Category Archives: Wie ich Museumsregistrar wurde

Richtig gefälscht – Wie kam es dazu?

Wie ich Museumsregistrar wurde V

Matthew C. Leininger

Liebe Trekker,

matt condition reportes ist ein gutes Gefühl, Ihnen nun nach der Weltpremiere von „Art and Craft“ auf dem Tribeca Film Festival wieder zu schreiben. Der Film ist großartig und er wird Geschichte machen mit dieser ganzen Landis-Geschichte. Wie heißt es im Film: er hat sich mit dem falschen Registrar angelegt! Es ist eine tolle Sache, Art and Craft wird in den USA im Herbst, vielleicht schon im Spätsommer in die großen Kinos kommen, dann wird die DVD erscheinen und möglicherweise wird der Film auch im Fernsehen gezeigt werden. Wirklich phantastisch und ich war der Registrar, der das alles ins Rollen brachte.

Aber warum ich und wie kam ich dazu?

Nachdem mein Kunstlehrer an der Highschool, Barb Sailor, mich schon früh dazu ermutigte, habe ich mich mein Leben lang intensiv mit Kunst beschäftigt und auf dem College auch Kunst studiert. Mein Schwerpunkt war die Druckgraphik und das absolute Highlight war die Lithographie. Ich begann meine Kariere als völlig ahnungsloser Praktikant in Kennedy Museum of Art an der Universität Ohio, wo ich meinen Master in Fine Arts machte. Schließlich wurde ich dort als Konservator, Registrar und Restaurator angestellt. Man kann sagen, es war ein Sprung ins kalte Wasser – und es war der Anfang einer 15-jährigen Kariere in Kunstmuseen. Meine Frau Jen lernte ich 1996 kennen und wir heirateten im folgenden Jahr. In diesem Monat sind es 17 Jahre gemeinsamen Glücks!

Ich schloss mein Studium an der Ohio University ab und machte mich mit meiner Neuvermählten auf, um im Oklahoma City Museum Registrar zu werden. Die große Herausforderung dort war, die gesamte Sammlung von den alten Ausstellungsgebäuden in die neuen, innerstädtischen Unterkünfte um zu ziehen. Leider lebt Carolyn Hill, die damalige Direktorin, nicht mehr. Carolyn pflegte zu sagen, ich wäre das Herz des Museums – selbst Stiftern und dem Museumsvorstand gegenüber äußerte sie sich so. Ganz schön große Schuhe, die ich da aus zu füllen hatte! Schließlich wurde ich Leiter der Konservatorischen Abteilung und hatte die Arbeit der Konservatoren, und Museumpädagogen, sowie die Produktion von Filmen zu betreuen. Ich war ein Ass, wenn es darum ging Kostenpläne auf zu stellen und sie im schwarzen Bereich zu halten und schließlich habe ich in meiner Laufbahn weit mehr als 150 Ausstellungen verantwortet.

mattcleanNach 8 Jahren in Oklahoma City entschieden wir uns, nach Ohio zurück zu ziehen, wo meine Kariere als Registrar endete – aber das konnte ich damals nicht wissen. Ich wurde vom Cincinnati Art Museum als Leitender Registrar eingestellt und hatte drei Mitarbeiter, die ich heute noch vermisse – drei gute Kollegen mit großer Erfahrung. Meine Stelle aber wurde – ob man es glaubt oder nicht – „beseitigt “. Die Argumente, die ich zu hören bekam waren alle verlogen und ich verbrannte zuletzt diesen Brief. Ich nehme an, dass es finanzielle Gründe waren, denn ich verdiente wirklich gut für einen Registrar. Eine große Rolle scheint mir aber auch meine Suche nach Mark Landis gespielt zu haben. Ein paar Wochen ehe ich gehen musste wurde mir gesagt, dass ich das keinesfalls während meiner Arbeitszeit tun dürfe. Daran habe ich mich gehalten. Keine Anrufe und keine Emails. Nur wussten Sie alle, wo ich arbeite und so kamen doch Anrufe oder Emails um Informationen über Landis zu erhalten. Ich hielt mich an die Wünsche des Museums und arbeitete über Landis nur von zu Hause aus. Ich hatte sowieso über Landis nie im Museum gearbeitet und wunderte mich warum sie so besorgt waren. Das Cincinnati Art Museum kommt in „Art and Craft“ natürlich vor und Cincinnati, Ohio ist groß auf der Leinwand zu sehen. Das ist mein Verdienst und ein großer Gewinn für Cincinnati, auch wenn die Stadt nichts davon weiß, dass der Film ein großer Erfolg werden wird!

Nachdem ich 14 Monate lang nach Arbeit in einem Museum gesucht hatte, bzw. nach allem, womit ich wieder ein Einkommen erzielen konnte, wurde ich von einer Franchise Spedition angestellt. Das ging vier Monate gut, aber ich sah, dass etwas nicht stimmte, als mein direkter Vorgesetzter einen Kredit auf seine Lebensversicherung aufnehmen musste, um mich zu bezahlen. Also wieder arbeitslos und ein Hausmann mit meinem sechsjährigen Engel! Aber die Geschichte geht weiter, bis zu dem heutigen Zeitpunkt. Ich wurde Mitarbeiter bei Amazon für die Erfüllung von Kundenwünschen. Was ich in diesem Riesendepot tue, ist – einfach ausgedrückt – dass ich dafür sorge, dass das, was Sie online bestellen, Ihnen auch zugeschickt wird. Das ist eine ganz neue Welt, aber ganz erfrischend und es zeigt mir, dass sich meine Kariere als Registrar auf einem ganz anderen Feld bezahlt machen kann.

Delivery1Als ich frisch verheiratet 1998 Ohio verließ, hatte ich nicht die geringste Vorstellung von dem, was ich später machen würde. Nehmen Sie also mein Leben als Beispiel, dass man nie weiß, wie der Lebensplan verlaufen wird. Seien Sie also glücklich, wo Sie zur Zeit sind und nützen Sie jeden Tag, denn die Zukunft bringt Veränderungen. Manchmal kleine, manchmal große, aber man sollte darauf vorbereitet sein. Vor drei Jahren, als ich zum ersten Mal meine Arbeit verlor, war ich sehr verstört und verängstigt. Aber hier bin ich nun, ein hart arbeitender Mann im Blaumann mit einer wunderbaren Frau und Tochter und es ist mir eine Ehre zu erzählen, wie es dahin kam.

Bis bald!
Matt

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt.

Dieser Beitrag ist auch auf Französisch erhältlich, übersetzt von Marine Martineau.

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Wie ich Museumsregistrar wurde IV

Ausstellungstechniker, Depotverwalter, Registrar, Lehrer – nie mit dem Lernen aufhören!

Derek Swallow

Mein Interesse für die Kulturgeschichte begann in den Mit-Siebzigern, als ich im Ft. Edmonton Park als Führer arbeitete, das ist eine rekonstruierte Poststation für den Pelzhandel und daneben ehrenamtlich die EDV der Strathcona Historical Society in Edmonton betreute. Diese Anregung brachte mich dazu Anthropologie und Geschichte zu studieren und auf diesem Gebiet meinen Bachelor-Abschluss zu machen. Danach kam ich in Kontakt mit Museumskunde und erarbeitete mir im Selbststudium die Kenntnisse für die Arbeit als Registrar/ Depotverwalter.

springcleaningSeitdem und für fast drei Jahrzehnte, waren Registrartätigkeit, Museumsdokumentation und Betreuung von Ausleihvorgängen mit Museumsgut im Zentrum meiner Berufswünsche. Meine praktischen Erfahrungen damit begannen 1982, als ich ehrenamtlich langfristiger Assistent des Registrars in der Art Gallery of Greater Victoria (AGGV) wurde. 1984 begannen meine Kontakte zu dem Royal BC Museum in Victoria, British Columbia, Canada. Dort arbeitete ich als Ehrenamtlicher im Bereich Ethnologie und katalogisierte die Sammlung von Objekten der First Nation (kanadische Ureinwohner). Das inspirierte mich zu einem Studium der Kunst der First Nations und daraufhin zu einem Bachelor und Master in Kunstgeschichte. 1990 folgte ein Jahr Collections Management Internship, das auch verschiedene Kurse zum Cultural Resource Management an der Univeristät in Victoria beinhaltete.

