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Ein Käfer ist keine Kaffeetasse – Warum Umzüge naturkundlicher Sammlungen keine „normalen“ Umzüge sind

Dass ein Käfer kein Haushaltsgegenstand ist, kling zunächst trivial, ist es aber nicht. Geht eine Kaffeetasse bei einem Umzug zu Bruch, kauft man eben eine neue. Ärgerlich wird es, wenn das Service zu dem die Kaffeetasse gehörte nicht mehr hergestellt wird. Ein nicht ersetzbarer Verlust ist es, wenn diese spezielle Kaffeetasse mit einer besonderen Erinnerung verbunden war, etwa, weil sie der Urgroßmutter gehörte oder weil das Kind sie selbst getöpfert hatte.

Der Fall liegt bei Museumssammlungen ähnlich, nur geht es nicht um den Erinnerungswert für eine Person oder eine Familie, sondern um die Geschichte der Menschheit. Entsprechend schwer wiegt der Verlust eines Objektes hier.

Bei naturkundlichen Sammlungen kommt nun ein weiterer Aspekt hinzu: hier bedeutet der Verlust eines Sammlungsstückes gleichzeitig den unwiederbringlichen Verlust von Informationen, die für die aktuelle und zukünftige Forschung wichtig sind. Zwar ist das grundsätzlich auch bei kunst- und kulturgeschichtlichen Sammlungen der Fall, hier können aber die Auswirkungen des Verlustes zumindest teilweise durch gute Dokumentation und Digitalisierung gemildert werden. Unser Käfer ist jedoch selbst der Wissensspeicher für Informationen, die nur durch ihn zu bekommen sind. Nur dieses Exemplar ist zu exakt dieser Zeit an exakt diesem Ort gesammelt worden und birgt all die Informationen über seine damalige Umwelt in sich. Keine Form von Dokumentation und Digitalisierung kann alle Fragen erfassen, die zukünftige Generationen von Forschern an ihn haben werden. Ein Erhalt dieser Information ist nur über den Erhalt des Käfers selbst möglich.

Käfer in einer Museumssammlung. Die einzelnen Tiere befinden sich auf einer säurefreien Unterlage und sind mit dieser und ihrem Label zusammen auf eine Unterlage gespießt.
Käfer in einer Museumssammlung. Bild von Markéta Klimešová auf Pixabay

Nicht alle Käfer gehören in die Sammlung

Da der Erhalt der Sammlungsstücke von so großer Bedeutung ist haben Generationen von Forschern versucht, Schaden von ihren Objekten fernzuhalten. Naturkundliche Sammlungen sind für Schädlinge äußerst attraktiv und dementsprechend wurde alles, was die chemische Forschung und Industrie in den vergangenen Jahrhunderten an Bioziden entwickelt hat hier eingesetzt. DDT in Käfersammlungen, Arsen in Taxidermien, Quecksilber in Herbarien, vom Nervengift bis zur Phosphorsäure ist alles dabei, was die Gesundheit nachhaltig schädigen oder gar tödlich sein kann.

Für den Umzugsfall bedeutet dies, dass Sie gleich zwei Dinge mit bedenken müssen, die bei einem konventionellen Haushalts- oder Büroumzug gar keine Rolle spielen:

  • Sie müssen verhindern, dass Schädlinge die günstige Gelegenheit nutzen, um während eines Transportvorgangs in Ihre Sammlung zu gelangen. Das bedeutet, dass die Umzugsgebinde entsprechend verpackt sind und die Transportwege so mit Schleusen und Quarantänestationen ausgelegt sind, dass ein Befall ausgeschlossen werden kann.
  • In Ihren Arbeitsabläufen müssen Sie davon ausgehen, dass Sie mit hoch schadstoffbelasteten Gütern arbeiten. Biozideinsatz in Sammlungen wurde in der Vergangenheit meist nicht oder nur unzureichend dokumentiert. Gewissheit darüber, mit welchem Giftstoff in welcher Menge Sie es zu tun haben ist nur durch Messungen im Vorfeld zu ermitteln. Daraus ergeben sich dann Anforderungen für Schutzausrüstungen, Transport und Lagerung.

Davon abgesehen gibt es eine weitere Gefahrenquelle: die Objekte selbst. Manche von ihnen sind selbst giftig oder radioaktiv und müssen dementsprechend anders behandelt, transportiert und gelagert werden als eine Kaffeetasse.

Käfer auf Reisen – keine Pauschaltouristen

Transporte gehen dann schnell und unproblematisch, wenn Dinge standardisiert werden können. Vom Privatumzug kennen Sie das: Es gibt standardisierte Umzugskartons, die dann perfekt in den Umzugswagen passen. Sie müssen lediglich darauf achten, dass Sie diese Kartons gut packen und nicht überlasten.

In naturkundlichen Sammlungen gibt es auch viele Dinge, die sich für den Transport standardisieren lassen. Käfer werden z.B. meist mit vielen Artgenossen zusammen in einer Schublade gelagert und diese Schublade kann dann mit anderen Schubladen zusammen verpackt und transportiert werden. Viele andere Sammlungsgegenstände tun den Sammlungsverantwortlichen diesen Gefallen aber nicht.

Viele Objekte in naturkundlichen Sammlungen sind sogenannte Feuchtpräparate, die in mit Alkohol oder Formalin gefüllten Gläsern aufbewahrt werden. Diese Sammlungsobjekte sind nicht nur zerbrechlich, sie sind auch noch vibrationsempfindlich, der Inhalt feuergefährlich und gesundheitsschädlich. Darüber hinaus darf ihre Transportroute nicht durch ein Wasserschutzgebiet führen.

Dies ist nur ein Beispiel für die vielen Sonderfälle die beim Umzug einer naturkundlichen Sammlung auftreten und vom Standard abweichen. Manches ist so schwer, dass Sie eine Schwerlastfirma beauftragen müssen. Anderes ist so fragil, dass dafür erst spezielle Transportverpackungen gebaut werden müssen. Vieles ist sowohl schwer als auch zerbrechlich. Manche Präparate müssen dauerhaft gekühlt werden, um erhalten zu bleiben. Hier darf beim Transport die Kühlkette nicht unterbrochen werden. Eine präparierte Giraffe oder ein Walskelett kann so komplexe Herausforderungen an den Transport stellen, dass mehrere Experten mehrere Tage mit der reinen Planung der besten Transportmethode beschäftigt sind.

Käfer einlagern – kein Fall fürs Möbelhaus

Wenn Sie bis hierher gelesen haben, haben Sie es vermutlich schon erraten: Der Lagerort für eine naturkundliche Sammlung muss eine ganze Menge leisten. Er muss Schädlinge abhalten, ein stabiles Raumklima bieten, ausreichend Luftzirkulation haben und mit Möbeln ausgestattet sein, in denen die Objekte über Jahrzehnte so gelagert werden können, dass sie keinen Schaden nehmen und trotzdem leicht für die Forschung zugänglich sind.

Unterschiedliche naturkundliche Sammlungsarten können dabei sehr unterschiedliche Anforderungen haben. Hohe Luftfeuchtigkeit ist meistens das größte Problem, da sie Schimmel begünstigt und Schädlinge anzieht. Doch auch Trockenheit kann Schäden verursachen. Temperaturschwankungen lassen Felle an präparierten Tieren reißen und Fossilien auseinanderbrechen. Eine nicht ausreichende Belüftung lässt die Schadstoffkonzentration im Raum steigen und die Schimmelgefahr wächst. Gute Museumsdepots bieten für jede Art von Sammlung das jeweils passende Raumklima. Sie sind so konstruiert, dass selbst im Notfall, bei Ausfall sämtlicher Technik, mit konventionellen Mitteln schnell wieder gute Lagerungsbedingungen hergestellt werden können, bevor es zu Schäden an den oder gar Totalverlust von Sammlungsobjekten kommt.

