Normalerweise vermeide ich es hier, politisch zu werden aber ich glaube an Demokratie, den Gleichbehandlungsgrundsatz und daran, dass alle Menschen die Freiheit haben sollten, so zu leben, wie es ihnen passt, solang sie nicht etwas tun, was andere daran hindert, das gleiche zu tun. Ich glaube auch an die Bedeutung von Ehrlichkeit, an die Wissenschaft als den richtigen Weg, unsere Welt zu verstehen, und daran, dass es wichtig ist, alle Lebewesen, Menschen eingeschlossen, anständig zu behandeln.
Nachdem ich das gesagt habe, dürfte es klar sein, warum ich nicht auf Twitter bleiben kann ganz egal wie viele Verbindungen ich verliere, wenn ich den Account dort schließe. Und, ja, ich werde das Ding so lange Twitter nennen bis sein Inhaber den Namenswechsel seiner eigenen Tochter anerkennt.
Ich weiß, dass viele Bluesky als neue Alternative sehen, aber ich denke nicht, dass das eine nachhaltige Option ist, denn obwohl es theoretisch dezentral aufgestellt ist, bleibt es praktisch doch in der Hand von einem Unternehmen und damit im Endeffekt in der Hand von einer Person und wir sehen ja gerade am Beispiel von Twitter und Meta wo das hin führt. Statt dessen gehe ich zu Mastodon, wo ich schon 2022 einen Account eröffnet habe, als Musk Twitter übernommen hat.
Sie finden mich unter @registrartrek@glammr.us
Falls manche von ihnen ähnliches vorhaben aber nicht wissen, wie und wo sie anfangen sollen, hier sind ein paar Dinge, die ich gelernt habe (ich bin dort auch seit 2022 mit einem persönlichen Account aktiv):
Es beginnt alles damit, sich einen Server auszusuchen und das scheint bei weitem die größte Hürde für die meisten Menschen zu sein. Sie finden eine Liste mit Servern hier: https://joinmastodon.org/de/servers oder Sie können im restlichen Internet nach einem Server Ausschau halten, der Ihnen zusagt und dort einen Account eröffnen. Wenn Sie zum Beispiel zu https://glammr.us/@registrartrek gehen, dann sehen Sie eine Auflistung mit meinen Beiträgen in der Mitte (ich war dort bislang nicht sehr aktiv aber das gilt für meine professionellen Social Media Auftritte ganz allgemein). Auf der linken Seite sehen Sie meinen Server und auf was er sich spezialisiert hat.

Mastodon ist eine Stadt
Das Konzept von „Servern“ klingt vielleicht etwas fremd und viele Menschen befürchten, dass sie ihre Möglichkeiten einschränken wenn sie sich für einen bestimmten Server entscheiden, also lassen Sie uns das Ganze etwas anders angehen. Sagen wir einfach Mastodon ist eine Stadt, in die sie umziehen möchten. Sie sehen sich verschiedene Straßen an, was da für Leute leben, was es an Einkaufsmöglichkeiten gibt und wie ganz generell die Atmosphäre dort ist. Das ist ihre neue Nachbarschaft, also möchten Sie sicher gehen, dass sie sich dort auch wohl und sicher fühlen.
Wie erfahren Sie etwas über diese neue Nachbarschaft? Eine gute Ausgangsbasis sind die Serverregeln. Diese finden Sie, wenn Sie auf den „about“ Abschnitt in der linken Spalte klicken (ich habe darauf verzichtet, meinen Account auf deutsch umzustellen, Sie mögen mir das nachsehen):

Sie sehen die Regeln, die für ihre Straße gelten und Sie können sich überlegen, ob das nach einem Ort klingt in dem Sie gerne leben möchten. Und natürlich kennen Sie vielleicht andere Leute, die bereits in diese Straße gezogen sind und können sich mit denen darüber austauschen, wie es ihnen dort gefällt.
Wenn Sie eine Straße gefunden haben, die ihnen gefällt, dann ziehen dort in ein Haus, indem Sie einen Account anlegen. Und Sie bekommen natürlich eine Adresse, damit andere Sie finden können. Meine Adresse lautet @registrartrek@glammr.us
weil ich registrartrek heiße und in der glammr.us Straße lebe.
