Der Bär im Aufzug

Picture (c) by Klaus Pichler
Bild (c) Klaus Pichler

Sind Zeitreisen möglich? Ich glaube, dass sie es zumindest in unserem Kopf sind. Ein Bild, ein Satz, ein Geruch und man ist plötzlich wo anders, einige Jahre zurück, durchlebt die gleiche Situation noch einmal. Diese plötzlichen Erinnerungen sind manchmal nett, manchmal furchtbar und manchmal nur witzig. Das letzte Mal ist mir das passiert, als ich das Bild eines Bären in einem Aufzug aus der Serie „Skeletons in the Closet“ von Klaus Pichler (siehe dazu seinen Artikel „Unterwegs mit Noahs Gehilfen„) gesehen habe.

Ich besuchte einige ehemalige Kollegen im Landesmuseum für Technik und Arbeit kurz vor der Eröffnung der Ausstellung „Kosmos im Kopf“. Ich drückte auf den Knopf für den Mitarbeiteraufzug und wartete. Die Tür des Aufzuges öffnete sich und ich machte einen Satz nach hinten. Eine gigantische Deutsche Dogge stand vor mir und starrte mich mit halb geöffnetem Maul an. Für einen Moment dachte ich, dass das eine ziemlich lächerliche Art zu sterben war, wenn auch für eine Museologin eine recht angemessene. Dann dachte ich noch einmal nach. Es war unlogisch, dass ein menschenfressender Hund den Aufzug benutzte, um Beute zu machen. Nach dem ersten Schock sah ich genauer hin und entdeckte, dass die Dogge nur ausgestopft war. Offensichtlich hatte man den Hund im Aufzug geparkt, solange man ihn auf der Ausstellungsfläche noch nicht brauchen konnte.

Ich beschloss, dem Hund im Aufzug Gesellschaft zu leisten. Er erinnerte mich an ein Vorkommnis, das einige Jahre früher stattgefunden hatte. Ich hatte gerade damit begonnen, Museumskunde zu studieren und versuchte mir immer noch klar darüber zu werden, welchen Weg ich im Museumswesen einschlagen wollte. Also machte ich ein Praktikum in den Naturkundlichen Sammlungen in Berlin-Charlottenburg. In der Werkstatt des dortigen Tierpräparators stand ein ausgestopfter Wolf, der so realistisch aussah, dass man ihn einfach anfassen musste, um sicher zu gehen, dass er nicht mehr lebte. Der Tierpräparator war ein wahrer Künstler. Er erklärte mir, wie man Tiere „ausstopft“ (einen Begriff, den er verwendete, um die laienhaften „Ausstopfer“ von denen zu unterscheiden, die ihr Handwerk und Fachgebiet ordentlich gelernt und studiert hatten). Bevor er irgendetwas mit dem toten Tier machte, versuchte er sich immer erst ein Bild von dem Tier zu machen, als es noch lebte. Ein Bild im umfassendsten Sinn des Wortes: er versuchte Bilder des lebenden Tieres zu bekommen, Videos, mit Leuten zu reden, die es gekannt hatten… Er erklärte mir, dass, wenn man das nicht macht, man nur ein Tier seiner Art präpariert. Wenn man ein bestimmtes Tier präparieren will, dieses ganz spezielle Tier, dann muss man seine Persönlichkeit kennen, ansonsten wird es niemand wiedererkennen. Und das ist wahr. Versuchen Sie es doch einmal selbst, wenn Sie das nächste Mal ein Naturkundemuseum besuchen. Ich verspreche Ihnen, dass Sie Tiere sehen werden, die einfach „richtig“, fast lebendig aussehen. Und dass Sie andere finden werden, die einfach „falsch“ aussehen, obwohl sie anatomisch korrekt präpariert wurden (Sie werden auch welche finden, die nicht einmal das sind, aber das steht auf einem anderen Blatt).

Seit diesem Praktikum habe ich eine sehr hohe Meinung von der Arbeit der Tierpräparatoren – und weiß auch, dass ich niemals die Geduld aufbringen würde, diese Arbeit zu machen.

Das Buch ‚Skeletons in the Closet‘, Fotos von Klaus Pichler, Texte von Klaus Pichler, Julia Edthofer und Herbert Justnik, Englische Ausgabe, ist jetzt erschienen und kann über die Homepage von Klaus Pichler bezogen werden.

Registrarwitze

Frage:
Was ist der Unterschied zwischen einem Registrar und einem Terroristen?
Antwort:
Mit dem Terroristen kann man verhandeln.

Frage:
Wie viele Registrare braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln?
Antwort:
Einen. Wir halten die Glühbirne und die Welt dreht sich um uns.

Direkt ab Lager – Anfragen von der Öffentlichkeit

Nur für den Fall, dass Sie meinen, dass ich Däumchen drehe zwischen all den Aufgaben, über die ich bisher geschrieben habe, erzähle ich Ihnen heute etwas über

Anfragen von der Öffentlichkeit

Lassen Sie mich das Bühnenbild aufbauen – ich habe zwei Praktikanten, die darauf warten, dass ich ihnen ihr nächstes Projekt erkläre. Nicht nur, was es ist, sondern auch, wie man es macht. Und es ihnen nicht nur erkläre, sondern es ihnen auch zeigen. Und einige Beispiele werde ich erst einmal selbst machen, damit sie die Idee dahinter begreifen. Dann ist Kris am Telefon, die mir sagt, dass ich die Texte der Texttafeln des Eagle Project Korrekturlesen muss, ehe sie sie um 2:30 Uhr an den Drucker schickt. Es ist 1:00 Uhr. Ich rufe die Texte auf dem Computer auf und gehe dann zu dem Tisch der Praktikanten, um ihnen zu zeigen, wie man Kinderklamotten in Seidenpapier einschlägt und in Archivkartons verpackt. Aber das Telefon klingelt, es ist eine ältere Stimme, sanft wie Hirsesirup……

In attic, 1780s house, Nine Mile Point, Jefferson Parish, Louisiana. View towards 20th century closet constructed within the attic. by Infrogmation via flickr“Die haben mir gesagt, dass ich mit Ihnen reden muss. Wir haben unseren Hühnerstall auf dem Bauerhof meines Großvaters saniert und wir haben da diesen Stein gefunden. Ich denke, der ist wirklich alt, sieht aus wie etwas, was die indianer verwendet haben müssen. Er funkelt, aber hat da so Kratzer drin. Wir haben ihn gut gewaschen, so dass er nicht allzuschlimm riecht und ich bin mal mit der Feile drüber gegangen, um ein paar von den Kratzern rauszukriegen. Ich bringe ihn in 15 Minuten vorbei, ich hoffe, das stört Sie nicht, ich bin sicher, dass er wertvoll ist.“

Ja, okay, ich übertreibe. Aber die bei weitem häufigsten Anrufe, die ich von potentiellen Spendern erhalte, beginnen mit dem Satz: „Wir haben den Dachboden im Haus von meiner/meinem (hier Verwandten einsetzen) aufgeräumt…“. Wenn es nach etwas klingt, was uns interessieren könnte, spreche ich mich mit Kris ab und wir vereinbaren entweder einen Besichtigungstermin oder lassen es uns vorbeibringen. Wenn es nicht in unser Sammlungskonzept passt, schlage ich andere Museen vor, die interessiert sein könnten. Wenn der Anrufer wissen will, was der Gegenstand wert ist, besonders wenn er ihn spenden will, verbietet mir die Museumsethik einen Wert zu nennen. Wir haben eine Liste von Sachverständigen, auf die wir verweisen. Wenn sie nur wissen wollen, was es ist, versuche ich ihnen über das Telefon weiterzuhelfen. Wenn ich das nicht kann, müssen sie es vorbei bringen oder ich schlage jemanden vor, der ihnen weiterhelfen könnte.

Ein anderer üblicher Anruf kommt von Leuten, die wissen wollen, wie sie einen Familienschatz am besten erhalten können. Ich versuche, so viel wie möglich herauszubekommen – aus was das Objekt besteht, in welchem Zustand es ist, was die Person damit machen will. Ich frage auch, ob sie es in einem geheizten und klimatisierten Raum aufbewahren wollen und welche Art von Licht es dort abbekommt. Es ist manchmal eine kitzlige Situation, weil ich herausfinden muss, ob die anrufende Person willens und dazu in der Lage ist, Geld für spezielle Archivmaterialien auszugeben. Wenn das der Fall ist, schlage ich ihnen vor, was sie brauchen und wo sie es bekommen können. Wenn nicht, suche ich oft einen Ausweg über die bewährte „Bettdecke im Kissenbezug“-Strategie. Es gibt auch die Zippbeutel-Strategie, die „Wenn Sie sich wohlfühlen fühlt es sich wahrscheinlich auch wohl“-Strategie und schließlich die „Alles, bloß nicht im Schuhkarton auf dem Dachboden“-Strategie. Ich versuche normalerweise, sie davon zu überzeugen, dass häufiges Waschen und Polieren mehr Schaden anrichtet, als es unter nicht ganz idealen Umständen zu lagern. Wenn ich selbst recherchieren muss, sagen ich das und sage, dass ich zurückrufe. Und mache das dann auch.