Zur sicheren Lagerung gehört auch die Zugänglichkeit. Objekte müssen so entnommen werden können, dass sie und die mit ihnen zusammen gelagerten Objekte keinen Schaden nehmen. Unser Käfer ist dabei in seiner Schublade schon sehr platzsparend aufbewahrt. Andere Objekte brauchen mehr Platz, Sie müssen z.B. ein Feuchtpräparat mit seinem Glas so aus dem Regal nehmen können, dass die benachbarten Gläser dabei nicht bewegt werden müssen. Diese Bewegungsfreiheit kostet Lagerplatz, ist aber unabdingbar für die sichere Lagerung.

Für all diese Probleme gibt es gute Lösungen, die aber nicht im nächsten Baumarkt erhältlich sind. Es gibt Experten und Firmen, die sich auf dieses Fachgebiet spezialisiert haben.

Was am endgültigen Lagerort geplant ist, hat Auswirkungen auf den Umzug selbst: wenn sich unser Käfer zum Beispiel im Moment in einer Schublade befindet, die durch Biozide verseucht ist oder schlicht nicht ins Raster der neuen Sammlungsmöblierung passt, dann müssen er und seine Artgenossen vor dem Umzug in eine neue Schublade umziehen. Es kommt also durchaus vor, dass ein großer Umzug im Vorfeld mehrere kleinere Umzüge bedingt.

Fragen an den Käfer zu jeder Zeit

Kunst- und Kulturgeschichtliche Sammlungen schränken oft einen Großteil ihrer Sammlungs-, Ausstellungs- und Forschungstätigkeit während der Zeit eines Sammlungsumzugs ein. Eine naturkundliche Sammlung, die Teil eines internationalen Forschungsnetzwerks ist, wird sich diesen relativen Luxus in den meisten Fällen nicht leisten können.

Das bedeutet aber auch, dass ein Sammlungsumzug hier ganz anders angegangen werden muss. Es können nicht einfach ganze Sammlungsteile verpackt und bis zum eigentlichen Umzug kompakt und weitestgehend unzugänglich eingelagert werden. Zu jeder Zeit muss ein Zugriff auf einzelne Objekte und Sammlungsteile möglich sein.

Generell gibt es zwei Möglichkeiten mit dieser Anforderung umzugehen: Entweder wird die Zeit in der eigentlichen Umzugseinheit so kurz wie möglich gehalten, das heißt Transportvorbereitung, Verpacken, Transport, Entpacken und neu einlagern geschieht innerhalb weniger Tage. Oder die Umzugseinheiten werden so gewählt, dass auch während der Phase der Einlagerung ein Zugriff jederzeit gefahrlos möglich ist. Beide Möglichkeiten haben Vor- und Nachteile, bedeuten aber beide, dass an Start- und Zielort mehr Platz benötigt wird und ein Mehraufwand an Zeit und Personal im Vergleich zu anderen Sammlungstypen besteht.

Schlussbemerkung: Im Zweifel für den Käfer

Mit dem Erfahrungshorizont der eigenen Haushaltsumzüge erscheint der Zeit-, Kosten- und Personalaufwand für den Umzug von Museumssammlungen immer relativ hoch. Dieser Eindruck relativiert sich schnell, wenn man die Hintergründe kennt.

Dabei ist keine Art von Museumssammlung per se „einfacher“ oder „schwieriger“ umzuziehen als eine andere. Jede Art hat ihre eigenen Herausforderungen. Naturkundliche Sammlungen gehören dabei aber sicherlich zu den komplexesten mit denen man es zu tun haben kann. Und sie haben mit einem Manko zu kämpfen: während jeder einsieht, dass man die Mona Lisa nicht einfach auf die Ladefläche eines alten Lastwagens wirft, ist ein Käfer augenscheinlich „nur“ ein Käfer. Dass er ein Wissensspeicher ist, dessen unentdeckte und undokumentierte Informationen unter Umständen bedeutsamer sind als das umfassend untersuchte und dokumentierte Kunstwerk von Leonardo da Vinci sieht man ihm nicht an.

Zur eigentlichen Komplexität des Umzugs und der schieren Masse an Exemplaren, die von A nach B transportiert werden müssen, kommt also noch eine weitere Herausforderung: Der Öffentlichkeit klarzumachen, warum ein Käfer keine Kaffeetasse ist.

Vielleicht trägt dieser Artikel ja ein wenig dazu bei.

Angela Kipp

EODEM – Es ist da! Aber warum sollte mich das interessieren?

EODEM 1.0, das Exhibition Object Data Exchange Model (Ausstellungsdatenaustauschmodell – und habe ich erwähnt, wie sehr ich es liebe, dass man das auf deutsch zu einem Wort machen kann?), wurde am ersten September veröffentlicht. Aber warum sollten Sie als Registrar*in sich von diesen fünf Buchstaben begeistern lassen? Ist es nicht einfach noch ein Standard in einer Museumswelt, der es wahrlich nicht an Standards mangelt – aber an Menschen, Geld, Zeit und, leider all zu oft, der Unterstützung auf institutioneller Ebene sie in die Praxis umzusetzen?

Nun, zunächst einmal ist es kein Standard. Es ist ein Austauschmodell. Richtig gehört, es ist nicht etwas, das Sie dazu zwingen wird, Ihre Daten umzuorganisieren – obwohl das, ehrlich gesagt, nie ein Fehler ist, wenn man schon mal dabei ist und EODEM wurde auch als Profil des LIDO-Standards definiert. Nein, EODEM ist etwas, das es Ihnen ermöglichen wird, die Angaben, die Sie bereits über Ihre Objekte in der Datenbank haben mit anderen Kolleg*innen auszutauschen. Also etwas, das Sie höchstwahrscheinlich jetzt schon tun, wenn Sie am Leihverkehr teilnehmen und mit anderen Institutionen für Ausstellungsprojekte zusammenarbeiten.

Diese nervige Tipparbeit die Daten einer anderen Institution aus einem Formular oder einer Email in Ihre Datenbank zu übertragen könnte mit EODEM der Vergangenheit angehören! Wenn es in Ihrem System implementiert ist, können Sie einfach die EODEM-Datei, die Ihrer Kolleg*innen Ihnen geschickt haben importieren und die Informationen werden genau in den Feldern Ihrer Datenbank erscheinen, in denen Sie sie benötigen. Es ist nicht wichtig, mit welchem Datenbanksystem die Kolleg*innen in der anderen Institution arbeiten. Wenn dieses System EODEM-Datensätze aus den dortigen Dateien erzeugen kann, dann können Sie die Daten bei sich importieren, egal welches System Sie benutzen!

Logo of the Exhibition Object Data Exchange Model, yellow letters EODEM with an arrow pointing from the E through the O and another coming from the M
EODEM logo

Es gibt ein großes Aber: Nur, weil EODEM da ist, heißt das noch lange nicht, dass es auch in Ihrer Datenbank ist. Die gute Nachricht: EODEM wurde zusammen mit Datenbankanbietern entwickelt, so dass es von Anfang an so aufgebaut wurde, dass es einfach in die meisten Sammlungsverwaltungssysteme zu implementieren sein sollte. Die schlechte Nachricht? Anbieter für Sammlungsverwaltungssysteme sind keine großen Softwarefirmen, die Museumswelt ist ja auch keine besonders große Industrie. Also sitzt da keine Armada von Software-Entwickler*innen, die nichts anderes zu tun haben, als darauf zu warten, dass EODEM endlich fertig ist und sie es implementieren können. Statt dessen steht es auf einer langen Liste mit den vielen anderen Dingen, die eingebaut, entwickelt, und/oder in Ordnung gebracht werden müssen.