Viele Leute befürchten, dass Sie keinen anderen Leuten mehr folgen können, wenn sie sich einmal für einen Server entschieden haben. Das stimmt nicht. Natürlich können Sie Menschen in anderen Straßen besuchen, wenn Sie in diese Stadt gezogen sind! Straßen sind mit anderen Straßen verbunden, und sie können sich in der Stadt frei bewegen. Eine Einschränkung gibt es allerdings: Ihre Straße hat sich vielleicht entschieden, keine Brücke in eine schlechte Nachbarschaft zu bauen, weil sich deren Einwohner unmöglich aufführen und sich so verhalten, dass es den Regeln Ihrer Straße widerspricht. Vielleicht wurde auch eine Brücke zerstört, weil zu viele Leute aus dieser Nachbarschaft herüberkamen und angefangen haben, in ihrer Straße Leute anzupöbeln und zu bedrohen. Um es in der Mastodon-Sprache zu sagen: Die eigentliche Idee ist, dass Server sich mit anderen Servern verbinden (federate). Auf der anderen Seite gibt es aber eine schon lange etablierte Kultur, sich um die Einwohner zu kümmern, also entscheidet jede Straße für sich, ob sie nun mit einer anderen Straße verbunden sein will oder nicht und ob sie sich ggf. von einer solchen Verbindung auch wieder löst (defederate), wenn die andere Straße ein Verhalten an den Tag legt, das sie nicht akzeptabel findet.
Ihr neues Zuhause einrichten
Mit diesem Hintergrundwissen klicken Sie jetzt auf “create an account” und folgen den weiteren Schritten, genau so wie sie das auf jeder anderen Social-Media-Plattform tun würden. Es gibt Server, die komplett offen sind und auf denen Sie sofort Zugang haben. Viele andere Server sind so eingerichtet, dass Sie entweder von der administrierenden Person zugelassen werden müssen oder eine Einladung brauchen von einer Person, die bereits auf diesem Server ist. Das ist eine kleine Hürde, aber sie hilft, Spammer und bekannte Rowdys von Servern fern zu halten. Falls Sie eine Einladung zu meiner „Straße“ glammr.us haben möchten, dann schreiben Sie mir einfach unter story@museumsprojekte.de und ich schicke Ihnen eine (allerdings weiß ich nicht, ob ich aufgrund von Arbeit und Alltag wirklich schneller bin als die Admins).
Übrigens können Sie auch später noch in eine andere Straße umziehen. Wenn Sie herausfinden, dass Ihnen eine andere Straße besser gefällt, dann können Sie ihre Sachen packen und dahin umsiedeln, es gibt eine Import/Export-Funktion. Dies gilt allerdings nur für ihre Follower, nicht für Ihre Beiträge.
Lernen Sie die Nachbarschaft kennen
Wenn Sie in Ihr neues Zuhause eingezogen sind und die Vorhänge aufgehangen haben… ich muss Ihnen nun wirklich nicht erklären, wie man ein Social-Media-Profil einrichtet, das machen Sie schon ihr ganzes Leben, oder? Aber wir schauen uns jetzt mal die Umgebung an.

Rechts sehen Sie die Option “Live Feeds”, wenn Sie da drauf klicken, gibt es das Tab „This server“ das Ihnen die Beiträge von allen Leuten auf Ihrem Server zeigt. Das heißt, je mehr die Leute, Themen und Kultur auf Ihrem Server mit ihren eigenen Interessen übereinstimmt, desto mehr interessante Beiträge und Leute, denen Sie gerne folgen möchten werden Sie hier finden. Wenn Sie mehr entdecken möchten, dann klicken Sie auf “Other Servers”, das zeigt Ihnen dann alle Beiträge von allen Servern, die mit Ihrem verbunden sind, also das Gequassel auf allen Straßen in der Stadt, abzüglich der Straßenzüge, zu denen die Verbindung abgebrochen wurde. Und wenn Ihnen das immer noch nicht genug ist, gibt es auch noch „All“ das Ihnen ALLE Beiträge von allen Leuten auf Mastodon zeigt. Uff, das ist zu viel, lassen Sie uns schnell zu ihrer eigenen Zeitleiste wechseln, die Sie sehen, sobald Sie auf “Home” klicken.
Wenn Sie gerade erst eingezogen sind, dann wird Ihre Zeitleiste natürlich leer sein. Sie wird sich aber bald füllen, sobald Sie Leuten und Hashtags folgen.
Nachbarn treffen
Also, Sie sind jetzt in diese Straße gezogen, aber die Leute kennen Sie nicht und Sie kennen die Leute nicht. Wenn Sie Glück haben, dann kennen Sie zumindest schon mal eine Person in der gleichen Straße oder zumindest der gleichen Stadt. Fangen Sie am besten damit an, dass Sie meine Adresse @registrartrek@glammr.us
in das Suchfeld kopieren und auf den „follow“ Knopf klicken. Hi! Jetzt erscheinen meine Beiträge in Ihrer Zeitleiste. Das können Sie jetzt auch nochmal mit @admin@world.museumsprojekte.de
machen, dann erscheinen auch alle aktuellen Blogbeiträge von Registrar Trek in Ihrer Zeitleiste.
