eintragen, verpacken, einlagern. Keine großen Überraschungen, man spielt einfach nach den Regeln. Aber das, was Antony passiert ist, war nicht damit zu vergleichen, mit einem Rasenplatz zu rechnen und einen Sandplatz vorzufinden. Es war eher so, als ob man einen Hundertmeterlauf erwartet und am Tag des Wettbewerbs erfährt, dass es ein Ironman ist, den man in Flip-Flops zu absolvieren hat.

tennisMeine Arbeit für das Melbourne Cricket Club Museum/National Sports Museum, die darin bestanden hatte, die Sammlung umzuziehen, zu dokumentieren und neu zu verpacken, ging langsam ihrem Ende entgegen und ich sicherte mir einen neuen Auftrag für das Deakin University’s Centre for Leisure Management Research (CLMR) im Dezember 2006. Man sagte mir, dass im Januar 2007 Tennis Australia eine Sammlung haben würde, die umgezogen und dokumentiert werden müsste. Mit Kind und Kegel und allem, was so dazu gehört. Was man mir an diesem Punkt wohlweislich nicht verraten hatte, war, dass noch keinerlei Gründungsarbeiten (z.B. Lagerraum, Datenbanksystem, Regale…) gemacht worden waren. Mann, der Vertrag zwischen der Universität und Tennis Australia (TA) war noch nicht einmal in trockenen Tüchern! Da war ich also, stolz auf mich und dachte, dass ich den einen Auftrag beenden würde, dann Weihnachtsurlaub hätte und dann direkt mit dem neuen Job anfangen könnte. Wie falsch lag ich damit!

Im März ’07 kamen die Dinge dann langsam in Gang, als ich in ein Schiffscontainerlager gerufen wurde. Im Grunde genommen war die ganze Sammlung in diesem Container – direkt aus Kalifornien, U.S.A. Es war die Privatsammlung eines deutschen Auswanderers namens Rolf Jaeger, der sie in einem kalifornischen Privatmuseum ausgestellt hatte. Sie wurde vom Präsidenten der TA, Geoff Pollard, aufgekauft, in der Hoffnung, damit den Grundstein einer eigenen Sammlung des Kulturerbes von Tennis Australia für ein Tennismuseum im Melbourne Park zu legen. Diese Jaeger-Sammlung sollte diejenigen historischen Objekte ergänzen, die sich bereits in den Büros und Lagerräumen von Melbourne Park befanden. Australien war die einzige Grand Slam Nation, die noch kein eigenes Grand Slam Tennismuseum besaß. Alle Objekte waren in den Container gestopft und ich sah auf den ersten Blick, dass es Opfer gegeben haben musste. Ich starrte mit offenem Mund und fragte mich, wo ich da reingeraten war.
Wie auch immer, ich musste mich also nicht nur um die Objekte kümmern, sondern auch einen Lagerraum, Computer, Bildbearbeitungs- und Datenbanksoftware und Fotoausrüstung beschaffen, sowie Empfehlungen zu Sicherheitseinrichtungen, Lagereinrichtungen usw. geben.

Das machte ich also, der Container wurde angeliefert und im Verlauf einiger Monate sortiere ich die ganzen Objekte durch. Geld wurde schon nach kurzer Zeit knapp – was die Liegenschaft, Computer, Datenbank und Fotoausrüstung betraf, hatte ich bekommen, was ich gewollt hatte, aber nicht im Hinblick auf Verpackungsmaterial (säurefreie Kartons usw….) und Lagereinrichtung (ich bekam einiges, aber nicht genügend, um alle Objekte sicher unterzubringen). Für viele Objekte – besonders für die Hunderte von Tennisschlägern – musste ich große Acrylcontainer (mit Stretchfolie darüber) nehmen, die mit dem Container mitgekommen waren, die auf Holzpaletten standen. :-/
Dennoch wurde alles bezeichnet, registriert, inventarisiert (Vernon CMS), mit Standort versehen, fotografiert und zur Datenbank verlinkt und, natürlich, verpackt (zumindest soweit es mir möglich war).
Ich erstellte umfassende Schadensberichte für die Objekte, die ungeschützt oder nur unzureichend geschützt aus dem Container kamen und das war’s dann.

Oh, nein, noch nicht ganz. Ich musste mich auch noch (was ich vorher nicht wusste) um die überschüssigen Einrichtungsgegenstände und um die Australien Open Gerätschaften kümmern. Das schluckte natürlich ziemlich viel Lagerplatz und ich brauchte Monate, um die ganzen Dinge so zusammenzupacken und einzudampfen, dass maximal viel Platz für die Sammlung blieb UND so wenig Dreck und Staub wie möglich die Sammlung beeinträchtigte.

Tja, das war’s – soweit ich mich jetzt, da ich es aufschreibe, erinnern kann. Ich weiß nicht, was aus dem Großteil der Sammlung geworden ist, seit ich das Projekt im April 2009 beendet habe. Aber etwa ein Jahr später habe ich gesehen, dass einige der Objekte, mit denen ich gearbeitet hatte, an den Kooyong Tennis Club (das ehemalige Zuhause der Australian Open) ausgeliehen worden war und das war schön zu sehen. Wenigstens hatte einige der Schmuckstückchen, die ich in Händen hatte, ihren großen Auftritt! 🙂

Text: Antony Aristovoulou

Dieser Beitrag ist auch auf russisch erhältlich, übersetzt von Helena Tomashevskaya.

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Registrare auf der ISS!

aprilfool1

Ein Blick auf google analytics förderte heute eine bisher unbekannte Tatsache zutage: Es gibt Registrare auf der International Space Station (ISS), oder zumindest Leute, die Registrar Trek lesen! Scheint so, als sei unser Blogtitel nicht so futuristisch wiewir dachten…

Naja, in Wahrheit ist es ein Aprilscherz von Google, aber ein ziemlich guter, denn dieser Ort bewegt sich auf der Flugbahn der realen ISS. Behaltet die Sterne im Auge!