Und raten Sie mal? Genau. Hier kommen Sie ins Spiel.

Je mehr Nutzer*innen eines bestimmten Sammlungsverwaltungssystems ihren Anbieter fragen, wann EODEM für sie verfügbar sein wird, desto wahrscheinlicher bekommt es eine Topplatzierung auf der Liste der Entwickler*innen. Also ist das, was Sie, ja, genau, Sie, der/die einzige Registrar*in in ihrem Museum, der/die überarbeitete Überarbeiter*in von Daten, die Person, die ohnehin schon viel zu viel gleichzeitig zu tun hat, selbst tun kann, um in Zukunft Ausstellungsdaten mit einem Klick auf einen Knopf zu exportieren und zu importieren, ist einfach, Ihren Anbieter zu fragen, wann denn diese Möglichkeit in Ihrer Datenbank zur Verfügung stehen wird.

Jemandem auf die Nerven fallen bis die andere Seite es tut, weil es einfacher ist, als immer wieder „nein“ oder „mal schauen“ zu sagen kommt Ihnen bekannt vor? Ha! Hab ich es mir doch gedacht! Das ist eigentlich die Stellenbeschreibung eines/einer Registrar*in. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass Sie EODEM bekommen werden, wenn Sie sich dahinter klemmen.

Sie schaffen das!

Angela

Mehr zu EODEM:

Alles über EODEM auf der Website von CIDOC:

EODEM Spezifikationen und Beispiele:

Rupert Shepherd hält Sie auf seiner persönlichen Website auf dem Laufenden:

Managing Previously Unmanaged Collections – Überarbeiten, Anreichern, Aufmotzen

Was möchten Sie darin sehen?

Eine Glückskatze schläft auf dem Buch

Gibt auch ein gutes Kopfkissen ab!

Es ist sieben Jahre her seit “Managing Previously Unmanaged Collections” herausgekommen ist. Rowman & Littlefield haben mich netterweise gefragt, ob ich eine Neuauflage in Angriff nehmen möchte, und ich fühle mich versucht “Ja klar doch!” zu brüllen.

Aber seit der ersten Auflage ist es schon eine ganze Weile her und eigentlich habe ich damals schon alles gesagt, was ich sagen wollte. Also spanne ich Sie mit ein: Welche Passagen möchten Sie erweitert sehen? Was haben Sie vermisst? Was ist unnötig und kann in der nächsten Auflage “entsammelt” werden?

Ich möchte auch mehr von Ihren Geschichten mit einfließen lassen. Hat Ihnen das Buch bei einer unorganisierten Sammlung geholfen? Möchten Sie diese als Beispiel aus dem richtigen Leben einfließen lassen? Schreiben Sie mir, ich wäre hoch erfreut.

Haben Sie das Buch im Einsatz gehabt und das zeigt sich an Eselsohren, gekritzelten Kommentaren und Klebezetteln? Bitte, ich möchte diese “Action-Fotos” gerne sehen und eventuell auch hier veröffentlichen.

Blick in ein chaotisches Zimmer, ein Tisch lehnt gegen ein Fenster, jede Menge unorganisiertes Zeug liegt rum.Die Welt hat sich verändert, andere Dinge nicht. Sie erreichen mich immer noch unter angela.kipp AT museumsprojekte.de

Nachdem Twitter von Leuten übernommen wurde, mit denen ich mich nicht assoziert sehen möchte und die auch mit mir keine Geschäfte machen sollen, bin ich auf Mastodon als die freundlichere Alternative gewechselt. Sie finden mich dort als @registrartrek@glammr.us obwohl ich immer noch dabei bin herauszufinden wie das alles funktioniert.

Ach ja, das Registrar-Trek-Blog hat auch seine eigene Instanz, Sie erhalten die Updates, wenn Sie @admin@world.museumsprojekte.de von Ihrem Mastodon-Account aus folgen.

Passen Sie auf sich auf und ich freue mich, von Ihnen zu hören!

Angela

Die Wetterfeuerzwerge oder: Ein paar Gedanken über Sensoren – Teil 3

Ich weiß, was Sie denken, nachdem Sie die ersten beiden Teile dieser Beitragsreihe gelesen haben: Welche Datalogger sollte ich am besten kaufen, um mein Klima zu messen? Es gibt eine große Auswahl auf dem Markt und einige davon sind ziemlich teuer.

Die Sache ist die: Es sind Faktoren wie die Genauigkeit, die den hohen Preis von Dataloggern ausmachen, vor allem, wenn es darum geht, die relative Feuchtigkeit zu messen. Sie können auch recht günstige Modelle kaufen, aber was diese wirklich billig macht, sind meistens billige Sensoren. Nun fragen Sie sich sicherlich, wie schlimm eigentlich ein billiger Sensor ist. Wie fast immer, ist diese Frage mit: „Es kommt darauf an …“ zu beantworten. Auf was es ankommt? Beispielsweise darauf, wie stabil Ihr „Raumklima“ ist (auch wenn wir bereits gesehen haben, dass es so etwas eigentlich gar nicht gibt) und wie genau Ihre Messung sein soll.

Eine Sache, die Sie wissen sollten ist, dass Sensoren immer innerhalb einer Spannweite arbeiten. Feuchtigkeitsfühler tun dies für gewöhnlich und logischerweise zwischen 0 und 100% relativer Feuchtigkeit. Innerhalb dieser Spanne sind Abweichungen hinsichtlich der Genauigkeit möglich. Feuchtigkeitsfühler funktionieren typischerweise im mittleren Bereich um die 50% rF am exaktesten und werden ungenauer, wenn sich die Feuchtigkeit auf Werte im Randbereich unter 10% oder über 90% zubewegt. Auch in einer sehr kalten oder sehr heißen Umgebung, kann ein Messfühler seine Genauigkeit einbüßen. Normalerweise sind die Angaben zu den möglichen Abweichungen in den Datenblättern von Sensoren oder Geräten dargestellt.

Da sich das alles ziemlich theoretisch anhört, habe ich einen Versuch gemacht, um zu zeigen, was das alles bedeutet (im Nachhinein betrachtet, hätte ich vielleicht ein bunteres Farbspektrum für das Diagramm verwenden sollen, Entschuldigung hierfür). Ich habe drei Sensoren an einer Stelle ausgelegt:

DHT22 (hellgrün), Korrektur DHT22 (blau), SHT31 (dunkelblau), Sensirion SHT35 (grün)

 

1. Ein recht günstiges Modell, einen DHT22/AM2302 1 bei dem es sich um einen gewöhnlichen Temperatur- und Feuchtigkeitsmesser aus dem Bereich der Maker/Mikrokontroller-Szene handelt, die man oft in selbstgebauten Geräten findet. Normalerweise zeigen diese Fühler Werte mit einer Genauigkeit von +/- 2% rF und einer maximalen Abweichung von +/- 5% rF an (es wird jedoch nicht angegeben, in welchem Messbereich diese maximale Diskrepanz erreicht wird). Diese Messdaten werden durch die hellgrüne Kurve dargestellt.

2. Aus dem mittleren Preissegment eine chinesische Version des Sensirion SHT31 2, denen man gelegentlich in etwas raffinierteren DIY-Projekten begegnet. Die Genauigkeit dieses Geräts wird mit +/- 2% rF angegeben. Dargestellt wird diese Messung von der dunkelblauen Kurve.