Das ist ja ganz nett, aber mich kennen Sie ja schon. Sie können auf mein Profil gehen und sich ansehen, wem ich folge und wer mir folgt. Vielleicht sind da ja auch Leute dabei, denen Sie gerne folgen möchten.
Aber das war jetzt das gleiche, als hätten Sie mich zu Ihrer Einweihungsparty eingeladen und ich hätte ein paar Freunde mitgebracht. Die kennen Sie nun auch, aber das ist ja nicht die ganze Nachbarschaft. Sie wissen immer noch nicht welche Bäckerei die besten Croissants macht und in welcher Bar man brauchbare Margaritas serviert bekommt, sozusagen.
Als nächstes folgen Sie Hashtags über Dinge, die Sie interessieren. Ich hoffe immer noch, dass wir #MuseumDocumentation zu seiner alten Stärke zurück bringen, zum Beispiel. Also geben wir das in das Suchfeld ein und Sie sehen sowohl Leute, die den Hashtag in ihrem Profil haben, als auch den Tab „Hashtag“. Wenn Sie da drauf klicken, sehen Sie eine Liste mit Hashtags wenn es mehrere mit dem Begriff gibt und wenn Sie auf einen davon klicken, gibt es einen Knopf „Follow Hashtag“ mit dem Sie ab Klick jeder Beitrag, der #MuseumDocumentation enthält in Ihrer Zeitleiste sehen können. Es gibt z.B. auch #croissants und #SilentSunday oder was auch immer Ihr Herz begehrt. Hashtags sorgen dafür, dass sich die Mastodon-Welt dreht, also nutzen Sie sie in Ihren Beiträgen und scheuen Sie sich nicht, vielen zu folgen. Sie können immer noch später Begriffe entfolgen, wenn Ihre Zeitleiste zu unübersichtlich wird.

Sagen Sie “hallo”
Als nächstes möchten Sie allen sagen, dass Sie hierher gezogen sind und wer Sie sind. Dafür möchten Sie vielleicht einen Beitrag schreiben, in dem Sie sich kurz vorstellen und in dem Sie den Hashtag #introduction verwenden. Vergessen Sie nicht Hashtags mit Ihren Interessen zu verwenden, auf diesem Wege entdecken Sie vielleicht Gleichgesinnte, die Sie sonst nie kennen gelernt hätten.

Und da Leute sicherlich auf Ihr Profil schauen, um Sie besser kennen zu lernen und Sie sich ja nicht andauernd wiederholen möchten, heften Sie diesen Beitrag einfach an Ihr Profil an. Auf den meisten Servern können Sie mehr als einen Beitrag anheften, auf glammr.us bis zu fünf.
Oh, und scheuen Sie sich auch nicht, einfach mal einen Beitrag von jemandem zu kommentieren, der Ihnen gefallen hat. Mastodon lebt viel mehr davon, dass Leute sich einfach miteinander unterhalten als andere Plattformen (mehr dazu im nächsten Abschnitt). Also keine Angst vorm Quasseln mit Leuten.
Dezentralisiert und kein
Algorithmus – was heißt das eigentlich?
Sie haben vielleicht schon gehört, dass Mastodon ein dezentrales Netzwerk ist und keine Algorithmen verwendet, aber es ist vielleicht etwas nebulös was das denn nun wirklich im täglichen Umgang bedeutet. Hier sind meine Erkenntnisse kurz zusammengefasst:
- Die Server werden von einzelnen Leuten oder Gruppen betrieben, die das aus dem eigenen Geldbeutel und ohne kommerzielle Hintergedanken tun. Deshalb gibt es auf den meisten Servern auch keine Werbung. Das ist ziemlich einmalig in einem Zeitalter, in dem oft schon das eigene Betriebssystem einem Dinge aufschwätzen will.
- Punkt eins mag Sie dazu bewegen, dass Sie ab und an mal was an Ihre Serveradmin spenden, um ihnen mit den Serverkosten zu helfen.
- Twitter und andere von Unternehmen betriebene Plattformen arbeiten mit Algorithmen um manche Beiträge vor anderen zu priorisieren. Fragen Sie sich, warum Sie Musks Gesicht so oft auf Twitter sehen? Ja, genau, daran liegt das. Sie analysieren auch, wie oft ein Beitrag gemocht wird und Beiträge mit mehr Likes werden als wichtiger eingestuft als solche mit weniger Likes. Das ist auf Mastodon nicht der Fall. Hier sehen Sie nur die Beiträge von Leuten und Hashtags denen Sie folgen in chronologischer Reihenfolge, nichts weiter. Niemand ist wichtiger als der andere.
- Davon ausgehend: Wenn Sie auf Mastodon einem Beitrag ein Like geben, dann sagen Sie den Beitragsschreibenden, dass Ihnen gefallen hat, was sie gesagt haben. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Diejenigen, die Ihnen folgen bekommen davon nichts mit.
- Wenn Sie möchten, dass diejenigen, die Ihnen folgen auch einen Beitrag sehen, der Ihnen gefallen hat, dann müssen Sie ihn boosten. Auf Twitter hieß das retweeten, boosten ist nichts anderes. Es transportiert den Beitrag in die Zeitleiste derjenigen, die ihnen folgen. Wieder der einzige Unterschied: kein Algorithmus zählt wie oft etwas geboostet wurde und schiebt ihn irgendjemandem ins Gesicht, der den gar nicht sehen wollte.
- Oh, übrigens, Sie können Beiträge auch im Nachhinein bearbeiten, also wenn Sie nach dem posten schlauer sind, zum Beispiel, weil Sie jemand in einem Kommentar auf einen Fehler hingewiesen hat, dann können Sie einfach zu ihrem ursprünglichen Beitrag gehen und das korrigieren. Diejenigen, die davor mit Ihrem Beitrag interagiert haben, werden über der Änderung informiert (wenn sie diese Funktion nicht ausgeschaltet haben, um ihre Mitteilungen zu entlasten).
Kultur
Die Atmosphäre auf Mastodon kann variieren, je nachdem welchen Server Sie gewählt haben und welchen Leuten Sie folgen. Generell finde ich es viel angenehmer als Twitter. Allerdings sind bislang nur sehr wenige Museumsleute vertreten, daher vermisse ich die aktiven Gespräche, die sich an anderer Stelle oft ergeben haben. Aber das ist mehr eine Frage wie viele hier wie oft aktiv sind, es hat mit der Plattform an sich nichts zu tun.
Generell gibt es eine Kultur der Inklusion und das bedeutet auch, dass es ein ungeschriebenes Gesetz ist, dass Bilder und Gifs mit Alternativtext versehen werden, damit seheingeschränkte Personen auch mitbekommen, um was es Ihnen ging, als Sie das Medium gepostet haben.
Wenn Sie über sensible Inhalte schreiben – oder auch einfach einen Spoiler zu einer aktuellen Fernsehepisode oder Film – können und sollten Sie die sogenannten Content Warnings (CW) nutzen. Das sorgt dafür, dass in der Zeitleiste zunächst nur angezeigt wird, was Sie als Warnung geschrieben haben und erst, wenn man auf den Post klickt sieht man den eigentlichen Inhalt. Es kann sein, dass Ihr Server Inhaltswarnungen für bestimmte Inhalte vorschreibt. Schauen Sie sich auf der „About“ Seite an, was für Sie gilt.
Falls Sie von einem anderen Menschen auf Mastodon beleidigt werden, dann melden Sie den verletzenden Beitrag, damit die Server-Administration sich das ansehen und geeignete Maßnahmen ergreifen kann. Wie damit umgegangen wird unterscheidet sich wieder von Server zu Server, wenn die Instanz nur von einer Person betrieben wird dauert es in der Regel länger als wenn es ein Moderatorenteam gibt. Aber im Großen und Ganzen fand ich die Reaktionszeiten und Reaktionen viel angemessener als an anderen Orten, besonders da andere Plattformen nun wieder Hassparolen, Sexismus, Rassismus, Homophobie, Transphobie und Lügen als akzeptables Verhalten betrachten.
Zum Schluß
Obwohl ich bislang nicht sehr aktiv auf dem Mastodon-Account von Registrar Trek war, plane ich das zukünftig mehr zu sein. Aber das hängt natürlich sehr davon ab, ob auch andere Leute mitmachen. Sind Sie dabei?
Angela
Mehr dazu
Fedi.Tips gibt einen guten Überblick wie das Ganze funktioniert.
A Beginner’s Guide to Mastodon von Tamilore Oladipo ist ziemlich gut und gibt etwas Kontext.
https://buffer.com/resources/mastodon-social
Das hier sagt so ziemlich das, was ich auch gesagt habe, nur besser und mit weniger Wörtern, inklusive einiger Bereiche, zu denen ich nix gesagt habe wie z.B. private Nachrichten.