Da wir heute ohnehin in ausgelassener Stimmung sind, gibt es heute noch einen Link oben drauf zu einem Spiel namens „Must Escape the Museum“. Ein Point-und-Klick-Abenteuer für die dunkle Seite Ihrer Registrarspersönlichkeit… Sie können die Statuen, Dinosaurier und – um auf den Titel zurückzukommen – Raumanzüge mit bloßem Mauszeiger anfassen (na, zumindest trägt der ja in der Standardversion weiße Handschuhe): Must escape the museum!

mustescape1

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Von Laderampen und Türen

Als Registrare sind wir vertraut mit Standards, Richtlinien und Normen. Neulich stolperte ich über eine Passage in der DIN EN 15946:2011 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Verpackungsverfahren für den Transport“. Unter 5.2.1 wurde da darauf hingewiesen, dass darauf zu achten ist, dass die äußeren Dimensionen der Verpackung so bemessen sind, dass sie durch die engste Stelle auf dem Transportweg gehen. Und dass man kleine Gegenstände zusammen verpacken kann, solange sie zusammenpassen und den gleichen Zielort haben. Meine erste Reaktion war:
youdontsay
„Sag bloß?“

Meine Kollegin Anne T. Lane informierte mich kurz darauf, dass das zwar durchaus wie eine Anweisung von Hauptmann Offensichtlich klingt, aber doch nicht ganz blöd ist:

Da die Laderampe unseres Universitätsmuseums natürlich so ist, dass kein normaler LKW dort rückwärts ranfahren kann, nutzen wir oft die benachbarte Laderampe der Theater-Abteilung, wenn ein Sattelschlepper eine Sendung abholt oder anliefert. Das bedeutet, dass wir unsere Kisten durch das ganze Ausstellungshaus und eine ganze Reihe von Fluren und Türen schleppen. Kevin, einer unserer Präparatoren („preparator“ entspricht in US-Museen in etwa unseren Ausstellungstechnikern – Anmerkung der Übersetzerin), versuchte schon geraume Zeit eine Kiste aus unserem Museum durch die Doppeltür zu bringen, aber sie hing immer wieder fest. Ich kam, um ihm behilflich zu sein und stellte fest, dass es so eng war, dass ich die beiden Türdrücker auf beiden Seiten abwechselnd eindrücken musste, damit die Kiste hindurch passte. Die Kiste war eigentlich ein Standardmodell, diese Dinger aus Sperrholz, die mit Leisten verstärkt sind, so dass hervorstehende Leiste und flachere Platten sich abwechseln. Deshalb schnappten die Türdrücker natürlich wieder zurück, sobald die erste Leiste durch war und hielten die Kiste fest. Deshalb musste ich immer vor und wieder zurück, um die Türdrücker wieder hineinzudrücken, bis wir das Ding endlich durch hatten. Da meine Arme nicht lang genug sind, um beide Türflügel zu erreichen, mussten wir die Kiste immer in genau so einem Winkel halten, dass sie den einen Türdrücker von selbst hineindrückte, während ich auf die andere Seite ging, um den dortigen Türdrücker herunterzudrücken. Wenn die Kisten nur einen Zentimenter breiter gewesen wäre, hätten wir sie nach draußen und um das ganze Gebäude herum transportieren müssen.
Das sind so Tage, die Spaß machen….

Text: Anne T. Lane, Übertragen ins Deutsche von Angela Kipp

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Hallo Registrar-Welt!

march13

Am 2. Januar sind wir mit einer verrückten Idee angetreten: Eine Plattform zu schaffen, um Registrare in der ganzen Welt zu verbinden. Jetzt, drei Monate später, ist es Zeit für einen ersten Rückblick. Also, was sagt die Karte?

Wo kamen die Besucher von Registrar Trek im März 2013 her?
Nordamerika: 1165
Europa: 426
Südamerika: 94
Ozeanien: 84
Mittelamerika (mit Mexiko): 18
Asien: 7
Afrika: 3

Wir vermuten, das bedeutet, dass wir Registrare weltweit erreichen und dass man sehr leicht sieht, wo der Registrar eine bekannte Spezies ist und wo unserer Beruf eher selten ist.

Wenn wir einen Blick auf alle Besucher zwischen dem 2. Januar und dem 29. März werfen, dann haben wir 9576 Besuche von 4453 Besuchern. Das ist, tja, wie sagen wir das am besten?…

Roar!

 
 
Im Ausblick hoffen wir natürlich, dass Sie uns weiter tolle Geschichten aus Ihrer täglichen Arbeit erzählen oder darüber, wie Sie Registrar wurden oder schöne Artikel über unser Arbeitsgebiet verfassen, die wir dann veröffentlichen und übersetzen können (mailen Sie uns unter story@museumsprojekte.de).
Wir sind froh über jeden, der bereit ist, das eine oder andere in eine neue Sprache zu übersetzen. Schreiben Sie uns, wenn Sie Teil unseres Teams werden wollen.

Angela and Fernando

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Wie ich ein Museumsregistrar wurde III

Eilmeldung: Journalistin entdeckt, dass sie ein Registrar ist

Tracey Berg-Fulton

GUAlumniProfileKIch erinnere mich ziemlich gut an den Tag, an dem ich beschlossen habe, im Museum zu arbeiten. Ich saß auf einer Bank im Ulster Museum in Belfast, Nordirland, nachdem ich gerade einige Interviews für einen Zeitungsartikel beendet hatte, den ich schreiben sollte. Wie es sich gehört, war es ein grauer, regnerischer Tag und ich hatte im Museum Schutz gesucht.

Als ich da so saß, dachte ich darüber nach, was ich tat – ich war Journalistin – und fragte mich, ob ich wirklich die nächsten dreißig Jahre davon leben wollte.

Die Antwort war ein klares, überwältigendes, niederschmetterndes: Nein. Ich hatte tausende von Dollar in einen Ausbildungskredit gesteckt, um an diesen Punkt zu kommen. Was um alles in der Welt sollte ich jetzt tun?

Und dann sah ich mich um.

Das hier. Das war, was ich tun wollte. Geschichte, Kunst, Bibliotheken und Museen hatte ich schon immer geliebt, also warum sollte ich sie nicht offiziell zu meinem Leben machen?

Aus einer Laune heraus bewarb ich mich auf ein Postgraduiertenprogramm in Kunstgeschichte an der Universität von Glasgow. Ich war mir sicher, dass ich abgelehnt würde, da ich keine britischen Qualifikationen hatte und nur ein paar ganz entfernt verwandte Kurse aus dem Grundstudium in Fotografie und Journalismus. Ich war schockiert, als ich zu Beginn des Herbstes 2007 angenommen wurde.

In Glasgow wurde ich Kopf voran ins Forschen und Schreiben gestürzt. Ich erhielt die Gelegenheit, ein Praktikum bei einem Restaurator für Bleiglasfenster bei Glasgow Museums zu absolvieren. Unsere Arbeit konzentrierte sich darauf, ein Inventar von Bleiglaswerken anzulegen. Dadurch lernte ich die verschiedenen Arbeitsbereiche in einem Museum kennen. Ich konnte von den Objekten nicht genug bekommen und davon, Zeit in den Gewölben zu verbringen. Dann entdeckte ich, dass die Person, die am meisten Kontakt mit den meisten Objekten hat, natürlich, der Registrar ist.

Mein Ziel war klar. Berühmte letzte Worte, richtig?

Ich graduierte im Dezember 2008 und ging zurück in meine Heimatstadt Pittsburgh, Pennsylvania in den Vereinigten Staaten. Ich hatte natürlich von der Rezession in den USA gehört, aber da ich zu der Zeit in Schottland war, hatte ich das Ausmaß nicht vollständig begriffen. Ich begann mich an jedem Museum zu bewerben und dann in allen verwandten Bereichen und schließlich auf alle nur denkbaren Jobs. Nichts.

Schließlich stelle mich ein Kontakt von mir einem seiner Kontakte vor, der mir dabei half, ehrenamtlich am Carnegie Museum in Pittsburgh tätig zu werden. Da ich seit ich 14 Jahre alt war gearbeitet hatte, war ich sehr erleichtert, überhaupt wieder arbeiten zu können, auch wenn es unbezahlt war. Ich half auch ehrenamtlich an einem kleinen Museum aus, das von der Gemeinde geführt wurde und erstellte für sie ein Inventar ihrer Sammlung.

Dann, im April 2009 hatte ich beim Laufen einen Unfall. Meine Hüfte war gebrochen und ich war vorübergehend unfähig zu laufen, sitzen, arbeiten oder überhaupt irgendetwas zu tun, außer im Bett zu liegen. Ich verlor sechs Monate meines Lebens an meine Genesung.

Nachdem ich wieder gesund war, nahm ich meine freiwillige Arbeit am Carnegie wieder auf. Nach einer erfolgreichen Bewerbung wechselte ich die Rollen und bekam einen Teilzeitjob als Objektfotografin. Keine Registrar-Arbeit, aber wenigstens konnte man mit vielen Objekten arbeiten. Ich mochte meine Arbeit, hoffte aber immer noch auf eine Arbeit als Registrar und bewarb mich auf offene Stellen im ganzen Land.

375_513434167185_2390_nEine dieser Bewerbungen war erfolgreich und 2010 nahm ich eine Stelle als Assistenzregistrar in Oklahoma an. Es war eine wunderbare Lernerfahrung, aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen waren so, dass ich in Oklahoma arbeitete und mein Ehemann in Pennsylvania bleiben musste. Dann gab es eine ganze Reihe von Krankheitsfällen in meiner Familie und die Notwendigkeit zuhause zu sein wurde übermächtig. Ich verließ meine Stelle, ohne zuhause eine andere Museumsstelle zu haben.

Nach Pittsburgh zurückzukommen war zwar lohnend, weil ich wieder zuhause bei meiner Familie sein konnte, aber die Jobsituation war düster. Ich arbeitete wieder im Einzelhandel bei einem Outdoorhändler während ich überlegte, wie es jetzt weitergehen sollte.

Eines Tages fiel es mir wie Schuppen von den Augen – wieso sollte ich kein Vertragsregistrar sein? Wenn es keinen Job für mich gibt, wieso soll ich mir nicht selbst einen schaffen? Einer der Vorteile in einer mittelgroßen Stadt zu leben ist, so stellte ich fest, dass es da nicht viele Menschen gibt, die selbständig arbeiten (vermutlich, weil sie alle schon von Kunden weggeschnappt worden sind!).

Ich suchte einen Mentor vom Registrars Committee der American Alliance of Museums (RC-AAM, Untergliederung der Registrare im Amerikanischen Museumsbund – Anmerkung der Übersetzerin) auf und fing an zu netzwerken und überall herumzuerzählen, dass ich als Selbständige arbeitete. Ich sammelte meine Papiere zusammen und gründete eine LLC (Limited Liability Company, amerikanische Form der Kapitalgesellschaft, ohne eindeutige deutsche Entsprechung – Anmerkung der Übersetzerin). Ich erhielt erstaunlich viel Ressonanz von der Allgemeinheit in Pittsburgh und los ging’s.

Die Arbeit als Selbständige passte mir hervorragend – ich sollte Registrar sein, aber die wohl passendere Bezeichnung wäre „Mädchen für alles“. Ich liebte es, verrückte Probleme für meine Kunden zu lösen. Alles, angefangen davon, wie man ein massives Foto über Nacht quer durchs ganze Land schickt bis hin dazu, wie man den Drücker in einer Toilette auswechselt (Tipp: die Plastikmutter in genau die andere Richtung drehen als alle anderen Bolzen oder Muttern, die Sie je festgezogen haben). Es war die perfekte Mischung aus Kunstgeschichte, Tischlerei, Elektrowerkzeuge und Diplomatie. Ich legte meine Arbeitszeiten selbst fest und wählte meine Projekte selbst aus, was ein Segen war, als ein Familienmitglied an Krebs erkrankte.

Aber irgendetwas fehlte. Mein Hund ist ein hervorragender Zuhörer, aber kein besonders gewandter Gesprächspartner, deshalb vermisste ich es furchtbar, Kollegen zu haben. Ich vermisste es, eine Sammlung zu haben, die ich bis ins kleinste Detail kannte. Ich vermisste es, ein Gebäude zu haben, das ich wie einen alten Freund kannte. Ich vermisste es, halbwegs geregelte Arbeitszeiten zu haben. Was einem niemand über „flexibles Arbeiten“ und von zuhause aus arbeiten sagt ist, dass es in Wirklichkeit bedeutet, 24 Stunden am Tag zu arbeiten. Emails beantworten, Rechnungen schreiben, Steuererklärung machen, die normale Arbeit für den Kunden machen, neue Kunden finden, sich über die aktuellsten Methoden auf dem Laufenden halten, netzwerken, und so weiter…

Das bringt mich zum heutigen Tag. Ich bin jetzt seit einem Monat auf meiner Vollzeitstelle als Registrar am August Wilson Center for African American Culture. Wir sind eine junge Institution und es ist aufregend, Methoden einzuführen, Herausforderungen anzugehen und Neuland zu betreten, wenn notwendig. Ich bin froh in einer Organisation zu arbeiten, die eine wichtige kulturelle Funktion in unserer Stadt erfüllt und meine Arbeit ist unglaublich dankbar.

Es war ein langer und verschlungener Weg bis hierhin, aber ich habe unterwegs faszinierende Dinge gesehen. Ich hatte das Vergnügen, so viele Leute zu treffen und von so vielen Kollegen zu lernen, bei Konferenzen, bei einer Tasse Kaffee oder durch den RC-AAM Listserv (Mailingliste des RC-AAM – Anmerkung der Übersetzerin). Jeden Tag lerne und tue ich etwas Neues. Jeden Tag sehe ich die erstaunlichsten und intimsten Objekte der Zivilisation – vom Taufkleid zum Schienbeinschützer. Ich kann meiner Liebe zu glänzenden Dingen nachhängen. Und ich kann meine Technikbegeisterung ausleben (und ich warte immer noch auf eine web-basierte Datenbank, die sich an jedes verwendete Gerät anpasst, meine lieben Entwickler!). Was kann es besseres geben?

Was die Zukunft betrifft, so hoffe ich, dass ich mich in meiner Aufgabe weiterentwickle. Und ich hoffe, dass ich mich mehr in die weitere Welt der Museen einbringen werde und aktiv daran teilhabe, die Museen den Besuchern des 21. Jahrhunderts nahe zu bringen.

Text: Tracey Berg-Fulton
Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche: Angela Kipp

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Richtig Gefälscht: Auf der Spur eines Kunstfälschers Teil 6

picture: LSU University Art Museum

Mark Landis
Bekannte Decknamen:
2009 – Steven Gardiner
2010 – Father Arthur Scott
2011 – Father James Brantley
2012 – Mark Lanois

Landis wurde geschnappt und gestoppt … nicht vom FBI, nicht von der Polizei, nicht durch das „Gesetz“… sondern von den besten Detektiven, die es da draußen gibt: von Registraren und Sammlungsmanagern, die ihre Arbeit ernst nehmen und sogar ihre Arbeit mit nach Hause nehmen und über solche Dinge nachgrübeln. Sollten Sie Ihre Arbeit mit nach Hause nehmen? Nein… aber ich denke, es gibt nicht einen von uns da draußen, der nicht schon die Gedanken an einen schwierigen Leihgeber, logistische Probleme oder eine schwierige Meldung an seinen Vorgesetzten mit nach Hause genommen hat, etwas, das ihn eventuell sogar die ganze Nacht wachgehalten hat… nicht sehr gesund und unproduktiv.

Seit Jahren bringen mich Landis und seine Possen tagtäglich zum Nachdenken, ob er wirklich aufgehört hat, Fälschungen zu machen und sie als Originale weiterzuverschenken, aber das bereitet mir keine schlaflosen Nächte. Landis sagte mir am 1. April 2012 bei der Eröffnung der Ausstellung „FAUX REAL: Die Geschichte eines Fälschers“ an der Universität von Cincinnati ins Gesicht, dass er aufhören würde, weil er müde und gelangweilt sei von dem, was er schon so lange getan hat. Aber wieso schreibe ich dann weiter dieses Blog und warum bin ich noch so sehr an der Verfolgung von Landis interessiert, wenn er mir persönlich gesagt hat, er würde aufhören? Ich glaube bis zum heutigen Tag nicht, dass er es kann oder auch nur will.

Erlauben Sie mir bitte, dass ich Ihnen allen die folgende Frage stelle: Wer von Ihnen hat diesen Fall recherchiert und hat seine Kolleginnen und Kollegen über Landis und die vier Aliase informiert? Einige sind besorgt um ihren eigenen Ruf oder den der Institution, für die sie tätig sind. Da bisher kein echtes Verbrechen begangen wurde und man darüber wohl auch nicht besorgt sein muss, warum glaube ich immer noch, dass es mehr als die etwa 50 Institutionen sind, die betrogen wurden und das nicht zugeben wollen? Niemand mag gern glauben, dass er persönlich betrogen wurde oder dass das Museum für das er arbeitet betrogen wurde und niemand mag das gerne zugeben… vor allem, wenn man weiß, was ich weiß und die Updates und Erinnerungen über die Jahre immer wieder gelesen und weitergegeben hat.

Deshalb möchte ich Sie heute noch einmal ermutigen: schauen Sie in Ihren Unterlagen, Datenbanken, Büros und teilen Sie mit Ihren Kollegen diese seltsame Geschichte von Mark Augustus Landis und derjenigen, die ihn entdeckt und den übereifrigsten Fälscher enthüllt haben, den die Museumswelt in den letzten Jahren gesehen hat. Ich ermutige Sie alle, mailen Sie mir oder rufen Sie mich an, wenn Sie auch nur den geringsten Verdacht haben, dass sich eine Schenkung von Landis in Ihrer Sammlung befindet oder dass Sie jemanden gesehen haben, der dem Fälscher ähnelt. Meine Kontaktdaten finden Sie auf der Autoren-Seite und wie ich sage immer … machen Sie Ihre Arbeit gut, halten Sie Ihre Nase sauber und alles wird gut.

Bis bald!
Matt

Lesen Sie mehr:

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Der Registrar: Eine merkwürdige, bedrohte Tierrasse, die selten zu beobachten ist

Neulich las ich eine Email von Alana Cole-Faber, Registrarin bei den Hawaiian Mission Houses in Honolulu, Hawaii, USA. Der Zusammenhang spielt hier keine Rolle, aber ihre Worte waren:
„…wir, die wir im wörtlichen Sinne isoliert sind. Wie auf Inseln. Umgeben von Ozeanen. Wo Registrare eine merkwürdige, bedrohte Tierrasse sind, die selten zu beobachten ist.“

A registrar in his natural habitat: caring for collections. Thanks to Matt Leininger for the picture.

Ein Registrar in seinem natürlichen Lebensraum: er kümmert sich um seine Sammlung. Dank an Matt Leininger für das Bild.

Ich habe immer wieder über diese Worte nachgedacht. Alana arbeitet auf einer Insel, daher sind diese Worte auf ihre Position natürlich ganz besonders zutreffend. Aber ich finde, dass es auch eine brillante Beschreibung unserer Arbeit als Registrare, Sammlungsmanager und Depotverwalter allgemein ist.

Manchmal wenn ich durch die Regalreihen unseres Depots gehe, auf der Suche nach einem Objekt, das ausgeliehen werden soll und in der Datenbank mit „Standort unbekannt“ vermerkt ist, kann ich fast die Stimme von Heinz Sielmann hören: „Die Registrarin schleicht durch den Urwald der Objekte, auf der Suche nach ihrem Opfer. In einiger Entfernung am Gang sitzt ein Objekt zusammen mit Artgenossen. Es ahnt nicht, dass das Verhängnis naht. Die Registrarin nähert sich. Sie erstarrt, überprüft die Unterlagen und mit einer einzigen, zielgerichteten Bewegung schnappt sie sich das Objekt.“

Ein Blick auf die Zahlen

Doch Scherz beiseite. Ist es nicht wirklich so, dass der Registrar ein Tier ist, das selten gesichtet wird? Unsere meiste Arbeit wird hinter den Kulissen geleistet. So weit hinter den Kulissen, dass wir sogar außer Sichtweite und damit auch manchmal aus dem Sinn unserer Kollegen arbeiten. Ich habe eine nicht representative Umfrage in verschiedenen fachbezogenen LinkedIn-Gruppen gestartet1, um zu sehen, ob sich meine persönliche Einschätzung mit der Arbeitswirklichkeit anderer KollegInnen deckt. Die Frage war: „Als Registrar: Wie sieht Ihre normale Arbeit aus (mehr als 50% Ihrer normalen Arbeitszeit)?“ Hier sehen Sie das Ergebnis:

survey_d

Glücklicherweise sind die einsamen Wölfe, die ihr Revier ganz allein durchstreifen müssen in der Minderheit. Aber, um im Bild zu bleiben, Registrare sind auch keine Rudeltiere. Die Arbeit, die der Registrar zu erledigen hat, muss zu 71% von ihm alleine erledigt werden.

Der Einsiedler im Depot

Registrars often work concentrated behind the scenes.Thanks to Lisa Verwys for the picture.

Registrare arbeiten oft hochkonzentriert hinter den Kulissen.
Dank an Lisa Verwys für das Bild.

Wie ist es, alleine zu arbeiten? Ich möchte einen Kommentar von Antony Aristovoulou zitieren2, der ein bezeichnendes Schlaglicht auf die Situation wirft: „Ich wurde selten von denjenigen kontrolliert, die mich beauftragt hatten, noch zeigten sie Anzeichen von Interesse und so wurde es ein sehr einsamer Arbeitsprozess. Die Objekte wurden meine Freunde.“ Niemand wird bestreiten, dass es von Zeit zu Zeit großartig ist, allein im Depot zu sein. Als Registrar allein zu arbeiten bedeutet ein Ausmaß an Freiheit, das sich heutzutage nur noch sehr wenige Menschen leisten können. Je nach Architektur und Infrastruktur kann es sogar bedeuten, ohne Internet und Mobilfunkverbindung zu sein. Abgetrennt vom Rest der Welt, auf einer einsamen Insel.

Was sind die Konsequenzen? Allein zu arbeiten beinhaltet gewisse Risiken. Da sind einmal die rein körperlichen Faktoren. Es muss ein Sicherheitskonzept für diejenigen geben, die alleine arbeiten. Vor allem muss der- oder diejenige, die gezwungen ist, alleine zu arbeiten, jederzeit die Möglichkeit haben, nach Hilfe und Unterstützung zu rufen. Es muss gesichert sein, dass auffällt, wenn sie oder er in eine Situation gerät, in der sie oder er nicht mehr in der Lage ist, um Hilfe zu rufen. Eine Routine, dass er oder sie von Zeit zu Zeit angerufen wird, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist. Ein Handy, das er oder sie ständig bei sich trägt (natürlich nur, wenn Mobilfunkverbindung besteht). Eine Checkliste oder ein Procedere, das sicherstellt, dass niemand in den Lagerräumen eingeschlossen wird. Zusätzliche Kontrollrunden des Wachpersonals. All das sollte organisiert sein, bevor jemand seine Arbeit alleine aufnimmt.

Aber es gibt noch andere Gefahren, wenn man alleine arbeitet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass niemand an den- oder diejenige denkt, die noch im Magazin ist, wenn alle zum Mittagessen gehen. Wichtige Informationen in Institutionen erfährt man oft in den Arbeitspausen bei einer Tasse Kaffee. Menschen, die kein Feedback erhalten oder die Möglichkeit haben, sich mit ihren Kollegen auszutauschen, neigen dazu, eigenbrötlerisch zu werden. Es ist zunächst einmal Aufgabe des Registrars selbst, diesen Tendenzen entgegenzuwirken, indem er oder sie die totale Isolation vermeidet und versucht, weiterhin an den gemeinschaftlichen Aktivitäten im Museum teilzunehmen. Aber es ist auch die Aufgabe seiner/ihrer Kolleginnen und Kollegen, die- oder denjenigen im Depot nicht zu vergessen. Letztendlich ist es auch Aufgabe derjenigen, die für die Arbeitsorganisation verantwortlich sind, dafür zu sorgen, dass Möglichkeiten geschaffen werden, damit die Beschäftigten sich untereinander austauschen können. Dies ist vielleicht der einzige Weg, der verhindert, dass der Registrar das „seltsame Tier aus dem Depot“ wird, sondern der Kollege bleibt. Gut, vielleicht der „Kollege mit dem seltsamen Job“, aber immer noch der Kollege.

Der Job: Spaßbremse sein

Giving clear directions of what to do and what not is part of the job.Thanks to Zinnia Willits for the picture.

Klare Anweisungen zu geben, was zu tun und was zu lassen ist, ist Teil des Jobs.
Dank an Zinnia Willits für das Bild.

Die Zahlen zeigen, warum sich Registrare isoliert fühlen, sogar innerhalb eines Teams. Das hat viel mit der Aufgabe des Registrars zu tun. Sie oder er ist für das Wohlergehen der Sammlungsobjekte verantwortlich. Das schließt mit ein, dass sie oder er oft „nein“ sagen muss, wenn es um Veranstaltungen und Ausleihen geht. Wenn der Direktor der Institution ein großes Fest in den Ausstellungsräumen veranstalten möchte, muss der Registrar seine Position verteidigen und sagen, dass das nur ohne Speisen und Getränke geht. Wenn das Marketing-Team Schülergruppen mit einem historischen Schulbus abholen will, wird der Registrar mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass das unmöglich ist. Wenn eine befreundete Institution eine Flagge aus dem Sammlungsbestand ausleihen und sie ohne Tastschutz im Eingangsbereich der Ausstellung aufhängen will, kann der Registrar nur den Kopf schütteln. Sie oder er agiert als Anwalt der Sammlungsobjekte, die eben nicht für sich selbst sprechen können. Obwohl auf dem Papier alle Museumsangestellten für das Bewahren von Sammlungsgütern für zukünftige Generationen verantwortlich sind, hat trotzdem oft der Registrar den schwarzen Peter. Aber der Registrar ist nicht der Direktor. Normalerweise ist er auch nicht der Abteilungsleiter. Das bedeutet, dass, obwohl die Verantwortung für die Sicherheit der Objekte auf seinem oder ihrem Schreibtisch ruht, nicht sie oder er selbst es ist, der oder die die letztendliche Entscheidung fällt. Dieser Fakt verstärkt das Gefühl der Isolation.

Für die Teammitglieder sieht die Sache anders aus: Ausstellungsmacher haben großartige Ideen für künftige Ausstellungen. Gestalter haben neue Ideen, wie Objekte präsentiert werden können. Marketingverantwortliche denken angestrengt darüber nach, wie man das Museum für Besucher attraktiver machen kann. Und dann kommt der Registrar daher und sagt einfach „nein“ zu ihren Ideen. Natürlich scheint es ihnen, als seien Registrare seltsame Tiere! Diejenigen, die einem jeden Spaß verderben! Aber die bittere Wahrheit ist: das ist der Job. Wenn der Registrar Glück hat, dann sind noch Restauratoren mit von der Partie, die seine Sichtweise unterstützen. Andernfalls kann er nur auf Richtlinien und Standards verweisen (was für den Rest des Teams ziemlich langweilig ist) oder Fälle präsentieren, wo etwas schief gelaufen ist, weil man nicht auf den Registrar gehört hat (was unterhaltsamer, aber nicht notwendigerweise überzeugender ist). Schlussendlich kann der Registrar nicht mehr tun, als seine Meinung darzulegen und den ganzen Entscheidungsprozess dokumentieren, um auf der sicheren Seite zu sein.

Eine bedrohte Art?

High-quality work is important - and needs enough time and money. Thanks to Sharon Steckline for the picture.

Qualitativ hochwertige Arbeit ist wichtig – und braucht Zeit und Geld.
Dank an Sharon Steckline für das Bild.

Also, ist der Registrar eine bedrohte Art? Tja, der Registrar ist wahrscheinlich nicht mehr und nicht weniger bedroht als andere Museumsprofis heutzutage. Wenn das Geld knapp wird, ist der Kulturbereich der erste, der mit einem Stirnrunzeln von Entscheidungsträgern betrachtet wird. Aber soweit ich das beurteilen kann, ist das nicht auf Sammlungsmanagement beschränkt. Politiker fragen gerne, ob ein Museum nicht von weniger Leuten betrieben werden kann oder ob man es überhaupt braucht. Tatsächlich haben in den letzten Jahren einige Länder außerhalb der USA bemerkt, wozu Registrare gut sind und haben mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen. Aber das ist nur ein Teil der Geschichte.
Ein anderer Teil ist, dass die Qualität unserer Arbeit wirklich bedroht ist. Wenn das Geld knapp ist, sind die Entscheidungen, wohin das Geld fließen soll, besonders schwierig. Und of bekommt das Geld der, der am lautesten schreit. Registrare, darauf trainiert, so unauffällig wie möglich zu agieren, werden mit ihren Bitten um archivtaugliche Verpackungen und Manpower dabei gerne überhört. Aber wieder ist das nur ein Teil der Geschichte.

In vielen kleineren Museen ist das Geld so knapp, dass es nicht die Entscheidung zwischen Archivkartons für die Sammlungsabteilung oder Anzeigenschaltung in der Zeitung ist, sondern die Entscheidung, ob man das Dach repariert oder eine Ausstellung veranstaltet. In diesen Fällen ist Arbeitskraft ein großes Thema3. Die Stelle mag mit „Registrar“ betitelt sein, beinhaltet aber wesentlich mehr. Er oder sie arbeitet gleichzeitig in der Besucherbetreuung, dient als Beschwerdestelle, verkauft im Shop und sitzt an der Kasse und macht gleichzeitig noch Ausstellungen. Das bedeutet aber auch, dass diese Person nicht so viel Zeit ins Sammlungsmanagement investieren kann, wie vielleicht notwendig wäre.

Andere Museen entscheiden, dass sie sich keinen Registrar im festangestellten Personalstamm leisten können. Sie stellen einen freiberuflichen Registrar ein, wenn sie ihn dringend benötigen. Das ist eine gute Idee, wenn es darum geht, neue Lagereinrichtungen zu planen, Beratungsleistungen zur Inventarisierung und Dokumentation gefragt sind, die Objekte für eine Sonderausstellung in guten Händen sein sollen4 oder ein bestimmter Sammlungsbestand erfasst werden soll. Anders sieht es aus, wenn die Institution in Besitz eines Sammlungsbestandes ist, der eine gewisse Größe überschreitet (es ist nicht einfach, hier eine Zahl anzugeben, es hängt von der Zielsetzung der Sammlung ebenso ab, wie davon, wie der Bestand von der Institution „genutzt“ wird). Sammlungsverwaltung ist ein Ganztagsjob. Die Idee, die Sammlung einen Registrar katalogisieren zu lassen und dann die Betreuung „jemandem neben seiner sonstigen Aufgaben“ zu übertragen oder zu sagen „alle sind für die Sammlung verantwortlich“, funktioniert nicht.

der

Qualitätvolle Arbeit in Museen ist immer eine gemeinsame Anstrengung. Teamwork ist der Schlüssel. Dank an Matt Leininger für das Bild.

Ein Registrar ist mehr als eine menschliche Datenbank. Wenn Sie alle Sammlungsgegenstände hundertprozentig korrekt in Ihrer Datenbank haben (nennen Sie mir ein Museum, das das von sich behaupten kann), heißt das nicht, dass das so bleibt. Die Objekte im Blick zu behalten ist eine dauerhafte Anstrengung. Alles richtig in der Datenbank zu haben genauso. Sie können alle Museumsmitarbeiter einen Eid darauf schwören lassen, dass sie jede Objektbewegung in der Datenbank dokumentieren, Sie werden immer noch sehen, dass die Heilige Entropie auf magische Weise Unordnung in Ihre Bestände bringt. Ein guter Registrar behält das im Auge und arbeitet dagegen an. Aber das geht noch weiter… Wie in jeder Bibliothek gehen Dinge „verloren“, weil sie auf den falschen Standort zurückgestellt werden. Ein Registrar, der mit seiner Sammlung vertraut ist, wird eine Ahnung haben, wo er danach suchen muss – basierend auf seiner Erfahrung und auf dem Wissen, wer zuletzt mit dem vermissten Gegenstand zu tun hatte. Vergessen Sie nicht, dass Sie normalerweise nicht einfach einen Registrar unter Vertrag nehmen – sie heuern auch ein Elefantengedächtnis an.

Zuletzt: Ein Registrar, der lange Zeit für eine Sammlung verantwortlich ist, wird irgendwie mit ihr und ihrem Lagerungsort verschmelzen. Er oder sie entwickelt so etwas wie einen sechsten Sinn für Dinge, die nicht so sind, wie sie sein sollen: ein plötzliches Ansteigen der Luftfeuchtigkeit noch bevor jemand das Messgerät überprüft hat, ein Objekt, das nicht so aussieht, wie es immer ausgesehen hat, eine Stimme, die dem Registrar sagt, dass er nochmal um die Lagerhalle gehen soll, bevor er oder sie geht… Das ist etwas, was sich mit der Zeit entwickelt. Das bekommen Sie mit kurzfristigen Verträgen nicht, die nur über ein paar Monate oder ein Jahr laufen.

Schlußfolgerung

Wie wir gesehen haben, ist ein Registrar wirklich ein Tier, das selten zu beobachten ist. Eine gemeinschaftliche Anstrengung ist notwendig, um ihn nicht zur bedrohten Tierart werden zu lassen:

  • Für das Individuum: Alle, die im Museum arbeiten müssen darauf achten, dass der Registrar sicher ist, wenn er alleine arbeitet und darauf achten, dass er nicht vom Rest der Museumsgemeinschaft isoliert wird.
  • Für die Fachleute: Alle Kollegen müssen verstehen, was die Aufgabe des Registrars ist. Er oder sie will keine Spaßbremse sein, es ist seine / ihre Aufgabe, die Objekte zu schützen, damit auch zukünftige Generationen daran Freude haben.
  • Für das Museum: Verantwortliche müssen ernsthaft über den Stellenwert eines professionellen Sammlungsmanagements nachdenken. Es ist ein alter Hut, dass vorbeugende Bestandserhaltung und professionelle Lagerung auf lange Sicht Geld spart. Hier Gelder zu kürzen heißt höhere Ausgaben in der Zukunft in Kauf zu nehmen.
  • Für die Gesellschaft: Politiker, Kommunen und Steuerzahler allgemein sollten sich fragen, was ihnen Museen und Sammlungen wert sind. Wir wissen alle, dass ein Mensch, der sein Gedächtnis verliert, sich selbst verliert. Für eine Gesellschaft, die ihre Geschichte verliert, gilt das gleiche. Unser Erbe zu bewahren ist nicht einfach ein Kostenfaktor, es ist ein hoher Wert für unsere Gesellschaft.

Das sind einfach meine Gedanken zu diesem Thema. Nun muss ich gehen. Mir ist so, als hätte ich just in diesem Moment zwei undokumentierte Objekte etwas weiter hinten in diesem Gang gesehen…

Angela Kipp

———-

  1. Association of Registrars and Collection Specialists, Collections Management und Collection Preservation and Care, die Daten wurden zwischen dem 27.1. und 23.2.2013 erhoben.
  2. Der Kommentar wurde zur oben genannten Umfrage in der LinkedIn-Gruppe „Association of Registrars and Collection Specialists“ auf www.LinkedIn.com gepostet.
  3. Als ich in der LinkedIn-Gruppe „Collections Management“ fragte: „Aufruf an alle Museumsmitarbeiter, die für Sammlungsmanagement und Registrierung verantwortlich sind: Was sind die Hauptprobleme in Ihrem job?“ antworteten überwältigende 50% „Arbeitskräfte“, noch vor „Geld für Klimatiesierung, Sicherheit usw.“ (16%), „Geld für Verpackungsmaterial, Regale, usw.“ (12%), „Schenkungen/Stiftungen“ (10%) und „Ausleihen“ (9%). Die Diskussion ist recht aufschlußreich und hebt hervor, mit welchen Problemen Sammlungsmanagement zur Zeit konfrontiert ist: http://www.linkedin.com/groupItem?view=&gid=3280471&type=member&item=175582165&qid=4a59729e-7bf2-4bb6-8b6b-e2883014a660&trk=group_search_item_list-0-b-ttl
  4. Ich empfehle, immer einen Registrar im Team zu haben, wenn es um eine Ausstellung mit einer gewissen Anzahl Originale geht. Siehe hierzu: „5 Tipps zum Umgang mit Registraren“ http://world.museumsprojekte.de/?p=24
Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Erkenne Dein Kunstwerk!

Neulich lernte ich Eduardo De Diego kennen, Physical Security Professional (PSP) bei Applied Security Research Associates, mit Sitz in Kanada. Sicherheit ist immer ein großes Thema in Museen und ich war interessiert an seinen Einblicken zum Umzug von Sammlungsgegenständen. Natürlich habe ich ihm von diesem Blog erzählt und ihn gefragt, ob er nicht eine interessante Geschichte für uns hat. Natürlich hatte er (und ich hoffe, er hat noch mehr)! Genießen Sie die Lektüre und danke an Eduardo fürs erzählen!

Während einer Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen und Zugangskontrollen an einem großen, international bekannten Museum erfuhren wir, dass der Chefkurator (der ungenannt bleiben soll, um die Institution zu schützen) eine Crew der Fernsehnachrichten eingeladen hatte, um mit ihnen ein „Zeigen und Erklären“-Feature aufzuzeichnen.

Der Kurator wollte für die Medien ein bißchen angeben und präsentierte eine hervorragende Fälschung eines sehr bekannten Kunstwerkes. Das Fernsehteam fragte, wie er denn feststellen könne, dass das eine Fälschung sei? Der Kurator sagte: „OK, ich zeige es Ihnen“ und holte das Original aus dem Sicherheitstrakt (was einen völligen Bruch der Zugangs- und Bewegungskontrollvorschriften darstellte). Er brachte also das Original, stellte Original und Fälschung auf zwei identische Staffeleien und fuhr damit fort zu erklären, wie seine ausgezeichnete Kenntnis der Materie ihn in die Lage versetze, das wahre Kunstwerk von der Fälschung zu unterscheiden. Dann zeigte der Kurator weitere Kunstwerke und interpretierte sie, während er die ersten beiden Gemälde unbeobachtet ließ. Ein Mitglied der Nachrichtencrew fand, dass es an der Zeit für einen Streich wäre und tauschte die beiden Bilder gegeneinander aus. Der Kurator bemerkte es nicht, da seine Aufmerksamkeit anderweitig in Anspruch genommen war. Der Kurator kam zurück und die Nachrichtencrew fragte noch einmal, für die Zuschauer, welches war jetzt bitte das richtige Kunstwerk? Er identifizierte die Fälschung als das echte Kunstwerk.

Danach sagte man dem Kurator was vorgefallen war und es brauchte Wochen, ehe eine unabhängige Überprüfung das echte Bild zweifelsfrei identifiziert hatte und es wieder ins Depot zurückgebracht werden konnte.

Happyend, aber teuer.

Text: Eduardo De Diego

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

Richtig Gefälscht: Auf der Spur eines Kunstfälschers Teil 5

Da sind wir wieder mit dem fünften Eintrag im FAUX Real Blog und ich hoffe, Sie fühlen sich bereits aufgeklärt. Zögern Sie auch nicht, direkt mit mir in Kontakt zu treten und Fragen zu stellen.

Ich habe die Aliase Gardiner, Scott, Brantley und Lanois im vierten Teil erwähnt. Fangen wir mit dem ersten Decknamen an, Steven Gardiner. Der tauchte 2009 auf, als Landis dem Mississippi Museum of Art ein Aquarell von Stuart Davis schenkte. Später schenkte Landis ihnen noch Fälschungen eines Lepine (Öl auf Holz) und ein Selbstporträt von Marie Laurencin. Das interessante ist, ich hatte das anfangs erwähnt, dass Landis diese Fälschungen zu Ehren seiner Mutter und seines Vaters stiftete und sich immer auf sie bezog. Als Landis den Namen Gardiner verwendete, stiftete er zu Ehren von Joane Green Gardiner, seiner Mutter… seine Mutter war Jonita Joyce Brantley… er hatte also auch seiner Mutter einen Decknamen verpasst. Wie auch immer das ihr Andenken ehren sollte – sie verstarb nämlich erst im April 2010.

picture: LSU University Art Museum

Mark Landis
Bekannte Decknamen:
2009 – Steven Gardiner
2010 – Father Arthur Scott
2011 – Father James Brantley
2012 – Mark Lanois

Sein zweites Alias ist Father Arthur Scott (zum Andenken an seine Mutter Helen Mitchell Scott). Ich entdeckte es im September 2010, als er auf das Ackland Art Museum in Chapel Hill zukam, weil er ihnen eine schwarze Kreidezeichnung eines französischen akademischen Zeichners, vermutlich aus dem 17. Jahrhundert, schenken wollte. Nicht zu verwechseln mit der roten Kreidezeichnung eines liegenden Aktes, den ich schon erwähnt habe, der ebenfalls 17. Jahrhundert sein sollte. In diesem Fall verkleidete Landis sich als Jesuitenpater mit einem schwarzen Anzug, einem weißen Plastikkragen und der Jesuitennadel am Revers – und er fuhr den roten Cadillac Seville seiner verstorbenen Mutter. Würde das Bistum es erlauben, dass ihr Pater einen Caddy fuhr? Das war es, was die meisten Institutionen stutzig werden ließ, wenn Landis als Priester verkleidet auftauchte. Mark Tullos am Hilliard University Art Museum informierte mich über Father Scott und Tullos ist jetzt der Stellvertretende Direktor des Louisiana State Museums. Gut for Mark! Tullos, nicht Landis.

Nachdem Landis der Financial Times gestanden hatte, was er dreißig Jahre lang getrieben hatte, dachte ich, ich hätte ihn geschnappt und deshalb würde er aufhören… oder dass er zumindest eine Zeit brauchen würde, bis er eine Idee hätte, wie er weitermachen könnte. Zu meiner Überraschung erhielt ich einen Anruf von einer Highschool in New Orleans und am gleichen Tag auch von einer Universität in Georgia, die mir beide sagten, dass eben gerade ein Father James Brantley bei ihnen vorbeigekommen sei… aka Mark Landis. Es hatte nicht mal ein halbes Jahr gebraucht und er war mit einem neuen Namen zurück und glauben Sie es oder nicht: James Brantley war der Name des zweiten Mannes seiner Mutter… James E. Brantley!

Nun zum vierten und – zumindest bis jetzt – letzten Alias Mark Lanois. Landis hatte zehn Jahre zuvor 10 oder 11 Fälschungen an die Loyola University in New Orleans geschenkt. Im Februar 2012 tauchte er bei dem gleichen Angestellten auf und stellte sich als Mark Lanois vor. Der Angestellte hatte meine Landis-Updates über die Jahre verfolgt und informierte mich sofort darüber. Ich konnte es kaum glauben, dass Landis – mittlerweile über ein Jahr, nachdem die Geschichte in der Financial Times erschienen war – immer noch mit der gleichen Schwindelei und zwei neuen Decknamen unterwegs war.

Leute, ich habe noch so viel über den Fall zu erzählen. Es wird bald eine Veröffentlichung in The New Yorker geben. Der Autor ist seit 1980 bei The New Yorker und war letztes Wochenende bei mir und hat mich fast 12 Stunden interviewt. Die Publikation könnte noch in diesem Frühjahr erscheinen. Also: Halten Sie Ausschau und bewahren Sie die notwendige Sorgfalt.

Bis bald!

Matt

Lesen Sie mehr:

Facebooktwitterredditpinterestlinkedintumblrmail

A project to break down language barriers and connect registrars worldwide