3. Aus der höheren Preisklasse einen original Sensirion SHT35-Sensor 3, den man in professionellen Geräten findet. Es wird eine Genauigkeit von bis zu +/- 1,5% rF innerhalb eines Messbereichs von 0 und 80% relativer Feuchtigkeit angegeben, was bedeutet, dass es außerhalb dieser Werte weniger genau misst. Dargestellt wird dieser Sensor von der grünen Kurve.

4. Zusätzlich ist eine blaue Kurve zu sehen: Hierbei handelt es sich um die lineare Korrektur des DHT22, der auf einem Abgleich mit einer Messung beruht, die ich mit einem Assmann-Psychrometer durchgeführt habe. Ich habe herausgefunden, dass der DHT22 31 Prozentpunkte von der „tatsächlichen“ relativen Feuchtigkeit abweicht, die ich mit dem Assmann-Psychrometer bei 55% gemessen habe. 4

 

Was zeigt uns diese Grafik an und was können wir daraus lernen?

Alle Sensoren funktionieren ziemlich ähnlich, wenn es um Temperaturmessungen geht. Das bedeutet für uns, dass wir getrost auf günstigere Varianten zurückgreifen können, wenn es um reine Temperaturmessungen geht.

Sobald es aber um die Feuchtigkeitsmessung geht, wird es sehr interessant:

1. Die ursprünglichen DHT22-Aufzeichnungen zeigen eine viel zu hohe Feuchtigkeit an, was wir bereits nach der Messung mit dem Psychrometer vermutet haben. Da der Sensor maximal bis 100% messen kann, hören die Kurven natürlich abrupt bei 99,9% auf. Die Kurve unserer Korrekturmessung dieses Sensors ergibt sich hauptsächlich durch lineare Subtraktion, sodass die abgeflachte Kurve des DHT22 direkt auf 68,9% transferiert wird.

2. Das teure Original des SHT35 und die günstigere Variante SHT31 sind nicht wirklich weit voneinander entfernt. Wenn die Feuchtigkeit langsam auf 70% und darüber hinaus ansteigt, scheint der günstigere Sensor (dunkelblaue Kurve) ein bisschen weniger Feuchtigkeit zu messen als die teurere Version (grüne Kurve). 5

3. Wirklich lustig ist jedoch die Tatsache, dass der günstigere Fühler dazu tendiert, Ereignisse dramatisch überspitzt darzustellen. Wenn wir uns den Kurvenverlauf der Feuchtigkeitsmessung des DHT22 vom 27. Juli genauer anschauen, sehen wir, dass die Kurve von 100% am Morgen drastisch auf 49,7% um 3 Uhr nachmittags abfällt. Auch die korrigierte Version beschreibt einen ebenso dramatischen Klimaverlauf von 68,9% zu 18,7%. Wenn wir uns die anderen beiden Sensoren anschauen, passiert nichts dramatisches. Der teuerste Sensor misst einen Abfall der Feuchtigkeit von 66,3% auf 40,7%. Dies wäre zwar immer noch eine kleine Katastrophe, wenn es sich um das Klima in einer Ausstellung oder einem Depotraum handeln würde (was nicht der Fall war), aber es ist ein riesiger Unterschied, ob man einen Klimaabfall von 25% oder von 50% hat.

Ausschnitt der Klimakurve vom 27.Juli

Vor allem der letzte Punkt sagt viel über günstige und teure Datalogger aus. Nicht, weil günstige Geräte unbedingt einen alten, abgenutzten DHT22 beinhalten, sondern weil hier ein grundsätzliches Problem von Sensoren verdeutlicht wird: sie funktionieren nicht immer unbedingt linear. Sie benötigen möglicherweise eine Kalibrierung.

Nun ist jede Kalibrierung ein kostspieliger Schritt. Für gewöhnlich sind Geräte an bestimmte Referenzpunkte angepasst, was bedeutet, dass der Hersteller in etwa das gleiche getan hat, was ich mit dem DHT22 getan habe: Es wird eine kalibrierte Quelle beprobt (zum Beispiel Salzlösung) und das Ergebnis wird dementsprechend angepasst.

Wenn es sich um ein günstiges Gerät handelt, kann es sein, dass diese Anpassungen nur an einen einzigen Referenzpunkt angepasst sind, was Folgen hat, die wir beispielsweise beim der Messkurve des DHT22 sehen können. Nur weil dieser Sensor bei einer Feuchtigkeit von 55% um 31 Prozentpunkte abweicht, muss dies nicht bei der ganzen Spannweite des Messbereichs der Fall sein. Stattdessen ist es sogar sehr unwahrscheinlich für einen Sensor, innerhalb eines ganzen Spektrums linear zu reagieren. Vielmehr fällt die Reaktion bei unterschiedlichen Bereichen der Feuchtigkeit ebenso unterschiedlich aus. Aus diesem Grund werden teure Geräte an mehreren Referenzpunkten getestet und dementsprechend kalibriert. Das Ergebnis sind viel genauere Aufzeichnungen innerhalb der ganzen Bandbreite.

Ich vermute, dass der SHT31 auch nur mit einer Referenz getestet wurde und dass allein schon der Unterschied, den wir bei steigender Feuchtigkeit im Vergleich zu den Aufzeichnungen des originalen Sensirion sehen bereits ein Zeichen dafür ist – aber da sich die Kurven noch im möglichen Toleranzbereich befinden, kann ich das nicht beweisen.

Ich persönlich würde den DHT22 aus offensichtlichen Gründen nicht mehr verwenden. Mit dem SHT31 kann ich leben, wenn ich einen groben Eindruck über die klimatische Raumsituation bekommen möchte oder in einer weniger problematischen Umgebung. Wenn es allerdings um Klimaaufzeichnungen für Leihgaben oder kritische Depotsituationen geht, würde ich mich immer für die teureren Originalteile entscheiden.

Um es also etwas allgemeiner zusammenzufassen: Kann man Kosten sparen, wenn man ein günstiges Gerät anschafft? Ja, wenn es lediglich darum geht, die Temperatur zu messen. Und ja, wenn es nur darum geht, eine grobe Vorstellung von Schwankungen der relativen Feuchtigkeit zu bekommen, man jedoch keine genauen Messwerte benötigt. Sie müssen sich dann immer der Tatsache bewusst sein, dass ein Gerät einen viel dramatischeren Klimasturz anzeigt, als dies eigentlich der Fall ist, aber dass es ebenso denkbar ist, dass die Aufzeichnungen weniger dramatisch ausfallen, als das, was tatsächlich passiert ist.

Wahrscheinlich ist es besser, qualitativ hochwertigere Produkte zu wählen, wenn es um heikle Einsatzgebiete geht und es ist immer ratsam, einen kritischen Blick auf die Datenblätter eines Produktes zu werfen, um zu wissen, was man kauft.

Mögen Ihre Depots und Ausstellungen stets ein schönes und stabiles Klima haben!

Angela

 

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Edith Harmati.

  1. Siehe hierzu das Datenblatt: https://www.sparkfun.com/datasheets/Sensors/Temperature/DHT22.pdf
  2. Details sind hier zu finden: http://vi.raptor.ebaydesc.com/ws/eBayISAPI.dll?ViewItemDescV4&item=162728071099&category=65460&pm=1&ds=0&t=1509175725000&ver=0
  3. Das komplette Datenblatt der Sensirion SHT 3x-Serie ist hier zu finden: https://www.sensirion.com/de/umweltsensoren/feuchtesensoren/digitale-feuchtesensoren-fuer-diverse-anwendungen/
  4. Fairerweise muss ich zugeben, dass ich diesen einen Fühler in den vergangenen Jahren nicht sehr pfleglich behandelt habe, sodass man ihn als etwas veraltet und verbraucht bezeichnen kann. Ich habe herausgefunden, dass man mit vielen DHT22-Messfühlern viel näher an die originalen Feuchtigkeitswerte herankommt und man normalerweise keine Sensoren mit einer höheren Abweichung als 2% für seine Feldforschung benutzen sollte. Aber beim Weiterlesen, werden Sie verstehen, warum ich diese Sensoren überhaupt nicht mehr für kritische Bereiche benutze.
  5. Wenn ich die extremsten Abweichungen betrachte, befinden sich diese in einem Bereich von 2-3 Prozent. Dies würde bedeuten, dass die Werte immer noch in einem akzeptablen Toleranzbereich liegen, vorausgesetzt, der eine Fühler irrt sich im Plus-Bereich und der anderere Fühler im Minus-Bereich des jeweiligen Spektrums.