Ich habe mir sogar schon selbst durch eine telefonische Anfrage nach einer Information einen ehrenamtlichen Hilfseinsatz verschafft. Ich werde dem einzigen bezahlten Mitarbeiter und einigen Ehrenamtlichen eines kleinen Heimatmuseums in der Nähe beibringen, wie man Inventarnummern auf Objekten anbringt.

Ich liebe es, Leuten solche Dinge beizubringen, aber es braucht Zeit. Und ich muss die Datenbank auf den neuesten Stand bringen.

Shanti
Anne

Du könntest ein Registrar sein, wenn…

Das Registrars Committee of the American Alliance of Museums (RC-AAM) betreibt eine wunderbare Mailingliste. Ein Ort für Hilfestellungen, Einblicke, Hinweise… und manchmal auch zum Lachen. Neulich hat jemand angefangen, Dinge zu sammeln, die darauf hinweisen, dass man ein Registrar ist. Bisher sind schon weit über 50 Mails eingegangen, die den Satz „Du könntest ein Registrar sein, wenn…“ zu Ende führen. Viel zu gut, um nur im geschlossenen Kreis zu bleiben. Genießen Sie es und fühlen Sie sich frei, weitere Ergänzungen in der Kommentarspalte einzutragen.

Du könntest ein Registrar (Depotverwalter, Magaziner, Museologe, Sammlungsmanager) sein, wenn…

...your mother got this mug for you for your birthday...
…Deine Mutter Dir diese Tasse zum Geburtstag schenkt… (Aufschrift: „Sie wollen meine Transportkisten WOHIN stellen???“)

[001] …Dir erst auf dem halben Weg nach Hause auffällt, dass Du noch Nitrilhandschuhe an hast.

[002]…Dein Auto schon dazu verwendet wurde, Longrifles (amerikanische Vorderladergewehre, Anm. d. Übers.) aus dem 19. Jahrhundert, den Säbel eines Artilleristen aus dem Amerikanischen Bürgerkrieg und die zerfallenden Stücke einer Holzbohlenstraße zu transportieren.

[003]…Deine Arbeitsklamotten immer Gefahr laufen, von rußbedeckten Pflügen, losen Nägeln oder öligen Maschinenteilen ruiniert zu werden.

[004]…Du Dich schon an säurefreiem Karton, geriffeltem Polypropylen, Stahlböden und Zeichenschienen geschnitten hast.

[005]…Du Dich immer rückversicherst, dass Deine Tetanus-Impfung noch aktuell ist.

[006]…Du ganz genau auf Deine persönlichen Finanzen achtest, Dir aber überhaupt nichts dabei denkst, 30 $ für eine Verpackung für ein Objekt auszugeben, das nur 5 $ wert ist.

[007]…Du Dich zwingen musst, Dinge in einem Antiquitätenladen oder im Ramschladen anzufassen.

[008]…Du Dir „Independence Day“ ansiehst und bei der Zerstörung von Washington D.C. als allererstes an die Sammlungen im Smithsonian denkst!

[009]…Du eine Versicherungssumme von zehn Millionen für Kleingeld hältst.

[010]…Du Dir einen Katastrophenfilm reinziehst und Dein erster Gedanke ist: aber das Gemälde da gehört nicht in dieses Museum… ob es wohl ausgeliehen ist?

[011]…Du Dich dabei ertappst, dass Du Namen und Daten auf Deine persönlichen Fotos schreibst, nur, falls jemand sie später mal findet.

[012]…Du Deine gesamte Korrespondenz nach Datum sortierst und dann an dem Ort in Deinem Haus lagerst, der die besten klimatischen Bedingungen aufweist.

[013]…Du davor zurückschreckst, Deinen eigenen Schmuck ohne Handschuhe anzufassen.

[014]…Du Schutzfolie aus Mylar unter allen Teilen Deiner Privatsammlung zu Hause hast.

[015]…Du absolut nicht verstehst, warum Leute nicht verstehen, dass man zwei Paar Scheren zuhause braucht: eine für Klebeband und eine für nicht klebende Bänder (und natürlich liegen auf der Anrichte auch Schneidmesser für klebende Materialien und nicht klebende Materialien).

[016]…Du zwei Paar Scheren hast, auf einer steht „für klebende Materialien“ und auf der anderen eine Todesandrohung für den Fall, dass jemand es wagt, damit klebende Materialien zu schneiden.

[017]…Dich der Stauplan für einen Lastzug völlig aus dem Häuschen bringen kann.

[018]…Dein liebstes Geburtstagsgeschenk (das Du Dir unter Angabe der exakten Bestellnummer gewünscht hast) eine Archivbox mit Metallecken und säurefreier Seidenpapiereinlage für Deine Privatsammlung ist.

[019]…Du Dich schuldig fühlst, wenn Du Business Class fliegst, weil Du als Kurier ein Kunstwerk begleitest, aber Dich ärgerst, dass Du Touristenklasse fliegen musst, wenn Du kein Kunstwerk dabei hast.

[020]…Du vor Freude außer Dich gerätst, wenn Dir der Restaurator, der an einem alten Möbelstück arbeitet berichtet, dass er einige alte Fäden des ursprünglichen Bezugsstoffes an einem alten Nagel gefunden hat.

[021]…Du ein Eingangsregister für alle Deine DVDs/Blu-Rays hast, ein weiteres für CDs und noch ein anderes für Bücher.

[022]…Du alle Ausleihen der eben erwähnten Güter (siehe [021]) anhand dieses Registers verfolgst.

[023]…Du Deine eigene Mutter ausschimpfst, wenn Du sie dabei erwischst, wie sie Familienfotos mit einem normalen Kugelschreiber beschriftet statt mit dem schönen Rapidographen, den Du ihr gekauft hast.

[024]…Deine Kinder mit anderen Kindern schimpfen, wenn die im Museum etwas anfassen.

[025]…Du alte Familienurlaubsbilder aus dem Müll rettest, wo Deine Mutter sie entsorgt hatte, nachdem sie sie gescannt hatte.

[026]…Du eine Ausstellung besuchst in der keine Leihgaben aus Deinem Museum zu sehen sind und Du als erstes den Thermohygrographen überprüfst.

[027]…es Deine „selbstlose Tat des Tages“ ist, die sich ablösenden Ecken einer Beschriftungstafel wieder festzurubbeln und Du hoffst, dass, wenn das in Deinem Museum passiert, ein anderer Registrar das gleiche für Dich tut.

[028]…Du bis ins Detail beschreiben kannst, wie großartig die Passepartouts und/oder Ausstellungstechnik war, aber Du Dich nicht mehr an die Kunstwerke erinnern kannst, wegen denen Du die Ausstellung eigentlich besuchen wolltest.

[029]…Du als Kind alle Gegenstände in Deinem Puppenhaus inventarisiert und vermerkt hast, wie viel sie gekostet haben oder ob es ein Geschenk eines Familienmitglieds war.

[030]…Du eine Sonderausstellung mit den Gemälden Deines Lieblingskünstlers nicht genießen kannst, weil Du nur die Probleme mit dem Erhaltungszustand siehst, die dringend dem zuständigen Registrar gemeldet werden sollten.

[031]…Du Dir Lastwagen / Unternehmen, die Klimatransporte anbieten notierst, während Du eine Spritztour machst.

[032]…Du Dich dabei erwischst, wie Du die Kunstwerke Deines Kindes vorsichtig auf der Rückseite in der unteren rechten Ecke mit einem weichen Bleistift beschriftest.

[033]…Du entsetzt „Nicht anfassen!“ schreist als drei Kinder einen Elchkopf in einem Gebrauchtwarenladen streicheln, weil Du todsicher bist, dass dieses Ding mit Arsen behandelt ist.

[034]…Deine Freunde und Familie es aufgegeben haben nach Deinem Liebesleben zu fragen und statt dessen jedes Gespräch mit „Aaaalso, an was für einer Ausstellung arbeitest Du gerade?“ eröffnen.

[035]…wenn Du privat umziehst versiehst Du jeden Umzugskarton mit einer Nummer, Standort und einem Farbcode (der Farbcode wird in den Räumen Deines neuen Domizils fortgesetzt), Warnsymbole und/oder Warnhinweise UND hast eine ausführliche Liste mit allen Gegenständen und in welchem Karton sie verpackt sind. So geht das Auspacken kinderleicht und man hat schon für den nächsten Umzug eine Schätzung für die benötigten Umzugskartons (zuzüglich eines Prozentzuschlags für den Zuwachs während der kommenden Wohnperiode).

[036]…Wenn Du ein neues Museum besuchst, bittest Du deren Registrar um eine Depotführung und bist davon begeisterter als von den Ausstellungsstücken.

[037]…Du ein Paar zusätzliche saubere Baumwollhandschuhe in Deiner Handtasche hast, nur für den Fall des Falles und darüber tatsächlich schon froh warst und sie gebraucht hast.

[038]…Du ein Museum besuchst und nur das Depot und die Anlieferungsfläche siehst, aber nicht die öffentlich zugänglichen Räume.

[039]…Du einen Bleistift hast, der nur zum Gebrauch durch den Registrar und ausschließlich für den Registrar bestimmt ist. Wer ihn ausleihen möchte, muss ein Pfand hinterlegen und eine Leihgebühr bezahlen.

[040]…Du das Maßband, das sich in Deiner Handtasche neben dem Lippenstift befindet, häufiger brauchst als den Lippenstift.

[041]…Dein Sohn eine Inventarnummer auf einem Ausstellungsstück sieht und Du es ihm und einem halben Dutzend anderer Leute erklärst, die sie auch gesehen haben.

[042]…Du auf eine Ausstellung gehst und Du ganz nah an die Plexiglasvitrinen gehst um zu sehen, ob da Bläschen an den Rändern sind… und ob die Hauben mit Sicherheitsschrauben befestigt sind!

[043]…Dir die Kunst gar nicht so sehr auffällt, weil Du auf die Lichtleiste starrst und Dich fragst, ob da zu starke Lampen drin sind.

[044]…Du ein bisschen zu nah an das Kunstwerk herangehst, nur um zu sehen, ob der unaufmerksame Aufseher mit seinem Handy Dich zurechtweist… und Du etwas zu ihm sagst, wenn er das nicht tut! (Lasst niemals zu, dass man behauptet, dass ein Registrar nicht den Autoritäten die Stirn bietet, wenn das notwendig ist!).

[045]…Du eine Ausstellung im Ausland besuchst und Du anfängst, einem Familienmitglied die Methoden beschreibst, wie man ein Objekt präsentiert oder einpackt und Du Dich umdrehst und feststellst, dass 25 andere Menschen versuchen, unauffällig mitzuhören. Dann wird ihnen klar, dass Du es bemerkt hast und sie beginnen Fragen zum Objekt und zur Museumsarbeit zu stellen. Bald hast Du eine größere Gruppe als die offizielle Führung und Du kriegst Ärger, weil Du die Aufmerksamkeit von den „bezahlten Profis“ ablenkst.

[046]…Du einen eigenen Stapel säurefreier Umschläge hast, den Du vor dem Rest der Mitarbeiter geheim hältst, damit sie für Deine Unterlagen bei Neuerwerbungen und Leihanfragen zur Verfügung stehen.

[047]…Du Deine Unterlagen durchgehst und jeden verfluchst, der rostige Büroklammern, Gummibänder und andere Befestigungsmaterialien verwendet hat, die Dir jetzt Probleme bereiten.

[048]…Dir von Mitarbeitern gesagt wird, dass die Kurierfahrt mit einem Kunstwerk doch viel Spaß machen wird und Du nur mit den Augen gerollt hast.

[049]…Du Dich an die Nomenklatur (inklusive der Kommaregeln) hältst, wenn Du anderen Leuten Dinge beschreibst – seien es nun Museumsobjekte oder nicht.

[050]…Du, nachdem Du zahllose ganz klar bezeichnete Scheren verloren hast, eine Schere in Deinem Aktenschrank versteckst. Das sagst Du nur Deinem Praktikanten und hebst hervor, dass auf diese Schere aufzupassen eine seiner wichtigsten Aufgaben sein wird.

[051]…Du mit Dir kämpfst, dem Kellner nicht zu sagen, dass er bitte weitergeben soll, dass die Drucke an der Wand auf einem säurehaltigen Passepartout aufgebracht sind und nach einigen Jahren unter direkter Sonneneinstrahlung verblichen sein werden. Natürlich erwähnst Du das aber trotzdem gegenüber allen Teilnehmern des Essens.

[052]…Du großen Anstoß daran nimmst, dass man Dich als „Kurator“ bezeichnet und darauf bestehst, dass Dein Partner, Deine Familie und jeder im Umkreis von zwei Metern weiß, dass Du ein Registrar bist und was genau Du machst.

[053]…die Aufsichten sich um Dich herumdrücken, wenn Du in einem Ausstellungsraum bist, weil Du Dich niederkauerst und vor und zurück läufst, weil Du versuchst, ein Streiflicht zu bekommen, um irgendwelche schadhaften Veränderungen an einem Gemälde zu entdecken.

[054]…Du genau sagen kannst, wo genau sich ein Knochenfragment in einer Sammlung von mehreren tausend Stück befindet, und zwar auf Regalbrett und Kartonnummer genau, ohne in der Datenbank nachsehen zu müssen, aber Du beim besten Willen Deine Schlüssel, Deinen Ausweis oder Deine Geburtsurkunde nicht zu Hause auftreiben kannst.

[055]…Du die kürzeste Stellenbezeichnung im ganzen Museum hast, aber die meiste Zeit brauchst, um zu erklären, was Du tust.

[056]…Du Dein Kind als 2012.1 bezeichnest.

[057]…Du vergisst, beim Einkaufen Deine Lieblingskekse mitzubringen, aber Dich mit Leichtigkeit an die 100 letzten Neuerwerbungen in der richtigen Reihenfolge erinnern kannst.

[058]…Dein Chef Dich anruft und fragt, ob das Museum ein XYZ gebrauchen kann und Du antwortest: „Wir haben schon eines und es ist auf A17, drittes Brett, halbrechts“ ohne in die Datenbank zu schauen.

[059]…Dein Dorfpfarrer Dich anruft, um Dir mitzuteilen, dass er es zu schätzen weiß, dass Du am „Bingo Mittwoch“ im Altersheim aushilfst, aber ob Du bitte damit aufhören könntest, eine ganze Liste von Objekten herunterzubeten, nachdem Du „G 32“ gerufen hast?

[060]…Du, wenn Du bei Freunden oder Verwandten zu Besuch bist, erst einmal überprüfst, ob alle Bilder gerade hängen (und dann gedanklich alle Schäden oder Klimaprobleme notierst).

[061]…Du versucht bist, eine spezielle Verpackung mit passender Aussparung herzustellen, wenn Du Weihnachtsgeschenke an außerhalb lebende Verwandte schicken willst.

[062]…Du tatsächlich UV-Folie auf Deine Fenster daheim geklebt hast.

[063]…Du ein vollständiges Zustandsprotokoll für den persönlichen Kram anfertigst, den Du über Ebay verkaufen willst.

[064]…die Aufsicht Dir in jedem Museum das Du besuchst sagen muss, dass Du von der Vitrine, dem Gemälde, dem Objekt wegbleiben sollst (obwohl Du ja nur sehen willst, wie es angebracht wurde).

[065]…Du Deinen Sommerurlaub mit dem Tabellenkalkulationsprogramm organisierst, gegenreferenziert mit einem Ringordner.

[066]…Du in ein Restaurant mit Tierköpfen an den Wänden kommst und Dich weigerst, den Tisch direkt unter einem zu nehmen, weil Du WEISST, dass der mit Arsen behandelt wurde. (wirklich passiert)

[067]…Listen, die nach einem anderen Kriterium als Erwerbungsdatum oder Inventar- (oder Leih- oder temporäre) Nummer geordnet sind, Dich verwirren.

[068]…Du einen Blogeintrag/Schimpftirade über Künstler, die ihre Werke selbst verpacken, schreibst.

[069]…einem in der Sammlung „aufgetauchten“ Objekt wieder seine ursprüngliche Inventarnummer zuweisen zu können das Highlight Deiner Woche/Deines Monats/Deines Jahres ist.

[070]…es Dir einen Kick gibt, eine gut gestaltete und verarbeitete Transportverpackung zu sehen.

[071]…Du Deine Bleistiftsammlung in einem Tabellenkalkulationsprogramm katalogisiert hast und Du die Bleistifte immer nutzt, bis nur noch ein kleiner Stummel übrig ist, bevor Du sie „in den Ruhestand“ schickst (Equivalent zu Deakzise!).

[072]…Du den Museumsdirektor in „Nachts im Museum“ liebst, weil er das sagt, was jeder Museumsmitarbeiter über Besucher in seinen Bart murmelt.

[073]…Du freiwillig anbietest, dass Du hunderte von Familienfotos und Dokumenten sortierst, katalogisierst und scannst, sie dann auf Flashspeichern unter den Familienmitgliedern verteilst und sie (natürlich) an ein Archiv spendest.

[074]…Du Dir einen eigenen PH-Wert-Teststift anschaffst, um Deine persönliche Sammlung von Schönschrift- und Buchdruck-Papier zu überprüfen.

[075]…Du Dich dabei erwischst, wie Du das Silber und die Porzellanteller auf einer Dinnerparty umdrehst, um nach Herstellermarken zu schauen.

[076]…Du Deine Freunde und vor allem Deine Mutter dadurch schockierst, dass Du die Nachteile und Vorteile der Fahrerkabinen von Peterbilt, Kenworth und Volvo aufzählst, Kühlfahrzeuge erwähnst (das finden sie immer spannend) oder die Länge und Höhe von Anhängern durch Augenschein nennen kannst.

[077]…Du Deine Mutter schockierst und Deine Freunde beeindruckst, wenn Du ihnen Deine Fahrerlaubnis für den Gabelstapler zeigst.

[078]…Dir, wenn Du auf Familienurlaub bist, zahllose LKW-Fahrer zuwinken und Dich mit Deinem Namen ansprechen.

[079]…Du so viel Klebeband für jede Kiste bei einem bevorstehenden Familienumzug verwendest, dass jemand Dir (mehrfach!) sagen muss, Du sollst nicht so viel Klebeband verbrauchen. Man musste es mehrfach wiederholen und mehrfach fahren, um mehr Klebeband zu besorgen.

[080]…Du jede Kiste (des in [079] erwähnten Umzugs) mit einem Buchstaben und einer Nummer auf allen Seiten und Ecken versiehst, die mit einem Raum im Haus oder einem Thema korrespondiert. Du hast selbstverständlich eine Kladde mit der Kistennummer und einer Liste des Inhalts, um alles leicht wiederfinden zu können.

[081]…Du sagst der Umzugsfirma wie sie die Möbel und die Kisten tragen, verzurren und stapeln sollen.

[082]…Du ordnest Deine DVD Sammlung alphabetisch, hast alle Deine Bücher katalogisiert und nach Themen geordnet und Deine Original „Krieg der Sterne“ Sammlung ist katalogisiert und fotografiert. Ok, das macht mich vielleicht nur zum Nerd! : )

[083]…Du hast eine Farbtafel für alle Deine Nagellackflaschen. (Meine Mutter hat mir mal gesagt, das sei ein bisschen krank. Ich denke, ich bin einfach extrem gut organisiert!)

[084]…Du versuchst, Tastenkombinationen für die Datenbank bei Deinen Google-Recherchen anzuwenden. Ich bin nicht mal ein Registrar und erwische mich immer noch dabei, wie ich CTRL-F nach jedem Suchauftrag drücke, statt ENTER wie jeder normale Mensch 😛

[085]… Dein Ehemann ertappt Dich dabei, wie Du SQL-Ausdrücke vor Dich hin murmelst während Du fährst, weil das die beste Zeit ist, über Programmierprobleme mit den Reportformaten nachzudenken.

[086]…Du bist ein „Informationskanal“.

[087]…Du in ein Restaurant gehst und Dein Ehemann „Oh-oh“ sagt, weil einige Bilder an der Wand schief hängen und er genau weiß, dass man euch in einen anderen Bereich setzen muss, sonst wirst Du Deine Wasserwaage (in Handtaschengröße) zücken.

[088]…Du Baumwoll- und Nitrilhandschuhe in jeder Tasche von jedem Kleidungsstück zu finden scheinst, das Du besitzt.

[089]…Du Dir einen Spaß daraus machst, sichtbare Inventarnummern auf Ausstellungsstücken in anderen Museen zu finden.

[090]…Du Dich dabei erwischst, wie Du die Schriftart auf Objektbeschriftungen ansiehst und wünschst, Du wüsstest, wo Du sie herbekommen könntest (aber Du vergisst dabei, den Text zu lesen).

[091]…Du ins Gerichtsgebäude gehst, um Deiner Bürgerpflicht als Jurymitglied nachzukommen, durch den Metalldetektor gehst und man Dich herauszieht, um den verdächtigen Metallgegenstand in Deiner Handtasche zu untersuchen… der sich als Bandmaß herausstellt. (wahre Geschichte)

[092]…Du eine Straße entlangfährst, dabei die Fahrerkabinen der LKWs inspizierst und plötzlich rufst „Ooooh, das ist ein wirklich großes Führerhaus, ich wette, die haben ein großartiges Schlafabteil da drin!“

[093] …Du im Gepäckraum reist, um ein Kunstwerk auf Leihe zu begleiten und fünf Stunden in einem dreckigen, heißen Lagerhaus auf die Zollabfertigung wartest, neben der Kiste hockend, gähnend und grummelnd (wie die Katze auf der Tasse), eine Tasse brauner Flüssigkeit trinkend, die nur ganz entfernt an Kaffee erinnert.

[094]…Du hast in Deinem Auto Möbeldecken, Luftpolsterfolie, Dartek und ein Maßband, nur für den Fall der Fälle. Ja, mein Ehemann denkt, dass ich ein bißchen… naja, ernsthaft bin.

[095]…Du Käfer in der Käfersammlung findest…

[096]…Du einen Satz schreiben kannst, in der die Mehrzahl der Wörter aus Abkürzungen besteht.

Du könntest mit einem Registrar verheiratet sein, wenn…

[001]…Du entsetzt bist, wenn die Jungs bei „Pawn Stars“ (Amerikanische Reality-Serie, die sich um die Inhaber eines Pfandleihhauses dreht – Anm. d. Übers.) die erste Ausgabe von „Spiderman“ mit bloßen Fingern anfassen.

Du könntest Registrare ausbilden, wenn…

[001]…Du sorgsam alle diese Kommentare in ein Dokument zusammenfasst, sie auf säurefreiem Papier ausdruckst und sie in der ersten Stunde als Ergänzung der Lerneinheit Was ein Registrar den ganzen Tag macht einsetzt.

[002]…Du feststellst, dass Dein Volontär oder Dein Praktikant in der Datenbank eine Datierung mit „1936, geschätzt“ angibt und Du ihn fragst, warum er „geschätzt“ hinter eine so exakte Datierung schreibt und er antwortet:
„Also, dieser Typ wurde 1936 hergestellt, aber ich hatte noch nicht die Möglichkeit, die Seriennummer mit den Herstellerlisten abzugleichen, also ist es eine Schätzung, richtig?“
Und Du nickst, drehst Dich um und unterdrückst das Verlangen auszurufen „Das ist Mamas Junge!“

Dieser Beitrag ist auch auf italienisch erhältlich, übersetzt von Silvia Telmon.

Ein Tag im Leben eines griechischen Museumskurators: Bürokratie bewältigen

Heraklion Archaeological Museum by Georgia FloudaNachdem ich mich neulich virtuell mit Angela unterhalten habe und mich mit der Philosophie dieses Projekts vertraut gemacht habe, denke ich, dass es interessant ist, einmal über die praktische Museumsarbeit eines Kurators in einem griechischen Museum zu berichten. Dieses Blog dient als Forum für den Austausch zwischen Registraren und Kuratoren aus der ganzen Welt. In diesem Rahmen möchte ich etwas verdeutlichen, was es bedeutet, in einem öffentlichen archäologischen Museum in einem Land zu arbeiten, das stark von der Wirtschaftskrise betroffen ist.

Mit Ausnahme von wenigen Museen, von denen das neue Akropolis-Museum wohl das berühmteste ist, fallen die meisten der archäologischen Museen in Griechenland in die Zuständigkeit des neu getauften Generalsekretariats für Kultur. Dieses war früher Teil des Ministeriums für Kultur, seit Juni 2012 gehört es zum Ministerium für Bildung, religiöse Angelegenheiten, Kultur und Tourismus. Das Konzept, das hinter dieser Änderung stand, war die Einsparung von Verwaltungsabteilungen innerhalb des griechischen Öffentlichen Dienstes. Wie das Leben so spielt, bedeutet das auch Einsparungen im griechischen Archäologischen Dienst und bei den Museumsmitarbeitern unter ihnen. Die Zahlen sprechen für sich.

Heraklion Archaeological Museum by Georgia FloudaAls es das Ministerium für Kultur noch gab, hatte es immer das kleinste Budget unter allen griechischen Ministerien. Heute muss das sogenannte Generalsekretariat für Kultur die meisten – wenn nicht gar alle – seiner Aktivitäten über EU-Projekte finanzieren. Diese Projekte müssen genehmigt werden und werden dann unter den strengen Vorgaben des Nationalen Strategischen Rahmenplans (NSRP) ausgeführt. Von Anfang an und während der gesamten Umsetzung wird das Museum oder andere archäologische Projekte zentral auf nationaler Ebene verwaltet. Dennoch ist es in vielen Fällen so, dass die beteiligten Museumskuratoren die Hälfte ihrer täglichen Arbeitszeit darauf verschwenden müssen, sich in der labyrinthartigen Bürokratie des NSRP zurechtzufinden und die Vorgaben einzuhalten. Mehr Museumsprojekte umzusetzen ist also gleichbedeutend mit mehr Bürokratie und man fragt sich unwillkürlich, wo der Ausgang aus diesem Labyrinth sein könnte?

Richtig Gefälscht: Auf der Spur eines Kunstfälschers Teil 7

Entschuldigung, Leute, es ist etwas her seit ich das letzte Mal geschrieben habe und ich hoffe, Sie heißen mich wieder willkommen! Die letzten vier Monate hatten ihre Höhen und Tiefen, aber gerade bin ich an einem Tiefpunkt. Warum? Weil ich schon wieder eine Anstellung suche.

Wie einige von Ihnen wissen, bin ich seit 15 Jahren im Non-Profit-Bereich Kunst tätig. Ich habe vor ein paar Jahren meine Anstellung am örtlichen Kunstmuseum verloren. Ich musste mich aus meiner Komfortzone heraus bewegen, um einen Job an Land ziehen zu können. Die Untersuchung des Landis-Falles half mir dabei. „Wie denn das?“, werden Sie sich fragen. Nun, ich habe Marty und Jan Sikora aus Cincinnati auf der Ausstellungseröffnung von „FAUX Real“ am 1. April des vergangenen Jahres (2012) getroffen. Ich habe mit ihnen über Landis und meine Erfahrungen im Kunstbereich gesprochen und auch darüber, wie ich ihnen bei ihren Geschäften helfen könnte. Monate gingen ins Land und wir blieben in Kontakt, aber immer noch kein Job. Im Dezember 2012 immer noch keine Stelle und ich ging mit großer Unsicherheit in das Jahr 2013. Landis hatte zu diesem Zeitpunkt getan, was er gesagt hatte und seine Machenschaften eingestellt, also gab es auch hier keine Aktivitäten zu verfolgen.

2013 kam und Landis verfolgt mich weiter. Ich wurde von einem altgedienten Schreiber für The New Yorker angesprochen und er interviewte mich zwölf Stunden lang an zwei Tagen und sah sich sogar mit mir zusammen Daytona 500 an. Wir hatten eine schöne Zeit zusammen und ich lernte einige neue Dinge über Landis. Er ist immer noch aktiv und ich kenne jetzt sein aktuelles, fünftes, Alias. Halten Sie Ausschau nach einer Veröffentlichung über Landis in The New Yorker, die schon sehr bald kommt. Es wird voraussichtlich das beste sein, was bisher zu diesem Thema geschrieben wurde und mehr Leser erreichen, die bisher noch nichts von Landis gehört haben.

Also, zurück zur Jobsuche. In der Woche, als meine Arbeitslosigkeit endlich zu Ende ging erhielt ich einen Telefonanruf von Marty und er heuerte mich als Vertriebsangestellter für den Innendienst an. Ich kannte mich in dem Geschäft nicht aus und die gewinnorientierte Welt war mir fremd. Um es einfach zu sagen: es passte nicht und die Geschäfte gingen nicht besonders gut. Ich habe meinen Job letzte Woche verloren. Landis hat dabei insofern eine wesentliche Rolle gespielt, als wenn Marty und Jan nicht die Ausstellungseröffnung besucht hätten, ich die letzten vier Monate keinen Gehaltsscheck bekommen hätte. Ich schreibe das deshalb, weil ich Ihnen sagen möchte, dass es wichtig ist, sich nicht zu sehr an die momentane Position zu gewöhnen. Denken Sie um die Ecke und glauben Sie daran, dass Sie alles erreichen können, was Sie sich in den Kopf gesetzt haben. Geben Sie ihr Bestes, auch wenn Sie noch gar nicht wissen, was Sie da eigentlich tun. Es gibt Leute da draußen, die Sie als das sehen, was Sie sind und was Sie tun können. Finden Sie bei diesen Leuten Trost. Es gibt immer noch gute Menschen da draußen, die Ihnen eine Chance geben werden und ich werden mich auch daran erinnern, wenn ich jetzt in meinem Leben voranschreite.

Halten Sie Ausschau nach der Veröffentlichung in The New Yorker, die in diesem Sommer kommen sollte und wie immer: Machen Sie weiter!

Bis bald!
Matt

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Unterwegs mit Noahs Gehilfen

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© Klaus Pichler

Als ich zum ersten Mal Fotos aus dem Projekt „Skeletons in the Closet“ von Klaus Pichler sah, war ich überwältigt. Da hatte jemand genau das gemacht, was ich und sicherlich viele meiner Kollegen schon oft gedacht hatten: DAS sollte man fotografieren. Die schönen und absurden Kompositionen, die sich dort ergeben, wo Sammlung und tägliche Museumsarbeit aufeinander treffen. Vorsichtig fragte ich bei dem Wiener Fotografen an, ob wir vielleicht ein paar Bilder zusammen mit einem Text über das Projekt auf unserem Blog veröffentlichen dürften? Die Antwort war sehr positiv: nicht nur das, er würde auch speziell für uns einen Text schreiben darüber, wie er die Zusammenarbeit mit uns Registraren während seiner Arbeit erlebt hat. Viel Vergnügen.

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© Klaus Pichler

Es ist jetzt mehr als vier Jahre her, seit ich für meine Fotoserie ‚Skeletons in the Closet‘ zum ersten Mal in den nichtöffentlichen Räumlichkeiten des Naturhistorischen Museums Wien fotografieren durfte. Dennoch kann ich mich an meinen ersten Ausflug durch die Keller, Depots und Lagerräume erinnern, als wäre es gestern gewesen.

Zur Vorgeschichte: ich bin auf dem Land aufgewachsen, und wann immer ein Besuch in Wien anstand, war ein Besuch im Naturhistorischen Museum Wien Pflicht. In diesem Sinne hat die Tatsache, dass ich jetzt, als erwachsener Mensch, in den ‚privaten‘ Räumen des Museums fotografieren durfte, einen sentimentalen Gehalt.

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© Klaus Pichler

Zurück zum Eigentlichen: der erste Besuch auf der Hinterbühne war faszinierend: für mich war es eine Mischung aus dem Film ‚Nachts im Museum‘ und dem Anblick der Arche Noah, deren Türen soeben geöffnet worden sind: Tiere über Tiere, Schulter an Schulter, in ihren Posen erstarrt, tot, aber höchst lebendig. Und mittendrinnen die Registrare, die mich mit großer Kenntnis durch die Tierherden führten, mit jedem Winkel der riesigen Lagerflächen vertraut waren und mir eine wichtige Orientierungshilfe waren. Ohne deren Hilfe wäre ich wohl noch immer in den Kellern des Museums, hilflos verirrt in den Gangfluchten.

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© Klaus Pichler

Es ist mir noch in lebhafter Erinnerung, welche Vorfreude ich ihnen anmerkte, wenn sie im Begriff waren, mir eine neue Türe zu einem noch nicht besichtigten Raum aufzusperren, wohl wissend, welch besonderer Anblick sich dahinter verbirgt. Ebenso, wie schnell die Antwort kam, wenn ich eine Detailfrage zu einem bestimmten Exponat hatte, und die Begeisterung, die ich in ihren Ausführungen spürte. Oft hatte ich den Eindruck, dass die Registrare zu den Exponaten eine fast schon freundschaftliche Beziehung aufgebaut hatten und sich inmitten ihrer ‚Familie‘, oft vier Etagen unter der Erde, sehr wohl fühlten.

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© Klaus Pichler

Imponiert hat mir der Stolz der Registrare über ein bestimmtes Exponat, etwa einen ausgestopften Blaubock, der seit langem ausgestorben ist und von dem es weltweit nur mehr eine handvoll Exemplare gibt. Oder der Eifer, der in einem Raum spürbar war, in dem bereits pensionierte Registrare freiwillig und ehrenamtlich (!) ihre Zeit damit verbrachten, die Herbarien der Botanischen Abteilung zu restaurieren.

Ich kann nur sagen, dass meine Fotoserie wohl nur die Hälfte des Umfangs hätte, wenn ich nicht Tipps und Empfehlungen von den Registraren bekommen hätte, wo besonders spezielle Exponate gelagert sind oder wo es noch verborgene Winkel gibt, in denen ich auf die Suche nach Motiven gehen konnte. Dafür gebührt den vielen Abteilungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern, die mich durch mein Projekt geleitet haben, großer Dank.

Klaus Pichler

Buch: ‚Skeletons in the Closet‘, Fotos von Klaus Pichler, Texte von Klaus Pichler, Julia Edthofer und Herbert Justnik, englische Ausgabe, Erscheinungstermin: 15. Juni 2013, limitiert auf 750 Exemplare (handnummeriert), Hardcover, gebunden, 112 Seiten, 63 Abbildungen. Preis: € 30,- plus Porto. Beziehbar über die Website von Klaus Pichler.

Diesen Beitrag gibt es auch in Zulu und Ndebele , übersetzt von Phineas Chauke

Direkt ab Lager – Karten kartieren

Map of Downtown Charlotte 1954, Map by Dolph Map Co., picture via flickr by davecitoEs ist ruhig hier zurzeit. Ich habe es fast geschafft, die Datenbank auf Stand zu bringen. Ich habe nur noch etwa 100 digitale Bilder umzubenennen. Wir haben angefangen, die etwa 2000 Erwerbungen abzuarbeiten und wir sind fast auf Stand mit denen, die 2003 reingekommen sind1. Das Problem ist trotzdem, dass, wenn einem ein interessantes Ding auf den Schreibtisch kommt, man es nicht einfach verzeichnen, eine Nummer darauf klatschen und es ins Regal stellen kann. Man wird in es hineingezogen. Neulich waren es Landkarten. Kelly, eine unserer wunderbaren Praktikantinnen, und ich haben uns zu einem Buch gebundene Blaupausen von Bodenbesitzstandkarten von Charlotte und Mecklenburg County aus den 1930er Jahren angesehen. Sie zeigen die Grundstücke von Downtown – Entschuldigung, UPtown – und listen die Grundbesitzer und die jeweiligen Schätzwerte auf. Die Grundstückswerte haben sich seither etwas verändert, aber Trade und Tryon war der Ort, an dem man wohnen sollte, wenn man etwas auf sich hielt! Diese Art der Dokumentation ist von unschätzbarem Wert für jeden, der die Geschichte von Gebäuden und Geschäften in der Stadt erforschen möchte. Mit der gleichen Erwerbung erhielten wir einen sehr schönen „Official Lot and Block Atlas of Charlotte, N. C.“ [Offizieller Atlas der Grundstücke und Häuser in Charlotte, North Carolina] von 1928. Er ist auf schwerem, vergütetem Leinen von handgemalten Originalen gedruckt und zeigt, neben anderen Erinnerungen an eine glorreiche Vergangenheit, die Straßenbahnlinien, die einst als Massentransportmittel in der Stadt fungierten.

Es ist auch sehr lehrreich – und faszinierend – noch weitere vierzig Jahre zurückzugehen, in das Jahr 1888. Diese Karte, die wir dieses Jahr [2003] erhalten haben, zeigt Mecklenburg County. Die Stadt im Zentrum ist nicht detailliert dargestellt, aber die Namen der Eigentümer der Grundstücke außerhalb sind aufgeschrieben. Klar, das da sind „unsere“ Alexanders (siehe http://www.charlottemuseum.org/alexanders.asp für weitere Details). Auf vielen dieser Besitztümer finden wir Namen, die wir inzwischen als Namen von Straßen, Parks, Gebäuden und Geschäften in dieser Gegend kennen. Zusammen mit dieser Karte haben wir einen Pachtvertrag mit England erhalten, datiert auf das Jahr 1696. Er hing in einer Rechtsanwaltskanzlei in Charlotte und wird bald in unserer Bibliothek hängen. Er ist handgeschrieben auf Kalbsfellpergament und es hängen drei rote Wachssiegel darunter – und es ist eine Herausforderung, ihn zu lesen! Nicht nur, dass die Handschrift archaisch ist, er ist auch in einem undurchsichtigen Juristenenglisch geschrieben, das jeden modernen Verfasser von Kleingedrucktem blass aussehen lässt. Lee, ein weiterer Sammlungspraktikant, hat angefangen, es für mich zu transkribieren. Zum Glück hat der Spender eine Übersetzung gefunden, die ein anderer Rechtsanwalt 1975 angefertigt hat. Wir werden diese möglicherweise in unserer Bibliothek zugänglich machen, für diejenigen, die neugierig sind oder ein Lehrstück für finstere Wortungetüme sehen wollen!

Also, ich gehe mal besser die Datenbank auf den neuesten Stand bringen. Und ein paar Nummern auf Objekte klatschen.

Shanti
Anne

Übertragung ins Deutsche: Angela Kipp

  1. Der Artikel wurde 2003 geschrieben

Zwei Wege, ein Ziel

picture by THX0477„Registrar Trek. Die Nächste Generation“ entstand dadurch, dass Fernando und ich jeweils einen Artikel über die Arbeit von Registraren schrieben. Ohne voneinander zu wissen, aus zwei unterschiedlichen Richtungen kommend, ja, von zwei unterschiedlichen Kontinenten und Werdegängen. Fernando veröffentlichte sie Seite an Seite in der Rubrik „Reden wir über…“ der ILAM Website. Jetzt haben wir wieder die Gelegenheit ergriffen, ein Thema von zwei verschiedenen Seiten anzugehen: Fernando zum Thema der Erfassung von Zeitgenössischer Kunst, Bernd und ich zur Erfassung von technischen Objekten. Zwei Wege, ein Ziel: Gedanken austauschen und Kollegen inspirieren.

 
Erfassung von Möbeln und Elektrogeräten: Zeitgenössische Kunst (Video-Skulpturen, Multimedia, Installationen)
Fernando Almarza Rísquez

Mit dem augenzwinkernden Humor des Registrars könnte man die amüsante – aber durchaus ernst gemeinte – Arbeitshypothese aufstellen, dass die Dokumentation von einigen zeitgenössischen Kunstwerken den Umgang mit Elektrogeräten und Möbeln bedeutet. Aber in Wirklichkeit hat hier das künstlerische Talent neue Wege beschritten, die Suche nach Originalität und Wohlgefallen der Modernen Kunst transzendiert und andere, dynamische Formen der Sinnlichkeit, Kommunikation und Ansprache der Sinne gefunden. Lasst uns also die Arbeitshypothese umformulieren: diese künstlerischen Ansätze sind mehr als Möbel und Elektrogeräte. Ergo ist auch die Dokumentation dieser Werke viel mehr als die Dokumentation von Möbeln und Elektrogeräten. Weiter…

 
Haushaltsgeräte, Möbel und darüber hinaus – Technische Objekte erfassen
Angela Kipp, Bernd Kießling

Wenn man als Registrar arbeitet, hält man es oft für selbstverständlich, dass man weiß, was Registrare in anderen Museen tun. Wenn man sich dann aber mit den Kollegen unterhält, stellt man oft fest, dass manche Dinge gleich sind, aber andere sehr verschieden. Als Fernando uns erzählte, dass er einen Artikel über die Erfassung zeitgenössischer Kunst vorbereitet, nahmen wir die Herausforderung an, einen Artikel über die Erfassung von technischen Objekten zu schreiben. Also, wenn Sie normalerweise mit Kunst zu tun haben: lassen Sie sich von uns in das Wunderland der Technik entführen. Wenn Sie mit Technik befasst sind: schauen Sie uns über die Schulter und sagen Sie Bescheid, wenn wir etwas wichtiges vergessen haben sollten.Weiter…

Erfassung von Möbeln und Elektrogeräten: Zeitgenössische Kunst (Video-Skulpturen, Multimedia, Installationen)

Mit dem augenzwinkernden Humor des Registrars könnte man die amüsante – aber durchaus ernst gemeinte – Arbeitshypothese aufstellen, dass die Dokumentation von einigen zeitgenössischen Kunstwerken den Umgang mit Elektrogeräten und Möbeln bedeutet. Aber in Wirklichkeit hat hier das künstlerische Talent neue Wege beschritten, die Suche nach Originalität und Wohlgefallen der Modernen Kunst transzendiert und andere, dynamische Formen der Sinnlichkeit, Kommunikation und Ansprache der Sinne gefunden.

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Kunstinstallation zur Paarkommunikation (Museum für Kommunikation, Berlin). (Bild: dalbera from Paris).

Lasst uns also die Arbeitshypothese umformulieren: diese künstlerischen Ansätze sind mehr als Möbel und Elektrogeräte. Ergo ist auch die Dokumentation dieser Werke viel mehr als die Dokumentation von Möbeln und Elektrogeräten. Wenn sie Eingang in eine Museumssammlung finden, sind ganz andere Anforderungen an den Registrar gestellt, ebenso wie sie Wissenschaftler und Restauratoren vor neue Herausforderungen stellen. Tatsächlich wird der Registrar direkt mit diesen wissenschaftlichen und restauratorischen Belangen konfrontiert.

Globusboissier
Jean-Louis Boissier. Globus oculi, video-interaktive Installation. 1992-1993.
Pipiloti Rist
Himalaya Goldsteins Stube, (Himalaya Goldstein’s Living Room), 1999
Audio/Videoinstallation mit 13 Videoprojektionen, 11 Abspielgeräten, orangenem Sessel, rotem Sofa, Tischlampe, hohem Sideboard, niedrigem Sideboard, Stuhl, Tisch und Bar (alle mit eingebauten Abspielgeräten), Lampem, auf Holz aufgezogener Tapete, Audiosystem, 4 Lautsprechern. (Installation von Pipilotti Rist, Kunsthalle Zürich; photo von Alexander Tröhler)
Dieses Kunstwerk macht dem Registrar Freude …

Auf den Punkt gebracht: Was ist zeitgenössische Kunst?

Das sind Kunstwerke, die stilistisch als „zeitgenössische Kunst“ klassifiziert sind und darunter beschäftige ich mich hier mit Installationen, Skulpturen, Videos, Multimedia, Rauminszenierungen, ephemerer Kunst und Performancekunst. Definiert durch ihre Entstehungszeit (in den letzten etwa 60 Jahren) und anderen Reden, Diskussionen, Deutung und Umdeutung, Räumlichkeit und Kontextunterscheiden sie sich von moderner Kunst und brechen mit den herkömmlichen ästhetischen Codes.
Moderne Kunst hat bestimmte Implikationen, aber zeitgenössische Kunst hat mehr technische und technologische Implikationen, ästhetische und konzeptionelle Bedeutungen: sie muss als ein Objekt in einem erweiterten Kontext dokumentiert werden. Der Registrar benötigt zusätzliche Kriterien für eine ordentliche Dokumentation in Hinblick auf Inventarisierung, Katalogisierung und Kontrolle dieser Kunstwerke, wenn sie Teil einer Museumssammlung werden. Für diese Art von Kunstwerken ist das klassische Konzept der „technischen Daten“ zu beschränkt. Zeitgenössische Kunst hat weit darüber hinausgehende Problematiken, die erkannt und in den Registrierungsprozess mit einbezogen werden müssen, um dann auch Eingang in die Datenbank zu finden: Etiketten, kontrollierte Schlagworte, die Möglichkeit, spezielle Begrifflichkeiten in Freitextfeldern aufzunehmen, Taxonomy und Umgangssprache, konzeptionelle Bezüge, Andeutungen und Erwartungen des Künstlers, Maßangaben, die eventuell komplexere Meßgeräte als einen Zollstock erfordern, spezielle Lagerungs- und Präsentationsfragen, usw. Diese zusätzlichen Kriterien erlauben eine bessere Erfassung der materiellen Dimension durch erweiterte technische Daten und der abstrakten Dimension durch möglichen Bedeutungen. Es gibt Handreichungen für die Erfassung dieser Sammlungsgüter, unter anderem: In Lateinamerika herausgegeben von DIBAM in Chile und COLCULTURA in Kolumbien; in Kanada von Institutionen wie dem Canadian Heritage Information Network (CHIN) und in Spanien vom Dirección Estatal de Museos [hier sind die deutschen Kollegen, die sich mit zeitgenössischer Kunst beschäftigen gefragt: da gibt’s doch bestimmt auch etwas deutschsprachiges… Anmerkung der Übersetzerin].

Ein Registrar für zeitgenössische Kunst

Seit Jahren bezeichne ich den Registrar in Museumssammlungen als Vor-Kurator und als wieder-aufgeladen. Dies ist der führende Profi wenn es darum geht, Daten auf Papier und Datenträgern zu managen und hier geht es um nichts weniger, als lineare Texte in Papierform in den Computer zu übertragen und dadurch nonlineare Hypertextinformation zu schaffen, richtig zu verwalten und zugänglich zu machen. Dieser Registrar erfasst technische Daten mit den richtigen Kriterien, die die erweiterten Informationen mit einschließen, bis hin zu gewissenen Ebenen der Bedeutung, Beziehungen und Kontexten. Diese Erfassungstiefe ist erforderlich, da diese Kunstwerke kulturelle Schöpfungen sind und diese Elemente von Bedeutung-Beziehung eben in diesem Fall auch als technische Daten der Erfassung zu betrachten sind. Also, ein Registrar, der ein wiederaufgeladener Vor-Kurator ist, arbeitet wesentlich aktiver als früher mit Kuratoren und Wissenschaftlern zusammen, ohne dass er natürlich in andere Reviere eindringt – er erweitert nur sein eigenes innerhalb des Museums. Das ist ein wichtiger Schritt, der Registrar ist nicht mehr der bloße Abschreiber von technischen Informationen, sondern wird ermutigt, mehr Einsatzmöglichkeiten und Kriterien zu erkennen.
Wenn man einige „Klassiker“ der Literatur zur Registrierung, die vor dreißig Jahren geschrieben wurden, zu Rate zieht, wird man Unterschiede erkennen: Im letzten Absatz des im Original spanischen Textes von Concha Vela mit dem Titel “El Departamento de registro del MoMA” [Die Registrierungsabteilung des MoMA], in den 1980ern geschrieben, lesen Sie: „der Registrar muss sich mit den physischen Aspekten der Kunst beschäftigen, nicht den ästhetischen“. Aber vorsicht! In der zeitgenössischen Kunst beziehen sich die ästhetischen Aspekte nicht einfach auf das „Schöne“, sie beziehen sich auch auf die Sprache der Kunst, ihre Codes, ihre Bedeutungen, ihre Sinne. Das Material und die Abstraktionsebene sind hier untrennbar miteinander verbunden.

Der Registrar als Vor-Kurator erfasst Kunstobjekte, ihre Bedeutung und Ästhetik als Teil von erweiterten technischen Daten. Und bei zeitgenössischer Kunst erfasst sie oder er eben auch die Fernseher, Computer, Wiedergabegeräte, Stühle und Tische aus denen manche dieser Installationen oder Anordnungen bestehen, genauso wie die Zusammenhänge. Aber der Registrar muss nicht nur diese Materialien und technischen Komponenten eines zeitgenössischen Kunstwerks dokumentieren. Zeitgenössische Kunst (nicht im Sinne der „Schönen Künste“) zu erfassen impliziert, dass man „künstlerisch ungeborene“ Objekte erfasst. Ebenso, wie rein virtuelle Kunst erfasst wird (oder: digital geborene Kunst), nicht materielle Kunst, die „nicht existiert“, wenn es keinen Computer, Software und Monitor gibt, um sie abzuspielen.

Also: wie und was werden wir registrieren?

Bei der Verleihung des Turner Prize 2010 zeichneten Kunstkritiker und Künstler in Großbritannien Susan Philipsz aus. Das ausgezeichnete Werk ist ein Video in dem sie traditionelle Schottische Lieder singt, in drei Szenen, jedes unter einer anderen Brücke in London. Man kann dieses Video, „Songs of the City„, auf Youtube finden. Das Video gehört der Tate Gallery in London.

Nun, wenn das selbe Werk in unserem Büro in der Registrarabteilung ankommt, wie gehen wir vor und was dokumentieren wir? Ein Video? Eine Musikdarbietung? Eine Installation? Ein virtuelles oder ephemeres Kunstwerk? Eine Landschaft „Brücken in der Stadt“ oder „Die Themse“? Was wäre das „Bild“ dieses Kunstwerks, eines oder jedes einzelne Photogramm? Was sind die technischen Voraussetzungen zum Abspielen? Was sind die physischen Abmessungen und sollten diese auch die dreidimensionalen Abmessungen der „Installation“ umfassen? „Beinhaltet“ das Werk einen DVD-Player, einen Monitor oder eine CD? Und wie inventarisieren wir dieses Meisterwerk formal korrekt? Unter welcher Kategorie sollten wir es in unserem Katalog fassen? Welche Datenfelder brauchen wir und welche sind angemessen? Welche Art von konzeptionellen Referenzen und Schlagwörtern haben wir? Ist es nur ein Kunstwerk, während es abgespielt wird? Hypothesen, bitte!

Etwas anderes gelagert, aber mit zusätzlichen Fragestellungen versehen wäre die Installation (die nicht aus Fernsehgeräten, Computern, Kabeln und Monitoren besteht) von Joseph Beuys: Das Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts, 1982-83, ausgestellt im Hamburger Bahnhof, Berlin.

(picture: Velvet)
Beuys: Das Ende des Zwanzigsten Jahrhunderts (Bild: Velvet)

Lasst uns einen Blick auf das Konzept der Installationen in der zeitgenössischen Kunst werfen. Wikipedia [im englischsprachigen Artikel – Anm. d. Übers.] sagt dazu: “Installationskunst kann entweder temporär oder dauerhaft sein. Installationskunstwerke wurden in Ausstellungsräumen wie Museen und Galerien eingerichtet, ebenso wie in öffentlichen und privaten Plätzen. Das Genre umschließt eine breite Palette von alltäglichen und natürlichen Materialien, die oft aufgrund ihrer „sinnträchtigen“ Qualitäten eingesetzt werden, ebenso wie neue Medien wie Videos, Geräusche, Performance, Immersive Virtual Reality und das Internet. Viele Installationen sind spezifisch für ihren Errichtungsort insofern, als sie so geschaffen wurden, dass sie nur an diesem Platz existieren können.“ Das zeigt, dass Installationen Merkmale beinhalten, die neue Herausforderungen für den Restaurator, den Kurator und natürlich den Registrar darstellen: es ist ein Aufeinanderprallen mit den herkömmlichen Wegen und Abläufen, die wir für den Umgang mit Kunstwerken entwickelt haben, seien sie jetzt modern, alt oder traditionell. Und sie zeigen, dass wir als Registrare unseren Kriterienkatalog überarbeiten müssen.

Vieja iglesia. Pared de pan. Instalación de arte efímero
Alte Kirche, Amsterdam. Brotmauer. Ephemere Kunstinstallation (Bild: Becky Houtman)

Lasst uns auch einen Blick werfen auf Videoskulpturen, Multimedia, ephemere Kunst, Konzeptionskunst… Registrare als Vor-Kuratoren kümmern sich wie immer um die Organisation des Papierkrams und erfassen die Materialien, aus denen das Objekt besteht und die, wenn sie kombiniert werden, das Kunstwerk ergeben. Wir betrachten sie auch als kulturell-ästhetische Objekte, was es notwendig macht, auch die Bedeutungen, Ästhetik, Kommunikationsprozesse und Zusammenhänge zu erfassen, die von diesen Objekten ausgehen, nach der Ausrichtung organisiert, die der Künstler ihnen gegeben hat (das ist es, was Kunst ausmacht). Um das tun zu können, müssen wir unsere Kriterien, nach denen wir vorgehen, auf den notwendigen Stand gebracht haben, denn wenn wir das nicht getan haben, erstellen wir einfach „eine Liste“ von Materialien von Elektrogeräten und Möbeln. Für multimediale Kunstformen (auch Medienmix oder Medienkunst genannt) gibt es eine unverzichtbare Website: das Canadian Heritage Information Network (CHIN). Eines ihrer Materialien trägt den Titel “Media Art and Museums: guidelines and case studies” und enthält neben einer Definition dieser Kunstform auch Hinweise zur Dokumentation und Restaurierung sowie einige Fallstudien. Siehe auch: http://www.pro.rcip-chin.gc.ca/gestion_collections-collections_management/docam/module_1-module_1-eng.jsp
Es ist nur eine dünne Linie zwischen einigen Ausprägungen von zeitgenössischer Kunst, viele sind sehr eng miteinander verwandt. Die besagte Handreichung hilft uns bei Videoskulpturen, Videokunst und Installationen, die Elemente davon enthalten. Im Fall von ephemerer Kunst haben wir ein großes Problem, denn sie ist nicht beständig. Es ist Kunst, die verschwindet, kurz nachdem sie geschaffen wurde, und das bringt konzeptionelle Herausforderungen für den Registrar: das Objekt registrieren, das Konzept, ein Foto, die Idee? Es hilft viel, wenn man ein Vor-Kurator Registrar ist, der sich schon lange darüber Gedanken gemacht hat, bevor das ephemere Kunstwerk auf seinem Schreibtisch landet.

Konservatorische Herausforderungen dieser Kunstform, die der Registrar kennen muss

Ein Registrar, der mit zeitgenössischer Kunst umgehen kann sollte Inside Installations kennen. Das ist eine Website, die mit dem International Network for the Conservation of Contemporary Art (INCCA) assoziiert ist und ihr Hauptquartier in Amsterdam hat. Es ist ein Netzwerk von Fachleuten, die mit der Restaurierung und Konservierung von moderner und zeitgenössischer Kunst befasst sind. Restauratoren, Kuratoren, Wissenschaftler, Registrare, Archivare, Historiker und Forscher befinden sich unter den Mitgliedern, die über die Datenbank „Artist Archives“ Zugang zu unveröffentlichten Informationen (Interviews mit Künstlern, Zustandsprotokolle, Anleitungen zur Einrichtung, usw.) haben. Deren Beiträge sind von unschätzbarem Wert für diese Art von Kunst und es gibt eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen den Instanzen der Museumskuratoren, Restauratoren und Registraren, die direkt mit den Kunstwerken zu tun haben und Alternativen und kontextuelle Herausforderungen vorbringen können.

„Inside Installations: Conservation and Preservation of Installation Art“ [In Installationen: Restaurierung und Erhaltung von Installationskunst] war ein Forschungsprojekt, das über drei Jahre lief (2004-2007) und sich mit der Pflege und der Verwaltung einer Kunstform beschäftigte, in der die konservatorischen Herausforderungen vorherrschen. Es wurde kürzlich ein Buch herausgegeben: „Theory and practice in the care of complex artwork“ [Theorie und Praxis in der Pflege von komplexen Kunstwerken]. Rufen wir uns in Erinnerung, dass dies komplexe Kunstwerke sind und wir, wenn wir über sie nachdenken und mit ihnen arbeiten eine ebenso komplexe Denkweise vorlegen müssen. Der Vor-Kurator Registrar ist ein komplexer Registrar, der wissen sollte, wie man Kunstobjekte und ihre Zusammenhänge inventarisiert – und der die angemessene Terminologie anzuwenden weiß. In dem Buch können Sie ein Beispiel von Inside Installations sehen: Installation Revolution, ein Monument für die Fernsehrevolution, mit einem besonderen Bericht eines Registrars. Ebenso finden Sie eine Modelldatenerhebung, die von der Foundation for the Conservation of Modern Art (SBMK) 1997 in den Niederlanden entwickelt wurde.

Der Registrar auf dem neuesten Stand

Ein Vor-Kurator Registrar muss auf dem neuesten Stand mit allen Entwicklungen sein, die es in der zeitgenössischen Kunst und ihrer Erhaltung und ihren ästhetischen Implikationen gibt.
Wichtige Veranstaltungen waren: About performing documentation in the conservation of contemporary art ; The Meaning of Materials in Modern and Contemporary Art; und das Forging the Future Projekt. Für die fast ätherische Natur der Dimensionen der Kommunikation, Bedeutung, Interpretation und Kontext die Teil der Werke der zeitgenössischen Kunst sind, ist auch die Website der Veranstaltungsreihe interessant, die vom Museo Reina Sofia in Madrid im März unter dem Titel “Repensar el espectador: teoría y crítica de las artes performativas” [„Den Betrachter neu denken: kritische Theorie und Performancekunst“] veranstaltet wurden.

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Frau im Kühlschrank – 798. (Bild: Televiseus)

Als Essenz lässt sich der Ansatz festhalten, dass darstellende Künste, die „ausgeübt, dargestellt werden“ nicht länger nur ein Objekt oder ein Produkt der künstlerischen Kreativität sind, sondern eine Veranstaltung werden, in denen der Zuschauer in den Prozess der Bedeutungsbildung mit einbezogen wird. Die Mit-Schöpfung der Bedeutung ist Teil des Werkes, die das Thema und der Kontext ist, Event, Zusammenfassung und ästhetische Wahrnehmung, die jetzt öffentlich ist – und all das sollte registriert werden, die erweiterten und die technischen Daten sollten auch katalogisiert werden. Diese auf Stand gebrachten Kriterien müssen Eingang finden in die Formulare oder die Formate, sie müssen die Dokumentation dieser Variablen ermöglichen (außerdem benötigt man Platzhalter für Informationen und Wege, an die zu dem Zeitpunkt der Registrierung noch gar nicht gedacht werden konnte). Das beinhaltet auch die Anforderungen von Gastkünstlern, die ihre eigenen Vorstellungen und Wahrnehmungen und technischen Erfordernisse einfließen lassen, ebenso wie die Dinge, die Betrachter durch ihre Interaktionen mit dem Kunstwerk einbringen. Es erfordert außerdem eine Software, in der solche Felder angelegt werden können und es muss die Möglichkeit geben, diese mit Hypertext zu versehen.

Und, wo wir gerade dabei sind, was macht man mit Performancekunst bei der der Künstler Teil des Werkes ist? „Erfassen“ wir ihn / sie selbst? Und im Hinblick auf die Dokumentation dieser Kunst ist es auch wichtig, auf die nächste Veranstaltung hinzuweisen: Performing Documentation in the Conservation of Contemporary Art, in Lissabon, vom 20 bis zum 21 Juni 2013.

Von Referenzen, Schlagworten und einem Registrar mit einem elastischen Gehirn

Wie wir gesehen haben, beinhaltet die informationelle Dimension von zeitgenössischen Kunstwerken Referenzen, Konzepte, kontrolliertes Vokabular, Taxonomie, Semantik und Umgangssprache, zusammengefasst: erweiterte technische Daten. Sie liefern viele Ausgangspunkte für die Bedeutung und Anders-Deutung und die Interpretation und Neu-Interpretation, weshalb sie Teil der Unterlagen und technischen Dokumentation dieser Art von Kunstwerk sein müssen. Es sind Suchbegriffe für die Kunstwerke und ihre Zusammenhänge. Es gibt exakte Begriffe, standardisiert, klar, mit nur einer Bedeutung, angemessen für Objekte und andere, die sich auf die Sinnhaftigkeit beziehen, wie sie bei der Neu-Interpretation von Kunst auftauchen, diese sind komplex und implizieren verschiedene mögliche Deutungen und Anders-Deutungen, so dass eine offene Matrix entsteht, wie sie für Zusammenhänge angemessen ist.

Für diese Quellen muss der Registrar sein Gehirn und sein Vorstellungsvermögen anstrengen, elastisch sein und mehrere Verbindungsmöglichkeiten eröffnen. Dies ist eine Hypothese, die sich bei der Erfassung von zeitgenössischer Kunst bestätigt.

Das ist eine angemessene Hypothese!

Fernando Almarza Rísquez

Übertragung vom Englischen ins Deutsche: Angela Kipp
Dieser Beitrag ist auch auf italienisch erhältlich, übersetzt von Silvia Telmon.

Das Projekt: Die Mauern der Sprache durchbrechen und Registrare weltweit verbinden.