1991 begann ich im British Columbia Archiv als Ausstellungstechniker und Depotverwalter zu arbeiten. Um meine Kenntnisse zu vermehren arbeitete ich auch ehrenamtlich im Meeresmuseum in Sidney (BC), knapp außerhalb von Victoria. Der Schwerpunkt dieser Sammlung ist die Naturgeschichte. Dort arbeitete ich in den Bereichen Registrierung und Depotverwaltung. Mit dem Zusammenschluss des Royal British Columbia Museums mit dem British Columbia Archive im Jahr 2003 eröffneten sich viel neue interessante Perspektiven im Hinblick auf meine Weiterbildung. Die lohnendste war die Abmachung mit dem Chefregistrar, der anbot, mein Mentor auf dem Weg zum ausgebildeten Registrar zu sein. Im Lauf der letzten mehr als 10 Jahre haben sich so meine beruflichen Aufgaben gewandelt von einen Depotverwalter/Ausstellungstechniker zu einem Vollzeit-Registrar.

Vom Anfang meiner Berufslaufbahn an, war mir Stellenwert und Bedeutung des Registrars als eines Bindeglieds klar, das die durchgängige Kontrolle über den Standortnachweis der Objekte, die angemessene Handhabung, Lagerung und Erhaltung hat. Ebenso betreut er die Papierdokumente und elektronischen Aufzeichnungen mit den wichtigen Daten zu diesen Sammlungen. Darüber hinaus versteht und steuert der Registrar die Abläufe und die Vorsichtsmaßnahmen, die nötig sind, um Artefakte rechtzeitig und sicher aus zu leihen und die Objekte zu betreuen, die für Ausstellungs- oder Forschungszwecke ins Haus gebracht werden.

Derek privat:

Ich bin verheiratet und habe 3 Kinder: einen Sohn, eine Tochter und einen großen, struppigen Hund, der davon überzeugt ist, auch zur Familie zu gehören. Ich lese gerne gut geschriebene Romane, schreibe Aufsätze, segle mit einem Dinghy und unternehme mit meinem Hund lange Spaziergänge auf den Pfaden der Umgebung oder an der Küste.
Ich bin aber auch dem verpflichtet, was meine Frau meinen zweiten, unbezahlten Full-Time-Job nennt: ich koordiniere, erstelle Stundenpläne und unterrichte ehrenamtlich in einem ESL-Program (English as a Second Language) für Erwachsene, das vor allem die mündliche Ausdrucksfähigkeit entwickelt. Ich habe einen TESOL-Abschluss (der erlaubt Englisch als Fremdspreche zu unterrichten) und ich bin ein in British Columbia geprüfter Grundschullehrer.

Ich habe das große Glück, in Victoria (British Columbia, Kanada) zu leben. Das ist eine der schönsten Städte unseres Landes und eine mit dem mildesten Klima. Auch wenn wir nicht in den Tropen wohnen, sprechen wir doch mit leichter Übertreibung davon, nur zwei Jahreszeiten zu haben: Winter und Trockenzeit im Sommer. Die Stadt liegt auf der Insel Vancouver an der Westküste Kanadas.

Aufgewachsen bin ich im Alberta, einer Provinz im Osten von British Columbia. Meine Heimatstadt ist die Hauptstadt der Provinz, Edmonton. Im Frühjahr rutschten wir durch Berge von matschigen Schnee, schwitzten in unseren Winterjacken und froren in dünneren. Erholung kommt mit einen relativ heißen und trockenen Sommer, der von heftigen Gewitterstürmen begleitet wird. Die Kehrseite ist, dass Gebiete mit stehenden Gewässern Brutstätten für Moskitos sind. Die wundervollen warmen Abende werden von Wolken dieser blutrünstigen Insekten gestört, die alle Menschen in die Häuser treiben. Der Herbst ist wundervoll. Die Moskitos sind verschwunden und die Bäume färben sich rot, orange und gelb – und dann kommt der Winter. Wir haben oft von November bis Mai Schnee. Die Temperaturen schwanken, aber wir leiden oft unter extremer Kälte und Wind, manchmal fallen die Temperaturen unter -40 Grad oder noch darunter. Dann können nackte Finger oder Teile des Gesichts in weniger als einer Minute erfrieren.

Jetzt wisst ihr, warum ich nach Victoria floh, wo sich die mittleren Wintertemperaturen zwischen +6 und +9 Grad bewegen. Hier ist man im Himmel, allerdings einem nassen Himmel. Wir haben wundervolle Sommer aber verregnete Winter.

Ich bin so froh, Teil von Registrar Trek: Die nächste Generation zu sein. Der Blog ist eine wunderbare Idee – er eröffnet nicht nur die Möglichkeit, weltweit mit anderen Registraren zu kommunizieren, sondern er hilft auch, um Informationen zu unserem Beruf zu verbreiten. Und er bietet das Potential kleineren Museen und Anfängern im Beruf des Registrars weltweit Lernmaterial zur Verfügung zustellen.

Danke schön!

Derek Swallow
Registrar
Royal BC Museum

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt

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Wie ich ein Museumsregistrar wurde III

Eilmeldung: Journalistin entdeckt, dass sie ein Registrar ist

Tracey Berg-Fulton

GUAlumniProfileKIch erinnere mich ziemlich gut an den Tag, an dem ich beschlossen habe, im Museum zu arbeiten. Ich saß auf einer Bank im Ulster Museum in Belfast, Nordirland, nachdem ich gerade einige Interviews für einen Zeitungsartikel beendet hatte, den ich schreiben sollte. Wie es sich gehört, war es ein grauer, regnerischer Tag und ich hatte im Museum Schutz gesucht.

Als ich da so saß, dachte ich darüber nach, was ich tat – ich war Journalistin – und fragte mich, ob ich wirklich die nächsten dreißig Jahre davon leben wollte.

Die Antwort war ein klares, überwältigendes, niederschmetterndes: Nein. Ich hatte tausende von Dollar in einen Ausbildungskredit gesteckt, um an diesen Punkt zu kommen. Was um alles in der Welt sollte ich jetzt tun?

Und dann sah ich mich um.

Das hier. Das war, was ich tun wollte. Geschichte, Kunst, Bibliotheken und Museen hatte ich schon immer geliebt, also warum sollte ich sie nicht offiziell zu meinem Leben machen?

Aus einer Laune heraus bewarb ich mich auf ein Postgraduiertenprogramm in Kunstgeschichte an der Universität von Glasgow. Ich war mir sicher, dass ich abgelehnt würde, da ich keine britischen Qualifikationen hatte und nur ein paar ganz entfernt verwandte Kurse aus dem Grundstudium in Fotografie und Journalismus. Ich war schockiert, als ich zu Beginn des Herbstes 2007 angenommen wurde.

In Glasgow wurde ich Kopf voran ins Forschen und Schreiben gestürzt. Ich erhielt die Gelegenheit, ein Praktikum bei einem Restaurator für Bleiglasfenster bei Glasgow Museums zu absolvieren. Unsere Arbeit konzentrierte sich darauf, ein Inventar von Bleiglaswerken anzulegen. Dadurch lernte ich die verschiedenen Arbeitsbereiche in einem Museum kennen. Ich konnte von den Objekten nicht genug bekommen und davon, Zeit in den Gewölben zu verbringen. Dann entdeckte ich, dass die Person, die am meisten Kontakt mit den meisten Objekten hat, natürlich, der Registrar ist.

Mein Ziel war klar. Berühmte letzte Worte, richtig?

Ich graduierte im Dezember 2008 und ging zurück in meine Heimatstadt Pittsburgh, Pennsylvania in den Vereinigten Staaten. Ich hatte natürlich von der Rezession in den USA gehört, aber da ich zu der Zeit in Schottland war, hatte ich das Ausmaß nicht vollständig begriffen. Ich begann mich an jedem Museum zu bewerben und dann in allen verwandten Bereichen und schließlich auf alle nur denkbaren Jobs. Nichts.

Schließlich stelle mich ein Kontakt von mir einem seiner Kontakte vor, der mir dabei half, ehrenamtlich am Carnegie Museum in Pittsburgh tätig zu werden. Da ich seit ich 14 Jahre alt war gearbeitet hatte, war ich sehr erleichtert, überhaupt wieder arbeiten zu können, auch wenn es unbezahlt war. Ich half auch ehrenamtlich an einem kleinen Museum aus, das von der Gemeinde geführt wurde und erstellte für sie ein Inventar ihrer Sammlung.

Dann, im April 2009 hatte ich beim Laufen einen Unfall. Meine Hüfte war gebrochen und ich war vorübergehend unfähig zu laufen, sitzen, arbeiten oder überhaupt irgendetwas zu tun, außer im Bett zu liegen. Ich verlor sechs Monate meines Lebens an meine Genesung.

Nachdem ich wieder gesund war, nahm ich meine freiwillige Arbeit am Carnegie wieder auf. Nach einer erfolgreichen Bewerbung wechselte ich die Rollen und bekam einen Teilzeitjob als Objektfotografin. Keine Registrar-Arbeit, aber wenigstens konnte man mit vielen Objekten arbeiten. Ich mochte meine Arbeit, hoffte aber immer noch auf eine Arbeit als Registrar und bewarb mich auf offene Stellen im ganzen Land.

375_513434167185_2390_nEine dieser Bewerbungen war erfolgreich und 2010 nahm ich eine Stelle als Assistenzregistrar in Oklahoma an. Es war eine wunderbare Lernerfahrung, aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen waren so, dass ich in Oklahoma arbeitete und mein Ehemann in Pennsylvania bleiben musste. Dann gab es eine ganze Reihe von Krankheitsfällen in meiner Familie und die Notwendigkeit zuhause zu sein wurde übermächtig. Ich verließ meine Stelle, ohne zuhause eine andere Museumsstelle zu haben.

Nach Pittsburgh zurückzukommen war zwar lohnend, weil ich wieder zuhause bei meiner Familie sein konnte, aber die Jobsituation war düster. Ich arbeitete wieder im Einzelhandel bei einem Outdoorhändler während ich überlegte, wie es jetzt weitergehen sollte.

Eines Tages fiel es mir wie Schuppen von den Augen – wieso sollte ich kein Vertragsregistrar sein? Wenn es keinen Job für mich gibt, wieso soll ich mir nicht selbst einen schaffen? Einer der Vorteile in einer mittelgroßen Stadt zu leben ist, so stellte ich fest, dass es da nicht viele Menschen gibt, die selbständig arbeiten (vermutlich, weil sie alle schon von Kunden weggeschnappt worden sind!).

Ich suchte einen Mentor vom Registrars Committee der American Alliance of Museums (RC-AAM, Untergliederung der Registrare im Amerikanischen Museumsbund – Anmerkung der Übersetzerin) auf und fing an zu netzwerken und überall herumzuerzählen, dass ich als Selbständige arbeitete. Ich sammelte meine Papiere zusammen und gründete eine LLC (Limited Liability Company, amerikanische Form der Kapitalgesellschaft, ohne eindeutige deutsche Entsprechung – Anmerkung der Übersetzerin). Ich erhielt erstaunlich viel Ressonanz von der Allgemeinheit in Pittsburgh und los ging’s.

Die Arbeit als Selbständige passte mir hervorragend – ich sollte Registrar sein, aber die wohl passendere Bezeichnung wäre „Mädchen für alles“. Ich liebte es, verrückte Probleme für meine Kunden zu lösen. Alles, angefangen davon, wie man ein massives Foto über Nacht quer durchs ganze Land schickt bis hin dazu, wie man den Drücker in einer Toilette auswechselt (Tipp: die Plastikmutter in genau die andere Richtung drehen als alle anderen Bolzen oder Muttern, die Sie je festgezogen haben). Es war die perfekte Mischung aus Kunstgeschichte, Tischlerei, Elektrowerkzeuge und Diplomatie. Ich legte meine Arbeitszeiten selbst fest und wählte meine Projekte selbst aus, was ein Segen war, als ein Familienmitglied an Krebs erkrankte.

Aber irgendetwas fehlte. Mein Hund ist ein hervorragender Zuhörer, aber kein besonders gewandter Gesprächspartner, deshalb vermisste ich es furchtbar, Kollegen zu haben. Ich vermisste es, eine Sammlung zu haben, die ich bis ins kleinste Detail kannte. Ich vermisste es, ein Gebäude zu haben, das ich wie einen alten Freund kannte. Ich vermisste es, halbwegs geregelte Arbeitszeiten zu haben. Was einem niemand über „flexibles Arbeiten“ und von zuhause aus arbeiten sagt ist, dass es in Wirklichkeit bedeutet, 24 Stunden am Tag zu arbeiten. Emails beantworten, Rechnungen schreiben, Steuererklärung machen, die normale Arbeit für den Kunden machen, neue Kunden finden, sich über die aktuellsten Methoden auf dem Laufenden halten, netzwerken, und so weiter…

Das bringt mich zum heutigen Tag. Ich bin jetzt seit einem Monat auf meiner Vollzeitstelle als Registrar am August Wilson Center for African American Culture. Wir sind eine junge Institution und es ist aufregend, Methoden einzuführen, Herausforderungen anzugehen und Neuland zu betreten, wenn notwendig. Ich bin froh in einer Organisation zu arbeiten, die eine wichtige kulturelle Funktion in unserer Stadt erfüllt und meine Arbeit ist unglaublich dankbar.

Es war ein langer und verschlungener Weg bis hierhin, aber ich habe unterwegs faszinierende Dinge gesehen. Ich hatte das Vergnügen, so viele Leute zu treffen und von so vielen Kollegen zu lernen, bei Konferenzen, bei einer Tasse Kaffee oder durch den RC-AAM Listserv (Mailingliste des RC-AAM – Anmerkung der Übersetzerin). Jeden Tag lerne und tue ich etwas Neues. Jeden Tag sehe ich die erstaunlichsten und intimsten Objekte der Zivilisation – vom Taufkleid zum Schienbeinschützer. Ich kann meiner Liebe zu glänzenden Dingen nachhängen. Und ich kann meine Technikbegeisterung ausleben (und ich warte immer noch auf eine web-basierte Datenbank, die sich an jedes verwendete Gerät anpasst, meine lieben Entwickler!). Was kann es besseres geben?

Was die Zukunft betrifft, so hoffe ich, dass ich mich in meiner Aufgabe weiterentwickle. Und ich hoffe, dass ich mich mehr in die weitere Welt der Museen einbringen werde und aktiv daran teilhabe, die Museen den Besuchern des 21. Jahrhunderts nahe zu bringen.

Text: Tracey Berg-Fulton
Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche: Angela Kipp

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Wie ich ein Museumsregistrar wurde II

Vagabundin in verschiedenen Arbeitsfeldern im Museum

Angela Kipp

picture by Bernd Kiessling

Einblick in meinen derzeitigen Arbeitsplatz.
HDR-Foto von Bernd Kießling

Es sollte wohl besser heißen: Wie ich entdeckte, dass ich eine Registrarin bin. Aber von Anfang an…

Ich mochte schon immer altes Zeug und bin so lange ich denken kann auf Burgen herumgeklettert und in Museen gegangen. Also war es irgendwie logisch, dass ich mich nach der Schule für ein Studium der Museumskunde entschied. Übrigens fand das mein Berater beim Arbeitsamt eine dumme Idee… Wie auch immer, ich entschied mich für das Studium an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) in Berlin. Dies bedeutete, dass ich sechs Monate Praktikum in einem Museum oder einem Archiv vorweisen musste, um die Zugangsvoraussetzungen zu erfüllen.

Ich entschloß mich, das Vorpraktikum am Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim zu absolvieren. Das war das erste Mal, dass ich in Kontakt mit der Arbeit in Museumssammlungen kam, denn eine meiner Aufgaben war die Inventarisierung und Dokumentation einer 500 Objekte umfassenden Blechdosensammlung, vom sehr kleinen Medikamentendöschen bis zur großen Kaffeedose.

Der Vorteil dieses Praktikums war nicht nur, dass ich im Herbst 1998 in Berlin als Studentin der Museumskunde angenommen wurde, sondern auch, dass ich in den ersten Semesterferien einen Museumsjob hatte. Das Landesmuseum für Technik und Arbeit hatte da eine Ausstellung „automatisch aromatisch – wie Kaffee zubereitet wird und wie er schmeckt“ und ich arbeitete als eine Mischung aus Vorführtechniker und Kellnerin: erst erklärte ich anhand eines Proberösters, wie Kaffee geröstet wird und dann schenkte ich Kaffee an die Besucher aus. Wenn es nichts zu tun gab, dokumentierte ich eine Sammlung von Kaffeemaschinen und Kaffeemühlen. Bis heute kann ich Ihnen aus dem Stand einen 5-Minuten-Vortrag darüber halten, was „rezirkulierende Perkolatoren“ sind und warum es eine dumme Idee ist, damit seinen Kaffee zuzubereiten.

In meinen nächsten Semesterferien absolvierte ich ein Praktikum am Museum für Kommunikation (dem ehemaligen Postmuseum) in Berlin. Dort wurde gerade die neue Dauerausstellung vorbereitet und so musste ich „leider“ mein Studium unterbrechen, weil ich als Projektassistentin unter Vertrag genommen wurde. Das war eine sehr spannende Zeit und ich hatte Gelegenheit, viel über Ausstellungen, Recherche, Textarbeit, Urheberrechtsfragen, Umgang mit Objekten und Problemlösung zu lernen.

Im Mai 2000 nahm ich mein Studium wieder auf, aber seit dieser Zeit gab es keinen Zeitraum mehr, in dem ich nicht für Museen oder ähnliche Einrichtungen gearbeitet hätte. Ich arbeitete neben meinem Studium her als Freiberuflerin und hatte sehr unterschiedliche Jobs, die aber alle mehr oder weniger mit Sonderausstellungen zu tun hatten. So lernte ich viel über die Enigma, das Preussische Militär, Ziegel, Papierherstellung, die Entwicklung der Landwirtschaft im Land Brandenburg, Paramente und Kirchengeschichte, das menschliche Gehirn und Schraubenherstellung.

Im Frühjahr 2002 war ich mit meinem Studium fertig und arbeitete weiterhin als Freiberuflerin, hauptsächlich für das Deutsche Museum in München und für das Dommuseum in Brandenburg/Havel. Nebenher schaute ich immer wieder nach befristeten und unbefristeten Stellen in Museen. Eines Tages, als ich wieder Stellenanzeigen im Internet durchforstete, tauchte ein sehr bekannter Name auf. Das Landesmuseum für Technik und Arbeit suchte einen wissenschaftlichen Angestellten für die Betreuung der Ausstellungseinheit Kunststoffe und für den Sammlungsbereich Chemie. Da ich ohnehin nichts zu verlieren hatte, schickte ich eine Bewerbung, ohne mir große Hoffnungen zu machen, denn sie suchten einen Spezialisten im Fach Chemie. Sehr zu meiner Überraschung wurde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen und im Februar 2003 war ich zurück in „meinem alten Museum“ und fühlte mich, als wäre ich nach Hause zurückgekommen.

Developing Banana Key Rings (from left to right): Polypropylene let the key ring break too easy, blue was the wrong color, polyethylene with yellow color was just perfect.

Entwicklungsreihe der Bananen-Schlüsselanhänger: bei Polypropylen brach der Schlüsselring zu leicht, blau war offensichtlich die falsche Farbe, Polyethylen mit gelber Farbe war einfach perfekt.

Die Ausstellungseinheit Kunststoffe umfasste auch einige Spritzgußmaschinen, die immer noch funktionstüchtig waren. Als das Museum eine Sonderausstellung zum Thema Bananen zeigte, gelang es uns, einen Hersteller von Spritzgußformen aus der Nähe zu gewinnen, der uns eine Spritzgußform für einen Schlüsselanhänger in Bananenform entwarf, herstellte und spendete. Die Vorführtechniker und ich hatten viel Spaß dabei, den richtigen Kunststoff und die richtige Farbe für eine perfekte Banane zu finden. Wir hatten weiße, rosane und blaue Bananen und schließlich sogar eine, die aussah, als sei sie verfault, weil die Temperatur zu hoch eingestellt war und der Kunststoff außen etwas verbrannt war. Nach einiger Zeit konnten wir dann perfekte gelbe Polyethylen-Bananen-Schlüsselanhänger herstellen. Die Besucher liebten sie. (Entschuldigung für den Exkurs, aber da das keine Registrar-Geschichte ist, werde ich sie wohl nirgends sonst erzählen können.)

As a side note: The little blue banana is travelling the world as a geocaching travelbug, see http://www.geocaching.com/track/details.aspx?guid=0bbfcf4f-c2e6-4f21-8539-ab73e54b9dfa

Randbemerkung: die blaue Banane zieht als Geocaching Travelbug „little blue banana“ um die Welt, derzeit befindet er sich in Schweden…

Aber der „Kunststoffmensch“ zu sein, bedeutete nicht nur Ausstellungsarbeit, sondern auch Sammlungsarbeit. Es gab eine riesige Sammlung von Magnetbändern, die bis zu den ersten Entwicklungen von 1934 zurückreichte, aber auch die aktuellsten Typen umfasste. Dieser Bestand musste gesichtet und dokumentiert werden. Die größten Schwierigkeiten bereitete die Recherche nach den Lagerungsbedingungen und dazu, wie man die Inhalte sichern konnte – ein Problem das bis heute noch nicht zufriedenstellend gelöst ist.

Wie Sie sich vorstellen können, verging die Zeit wie im Fluge und ich hatte nur einen Zweijahresvertrag. In meinem zweiten Jahr wurde die Stelle des Depotverwalters am Landesmuseum ausgeschrieben. Da ich wieder nichts zu verlieren hatte, bewarb ich mich und wurde genommen. Dies markiert den Wendepunkt, ab dem ich aus der Ausstellungsarbeit komplett in die Sammlungsarbeit wechselte.

Es war wesentlich später, nachdem wir 2006 die Schließung eines unserer Depots und den Umzug unserer Sammlungen in die beiden verbliebenen Hallen über die Bühne gebracht hatten, als ich versuchte, einem Amerikanischen Kollegen zu erklären, was ich eigentlich machte. Ich konsultierte das Internet und grub zwei Stellenbeschreibungen aus, eine von einem „Collection Manager“ und eine von einem „Registrar“. Da ich der Meinung war, dass ich mehr mit dem praktischen Umgang mit Objekten zu tun hatte, wählte ich die Bezeichnung „Collection Manager“. Später erfuhr ich, dass die Verwendung dieser Bezeichnungen sich von Museum zu Museum unterscheidet und, da ich auch viel mit unserer Datenbank und mit dem Leihverkehr befasst bin, ich mich durchaus auch als „Registrar“ hätte bezeichnen können.

Das war’s Leute! So wurde ich Registrar, bzw. merkte ich, dass ich eine Registrarin war.

 

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Wie ich ein Museumsregistrar wurde I

Der Künstler, der Registrar wurde – und jetzt Professor ist

Fernando Almarza Rísquez

Fernando heute, vor dem ILAM in San José, Costa Rica.

Fernando heute, vor dem ILAM in San José, Costa Rica.

Ich habe vier Jahre Kunst studiert und aktiv als Künstler drei Ausstellungen entwickelt. Später habe ich Grafikdesign studiert und kurz als Assistent eines Designers gearbeitet. Damals war ich 26 und alles was ich hatte waren ein paar Kenntnisse in Kunstgeschichte und ästhetisches Gespür.

1986 begann ich Kunstgeschichte am College zu studieren (BA, MA History Art), und eines Tages sah ich eine Notiz am schwarzen Brett, dass am Museum für Zeitgenössische Kunst (Museum of Contemporary Art, MACC auf Spanish) in Caracas, Venezuela ein Registrarassistent gesucht wurde. Erforderlich waren ein Studium der Kunstgeschichte, Kenntnisse im Umgang mit Kunstgütern, Restaurierung, Englisch, organisatorische Fähigkeiten, Verantwortungsbewusstesein, usw. Ich reichte meinen Lebenslauf ein. Ich wurde zum Auswahlverfahren eingeladen, das unter anderem auch darin bestand, einen Pressetext zu übersetzen, den das Museum ein paar Monate zuvor zu einer Ausstellung des englischen Bildhauers Henry Moore veröffentlicht hatte.

Das war im April 1986. Ich war aufgeregt, aber besorgt, denn es gab einen anderen Kandidaten, der in London Kunst studiert hatte und Englisch exzellent beherrschte. Aber am 28ten rief man mich an und teilte mir mit, dass ich ausgesucht worden war. Überglücklich trat ich am 2. Mai meinen Dienst an.

Ich hatte einen „Standortvorteil“, denn ich kannte das größte Museum in Caracas und seine Dauerausstellung ziemlich gut, einschließlich des Museums für Zeitgenössische Kunst. Die englische Übersetzung war deshalb gut geraten, weil ich mich darauf konzentriert hatte, die Ideen und Konzepte, die dem spanischen Text zugrunde lagen, zu übersetzen, anstatt eine wörtliche Übersetzung vorzulegen. Nun, so begann meine Karriere und bis jetzt (Dezember 2012) habe ich 26 Jahre Erfahrung in diesem Bereich hinter mir, und habe nie aufgehört, intensiv zu lernen. Der gesunde Menschenverstand hat mich immer wieder dazu angehalten, mich damit zu beschäftigen, wie verschiedenartige Objekte erfasst werden, seien sie nun kulturhistorisch, technisch oder naturkulturell.

Ich war am MACC bis 1993 und begann danach, Museen in Caracas und Venezuela zu beraten. Ich entwickelte Erfassungsvorgaben und moderne, computergestützte Erfassungssysteme. 2006 begann ich vor diesem Erfahrungshintergrund damit, Artikel für Zeitungen und museologische Fachzeitschriften zu schreiben und virtuelle Sammlungskataloge auch für westliche Museen zu entwickeln. 2007 begann ich als Professor am Lateinamerikanischen Museumsinstitut (ILAM auf Spanish) mit Sitz in Costa Rica Kurse zu diesen und anderen museumsspezifischen Themen zu geben, und zwar sowohl persönlich, als auch online.

Ich habe nie aufgehört, über unser Berufsfeld nachzudenken und mich darin weiterzubilden. Und ich bin aktiv mit vielen Institutionen und Berufskollegen weltweit verbunden.

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