Die Wetterfeuerzwerge oder: Ein paar Gedanken über Sensoren – Teil 2

Picture by Alexas_Fotos via pixabay CC0

Es ist ein allgemeines Missverständnis, dass Sensoren grundsätzlich die Raumtemperatur und die relative Luftfeuchtigkeit erkennen können. Das können sie nicht. Es gibt keinen Wetterfeuerzwerg, der zu den Objekten spaziert und sagt: „Nun, hier haben wir eine relative Feuchtigkeit von 51%“. Ein Sensor misst Temperatur und Feuchtigkeit immer in der unmittelbaren Umgebung. Wenn er zwei Meter über dem Boden hängt, misst er dort wunderbare 51% und 21°C, während Ihre Objekte weiter unten hinter dem Glas einer Ausstellungsvitrine mit schlechter Lichtinstallation bei 28°C überhitzen und bei 34% vertrocknen. Möglichweise bekommt man Panik, wenn man die angezeigten 32°C in der Ausstellung erblickt, während dies tatsächlich nur durch direkte Sonneneinstrahlung auf den Sensor verursacht wird. Oder aber der Sensor wurde über einem Heizgerät angebracht und wird deswegen gegrillt.

Ein Problem bei der richtigen Platzwahl für die Montage eines Dataloggers ist, dass es nur in den wenigsten Fällen soetwas wie ein „Raumklima“ gibt. In den meisten Räumen gibt es mehrere Klimazonen: Es gibt eine Außenwand, die stets etwas kälter ist als der Rest des Raumes. Es gibt die eine Wand, die im Winter immer von 11 bis 14 Uhr und im Sommer von 9 bis 16 Uhr viel Sonnenlicht abbekommt. Es gibt den Bereich in der Nähe des Eingangs, in dem immer ein kühler und feuchter Luftzug herrscht, sobald jemand die Tür öffnet. Und es gibt noch die Ausstellungsvitrinen.

Alles in einem Raum tendiert stets nach einem Ausgleich, was bedeutet, dass sich alle Komponenten einem gemeinsamen Raumklima anzupassen versuchen. Aber gerade dadurch wird ein wechselhaftes und manchmal problematisches Raumklima erzeugt. Wärmere Luft störmt unvermeidlich in kühlere Bereiche, aber sobald sie dort ankommt, können sich eben die schönen 51% bei 21°C bald in die klimatischen Bedingungen der Außenwände von 68% bei 16°C umwandeln. 1

Um einen guten Überblick darüber zu bekommen, was an welcher Stelle in einem Raum oder einer Ausstellung geschieht, könnte man mehrere Sensoren zu platzieren. Doch wir kennen alle das Leben und den Museumsbetrieb: Mit großer Wahrscheinlichkeit stehen nie genügend finanzielle Mittel zur Verfügung. Was man aber auf jeden Fall machen kann, ist, mit seinem Datalogger zunächst in unterschiedlichen Raumbereichen zu messen, um einen besseren Überblick zu bekommen, was wo passiert. Dadurch lässt sich für die dauerhafte Platzwahl eines Dataloggers ein Bereich auswählen, der die besten Erfahrungswerte für die jeweiligen Objekte aufweist.

Das nächste Mal werden wir uns den Unterschied zwischen günstigen und teuren Sensoren anschauen, was – neben anderen Faktoren, wie etwa einer W-LAN-Kompatibilität – ausschlaggebend für die Quailtät des Datalogger ist.

Bleiben Sie dran für den dritten Teil dieses Beitrags!

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Edith Harmati.

  1. Fun fact: Aus diesem Grund bekommt man einen noch feuchteren Keller, wenn man versucht, diesen zu trocknen indem man die Fenster im Sommer öffnet – wohingegen man bessere Erfolgschancen hat, wenn man das gleiche im Winter tut.

Die Wetterfeuerzwerge oder: Ein paar Gedanken über Sensoren – Teil 1

Foto von Brett_Hondow CC0 via pixabay

Wenn ich an meine frühe Kindheit zurückdenke, habe ich ab und zu das Bild meines Großvaters vor Augen, der vor einer sogenannten „Wetterstation“ steht – einer Holztafel mit drei Messgeräten aus Messing: Einem Thermometer, einem Hygrometer und einem Barometer. Behutsam pflegte er gegen die Glasabdeckung des Barometers zu klopfen, bevor er auf die Anzeige schaute.

Als Kind war ich fest davon überzeugt, dass er dabei einen kleinen Arbeiter in der Wetterstation weckt, der wiederum prüft, ob das Wetter trocken, regnerisch oder wechselhaft wird. Dies ergab für mich Sinn, da ich dachte, dass besondere Mächte für das Wetter verantwortlich sind: Die Wetterfeuerzwerge.

Nach den Abendnachrichten sagte der Nachrichtensprecher nämlich immer: „Und nun die Wetterfeuerzwerge für morgen“. Viel später erst fragte ich meine Mutter danach und sie erklärte mir, dass es nicht um „Wetterfeuerzwerge“ ging, sondern um die „Wettervorhersage“. Bis dahin war ich der festen Überzeugung, dass „Wetterfeuerzwerg“ ein gewöhnlicher Beruf sei, wie Feuerwehrmann, Bäcker oder Lehrer. Sie beobachten das Wetter und machen Prognosen. Zudem war ich der Meinung, dass es Zwerge sein müssten, weil sie ja in den kleinen Instrumenten wie einem Barometer wohnen müssen.

Nun fragen Sie sich sicherlich, worauf ich mit diesen Kindheitserinnerungen hinaus will? Nun, mein Großvater konnte sicherlich keine kleinen Wetterfeuerzwerge erwecken noch praktizierte er andere Arten von Magie. Durch das Beklopfen des Barometers, in dessen Innerem sich eine kleine Metalldose – ein sogenannter Aneroid – befindet, wollte er lediglich eine Tendenz ablesen. Wenn man nämlich gegen ein solches Barometer klopft, wird der Druck in der Dose auf einen Zeiger übertragen, der einem anzeigt, ob der Luftdruck steigt oder fällt. Ebenso wusste mein Großvater, dass die kleinen Markierungen, auf denen man etwa „sehr stürmisch“, „Regen“, „wechselhaft“, „klar“ oder „sehr trocken“ lesen konnte, nicht wortwörtlich zu verstehen waren. Im Winter konnte „klar“ oft bedeuten, dass es sehr kalt werden würde. Er schaute also nicht einfach nur auf das Barometer, er wusste auch, wie er die Anzeigen zu deuten hatte.

Springen wir zurück in das Jahr 2018: Oft habe ich Schwierigkeiten, einigen Kollegen die Nutzung und die Genauigkeit von Sensoren zu erläuten. Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf unsere Vorstellungskaft und unsere Erwartungen hinsichtlich Messgeräten gewissermaßen ihren Tribut fordern.

Es stimmt, auf Hygrometer bezogen, dass es wesentlich komplizierter ist, Feuchtigkeit zu messen als die genaue Temperatur. 1. Ein digitales Hygrometer zeigt für gewöhnlich Werte bis zu zwei Stellen nach dem Komma an.

Während man beispielswiese auf einem analogen Hygrometer eine Feuchtigkeit von über 50% ablesen würde, liefert das digitale Gerät einen exakten Wert von 51,23%. Das ist erstaunlich. Leider bedeutet dies nicht das, was viele Menschen darunter verstehen. Denn gerade weil ein so genauer Wert angegeben wird, nehmen viele an, dass die digitale Anzeige viel genauer ist, als das analoge Auslesen von Großvaters alter Wetterstation. Aber dies ist nicht zwangsläufig der Fall.

Auch wenn es sich um einen sehr guten digitalen Feuchtigkeitssensor mit einer 1,5%-igen Genauigkeit handelt, wäre ein Wert zwischen 50 bis ca. 52% gemeint. Wenn man dagegen einen etwas mäßigeren Sensor mit einer Genauigkeit von 5% nimmt, würde dies bedeuten, dass der angezeigte Wert zwischen einer tatsälcihen Feuchte von 46 bis 56% liegt. 2

Foto von Alexas_Fotos via pixabay CC0

Aber warum werden dann überhaupt zwei Stellen nach dem Komma angezeigt? Hat dies nur eine schmückende Funktion? Ja und nein. Um dies zu verstehen, müssen wir den Unterschied zwischen Genauigkeit und Auflösung verstehen – beides sind Angaben, die Sie finden werden, wenn Sie einen Datalogger oder einen Sensor kaufen.

Das, worüber wir gerade gesprochen haben, ist die Genauigkeit. Die Auflösung ist oft höher als die Genauigkeit. Ein Feuchtigkeits-Sensor kann zwar eine Genauigkeit von +/- 2% aufweisen, aber eine Auflösung von 0,1. Dies mag zunächst wie ein Widerspruch klingen, aber dem ist nicht so. Man möge sich hierzu einen kleinen Wetterfeuerzwerg vorstellen, der in der Lage ist, zu fühlen, wie feucht es ist.

Er sagt: „Es sind 52%“. Da wir nun wissen, dass dies einen Wert zwischen 50 und 54% bezeichnen kann, wird er, wenn wir ihn erneut hinaus schicken, in der Lage sein, uns zu sagen, ob es feuchter oder trockener wird als zuvor. Es wird ihm möglich sein, uns eine genauere Prognose zu geben als er dies bei der Einschätzung der allgemeinen Feuchtigkeit tun kann. Er wird sagen können: „Es wird feuchter, da es nun 52,1% sind“.

Während also die Stellen nach dem Komma hinsichtlich der allgemeinen Feuchtigkeit unbedeutend sind, können sie uns helfen, die Tendenz des Raumklimas sowie den Grad der Veränderung zu erkennen.

Wenn Sie eine halbe Stunde lang alle fünf Mintuendas Klima messen und dabei Werte auslesen wie: 52,1%, 52,3%, 52,2%, 52,1%, 52,2% und 52,1%, werden Sie andere Schlussfolgerungen ziehen, als bei einer Folge von Werten wie 52,0%, 52,2%, 52,3%, 52,4%, 52,6%, 52,8%. Während beide Zahlenfolgen nach wie vor bedeuten können, dass es allgemein 2% mehr oder weniger feucht ist als die Anzeige behauptet, zeigt die zweite Folge eine Tendenz an – dass etwas geschieht, was den Raum zunehmend feuchter macht. Verstehen Sie die Auflösung also als eine Maßeinheit, die Ihnen dabei hilft, Veränderungen zu erkennen – genauso wie Großvaters Barometer-Klopfen.

Demnächst werden wir der Frage nachgehen, ob Sensoren wirklich die Temperatur und die Feuchtigkeit in einem Raum darstellen können…

Bleiben Sie dran!

Hier geht’s zum zweiten Teil…
Angela

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Edith Harmati.

  1. Was auch der Grund dafür ist, dass Temparturanzeiger bereits für wenig Geld zu kaufen sind, während man ein kleines Vermögen in den Erwerb von guten Feuchtigkeitsmessgeräten stecken kann
  2. Fun Fact: Der prozentuale Wert, der bei Loggern +/- angegeben wird, ist nicht standardisiert. Also kann eine 5%-ige Genauigkeit bedeuten, dass der angezeigte Wert innerhalb einer Spanne von 5 Prozentpunkten liegt oder aber, dass der tatsächliche Wert vom angezeigten Wert sowohl 5% nach oben als auch nach unten abweichen kann. Sprich: Bei einer Anzeige von 51% könnte entweder eine Spanne von 48,5 bis 53,5% oder aber eine Spanne von 46 bis 56% gemeint sein. Da die meisten Hersteller von Dataloggern und Sensoren sich weigern festzulegen, was sie unter prozentualer Genauigkeit vertehen, gehe ich grundsätzlich von der schlimmeren der beiden Möglichkeiten aus.

Objekte sind keine Ostereier und Museumsangestellte sind keine Osterhasen

Da ich in Mitteleuropa aufgewachsen bin, gehört zu meinen frühesten Ostererinnerungen das Suchen nach Ostereiern im Garten. Viele Jahre später ist eine immer wiederkehrende Aufgabe in meinem Job die Suche nach Dingen, die nicht dort sind, wo sie laut Datenbank sein sollten. Zum diesjährigen Osterfest dachte ich mir, dass ich mal etwas zu den Unterschieden schreibe:

Nach Objekten suchen ist kein Spaß

pic by OpenClipart-Vectors via pixabay (CC0)Während ein Kind, das nach Ostereiern sucht, von Freude erfüllt ist, ist beim Sammlungsverwalter bei der Objektsuche das Gegenteil der Fall. Man sucht nach einem Objekt, weil es aufgrund einer Forschungsanfrage, Ausleihe oder Ausstellung – oft dringend – gebraucht wird. Es herrscht Zeitdruck und wenn es nicht gefunden werden kann, hat das Konsequenzen. Es kann sehr viel Arbeit für andere Leute bedeuten, z.B. für AusstellungsmacherInnen, die sich ein Alternativobjekt überlegen müssen, das die gleiche Aussage transportiert. Es kann bedeuten, dass ganze Teile von Ausstellungen umorganisiert werden müssen, weil sie genau um dieses eine Objekt gestaltet waren. Es kann auch bedeuten, dass Forscher eine bestimmte Fragestellung, an der sie arbeiten, nicht beantworten können.

Objekte werden nicht absichtlich versteckt

Im Gegensatz zu Ostereiern versteckt niemand absichtlich Objekte. Während ein kleiner Teil tatsächlich gestohlen wird, gehen die meisten deshalb verloren, weil Leute es versäumen, den Datenbankeintrag zu aktualisieren oder die Standortänderung weiter zu geben (darauf haben wir in „Fehlschläge in Zahlen“ bereits einen Blick geworfen). Die Gründe sind vielfältig: Gedankenlosigkeit, Faulheit, Arroganz („Das ist nicht mein Job.“), Selbstvertrauen in die eigene Fähigkeit, sich alles merken zu können, der Glaube, dass man etwas nur kurz herausnimmt und gleich wieder zurück stellt. Keine Eigenschaften des Osterhasen, aber von vielen Museumsangestellten.
Neulich habe ich einen weiteren Grund entdeckt, warum Standorteinträge nicht aktualisiert werden: Magisches Denken. Der Glaube, dass, nur weil es WLAN im Depot gibt und jedes Objekt einen Barcode trägt eine sagenhafte Supermacht genau weiß, wo jedes Objekt ist. Entschuldigung Leute, so funktioniert das nicht!

An allen richtigen Orten suchen

Während Ostereier oft unsystematisch gesucht werden oder man einfach an einem Punkt X im Garten anfängt und an Punkt Y endet, erfordert die Suche nach Objekten einen anderen Ansatz. Wenn Ihr Depot 3000 Quadratmeter und noch viel mehr Regalfläche hat, kann man einfach nicht alles durchsuchen. Und man kann auch nicht einfach so ins Depot gehen und mal nach dem Objekt schauen. Statt dessen ist der erste Schritt nur eine Gedankenübung. Sie denken darüber nach, was am wahrscheinlichsten mit dem Objekt passiert ist.

pic by haru9999 via pixabay (CC0)

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass da noch eines mehr war, oder?“

Der Ausgangspunkt ist der letzte Eintrag im Standortfeld. Wann war es dort und können Sie sich vorstellen, dass es in der Zwischenzeit irgendwo sonst gebraucht wurde? Eine gute Datenbank hat nicht nur ein Standortfeld, sondern auch ein Feld für das Datum der Standortänderung und eine Auflistung der bisherigen Standorte. Sie hat natürlich auch Einträge für das, was wann mit dem Objekt passiert ist: war es verliehen, musste es restauriert werden, wurde es fotografiert, wurde es zitiert… Alle diese Einträge liefern Ideen, wo man mit der Suche ansetzen könnte. Manchmal wurde das Foto nach der letzten Standortänderung gemacht – das Objekt könnte sich noch beim Fotografen befinden. Manchmal war das Objekt nach der letzten Standortänderung noch ausgestellt – möglicherweise ist es noch bei den Kisten, die beim Abbau dieser Ausstellung gepackt wurden. Andere Objekte, die auch in Vitrine X ausgestellt waren, befinden sich nun am Standort Y – möglicherweise ist das Objekt auch am Standort Y.
Nun können Sie sich eine Liste schreiben mit Leuten, die Sie anrufen sollten und Orten, an denen Sie nachsehen sollten.

Ein angemessener Einsatz der Energie

Als Kind ist es am Ostermorgen großartig, voller Energie durch den Garten zu rennen und nach den Ostereiern zu suchen. Als Museumsangestellte mit einem vollen Zeitplan und jeder Menge Aufgaben muss man sehr viel bewusster darüber nachdenken, wie man die Suche angeht. Man muss die Zeit, die man in die Suche investiert abwägen gegen die Wahrscheinlichkeit, ein Objekt zu finden.
Wenn das Objekt mit ein paar Telefonanrufen aufgetrieben werden kann, ist alles gut. Wenn das Objekt nächste Woche gebraucht wird und der letzte Standorteintrag bezieht sich auf einen Ort, der nicht mehr existiert (zum Beispiel, weil die Regale abgebaut wurden oder man aus diesem Depot schon vor 10 Jahren ausgezogen ist), ist es wahrscheinlich besser, den Wissenschaftler oder Ausstellungsmacher gleich zu informieren und sie oder ihn zu bitten, sich wenn möglich um eine Alternative zu bemühen. Wenn eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass das Objekt sich in einem Stapel Kisten befindet, die Objekte ohne korrekten Standorteintrag enthalten, ist es wahrscheinlich am besten, sich durch diesen Stapel zu arbeiten und gleich alle Standorteinträge in Ordnung zu bringen – Sie sparen sich eine Menge Zeit bei zukünftigen Anfragen.

Stellen Sie sicher, dass Sie wissen, dass Sie es nicht wisssen

Erinnern Sie sich, wie Sie als Kind einen Platz zweimal abgesucht haben, weil Sie nicht mehr wussten, ob Sie unter diesem Baum schon geschaut hatten? Sie sollten sicherstellen, dass das nicht passiert, wenn Sie nach einem Objekt suchen. Das wichtigste ist, dass sie das Objekt gleich mit einem „Standort unbekannt“ versehen, sobald Sie merken, dass es nicht dort ist, wo es sein sollte. So weiß jeder gleich, dass das Objekt im Moment nicht zugänglich ist und kann über Alternativen nachdenken. Es hilft auch, die „Standort unbekannt“-Einträge im Blick zu haben: Wenn ihre Zahl abnimmt, leisten Sie wahrscheinlich gute Arbeit als Sammlungsmanager. Wenn ihre Zahl zunimmt, gibt es wahrscheinlich Probleme in der Sammlungsverwaltung und in der Logistikkette und Sie möchten vielleicht mal genauer hinschauen, wo der Hase im Pfeffer liegt.
Dass Sie auf ihrer Liste die Dinge, die Sie schon versucht haben, um das Objekt zu finden, abhaken sollten, muss wohl nicht extra erwähnt werden.

Ich hoffe, dass das einzige, was Sie gerade suchen, wirklich Ostereier sind.

Frohe Ostern zusammen!

Angela

Dokumentation der Sammlung – Überblick

Was macht Ihre Sammlung so besonders?

Die Dokumentation der Sammlung ist neu für uns alle. Darum fangen wir ganz einfach an:

Überblick über die Sammlung

  1. Elevator Pitch: Stellen Sie sich vor, eine berühmte Persönlichkeit besucht ihre Sammlung und sie haben 30 Sekunden Zeit, ihr das wichtigste darüber mitzuteilen.
    Beschreiben Sie Ihre Sammlung in drei Sätzen. (Normale Sätze, keine wissenschaftliche-Abhandlung-fünf-Komma-Sätze). Inhalt der Sammlung, Größe, Bedeutung.

    Auf dem Gang zum Depot kommen noch ein paar höfliche Fragen. Nun haben Sie ein bißchen mehr Zeit. Bleiben Sie aber bei einem Überblick und gehen Sie nicht in die Details unterschiedlicher Sammlungskonzepte oder die Biografie des Stifters.

  2. Einordnung der Sammlung: Ist die Sammlung Teil einer größeren Museumsammlung? Wie ist sie in der Datenbank von anderen Sammlungsbereichen zu unterscheiden (z.B. Inventarnummer, Klassifizierung, …)?
  3. Bedeutung der Sammlung: Wie bedeutend ist die Sammlung im Verhältnis zu anderen Sammlungen des Museums? Gibt es ähnliche Sammlungen in anderen Museen? Wie bedeutend ist ihre Sammlung im Verhältnis zu diesen Sammlungen? Was unterscheidet diese Sammlungen voneinander?

Maria Scherrers

Maria Scherrers ist Museumswissenschaftlerin mit Abschlüssen der HTW Berlin und der University of Leicester. Sie hat fast ihr gesamtes bisheriges Arbeitsleben in Firmenmuseen und -Sammlungen gearbeitet. Es fasziniert sie, wie sehr Unternehmen mit ihren Marken unseren Alltag und damit unsere Kulturgeschichte verändern. Inzwischen berät Sie Unternehmen dabei, ihre historischen Produktsammlungen aufzubauen und nutzen.
In ihrer Freizeit verbringt Maria Scherrers viel Zeit mit ihrer Familie und engagiert sich politisch.
www.historicalassetmanagement.de

Was nicht auf den Karteikarten steht – Die Dokumentation der Dokumentation

Dokumentieren was man wie und warum getan hat hilft dem zukünftigen Ich.

Sammlungsarbeit ist mehr als Standort- und Objektinformationen in einer Datenbank. Manchmal realisieren wir gar nicht, was noch alles dazu gehört. Doch dann geht ein wichtiger Kollege und wir sitzen da und müssen uns die einfachsten Antworten aus verschiedenen Quellen zusammenpuzzeln, weil wir ihn nicht mehr einfach fragen können.

Wie oft habe ich mir gewünscht vor 20/50/80 Jahren hätte einer meiner Vorgänger aufgeschrieben, was er macht, warum er es gemacht hat und wie er es gemacht hat. Wäre es nicht toll, wenn wir wüssten was die sprechende Inventarnummer eigentlich sagen will, wer diesen Teil der Sammlung so extrem gründlich und detailliert auf Karteikarten dokumentiert hat oder wann und wo dieser Teil der Sammlung im Laufe der Jahre gelagert war?

Wäre es nicht auch schön, wenn wir neuen Mitarbeitern ein Heftchen mit allen wichtigen Informationen in die Hand drücken könnten, damit sie nicht immer wieder diesselben Fragen stellen müssten?

In den nächsten Wochen möchte ich Fragen veröffentlichen, die jeder Sammlungsmanager oder Registrar sich selbst stellen sollte. Denken Sie an all die Leute, die nach Ihnen in dieser Sammlung arbeiten werden. Sie werden es Ihnen danken!

Folgende Themenblöcke werden in diesem Fragebogen behandelt werden:

  1. Sammlungsüberblick
  2. Geschichte der Sammlung
  3. Sammlung und Sammlungskriterien
  4. Dokumentation und Schreibanweisungen
  5. Digitalisierung und Objektfotografie
  6. Verwendung der Sammlung
  7. Lagerung und Konservierung
  8. Pläne und Entwicklungsmöglichkeiten

Viel Spaß damit!

Maria Scherrers

Maria Scherrers ist Museumswissenschaftlerin mit Abschlüssen der HTW Berlin und der University of Leicester. Sie hat fast ihr gesamtes bisheriges Arbeitsleben in Firmenmuseen und -Sammlungen gearbeitet. Es fasziniert sie, wie sehr Unternehmen mit ihren Marken unseren Alltag und damit unsere Kulturgeschichte verändern. Inzwischen berät Sie Unternehmen dabei, ihre historischen Produktsammlungen aufzubauen und nutzen.
In ihrer Freizeit verbringt Maria Scherrers viel Zeit mit ihrer Familie und engagiert sich politisch.
www.historicalassetmanagement.de

Größere und kleinere Dinge

CoverVor etwa eineinhalb Jahren fragte mich mein Lektor bei Rowman & Littlefield, ob ich Interesse daran hätte, eine Neuauflage meines Buches Things Great and Small: Collections Management Policies (Große und kleine Dinge: Richtlinien für Sammlungsmanagementkonzepte) vor zu bereiten. Da die erste Auflage 2006 erschienen war, war ein Update des Buches längt überfällig und so sagte ich natürlich ja (ich wollte die zweite Auflage Größere und kleinere Dinge nennen, was aber leider nicht geschah).

Als ich mit dem Projekt begann wurde mir erst klar, wie viel sich in der Museumsarbeit seit 2006 geändert hat, besonders die Menge der Informationen und wie wir dazu Zugang haben. Nachdem ich einen ganzen Berg von neuen Büchern, Zeitschriftenartikeln und Online-Diskussionen durchgesehen hatte, war ich ganz erschlagen davon, wie viel mehr Material jetzt zugänglich ist, verglichen mit der Zeit der ersten Auflage. Ich erinnerte mich an den Anfang meiner Museumslaufbahn – das war allerdings schon im Pleistozän, auch als 70er Jahre bekannt – damals gab es sehr wenig Museumsliteratur und es gab keinen Zugriff auf Internet-Ressourcen (weil es noch kein Internet gab). Der einzige Weg einen Kollegen um Rat zu fragen, war der, ihn an zu rufen (und damals zahlte man noch für jedes Telefonat) oder man wartete, bis man bei dem einen oder anderen Treffen dem Kollegen begegnete.
Die große Bandbreite an Druckwerken und Netzressourcen die heute leicht zugänglich sind und die Möglichkeit unmittelbar mit einer Gruppe von Spezialisten in Verbindung zu treten, sei es durchs Handy, durch E-Mail oder mittels Diskussionsgruppen im Netz, haben das ganze Umfeld beträchtlich verändert und zwar sehr zum Besseren.

Wenn ich erwähnte, dass ich eine Neuauflage des Buches vorbereite, wurde ich in der Regel gefragt, was ich denn ändern wolle. Tatsächlich gibt es viel Änderungen, beginnend damit, dass ein großer Teil des Textes umgeschrieben, einige neue Abschnitte eingefügt und auch ein paar Fotos der revidierten Fassung beigefügt wurden. Die Themen Deakzessionierung und Urheberrechte wurden auf den neuesten Stand gebracht und erweitert und ein neues Kapitel über Digitale Sammlungen eingefügt. Der Anhang mit Gesetzestexten und Gerichtsurteilen wurde revidiert und die Bibliographie erweitert. Die zweite Ausgabe spiegelt auch den Wandel unseres Denkens über die Normen für Sammlungsbetreuung und Depots.
Einige Informationen zum Sammlungsmanagement von Zoos und botanischen Gärten wurden hinzugefügt und auch für die Betreuung kultursensitiver Sammlungen. Eine der auffälligsten Änderungen ist die, dass die Beispiele aus real existierenden Sammlungen durch Musterpolicen erfundener Institutionen ersetzt wurden. Da die Beispielpapiere in der ersten Ausgabe alle von wirklichen Museen stammten, war ihre Anwendbarkeit in anderen Situationen und bei anderen Fällen begrenzt und außerdem waren sie inzwischen meist überholt. Wenn ich auch die Leser der ersten Ausgabe davor gewarnt habe, irgendetwas zu kopieren und empfohlen habe, besser eigene Richtlinien zu schreiben, brauchten doch die meisten Nutzer etwas, wovon sie ausgehen konnten. So bietet die neue Ausgabe nun Modelle, von denen ausgegangen werden kann.

Gute Sammlungsmanagementkonzepte sind die Grundlage einer großartigen Sammlung.

Die neue Ausgabe enthält auch viel von dem was ich von den Lesern gelernt habe. Feedback erhielt ich vor allem bei Workshops, in Unterrichtsstunden und bei Webinars und auch von Leuten, die sich die Zeit nahmen, mich wissen zu lassen, was sie über das Buch dachten. Es ist etwas entmutigend, aber immer lehrreich, das eigene Buch in einer Klasse zu verwenden und dann zu beobachten, wie sie interpretiert, was man gesagt hat.

Wenn das Festlegen eines Sammlungskonzeptes und Regeln zum Umgang mit Sammlungsgut auch sehr wichtig sind, muss ich doch zugeben, dass das Erarbeiten der jeweils zutreffenden Regeln, nun, sagen wir, langweilig sein kann. Um da eine Hilfe zu geben, habe ich ein Spiel entwickelt, das die Neuausgabe von Things Great and Small begleiten wird. Ich nenne das Spiel Monopolicies (Sie dürfen raten, welches Spiel mich inspirierte) und nach einigen Beta-Versionen ist es jetzt fast für die Veröffentlichung fertig. Meine Vorstellung war, dass man statt der trockenen und endlosen Diskussionen mit Kollegen über die Gestaltung des Sammmlungsmanagements ihrer Institution dies in einer entspannteren Atmosphäre tun könnte, während man Spaß hat bei einem Spiel. Monopolicies wird im frühen Frühjahr als kostenloser Download erhältlich sein – halten Sie danach Ausschau! (Neu am 4.2.2018: Es ist jetzt hier erhältlich: http://www.museumstudy.com/courses/course-list/monopolicy/ )

Things Great and Small ist jetzt beim Verleger und im Buchhandel erhältlich: (https://rowman.com/ISBN/9781933253039/Things-Great-and-Small-Collections-Management-Policies)

John E. Simmons
Museologica
und
Sammlungsmitarbeiter (Earth and Mineral Sciences Museum & Art Gallery, Penn State University)

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt.