Sammlungsrevisionen – die Gelegenheit „klar Schiff“ zu machen, alte Dokumentationssünden zu korrigieren und nach dem Zustand seiner Schätze zu sehen. Doch wo fängt man an und wie zieht man so ein Projekt durch? Lina Lassak hat sich damit in ihrer Bachelorarbeit beschäftigt. Und da es dazu keine aktuelle deutsche Literatur gibt, hat sie gleich ein Handbuch daraus gemacht, das sie auf Zenodo, einer Plattform für das kostenlose Veröffentlichen wissenschaftlicher Texte, unter https://zenodo.org/record/157342#.V-u2gslo2tc zur Verfügung stellt. Ich habe sie gefragt, wie es dazu kam:
Der Ursprung des Handbuches lag in meinem Fachpraktikum im fünften Semester, welches ich im Wintersemester 2014/15 im Ägyptischen Museum Berlin absolvierte. Dieses Praktikum gehört zum Studienplan des Bachelorstudienganges Museumskunde an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin. Während dieser Zeit lernte ich den Ablauf der Revision, wie es die Mitarbeiter/innen im Ägyptischen Museum Berlin durchführen, kennen. Ich bemerkte während des Studiums, dass mir vor allem die Datenbank sowie die Depotarbeit Spaß bereiteten, weshalb mir die Revision besonders lag. Ich half beim Fotografieren, Ausmessen und dem Datenabgleich mit den alten Archivalien. Während der Recherche zu meinem abschließenden Praktikumsbericht fiel mir auf, dass keine aktuelle Literatur zu diesem Thema existierte. Somit stand meine Bachelorthesis fest.
Während der Recherche half ich weiterhin im Ägyptischen Museum bei der Revision mit und fand zwei deutsche Durchführungshilfen: Zum einem Hans-H. Clemens: „Inventur im Museum. Rekonstruktion und Modernisierung traditioneller Sammlungsverwaltung – ein Praxisleitfaden“ und zum anderen vom Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: „ Spectrum 3.1 Sonderheft 5“. Das erste Beispiel war jedoch veraltet, da die Digitalisierung kaum zu Wort kam und das Zweite umreißt lediglich den Vorgang. Des Weiteren fiel mir auf, dass es verschiedene Begrifflichkeiten für diesen Vorgang gab und dass in fast jedem Bundesland eine Anordnung existierte, die Mitarbeiter/innen jedoch nicht genau wussten, wie sie diese genau umsetzen sollten.
Nach meiner bestandenen Verteidigung legten mir meine Bachelorbetreuerinnen, Frau Prof. Dr. Kähler und Frau Dr. Zorn, mir nahe aus meiner Arbeit ein Handbuch zu fertigen. Dieses erarbeitete ich im letzten Jahr mit der Unterstützung von Frau Dr. Zorn und konnte das Handbuch nun auf Zenodo veröffentlichen.
Das Handbuch ist keine Anordnung, wie eine ordentliche Revision auszusehen hat, sondern soll eine Hilfestellung zum selbstständigen erarbeiten eines individuellen Handbuches zu der eigenen Sammlung und der anschließenden Revision geben. Deshalb wird nicht nur auf archäolgisches Kulturgut verwiesen, sondern es gibt weitere Beispiele für anderes Kulturgut. MuseumPlus ist als Museumsdokumentationssystem genannt und behandelt, jedoch sind die Felder auf jedes System übertragbar. Das Ägyptische Museum wird als Durchführungsbeispiel so ausführlich benannt, da ich dort meine Erfahrungen sammelte und die Mitarbeiter/innen seit Jahren an ihrem Handbuch arbeiten und dieses immer wieder modifizieren. Die Schritte sind auf alle Sammlungen übertragbar. Es ist ein Versuch der Hilfestellung und soll einen sicheren Umgang mit der Software geben.
Als ich meine Notizen von der CIDOC Konferenz in Mailand1 sortierte, stelle ich fest dass ich – anders als bei den Notizen von anderen Konferenzen – Mühe hatte, die einzelnen Sitzungen voneinander zu trennen und meine Gespräche mit Kollegen von den Präsentationen und Diskussionen der Konferenz zu unterscheiden. Schließlich gab ich es auf, Resümees der einzelnen Sessionen zu schreiben und sah auf das Gesamtbild. Gab es ein Generalthema, etwas, das in allen Sessionen und Diskussionen eine Rolle spielte? Ja, das gab es und zu meiner großen Überraschung war das nicht so etwas wie „wir müssen mehr Kontext für unsere Daten schaffen“ oder „wir brauchen bessere Standards“ oder “wir müssen unseren Beruf besser verkaufen“ – das Generalthema war – zumindest für mich: Gute Dokumentation beginnt mit den Menschen, die sie machen und sie ist nur gut, wenn sie für andere Menschen nützlich ist.
Kollegen bei der Eröffnungszeremonie von ICOM 2016 im Castello Sforzesco in Mailand.
Nehmen Sie zum Bespiel die Präsentation von Alexandro Matos über die Einführung von bestimmten Standards in ein paar Museen von São Paulo: die Übersetzung der SPECTRUM Normen ins portugiesische, die Anpassung an die lokalen Gegebenheiten und die Einführung in drei Museen wurde durch die Leute möglich, die das machten – einschließlich der Personen im Staatssekretariat, vielleicht waren sie sogar die Wichtigsten, die davon überzeugt waren, dass es eine gute und notwendige Sache ist, dass Museen bestimmten Standards genügen. Wie viele gute Projekte im Hinblick auf eine Professionalisierung der Museen werden abgeblockt, weil Entscheidungsträger sie nicht als notwendig ansehen?
So ist es auch mit anderen Projekten, wie der Entwicklung eines umfassenden und verbesserten Textilthesaurus aus den verschiedenen, schon existierenden an der HTW in Berlin oder mit dem “International Image Interoperability Framework (IIIF)” (http://iiif.io/) das in Yale entwickelt wurde, um die Arbeit von Forschern zu unterstützen oder die Erfahrungen mit Automatisierten Prozessen in einer Museumsbibliothek in Sambia. Immer kommt es auf die Personen an, die die Initiative ergreifen, um laufende Prozesse zu verbessern oder neue zu entwickeln – und das nicht einfach aus der Freude an dieser Arbeit sondern mit dem Blick auf ihre Nutzer und ihre Kollegen.
Präsentation von: Erwecken Sie Aufmerksamkeit: Was ist Dokumentation und wozu ist sie gut?Ich hatte Sorge gehabt, mich als Depotleiterin unter Dokumentaren fremd zu fühlen. Schließlich nutze ich die Datenbank oft, aber um ein Objekt an dem Ort zu finden, den sie mir angibt und nicht um mir den Kopf über Thesauri und Definitionen zu zerbrechen. Aber ich entdeckte, dass die Themen, die behandelt wurden für meine Arbeit sehr relevant sind. Das wurde mir vielleicht am deutlichsten in der Präsentation von Michael Jones: „Achtung Fehlstelle: fehlende Verknüpfungen in Museumsdokumentationen.“ Er beschrieb den Fall, dass bei der Suche in der Dokumentation oft Verknüpfungen fehlen, da man oft etwas entweder im Archiv, oder in der Objektdatenbank oder im Fotoarchiv sucht, aber keine Verbindungen zwischen ihnen hat. Man könnte also ein Expeditions-Tagebuch im Archiv haben und doch nicht merken, dass Objekte, die bei der Expedition gefunden wurden im Depot liegen und im Fotoarchiv Aufnahmen der Expeditionsmannschaft. Das sprach mich sehr an, denn wir schaffen diese Verknüpfungen in unserer Datenbank im TECHNOSEUM ständig. Wann immer ich eine Verbindung zwischen zwei Dingen finde, dokumentiere ich das in der Datenbank. Wenn wir Archivmaterial zu einem Objekt haben, oder wenn dieses in einem Buch erwähnt wird, steht das oft schon im Objektkatalog. Wenn das Objekt in einer Ausstellung gezeigt wurde findet man den Text des Beschriftungsschildes in der Datenbank. Ich hielt diesen hohen Grad von Vernetzung immer für selbstverständlich, nicht für etwas, worüber man groß nachdenken müsste. Erst hier, bei der CIDOC Konferenz erkannte ich, dass das nicht selbstverständlich ist. Und wieder sind es Menschen, die dafür sorgen, dass die Daten verfügbar sind. Die Personen, die bei der Entscheidung für eine Software für die Datenbank eine solche wählten, die die Verknüpfung verschiedener Kategorien von Material ermöglicht, Personen, die Felder zur Verfügung stellten und Prozesse einrichteten, die es jedem einfach machen, solche Verbindungen her zu stellen.
Ein Projekt, das meine Aufmerksamkeit gleich auf sich zog und mich faszinierte, war die “Encyclopaedia of Museum Practice” (http://cidoc-dswg.org/ ), die von Jonathan Whitson-Cloud auf den Weg gebracht wurde. Es ist ein Projekt, das einen mehrsprachigen Wiki für Museumsterminologie entwickeln soll, so dass jeder, der irgendwo auf der Welt auf diesem Gebiet arbeitet, die Begriffe nachschlagen und ihre Bedeutung verstehen kann. Es gab eine ertragreiche Diskussion zu diesem Projekt und wir konnten einiges ganz praktisch mit der Software ausprobieren. Ich brachte die Erfahrungen ein, die wir beim Registrar Trek mit Mehrsprachigkeit gemacht haben. Wieder ist das Projekt in hohem Grad abhängig von Leuten, die sich ein Herz fassen, Begriffe beisteuern und Übersetzungen bereitstellen, sodass ich Sie hier, liebe Leser, ermutigen möchte, einen Nutzeraccount zu eröffnen, um die „Encyclopaedia“ mit Inhalt zu füllen.
Marzia Loddo und ich im Museo Nazionale della Scienza e della Tecnologia „Leonardo da Vinci“Vielleicht sind aber die Menschen, die ich traf und die Gespräche, die ich führte das, woran ich mich am meisten erinnern werde, wenn ich an Mailand denke. Und wieder spielte die Dokumentation eine Rolle. Wenn man einen Kunsthistoriker wie Rupert Shepherd an der „Porta Nuova“ in Mailand trifft, dann lernt man, dass sie für einen Renaissanceforscher an andere Stelle liegt, als für einen reisenden Depotleiter. Ja, Terminologie ist wichtig, aber wir fanden uns und die Mit-Dokumentarin Susanne Nickel um zusammen wunderbar italienisch Abend zu essen. Natürlich gibt es nichts Besseres als Horrorgeschichten aus der Dokumentation mit anderen Dokumentaren zu tauschen und ich habe das mit vielen Kollegen getan, die ich bislang nicht getroffen hatte, oder nur über das Internet kannte. Es ist lustig, dass man seit Jahren in der Nachbarstadt arbeitet, aber nach Italien gehen muss, um sich zu treffen und eine Tasse Kaffee oder ein Glas Wein zusammen zu trinken. Und ich habe erfahren, dass nichts einen Registrar-Trekker aufhalten kann! Marzia Loddo, eine unserer Italienisch-Übersetzerinnen und ich schafften es, uns zu treffen, obwohl eine Reihe von Zwischenfällen, darunter eine kaputte Waschmaschine, alles taten, das zu verhindern.
Es war ein wunderbares Erlebnis, danke Mailand! Und vielleicht treffen wir uns bei der Mitarbeit an der “Encyclopaedia” wieder?
In Zusammenarbeit mit Rupert Shepherd, der Vortrag wurde am 4. Juli 2016 auf der CIDOC-Konferenz im Rahmen der ICOM Milano 2016 gehalten.
Titelbild der Präsentation
Rupert: Im Dezember 2013 besuchte ich eines der größeren Londoner Museen. Dort entdeckte ich eine Spendenbox, bei der ich wählen konnte, ob ich für die Konservierung der Objekte spenden wollte oder für die Museumspädagogik. Warum konnte ich mich nicht für die Dokumentation entscheiden? Wie wir wissen, kann ein Museum ohne sie nicht funktionieren.
Aber Dokumentation findet – wie andere Bereiche der Museumarbeit – in der Regel hinter den Kulissen statt, dem Publikum verborgen. So kam mir die einfache Idee, dass Mitarbeiter der Dokumentation versuchen sollten, jeden Tag über Twitter zu zeigen, was sie taten und – ganz entscheidend – warum das für das Museum wichtig ist. Das Hashtag sollte #MuseumDocumentation sein.
I propose everyone working in #MuseumDocumentation tweets once a day what they're doing & why it's important using this hashtag. Please RT!
Übersetzung: Ich schlage vor, dass alle, die sich beruflich mit Museumsdokumentation beschäftigen einmal am Tag twittern was sie gemacht haben und warum das wichtig ist. Bitte retweet (=weitersagen)!
Seitdem hat das Hashtag Fahrt aufgenommen. Vor kurzem sah ich in einem Monat mehr als 500 Tweets von über 200 Beiträgern in einer einzigen Woche. Das Hashtag wurde auf unterschiedliche Art und Weise genutzt. Manche haben uns ganz allgemein auf die Wichtigkeit guter Dokumentation hingewiesen.
Übersetzung: Die Macht der Museumsdokumentation - ungefähr im Jahr 2008 habe ich eine Sammlung von Postkarten indischer Soldaten im Royal Pavillion @BrightonMuseums inventarisiert 1/2
Übersetzung: 2/2 @fauxtoegrafik hat daraus eine Ausstellung im Royal Pavillion gemacht. Zeitsprung: 8 Jahre später besuchen uns tausende Leute um #DrBlighty zu sehen.
Andere haben Twitter ganz klassische genutzt und getwittert, was sie gerade machen.
Übersetzung: Am Samstag bei der Arbeit im @SeaportMuseum um etwas Museumsdokumentation (= #MuseumDocumentation) für Dinge aus unserem Archiv (= #fromthearchives) zu betreiben. #ITweetMuseums (= "Ich twittere über Museen", Hashtag der vornehmlich von Museumsmitarbeitern, aber auch von Museumsbesuchern verwendet wird, um entweder über den eigenen Besuch eines Museums oder über die Arbeit im Museum zu twittern). pic.twitter.com/3mbOD5ImIn
Übersetzung: Habe die Erkenntnisse aus einem Restaurierungsbericht einschließlich der Bilder in die Datenbank eingegeben. #MuseumDocumentation
Der Hashtag wurde auch genutzt, um Hilfe zu erbitten; oder um Termine für Dokumentare an zu kündigen, gleich ob diese auf Twitter oder in der realen Welt statt finden.
— Collections Trust (@CollectionTrust) June 2, 2016
Übersetzung: Was kann #MuseumDocumentation für mich tun? Kostenloser Workshop von @swmuseums und CT (= Collections Trust, Britische Museumsorganisation) #SPECTRUM (SPECTRUM = Standard für Museumsdokumentation und Sammlungsverwaltung, der inzwischen in mehrere Sprachen übertragen ist und weltweit genutzt wird) http://bit.ly/22zACQG
Übersetzung: Beteiligt Euch HEUTE von 20.00 -21.00 Uhr Eastern Standard Zeit an einer lebhaften Debatte bei dem Chat von ARCS (Association of Registrars & Collections Specialists) über gute oder schlechte Museumsdokumentation, Co-Moderiert von @BergFulton. pic.twitter.com/GSzTJYlkd7
Wir nützen den Hashtag um gute Problemlösungen oder bestimmte Dokumentationskenntnisse zu teilen, auch die Information über Dinge, die man hätte besser machen können.
Übersetzung: Kleines Objekt, kleine Inventarnummer! #MuseumDocumentation @CannaNTS
#CannaHouseCats (= Hauskatzen der Insel Canna) pic.twitter.com/L9UdeNfoQP
Übersetzung: Historische Museumsdokumentation: Bei der Durchsicht der Inventare der 1930er Jahre kam diese traurige Geschichte zu Tage... pic.twitter.com/YPJ6J9f3sh
Übersetzung: Notiz zu einem grünen Hochzeitskleid mit grünen Accessoires aus #Boston Provenienzforschung in Museen (= #provenance #museums) #MuseumDocumentation pic.twitter.com/9Z9zh2XMVg
Dieses Teilen der Dinge, die unser Interesse entfachen hat mir das Gefühl gegeben, Teil einer Gemeinschaft zu sein, mit geteilten Anstrengungen und gegenseitiger Unterstützung. Hat das aber die Museumswelt insgesamt beeinflusst? Da bin ich mir weniger sicher. Im März diesen Jahres wurde von einem Zusammenschluss von Verbänden von Museumsvertretern im Vereinigten Königreich ein Fragebogen verschickt. Bei einer der Fragen wurde 16 verschiedene Tätigkeiten aufgezählt, die es im Museum gibt – und Dokumentation kam dabei gar nicht vor und Objektverwaltung auch nicht.
Bildschirmfoto von Frage Nummer 11 der Befragung von Museumsmitarbeitern im März 2016, einer gemeinsamen Evaluation des Arts Council England, Museums and Galleries Scotland, The Museums Association und The Association of Independent Museums.
(Übersetzung:
11.In welchem dieser Bereiche sind Sie überwiegend tätig:
O Gebäude und Einrichtung
O Publikumsbereich / Besucherinformation
O Museumspädagogik / Teilhabe / Bürgerengagement
O Ausstellungen und Leihverkehr
O Kuratorische Arbeit
O Restaurierung / Konservierung und Vorbeugende Maßnahmen / Wissenschaft
O Entwicklung des Hauses / Sponsoren / Partnerschaften
O Marketing und Kommunikation
O Museumsshop / Events / Catering
O Rundfunk / Publikationen / Lizenzvergabe
O Beratung / Weiterbildung
O Besucherbefragungen und Evaluation
O Organisationsentwicklung und Management
O Digitalisierung und IT
O Finanzen
O Personal
O Sehr kleine Organisation sodass ich alles mache
O anderes (bitte angeben))
Restaurierung und Museumspädagogik waren natürlich vertreten – es scheint sich nichts geändert zu haben, seit ich 2013 die Spendenbox sah.
Angela: Als ich diesen Fragebogen sah, war ich ziemlich ratlos. Seit wir 2013 Registrar Trek begannen, hat eine Handvoll Autoren und ein ganzer Strauß an Übersetzern aus der ganzen Welt versucht, die Arbeit von Registraren und Objektverwaltern der Öffentlichkeit näher zu bringen. Weder Objektverwaltung noch Dokumentation in dieser Umfrage zu sehen war sehr ernüchternd und ich machte mir Sorge, dass wir etwas falsch gemacht hätten.
Schließlich überlegte ich, dass wir vielleicht nicht genug getan hatten. Die Entscheidungsträger und das Publikum haben noch immer nicht begriffen, dass unsere Arbeit wichtig ist.
Jetzt könnten wir natürlich einfach unsere Berufsbezeichnung bei „andere“ einsetzen und dann zurück an die Arbeit gehen; einfach all das Zeug mit den Sozialen Medien vergessen und unsere Aufgaben anpacken?
Das wäre aber gefährlich. Das Internet und die Sozialen Medien haben die Welt verändert.
Wenn man heute nicht über das spricht, was man tut, glaubt keiner, dass es wichtig ist! In den Zeiten vor Twitter beklagte man sich bei einer Zugverspätung bei den Mitreisenden und das war’s. Heute twittert man und erklärt der Bahngesellschaft, dass ihr Service bescheiden sei – und hofft auf eine Antwort mit Entschuldigung und Informationen.
Übersetzung:
Vor dem Bahnhof Fratton, @SouthernRailUK bietet keine Lösung an, nachdem ein Zug ausgefallen ist. #southernrail pic.twitter.com/0TAGGdPWgw
Sorry if you've been caught up in the delays this morning. Make sure you visit https://t.co/eC7tiSP6rI for delay repay details.
Übersetzung: Es tut uns leid, wenn Sie heute morgen von den Verspätungen betroffen waren.
Versäumen Sie nicht https://t.co/eC7tiSP6rI zu besuchen, um Informationen zu Kostenerstattungen bei Verspätungen zu erhalten.
Es gibt eine aktive Kommunikation, und selbst wenn die Erklärung fadenscheinig ist, so sieht man doch, dass hinter den Kulissen gearbeitet wird. Wenn man keine Antwort erhält, nun, dann nimmt man an, keiner würde arbeiten, offenbar noch nicht einmal der Zugführer.
Darum ist es so gefährlich, dass unser Berufsbild in der Umfrage fehlte. So wie dem Publikum so ist es auch den Direktoren, zuständigen Behörden und Sponsoren verborgen. Im besten Fall wissen die für die Finanzen Verantwortlichen nichts von der Dokumentationsarbeit im Museum. Im schlechtesten Fall halten sie sie für unwichtig.
Rupert: Was können wir also tun, damit unsere Stimme gehört wird? Ein Weg ist sicher, das #MuseumDocumentation Hashtag weiter zu nutzen, dabei aber öfter meinem ursprünglichen Plan zu folgen und darzulegen, warum unsere Arbeit wichtig ist. Das ist nicht immer leicht: es kann im Gegenteil sehr schwierig sein, immer neue Worte zu finden, um zum 10ten Mal zu sagen, dass es wichtig ist ein Arbeitsblatt, das in die Datenbank eingegeben werden soll, den Regeln gemäß zu bearbeiten.
Übersetzung:
Provenienzeinträge der @NationalGallery durchgesehen und Sorgfaltsprüfungen vorgenommen, um Abläufe zu verbessern und Aufwand zu reduzieren #MuseumDocumentation
Übersetzung: Neuen Katalog der italienischen Gemälde des 16. Jh. mit der Datenbank abgeglichen, sodass alle Infos aktuell sind pic.twitter.com/o4N70C5qGt
Übersetzung: Besprechung zu Verknüpfung der Objekte der National Gallery für @CrossCult_H2020 mit unserer Museumsdokumentation, sodass wir allen mehr Info bieten können.
Übersetzung: Diskussion über das Teilen historischer, erwerbungsbezogener Informationen mit Forscher um die Museumsdokumentation der National Gallery zu verbessern und Forschung zu helfen.
Übersetzung: Erarbeitet welche Bilder am wenigsten oft bewegt werden, damit @AppliedStudio den Besuchern behilflich sein kann, sich in der @NationalGallery zurecht zu finden #MuseumDocumentation
Sie sehen, auch ich habe es nicht geschafft, täglich zu twittern.
Angela: Trotzdem ist es in mehrfacher Hinsicht nützlich. Das Hashtag zu nützen zwingt dazu zu überlegen, was man den lieben langen Tag gemacht hat.
Nika Novak cataloguing an item in the TECHNOSEUM’s newly-acquired broadcasting collection in 2015. TECHNOSEUM, Foto Hans Bleh
Dokumentation: Dokumentation: Katalogisieren, die Datenbank pflegen, eine Reportvorlage schreiben, um Beschriftungsschilder aus der Datenbank zu erhalten, einen Ablauf verbessern, eine Tabelle für den Datenimport anpassen, eine Liste der Zugriffsberechtigten aktualisieren, Unterrichtsmaterial vorbereiten …
Angela Kipp scanning a barcode whilst recording a radio’s change in location at the TECHNOSEUM. TECHNOSEUM, Foto Hans Bleh
Objektverwaltung: Packen, reinigen, eine Ausleihe vorbereiten, Bericht über einen Unfall schreiben, Mottenfallen kontrollieren, Archivmaterial bestellen, Standortangaben überprüfen. Maßangaben in der Datenbank korrigieren, einem neuen Regal eine Bezeichnung geben …
Die meiste Zeit sind Objektverwalter und Dokumentar so gefangen von ihren vielfältigen Aufgaben, dass es am Ende des Tages wirklich schwierig ist zu sagen, was man denn gemacht hat, ja man kann das Gefühl haben, nichts erledigt zu haben. Aber wenn man darüber nachdenkt, dann sieht man: man hat eine Menge Dinge getan, die wichtig, interessant, herausfordernd oder einfach lustig waren. Dann besteht die Herausforderung darin, das mit 140 Zeichen zu sagen, wobei das Hashtag schon 20 braucht. Das scheint zuerst unmöglich, aber mit ein bisschen Übung macht es Spaß. Blicken Sie einfach einmal auf das Hashtag bei Twitter um zu sehen, was Kollegen gemacht haben.
Übersetzung: Abgleich temporärer Notizen, so dass die Objekte mit ihren richtigen Inventarnummern ausgestellt werden können. Viele sind aus der Gründungszeit! #MuseumDocumentation
Checklist for inventorization is ready. Life will become easier for new trainees, student helpers and interns. #museumdocumentation
Übersetzung: Checkliste für die Inventarisierung ist fertig. Neue Praktikanten, Studentische Hilfskräfte und Volontäre werden es leichter haben! #museumdocumentation
Wenn das zu kompliziert erscheint – fangen Sie einfach an. Alles was getwittert wird hilft.
Um das Ganze in einen größeren Rahmen zu stellen: Immer wenn ich unsere Datenbank durchsehe finde ich Dinge die mich verblüffen: Dinge, die ich nicht kannte, oder interessante Geschichten. Zum Beispiel: wussten Sie, dass es ein elektrisches Haushaltgerät gibt, das Ihr Bier auf genau die gewünschte Trinktemperatur bringt? Oder dass das TECHNOSEUM 473 Lötkolben besitzt, die schon mal dabei geholfen haben einen Weltrekord zu holen? Und was „cat content“ betrifft, so wird auch das bei uns abgedeckt.
Schachtel zur Aufbewahrung von Grammophonnadeln mit Werbung für die Heroldnadeln, einer Marke der Schwabacher Nadelfabrik GmbH, Nürnberg, 1920-1925 Inventarnummer: EVZ:1989/0804-001. TECHNOSEUM, Mannheim, zu finden über TECHNOSEUM online catalogue.
Es wird Zeit diese Schätze zu teilen. Wenn Ihr Museum einen Verantwortlichen für die Sozialen Medien hat, dann zeigen Sie ihm doch diese interessanten Dinge: Schließlich ist er nicht so nah an den Objekten und der Dokumentation und wird sie ohne Hilfe nicht finden. So vermehren Sie das Wissen, das ihr Museum mit dem Publikum teilen kann und Sie zeige Ihren Kollegen, dass es am besten ist, den Dokumentar oder den Objektverwalter zu fragen, wenn man interessante Tatsachen, Geschichten oder Bilder braucht. Und damit schärft sich das Profil der Museumsdokumentation.
Rupert: Und wenn es keinen Verantwortlichen für die Sozialen Medien oder Pressebeauftragten gibt, dann muss man diese Dinge eben selbst mitteilen. Der Tumblr Account des Horniman Museums wurde den Dokumentaren und Sammlungsangestellten anvertraut – und gewann 2014 den „Best of the Web“-Preis beim Wettbewerb „Museum and the Web“.
Der „Best of the Web“-Preis der sozialen Medien, den das Team der Sammlungsmitarbeiter für ihren Blog in-the-horniman.tumblr.com erhalten hat, auf dem Kaminsims des Studienzentrums des Horniman Museums, London.
Deshalb:
Twittern sie unter dem Hashtag #MuseumDocumentation was Sie getan haben und warum das wichtig ist
Wenn sie einen Tweet sehen, der durch Museumsdokumentation ermöglicht wurde, dann retweeten Sie ihn und kommentieren ihn mit dem Hashtag
Übersetzung:
Ein Grund warum #MuseumDocumentation wichtig ist. Ich überlege, was sich noch alles in den Sammlungen versteckt #MuseumHour (= Hashtag einer regelmäßig montags zwischen 21 und 22 Uhr deutscher Zeit stattfindenden Diskussionsrunde zu einem aktuellen Museumsthema) https://t.co/U1R0T8F7uG
Übersetzung: Woher wissen wir wann das gemacht wurde? Durch #MuseumDocumentation https://t.co/FLiDbRavE4
Schreiben Sie eine Geschichte oder einen Artikel, über das, was Sie gemacht oder entdeckt haben für Registrar Trek oder einen ähnlichen Blog
Nützen Sie einen Blog, Twitter, Facebook, Tumblr, Vine, Instagramm oder was immer Sie am liebsten nutzen, um Ihre Arbeit sichtbarer zu machen.
Wer weiß – vielleicht bittet man Sie dann, eine Vitrine zu gestalten, die ihre Arbeit dokumentiert.
Eine Vitrine zum Thema Sammlungsverwaltung im Norsk Folkemuseum, Oslo, im Oktober 2018. Foto: Rupert Shepherd.Vitrine zur Dokumentation im Museum von Norwich Castle, Foto: Rupert Shepherd Darstellung zur MODES-Datenbank in Norwich Castle, aufgenommen im Januar 2016, Foto: Rupert Shepherd
Sicher ist: je mehr Dokumentare und Objektverwalter im Internet sichtbar sind, desto schwerer wird es sein, unseren Beruf zu vergessen.
Janice Klein und Chuck Dean, 5. April 2016, ursprünglich auf dem AASLH Blog erschienen
Der 25. Jahrestag der Verabschiedung des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen (Americans with Disabilities act – ADA) war für Museen und Museumsverbände eine Gelegenheit darüber nach zu denken, auf welche Weise Besucher mit Behinderungen leichter Zugang zu Museen erhalten können. Erst vor kurzem haben Weiterbildungsseminare, Internetfortbildungen und Zeitschriftenartikel gezeigt, dass eine Reihe von Museen Programme entwickelt haben, die ihren Besuchern mit Behinderungen sehr einfallsreich neue Wege aufzeigen, wie sie Museen erleben können. Leider ermöglichen diese Ideen oft nur Zugang zu einem einzelnen Exponat oder es braucht sehr viel Zeit oder Geld um diese Programme um zu setzen.
Chuck Dean führt die Nutzung der KNBF-Reader App auf seinem iPhone im Museum der Historischen Gesellschaft von Scottsdale vor. Hier konzentrieren wir uns aus zwei Gründen auf Besucher mit Sehschwächen. Zum einen gibt es mehr als 800 Augenkrankheiten, die sich bei unterschiedlichen Menschen unterschiedlich manifestieren. Manche Personen mit Sehschwächen können groß gedruckte Texte lesen oder Braille benutzen; manche können gar nicht lesen. Einige sehen bei hellem Licht besser, für andere verschwinden die Texte dann ganz oder teilweise. Im Grunde gibt es nichts, was allen hilft.
Zum andern hat die Entwicklung von Smartphone Apps die Art und Weise wie sehbehinderte Personen ihr tägliches Leben meistern revolutioniert: das reicht vom Reisen mit individualisierten GPS-Wegbeschreibungen bis zum Zugang zu sehr viel gedrucktem Material mit Hilfe von Bildschirmlesern und OCR Apps (Apps zur optischen Zeichenerkennung)1. Museen fangen gerade erst damit an heraus zu bekommen, wie sie diese relativ preiswerten Fortschritte der Technik nutzen können, um zugänglicher zu werden.
Der beste Weg für sehbehinderte Personen um ein Museum zu erleben ist natürlich eine Führung. Für viele Museen wird es schwierig sein, das für jeden Ausstellungsbereich im ganzen Haus anzubieten. Es gibt aber drei sehr einfache Dinge, die in jedem Museum dem sehbehinderten Besucher den Zugang erleichtern.
Alle Objektbeschriftungen (und alle anderen Texte, wie Abteilungsführer) so auf der Website wiedergeben, dass sie heruntergeladen werden können. Geschrieben sind sie ja sowieso. Dann kann die sehbehinderte Person sie so rezipieren, wie es für sie am bequemsten ist. Sie kann die Texte zu Hause in großer Schrift oder in Braille ausdrucken und zum Besuch im Museum mitbringen. Oder sie liest diese mit dem Bildschirmleser des Smartphones direkt von der Website.
QR-Codes auf den Beschriftungsschildern nutzen, um die Verbindung zur Website her zu stellen. Während QR-Codes – milde gesagt – in der Werbung nicht so erfolgreich waren, wie Marketingleute sich das erhofften, sind sie doch für diesen Zweck perfekt. In der Tat, wenn Museen nur eine Aktion im Hinblick auf ihre Zugänglichkeit in Angriff nehmen wollen, dann sollte das unserer Meinung nach die Verwendung von QR-Codes auf den Beschriftungsschildern sein. Ein Besucher mit einem Smartphone kann den Code scannen und den Text hören (wieder mit Hilfe eines Bildschirmlesers). Es gibt auch Smartphone Apps, die das Schild selbst scannen und es dem Nutzer vorlesen. Einige werden es dem Nutzer sogar sagen, wenn das Smartphone nicht im korrekten Winkel zur Beschriftung steht und den Text in eine von 200 Sprachen übersetzen. (Die Museumsaufseher müssen dann allerdings auch wissen, dass es erlaubt ist, zu diesem Zweck die Beschriftungsschilder zu „fotografieren“).
Damit Beschriftungsschilder und QR-Codes wirklich nützlich sind, sollten sie grundsätzlich an der gleiche Stelle angebracht sein (z.B. untere rechte Ecke bei Tischvitrinen, 3 Fuß hoch (ca. 90 cm) und mit 1 Fuß Abstand (ca. 30 cm) von einem Bild), sodass man sie leicht finden kann. Hilfreich wäre auch ein eigener standardisierter Rahmen für die QR-Codes. Idealerweise sollten alle Museen sich auf eine einheitliche Platzierung der QR-Codes einige, aber schließlich kann man den Besuchern auch sagen, wo sie im jeweiligen Haus angebracht sind.
Keine dieser Lösungen ist schwierig oder teuer, sie würden aber einen großen Unterschied im Hinblick auf die Zugänglichkeit machen.
Zu den Verfassern
Janice Klein ist Geschäftsführende Direktorin der Museumsgesellschaft von Arizona. Sie arbeitet schon über 30 Jahre für Museen und war auch Präsidentin der Abteilung für die Leiter kleiner Museen bei der American Alliance of Museums (AAM) und dem Komitee für kleine Museen bei der American Association for State and Local History (AASLH).
Chuck Dean arbeitete als Werkzeugmacher und Modellbauer als in seinen frühen 30er Jahren das Morbus Stargardt (eine juvenile Makuladegeneration) bei ihm diagnostiziert wurde. Seitdem er amtlich als blind eingestuft ist arbeitet er als selbständiger, geprüfter Masseur. Er ist ein ausgefuchster Nutzer neuester Technologien und benützt Smartphone Apps als Hilfe bei Reisen (und Museumsbesuchen) seit mehr als 10 Jahren. Er ist regelmäßiger Beiträger der Apple Vis Website und bei der ViPhone discussion list.
Übliche Bildschirmlese-Apps sind TalkBack für Android und voiceOver auf allen Appel Produkte. Zu den OCRs gehören auch ABBYYTextGrabber und KNFB Reader. ↩
Ein Arduino mit einer LAN-Erweiterung – ein Dings das VIELE Dinge tun kannDepotleiterin in einem Technikmuseum zu sein hat eine ganze Reihe von Nachteilen. Zum Beispiel, dass man große Industriehallen nie so dicht bekommt, dass Staub und Ungeziefer kein Problem sind, dass Leute denken, man sei übergeschnappt, weil man auf Alarmanlagen und archivgerechte Verpackungen für „alten Schrott“ besteht oder dass eine der Dienstaufgaben darin besteht, zu erklären, dass, so leid es uns tut, wir keine Ersatzteile für Oldtimer und alte Radios verkaufen. Aber manchmal hat es auch seine Vorteile. Zum Beispiel ist man ziemlich nah dran an all den neuen, technischen, „nerdigen“ Dingen, die „da draußen“ passieren (denn, ja, es GIBT eine Welt außerhalb des Museums, ich kenne ein paar Menschen, die das bestätigen können).
Eines Tages zeigte mir ein Kollege ein kleines, blaues, blinkendes Ding.
„Was ist das?“ fragte ich.
„Ein Arduino.“ sagte er.
„Was ist denn ein Arduino?“
„Es ist ein phantastisches kleines Ding! Es ist ein Dings, das Dinge tun kann. Es kann ALLES machen!“
Tatsächlich konnte es in dem Moment, als er mir es zeigte, nur eine kleine rote LED blinken lassen. Aber als ich mich näher damit befasste, entdeckte ich, dass man tatsächlich alles mögliche damit anstellen konnte, vom Auslesen von Sensoren bis zum Ansteuern eine Elektromotors und alles, was man sich dazwischen vorstellen kann. Als ich sah, dass jemand damit das Computerspiel Tetris in einem Kürbis umgesetzt hatte (https://www.youtube.com/watch?v=8PCp5xk-9Qo), hatten sie mich. Ich musste so ein Ding haben!
Wenn Sie bei unserem Beitrag zum 2. Geburtstag von Registrar Trek 2015 ganz genau hinschauen, bekommen Sie eine Ahnung, seit wann ich mich mit dem Dings beschäftige…Zugegeben, die Momente, zu denen man als Sammlungsmitarbeiter ganz dringend ein Tetris im Kürbis braucht, sind eher rar gesäht. Es gibt aber eine ganze Reihe von Anwendungen, die denkbar, nützlich und – im Gegensatz zu einem Computerspiel in einem Kürbis – auch nicht allzuschwer zu realisieren sind.
Wie wäre es zum Beispiel mit einem Alarmton, der ertönt, wenn es viel zu hell im Ausstellungsraum ist und jemand die Vorhänge zuziehen sollte? Oder einem Klimaschreiber, der Temperatur und Feuchte in einem Depot überwacht und auf eine SD-Karte sichert? Hat man noch ein Netzwerk oder gar W-LAN verfügbar, wird es erst richtig interessant. Denn dann kann man sich die Klimadaten sogar direkt im Internet ansehen und sich Warnungen über Twitter oder Email schicken lassen, wenn jemand das Licht einschaltet oder ein Klimawert eine kritische Marke überschreitet.
Der Vorteil des Arduino ist, dass man solche Projekte selbst realisieren kann, und das zu einem günstigen Preis. Es erfordert natürlich, dass man sich mit der Materie auseinandersetzt, aber man muss, im Vergleich zu früher, kein Elektronik-Experte sein. Die wenigen notwendigen Komponenten bekommt man im Internet und dank einen großen, weltweiten Gemeinschaft, die sich dem Open-Source-Gedanken verschrieben hat findet man zu fast jedem Problem irgenwo eine Anleitung oder gar ein fertiges Programm, das sich mit ein wenig Nachdenken und Herumprobieren auf die eigene Situation anpassen lässt.
Das erste Dings, das Dinge tun kann und das tatsächlich etwas für das TECHNOSEUM tut: ein Klimaschreiber, der das Klima in einem bestimmten Bereich des Museums aufzeichnet.Da ich in letzter Zeit viel privat mit diesem „Ding, das Dinge tun kann“ herumprobiert habe, werde ich das Blog nutzen, um ab und an eines dieser Projekte, die etwas mit der Museumsarbeit zu tun haben, zum Anschauen und Nachbauen zu präsentieren. Unsere nicht so sehr an Technik interessierten Leser werden mir das hoffentlich verzeihen. Vielleicht bekommt die eine oder der andere ja sogar Lust, sich doch ein wenig näher mit der Welt der Mikrocontroller zu beschäftigen…
Für den Anfang finde ich die Komplettpakete ganz hilfreich, die neben einem Arduino gleich eine ganze Reihe von nützlichem Zubehör wie Widerstände, Sensoren und LEDs enthalten, so dass man direkt mit dem Experimentieren loslegen kann. Kaum etwas ist so frustrierend wie das Fehlen einer Kleinigkeit gleich zu Beginn des Lernens, und wer hat schon eine perfekt eingerichtete Elektronik-Bastelwerkstatt zu Hause? Meistens sind in diesen Paketen auch die ersten einfachen Experimente beschrieben, die nachzubauen sich empfiehlt. Neben einem generellen Verständnis für die Materie bekommt man so auch eine Vorstellung davon, was alles machbar ist, sei es ein Tetris im Kürbis oder eben ein Datenlogger.
Und eines kann ich Ihnen versprechen: Wenn Sie es zum ersten Mal geschafft haben, dass eine kleine, rote LED genau nach Ihren Vorgaben blinkt, haben Sie ein Gefühl, als hätten Sie soeben neues Land entdeckt…
Der Anfang meines Artikels, der für Registrare geschrieben ist, mag etwas merkwürdig erscheinen, aber vor einigen Jahren verbrachte ich einen Tag in einer Clown-Schule. Es war ein sehr eigenartiges Erlebnis, es sollte sich aber herausstellen, dass es eines Tages (was ich damals noch nicht wissen konnte) etwas mit meiner Tätigkeit als Registrar zu tun haben würde. Gleich ob Clown oder Registrar, die Kunst zu Jonglieren ist von fundamentaler Bedeutung für den Beruf. Für einen Registrar, der mit Ausleihen zu tun hat ist es nötig, die Anforderungen sowohl des Leihnehmers, als auch die seiner eigenen Institution gut aus zu balancieren, um einen Standard halten zu können, der des erlaubt die Ausleihe durch zu führen. Sobald es sich um Universitätsmuseen handelt erreichen diese Leihverhandlungen einen besonders hohen Grad an Komplexität, denn Universitätsmuseen verleihen für gewöhnlich innerhalb der Universität an die verschiedensten Einrichtungen. Die Objekte sind ja vielleicht noch „in situ“ – aber wie kann man unter diesen Umständen noch irgend einen Einfluss nehmen? Jonglierbälle verwandeln sich nur zu schnell in Kettensägen, wenn man feststellt, dass eine Reihe miteinander unvereinbarer Anforderungen berücksichtigt werden müssen und einige davon außerhalb des Einflussbereichs des Registrars angesiedelt sind. Die Erfordernisse der Pflege der Bestände und ihres Erhalts haben zum Beispiel einen schweren Stand gegen die Anforderungen, die die Erwartungen, die Geschichte und die Politik der einzelnen Institute stellen. Wo zieht man unter diesen Umständen dann die Grenzlinie, die nicht überschritten werden darf? Und gibt es diese Grenzlinie überhaupt? Oder ist das vielleicht ein Drahtseilakt? Mit dieser äußerst interessanten Fragestellung beschäftigte sich bei der 2015 ARCS Conference in New Orleans die Sitzung am Vormittag des zweiten Tages.
ARCS 2015: Session on On-Campus Loans (picture by Greg Hunter)Drei verschiedene Redner stellten ihre Erfahrungen vor. Nicole Linderman vom Harvard Art Museums, Trevor Weight von der Brigham Young University (BYU) und Sonja Reid von der University of Texas (UT) berichteten von den verschiedenen Herausforderungen bei Ausleihen an ihren Universitäten. Nicole begann, indem sie ihren Cowboy-Hut aufsetzte und uns durch den „Wilden Westen“ der inneruniversitären Ausleihen führte – und dabei die Bedingungen aufzeigte, die in allen drei Institutionen ziemlich gleich sind, wie sich später zeigte. Alle Sprecher verwiesen darauf, dass in vielen Fällen in ihren Universitäten die Sorge um den Erhalt der Sammlungen in den Hintergrund getreten war. In Harvard zum Beispiel zählte die Tradition mehr als der Erhalt der Sammlungen, was daran ersichtlich war, dass die Objekte in den Instituten seit unvordenklichen Zeiten an einem bestimmten Ort ausgestellt waren und nie Überlegungen stattgefunden hatten, im Hinblick auf einen Wechsel der Ausstellung oder auf präventive Konservierung. Außerdem wurden weiter Ausleihen getätigt, obwohl es ein Moratorium im Hinblick auf Objektbewegungen gab – ein deutlicher Hinweis auf die Missachtung der Sammlungspflege. In der BYU wurden Leihvereinbarungen oft so völlig missachtet, dass Personen, die Objekte für ihre Büros zur Verfügung hatten, diese als „ihre“ ansahen und sie mitnahmen, wenn sie in ein anderes Büro umzogen, oder sie sogar mit nach Hause nahmen. In der UT wurde ein Problem manifest, das alle drei Institutionen hatten: dass die Leihverträge mit Leuten gemacht wurden, die keinerlei Museumserfahrung hatten, was bedeutet, dass sie den Sinn der Leihvereinbarung nicht verstanden und nicht einsahen, dass sie sich daran halten sollten.
An allen drei Orten musste also etwas geschehen, um dieser Situation ab zu helfen. Trevor formulierte das so, es sollte in drei Schritten geschehen: Ändern – schmackhaft machen – verbessern. In jedem Fall bedeutete „Ändern“ auch die Entwicklung einer neuen, energischen Handhabung der Ausleihe. Die Betonung lag dabei mehr auf Handhabung als auf umfassend neuen Verträgen, da es sich ja um interne Vorgänge handelt und die Leihnehmer keine Erfahrung in der Ausleihe haben. Es war daher wichtig, gute Vorgehensweisen zu entwickeln und die Schlüsselfiguren an den Universitäten von der Nützlichkeit solchen Vorgehens zu überzeugen, da es nur dann Erfolg haben konnte.
Die Universitäten hatten alle ähnliche Ideen, aber sie gingen die Sache unterschiedlich an, je nach den jeweils unterschiedlichen Umständen. In Harvard wurde ein Ein-Jahres-Vertrag für Ausleihen eingeführt – zuvor waren viele Ausleihen überhaupt nicht dokumentiert worden. In der UT wurden alle Leihverträge für solche Ausleihen abgeschafft, da sie nicht durch zu setzen waren. Die Richtlinien der Universität bestimmten, dass ein Institut der Universität ein anderes auch dann nicht beklagen konnte, wenn Vereinbarungen gebrochen wurden, sodass diese von geringem Nutzen waren.
Ein wichtiger Faktor bei der institutionellen Regelung von Ausleihen war in allen drei Universitäten die Fortbildung. Damit ist das gemeint, was Trevor „schmackhaft machen“ nannte – je besser die Mitarbeiter die Notwendigkeit dieser Regelungen verstanden, desto wahrscheinlicher war es, dass sie sich daran hielten. Und welcher Platz ist besser zum Lernen geeignet, als die Universität? In Harvard nutzte Nicole die Gelegenheit einer Inventur der Sammlung, zahlreiche betroffene Personen zu treffen und mit ihnen über die neuen Richtlinien zu sprechen. Es ist nicht immer einfach, von bedeutenden Persönlichkeiten gehört zu werden, aber wenn man ihre Dienstzimmer betritt, um nach Kunstwerke zu sehen, ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten. Nicole nutzte diese Gelegenheit sehr intensiv, um sie auf die Bedeutung der Lichtverhältnisse, der Klimaanlage und anderer damit verbundener Faktoren auf zu klären, während sie die Inventarisation vornahm. Auch Trevor begann die Revolution mit der Aufklärung der Nutzer. Dabei bot er jedem, der dazu bereit war, die Möglichkeit an, die vorhandenen Objekte durch Großfotos zu ersetzen, die jedes gewünschte Objekt der Sammlung wiedergaben. Das erwies sich als bahnbrechend, denn so hatten die Leihnehmer den Anreiz einer größeren Auswahl. An der UT sind die neuen Richtlinien noch im Entwurfsstadium, aber Sonja hat schon deutlich gemacht dass mit jedem Leihnehmer darüber gesprochen werden wird, damit ihm seine Verantwortung für die Ausleihe in allen Stadien des Prozesses – vorher, während der Ausleihe und danach – ganz deutlich wird.
Sowohl Nicole als auch Trevor berichteten, dass die Resultate der Einführung der neuen Richtlinien sehr ermutigend waren. Nicoles neue Richtlinien, die den Prozess der Genehmigung der Ausleihe, die Aufstellung, Jahresverträge und Berichte, Facility-Reports, Inventare, Vorgaben für die Luxzahlen, Sicherheit, Verglasung, Befestigung und selbst die Rückholung von Werken enthalten, sind in Harvard weitgehend akzeptiert worden. In der BYU hat sich die Situation sehr verbessert und das Verfahren mit den Großfotos hat dazu geführt, dass die Zahl ausgestellter Kunstwerke deutlich geringer wurde. Der Erfolg der neuen Herangehensweise wurde am Beispiel des Präsidenten deutlich, der es ablehnte, ein Gemälde wieder auf zu hängen, das nach einer auswärtigen Ausleihe in sein Büro zurück kommen sollte und dafür die Reproduktion nahm. Wenn die neuen Richtlinien an der UT angenommen sind, werden sie dort, so hofft Sonja, ähnliche Ergebnisse erzielen.
Alle drei Sprecher haben gute Arbeit geleistet, indem sie uns zeigten, was gute Registrare bewirken können. Mit sehr schwierigen Situationen konfrontiert, in denen sie ihre Sammlungen verwalten sollen, haben sie große Schritte unternommen um zuerreichen, dass ihre Sammlungen gut betreut werden und für viel Jahre gut erhalten. Das war sehr beflügelnd und ich bin froh, dass ich da sein konnte und das hören. Jonglieren mit Kettensägen? Das ist gar nichts – Universitätsjonglage ist der wahre Jakob!
Greg Hunterist der Registrar des National Sports Museum am Melbourne Cricket Club in Melbourne, Australien. Er ist sowohl Mitglied des Australasian Registrars Committee (ARC) und der Association of Registrars and Collections Specialists (ARCS) und bekam einen Reisekostenzuschuss für die Teilnahme an der ARCS Konferenz 2015. Er liebt es sich über Museen fortzubilden, zu lesen, zu schreiben und in seiner Freizeit Gitarre zu spielen, obwohl hier „spielen“ vielleicht eine allzu wohlgesonnene Umschreibung seiner Bemühungen in diesem Bereich ist.
Wir Fachleute für die Sammlungen sind ein kreatives Völkchen. Auf Grund unserer großen Leidenschaft für unseren Beruf lassen wir uns durch beschränkte Ressourcen nicht von unserer Verpflichtung für den Erhalt unserer Sammlungen abbringen und davon, sie der Gesellschaft zugänglich zu machen. Ständig werden in Museen, Bibliotheken und Archiven ganze Berge an innovativen Ideen entwickelt, wie verschiedenen Arten von Objekten am besten zu lagern seien. Trauriger Weise erfährt der Rest der Welt davon nur selten etwas. Dabei gibt es in Ihren Depots Ideen, von denen andere profitieren könnten, wenn sie vor ähnlichen Herausforderungen stehen.
Wenn Sie mit Sammlungen arbeiten, haben Sie oder Ihre Kollegen sicher irgendwann eine Lösung gefunden, auf die Sie besonders stolz sind – egal wie einfach und bescheiden sie sein mag. Sie haben neue Wege gefunden, den vorhandene Platz besser zu nutzen, vorhandene Materialien wieder zu verwenden und die vorhandenen Mittel besonders nutzbringend ein zu setzen. Hier haben Sie nun eine Chance, ihre Ideen mit den Kollegen in aller Welt zu teilen und auch von deren Ideen zu lernen.
Senden Sie uns ein oder zwei Fotos Ihrer Lösung im Bereich der Lagerung mit einem kurzen Satz, der Auskunft gibt
Über die Art des Objekts
Über das verwendete oder wiederverwendete Material
Warum diese System eine Verbesserung darstellt
Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Fotos zu teilen
Auf Twitter, Instagramm oder Facebook unter dem Hashtag #reorgtips
Mit E-Mail unter: reorgstorage (at) gmail (dot) com
Letzter Termin für Ihre Einsendung ist der 31. März 2016
Die Ergebnisse werden auf einem Tumblr blog geposted und auf der ICCROM Website gehosted.
Wichtiger Hinweise: Wenn Sie Ihre Abbildung schicken bestätigen Sie, dass es Ihre eigenen sind, dass Sie sie übermitteln dürfen und dass sie bereit sind, sie unter der den Vorgaben der Creative-Commons Lizenz (Creative Commons Attribution-NonCommercial 4.0 International licence) mit anderen zu teilen
Hier ein paar Beispiele:
“Wir passten ein Regalteil an, um unsere Sammlung von Rudern und Speeren zu lagern. Wir brauchen nun weniger Platz und haben Raum für andere Objekte gewonnen”
“Wir haben große Holzkisten umgenutzt. Wir haben gesicherte Ketten an den Kisten angebracht um die Masken auf zu hängen. Jetzt sind sie vom Boden weg und wir riskieren nicht mehr, darauf zu treten.”
“Wir haben in einer Schachtel Kompartimente geschaffen, indem wir Karton wie eine Zieharmonika falteten. Jetzt können wir jeden Stift einfach greifen. Außerdem reiben die Stifte so nicht aneinander.”
Im dritten Teil dieser Serie haben wir untersucht, welcher Teil unserer menschlichen Natur für die Fehler verantwortlich ist, die wir im ersten Teil entdeckt haben. Aber das sind nicht die einzigen Gründe. Vorgehensweisen und verfügbare Technik spielen eine große Rolle.
1. Anzahl von Schritten bis zur endgültigen Standortänderung
Wenn man unter Kollegen mal wirklich ehrlich zueinander ist, kommen wir alle zu mehr oder weniger dem gleichen Ergebnis: so exakt und detailverliebt wir alle sein mögen, in 10 Prozent aller Fälle machen wir etwas falsch. Meistens sind es Zahlendreher, aber die ganze Bandbreite der im Teil 1 entdeckten Fehler kommt vor. Dass kaum einer unserer Fehler die Datenbank erreicht, liegt einzig und allein daran, dass wir uns selbst rigide Überprüfungsmechanismen auferlegen. So überprüfen wir zum Beispiel jede aufgeschriebene Nummer noch einmal mit der Nummer auf dem Objekt oder arbeiten zu Zweit beim Verstandorten.
Wenn so eine große Gefahr von Zahlendrehern beim Aufschreiben besteht, ist es auch völlig logisch, dass, je öfter wir das in einem Arbeitsprozess wiederholen müssen, die Wahrscheinlichkeit dieses Fehlers zunimmt. Es ist genau so logisch, dass, je mehr Leute am gesamten Prozess beteiligt sind und je mehr Zeit zwischen realer Standortänderung und Eintrag in der Datenbank vergehen, die Fehlerhäufigkeit ansteigt.
Der schlimmste Arbeitsvorgang zur Standortänderung, dem ich je begegnet bin, sah folgendermaßen aus:
Der Depotverwalter notiert die Standortänderung auf einem Freßzettel im Außendepot.
Der Depotverwalter oder ihre/seine Hilfskraft schreibt eine Email mit der Standortänderung, sobald er/sie in der Nähe eines Computers mit Internetanbindung ist und schickt diese an das Dokumentationsteam.
Ein Mitglied des Dokumentationsteams nimmt die Standortänderung in der Datenbank vor.
Es ist völlig offensichtlich, dass dreimal die Inventarnummer und der Standort notiert wird, so dass es hier dreimal zu Übertragungsfehlern kommen kann (von verlorenen Freßzetteln ganz zu schweigen). Zu den „normalen“ Zahlendrehern kommt die Möglichkeit, die Handschrift falsch zu entziffern hinzu. Zu den Schreib- und Tippfehlern gibt es auch noch die Möglichkeit, den Standort falsch zu übertragen, da der endgültige Standorteintrag von jemandem vorgenommen wird, der nicht mit der Standortsystematik im Depot vertraut ist. Während der/die Depotverwalter/in möglicherweise merkt, dass er/sie die Grammophonnadel unmöglich ins Schwerlastregal getan haben kann, entgeht dieses Detail mit ziemlicher Sicherheit dem Dokumentar in seinem Büro.
Was man dagegen tun kann:
Die Anzahl der Schritte zum endgültigen Standorteintrag auf ein Minimum begrenzen. Idealerweise besteht in allen Depots Zugang zur Datenbank, so dass die Änderungen zeitgleich mit dem Standortwechsel des Objekts durchgeführt werden können.
Jeder, der reale Standortveränderungen von Objekten vornimmt, besitzt auch die Berechtigung, dies in der Datenbank zu vermerken.
Wenn mehrere Beschäftigte an der Standortänderung beteiligt sind, muss sicher gestellt sein, dass es eine Feedback-Funktion gibt, so dass der- oder diejenige, der/die das Objekt bewegt hat überprüfen kann, ob der Datenbankeintrag stimmt.
Technik wie Barcodes können, wenn sie flächendeckend und funktionsfähig eingeführt sind, die Zahl der Zahlendreher auf Null reduzieren. (Lesen Sie die Beispiele aus den National Galleries of Scotland und dem TECHNOSEUM).
2. Komplizierte Nummerierungssysteme
Das ist nicht wirklich eine Überraschung, aber man denkt nie wirklich darüber nach: Wenn Ihre Standortnummerierung oder Ihre Inventarnummer verwirrend kompliziert zusammengesetzt ist, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit von Fehlern. Inventarnummern, die der Logik „Zugangsjahr/Fortlaufende Nummerierung für das Zugangsjahr/Teilnummer“ folgen, sind wesentlich einfacher zu merken als Inventarnummern, die eine Vielzahl von Informationen zu fassen versuchen wie „Abteilungsnummer/Nummer für Material oder Technik/Zugangsjahr/Nummer für die Unterscheidung zwischen Leihe, museumspädagigischer Gebrauchssammlung und Objektsammlung/Nummer des Objekts/Teilnummer“ 1. Anders als Computer sind Menschen nicht gut darin, Nummern zu behalten. Auch wenn es nur ein kurzer Moment ist, der zwischen dem Lesen der Nummer und dem Aufschreiben vergeht, es ist ein Merkvorgang. Ein Herr Miller hat 1956 herausgefunden, dass das menschliche Gehirn nur 7 Dinge gleichzeitig behalten kann 2. Ich zweifele nicht daran, dass es blitzgescheite Kolleginnen und Kollegen gibt, die sich mehr merken können, aber mir scheint es in den meisten Fällen zuzutreffen. „Sie sagen wir vergessen nie, aber ich weiß wirklich nicht mehr, ob das jetzt 1988.1243, 1988.1342 oder 1988.1234 war.“Ein Grund, warum das dreiteilige Nummerierungssystem einfacher zu behalten ist als andere Nummerierungssysteme ist, dass ein Teil davon, das Zugangsjahr, einem etwas sagt. Als Mensch liest man 1977 nicht als 1-9-7-7, man liest es als das Jahr in dem Elvis gestorben ist oder Ihre Tochter geboren wurde. Das ist möglicherweise der Grund, warum ich selten auf Fehler im Zugangsjahr gestoßen bin und wenn, dann wenn vorher eine ganze Reihe von Objekten aus einem anderen Jahr verstandortet wurde, so dass davon auszugehen ist, dass das Hirn einfach das bisherige Jahr kopiert und eingesetzt hatte (erinnern Sie sich, was ich zum Thema Konzentration in Teil 3 gesagt habe!) oder wenn es sich um Ziffern handelt, die sich handschriftlich besonders ähnlich sehen wir 5 und 6 oder, in besonders schlimmen Sauklauen 8, 9 und/oder 0. Man könnte also sagen, dass der erste Teil des dreiteiligen Nummerierungssystem nur ein Ding ist, das man sich merken muss, nicht 4. Der nächste Teil enthält dann 3 oder 4 Ziffern, was man sich ohne weiteres merken kann, ebenso wie die Teilenummer, so lange es nicht zu viele Teile sind. Eine 1988.1243.001 lässt sich leichter merken als eine 1988.1243.193, einfach, weil man sich im ersten Fall 6 Dinge merken muss (1 Jahr + 4 Ziffern + 1 Ziffer) und im zweiten Fall 8 Dinge (1 Jahr + 4 Ziffern + 3 Ziffern).
Was man tun kann:
Nummerierungssysteme wählen, die dem menschlichen Hirn entgegen kommen.
Bleiben Sie einfach. Erwarten Sie nicht von einer Inventarnummer, dass sie gleich ALLE Informationen enthält. Es ist völlig ausreichend, wenn eine Inventarnummer es leistet, dass man zwei gleichartige Objekte voneinander unterscheiden kann. Alle weiteren Informationen kann man der Datenbank oder einer beiliegenden Inventarkarte entnehmen.
Vermeiden Sie, wo immer möglich, Arbeitsprozesse, die erfordern, dass man sich Nummern merken muss.
Kennzeichnen Sie Ihre Lagereinrichtungen klar und lesbar. Nur, weil ein Standortnummerierungssystem Ihnen völlig logisch erscheint, muss das für den nächsten Kollegen, der damit umgehen soll, nicht auch so sein. Ja, genau, ich gucke in Ihre Richtung, meine Damen und Herren Depotverwalter! Wenn Sie darauf verzichten, die Regalböden zu kennzeichnen, erwarten Sie nicht von anderen, dass sie wissen, welches nun „Boden a“ und „Boden e“ ist!
3. Zuständigkeiten
Mit jeder Person, die für Standortänderungen zuständig ist, steigt die Wahrscheinlichkeit von Fehlern. Und, je mehr Beteiligte, desto schwerer nachzuvollziehen, was schief gegangen ist. Ebenso wächst die Unterschiedlichkeit der Fehler mit der Anzahl der beteiligten Personen. Das mag etwas schwer verständlich sein, daher ein Beispiel: Unse tapfere Depotverwalterin X arbeitet sehr gewissenhaft und genau, hat aber eine ernsthafte Schwäche: sie verwechselt gerne rechts und links. Da Positionen auf Regalböden mit „links“, „Mitte“ und „rechts“ angegeben werden, verwechselt sie auch manchmal die Position von Objekten. Der Kurator Y wird oft von der schieren Schönheit seiner Objekte geblendet und neigt dazu, zu vergessen, von welchem Regalboden er ein Objekt entnommen hat. Da er gleichzeitig davon überzeugt ist, dass er weiß, was er tut, platziert er das Objekt dann auf einem anderen Regalboden. Restauratorin Z vollbringt wahre Wunder an beschädigten Objekten, hat es aber nicht so mit Nummern. Wenn sie drei Inventarnummern auf einen Karton schreibt, ist mit Sicherheit eine davon falsch. Mit jeder dieser Schwächen kann man, einzeln betrachtet, gut umgehen: abhängig davon, wer das Objekt zuletzt bewegt hat, weiß man einfach, dass man auf der anderen Seite des Regalbodens suchen muss (bewegt von X), auf den Regalböden in der Nähe suchen muss (bewegt von Y) oder einfach mit ein paar möglichen Zahlenkombinationen spielen muss (bewegt von Z). Sobald man aber nicht weiß, wer das Objekt zuletzt in der Hand hatte, muss man alle möglichen und unmöglichen Fehlerquellen in Betracht ziehen, was entsprechend mehr investierte Arbeitszeit bedeutet, bis das Objekt gefunden ist.
Was man dagegen tun kann:
Die Zahl der Beschäftigten, die Standortwechsel vornehmen (dürfen) begrenzen.
Jede Standortänderung nicht nur mit Datum und Grund, sondern auch mit ausführendem Mitarbeiter dokumentieren.
In größeren Institutionen: Genau festlegen und kommunizieren, wer für Standortwechsel verantwortlich ist. Zum Beispiel: Wer dokumentiert den Wechsel in der Datenbank, der abgebende oder der empfangende Mitarbeiter? Wenn der/die Depotverwalter/in ein Objekt in die Restaurierung, ins Fotostudio oder zur/zum Ausstellungsmacher/in gibt, dokumentiert der/die Depotverwalter/in. Wenn ein/e Restaurator/in ein Objekt in das Fotostudio schickt, dokumentiert er/sie die Standortänderung. Wenn ein/e Fotograf/in ein Objekt zurück ins Depot schickt, dokumentiert er/sie die Standortänderung.
Dies war der letzte Teil zum Thema Standortänderungen in unserer Serie „Fehlschläge in Zahlen“. Ich bin mir sicher, dass es noch weitere Punkte zu beachten gibt, die ich übersehen habe. Ich freue mich auf Ihre Kommentare, Ergänzungen und Ideen! Ich bin auch dankbar für Anregungen, was wir noch in „Fehlschläge in Zahlen“ untersuchen könnten.
Herzlcihe Grüße Angela
Lachen Sie nicht, ich habe mal für eine Institution gearbeitet, die einen sehr ähnlichen Inventarnummeraufbau hatte, darunter in der Mitte eine „.1.“ deren Bedeutung mir niemand der dort arbeitenden Menschen erklären konnte, sie war einfach schon immer da gewesen. ↩
Miller, George A., The Magical Number 7, Plus or Minus Two: Some Limits on Our Capacity for Processing Information, Psychological Review, 1956, S. 81-97 ↩
Im zweiten Teil habe ich am Ende die Frage gestellt, wie es zu den Fehlern kommt, warum wir eine Fehlerquote von 21,91 % in unserem Beispiel hatten. Sie werden es bereits erraten haben, während Schlamperei ein Grund sein KANN, ist es meistens nicht der wahre Grund. Lassen Sie uns einen Blick auf häufige Gründe werfen und uns Gedanken machen darüber, was man dagegen tun kann:
1. Hektik
Wir kennen alle diese Anfragen in letzter Minute, bei denen man das Objekt JETZT braucht, am besten sogar noch gestern. Das passiert besonders häufig vor großen Eröffnungen oder anderen zeitkritischen Veranstaltungen, wenn die Sammlungsverwaltung ohnehin schon bis zum Hals mit anderen Arbeitsaufgaben eingedeckt ist, was natürlich die Wahrscheinlichkeit erhöhnt, dass mit der Standortverwaltung etwas schief geht.
Wenn der oder die Depotverwalter/in das Objekt selbst heraussucht, ist das wahrscheinlichste, was passieren kann, ein Zahlendreher in der Inventarnummer, der zu einem falschen Standorteintrag führt. Das liegt daran, dass er oder sie die Nummer sehr wahrscheinlich schnell auf einen Zettel kritzelt und entgegen der üblichen Vorsichtsmaßnahmen nicht zusätzlich noch den Titel oder den Objekteigennamen notiert. Wenn er oder sie dann den Standort in der Datenbank ändert, wird er oder sie möglicherweise den Eintrag nicht so sorgfältig prüfen, wie das ohne Zeitdruck der Fall wäre.
Wenn ein anderer Museumsbeschäftigter das Objekt heraussucht wird er oder sie möglicherweise vergessen, die Standortänderung zu notieren. Das liegt daran, dass er oder sie, anders als die Sammlungsverwaltung, nicht tagtäglich mit Standortänderungen zu tun hat und vor allem nie nach verstellten Objekten suchen muss. Das macht es sehr einfach zu vergessen, dass die Standortänderung notiert werden muss. Genauso wahrscheinlich ist es, dass weitere Standortänderungen nicht notiert werden, zum Beispiel, wenn Objekte herausgenommen und an einen anderen Platz gestellt werden, um an das gesuchte Objekt zu kommen. Oft werden diese Objekte dann nicht an ihren richtigen Platz zurück gestellt.
Was man dagegen tun kann:
Klare zeitliche Grenzen für Objektanfragen bei innerbetrieblichen Projekten festlegen. Das erfordert zwar einigen Aufwand in der Durchsetzung und braucht ständiges Erinnern, aber es spart viel Sucharbeit und reduziert den Stress. Insidertipp: Positive Verstärkung wirkt hier Wunder, zum Beispiel Ausstellungsmacher, die ihre Objektlisten rechtzeitig liefern und nicht alle Nase lang mit neuen Objektwünschen kommen öffentlich loben.
Klare Fristen für externe Anfragen festlegen, beispielsweise für Leihanfragen.
Die Anzahl an Beschäftigten, die selbst Objekte entnehmen dürfen begrenzen.
2. Multitasking
Obwohl es der Normalfall sein dürfte, dass Sammlungsmanager für sehr viele verschiedene Arbeiten eingesetzt werden, verträgt sich Multitasking nicht wirklich mit Arbeiten, die ein hohes Maß an Konzentration erfordern, wie das bei Standortänderungen der Fall ist. Es ist beinahe unvermeidlich, dass Fehler passieren, wenn man zeitgleich Standorte ändert, Datenbankeinträge korrigiert, Emails liest, telefoniert und Anweisungen an Mitarbeiter gibt.
Was man dagegen tun kann:
Machen Sie es sich zur Regel, dass Sie nicht erreichbar sind, wenn Sie Standorte ändern. Schließen Sie das Emailprgramm und stellen Sie ihr Telefon auf einen Kollegen oder eine Kollegin um, bzw geben Sie ihm oder ihr ihr Handy. Falls es notwendig sein sollte, dass Sie im Notfall erreichbar sind, nehmen Sie ein Handy mit, das nur in RICHTIGEN Notfällen angerufen werden darf.
Insidertipp: Falls Sie glaube, dass Sie zu wichtig sind, um nicht ständig erreichbar zu sein, machen Sie folgendes einfaches Experiment: nehmen sie zufällig herausgegriffen zwei Stunden aus ihrem Arbeitstag. Notieren Sie, wer versucht hat, Sie zu erreichen und warum. Dann schauen Sie sich die Anfragen an und versuchen Sie diejenige zu benennen, die unbedingt innerhalb dieses Zeitrahmens beantwortet werden mussten und welche unproblematisch gewesen wären, wenn Sie erst zwei Stunden später davon erfahren und dann reagiert hätten. Ich wette, dass die meisten, wenn nicht gar alle, Anfragen in die zweite Kategorie fallen und dass sogar einige Anfragen dabei waren, die sich auf anderem Wege innerhalb dieser zwei Stunden erledigt hätten.
3. Konzentration
Ein Mensch kann sich nicht 8 Stunden am Tag voll konzentrieren. Während das irgendwie logisch ist, wird es trotzdem häufig vergessen. Gerade Sammlungsleute glauben gern, dass sie die Ausnahme von der Regel darstellen, dass sie sich alles merken können und dass sie die ganze Zeit konzentriert arbeiten. Stimmt aber nicht. Standortänderungen brauchen eine extreme Aufmerksamkeit und wenn man müde wird, wird man dabei unweigerlich Fehler machen. Und da man unkonzentriert ist, merkt man natürlich sehr wahrscheinlich auch nicht, dass man gerade einen Fehler gemacht hat.
Was man dagegen tun kann:
Keinen ganzen Tag für Standortänderungen einplanen. Lieber einen vernünftigen Zeitraum festlegen, zum Beispiel eine oder zwei Stunden, in denen nichts anderes gemacht wird. Planen Sie selbst in diesem kurzen Rahmen Pausen ein und hören Sie sofort auf, wenn Sie merken, dass Sie nicht voll konzentriert sind und ihre Gedanken abschweifen.
Wo immer es möglich ist, führen Sie Verstandortungen mit einer zweiten Person durch, vor allem, wenn größere Mengen von Objekten einen neuen Standort bekommen sollen. Das reduziert die Anzahl der Fehler signifikant und man kann aufeinander aufpassen. Man selbst bekommt oft gar nicht mit, dass man nicht mehr konzentriert ist. Logisch, man ist schließlich unkonzentriert. Eine zweite Person bemerkt dies aber sehr wahrscheinlich und kann dann sagen „Ich glaube, wir brauchen eine Pause.“
Es gibt noch mehr…
Dies sind nur die Gründe, die in unserer menschlichen Natur zu suchen sind. Es gibt noch mehr Gründe, die mehr mit Verfahrensweisen und Technik zu tun haben. Darum wird es in unserem nächsten Teil gehen.
Ich habe versprochen, dass wir uns den Schaden, der durch die in Teil 1 festgestellten Fehler wirklich entsteht, dieses Mal genauer ansehen.
Vorbemerkung: die in Minuten angegebenen Arbeitszeiten sind Schätzungen, die auf realen Versuchen basieren. Zusammenhangsarbeiten sind hier mit einberechnet, zum Beispiel, dass man die Schuber einer Schiebewandanlage herausziehen und wieder zurück schieben muss oder dass man, wenn Schilder in in einer Kiste verstaut sind, jedes Objekt herausnehmen und auf einem Tisch zwischenlagern und alle Schilder nach der Überprüfung wieder sicher in der Kiste verpacken muss. Nicht einberechnet sind die Zeiten, die man beinahe automatisch für die Verbesserung der Lagerung investiert, zum Beispiel säubern, schlecht Verpacktes besser verpacken oder falsche Objektangaben, die man bei der Gelegenheit entdeckt in der Datenbank verbessern.
Diejenigen, die glauben, dass nicht auffindbare Objekte keinen ernst zu nehmenden Schaden verursachen haben normalerweise eine falsche Vorstellung davon, wie hinter den Kulissen gearbeitet wird. Ihre Berechnung lautet folgendermaßen:
Zum in der Datenbank angegebenen Ort gehen, das Objekt suchen, es dort nicht finden: 3 Minuten (unter der Annahme, dass jedes Objekt innerhalb von 3 Minuten auffindbar ist, wie es zu den Grundprinzipien der RE-ORG-Methode für Museumsdepots gehört, hier gibt es weitere informationen: http://www.re-org.info/).
Das Objekt als „Standort unbekannt“ in der Datenbank vermerken: 1 Minute
4 Minuten verschwendete Arbeitszeit.
Aber das entspricht nicht der Realität. Objekte, nach denen gesucht wird, werden ja für einen bestimmten Zweck gebraucht, zum Beispiel für eine Ausstellung oder ein Forschungsprojekt. Das bedeutet, dass, wenn ein Objekt nicht aufgefunden wird, eine ganze Suchprozedur ausgelöst wird. Wie viel Zeit investiert werden muss, hängt sehr von den örtlichen Gegebenheiten ab. Gehen wir einmal davon aus, dass die normale Vorgehensweise so ist, dass der oder die Ausstellungsmacher/in, Kurator/in oder Referent/in Objekte, die sie oder er für eine Ausstellung benötigt, selbst heraussucht und sich nur dann an die Sammlungsverwaltung wendet, wenn er oder sie Probleme beim Auffinden eines Objektes hat. Was passiert in diesem Szenario?
Der/die Kurator/in sucht das Objekt am angegebenen Ort: 3 Minuten
Der/die Kurator/in sucht das Objekt in unmittelbarer Nähe des angegebenen Standorts um sicher zu gehen, dass es tatsächlich nicht da ist und er/sie es nicht einfach übersehen hat: 10 Minuten
Der/die Kurator/in überprüft noch einmal den Datenbankeintrag um sicher zu gehen, dass er/sie am richtigen Platz gesucht hat: 1 Minute
Der/die Kurator/in informiert den/die Depotverwalter/in, dass das Objekt nicht auffindbar ist: 5 Minuten
Der/die Depotverwalter/in durchsucht den angegebenen Standort und seine unmittelbare Nähe erneut, um sicher zu gehen, dass der/die Kurator/in es nicht einfach übersehen hat: 13 Minuten
Der/die Depotverwalter/in wirft einen Blick in die Datenbank und überlegt, was schief gegangen sein könnte. So probiert er oder sie verschiedene übliche Zahlendreher und Verwechslungen aus, die zum tatsächlichen Standort des Objektes führen könnten. Zum Beispiel: wenn 1988.1243 und 1989.1243 beides Emailschilder sind und 1988.1243 nicht an seinem Standort war, könnte es am Standort der bei 1989.1243 angegeben ist gelandet sein. Diese Überprüfung erstreckt sich oft auch auf vorherige Nutzungen, zum Beispiel wird überprüft, ob das Objekt zur Restaurierung oder für eine Ausleihe entnommen wurde, ohne dass das vermerkt wurde. 30 Minuten
Der/die Depotverwalter/in überprüft alle Objekte des gleichen Art um sicher zu gehen, dass das Objekt wirklich nicht da ist. Wie lange das braucht ist sehr vom Objekttyp, den Lagerungsbedingungen und der Qualität der Museumsdokumentation abhängig. Wenn alle Emailschilder ausnahmslos an einem Ort lagern sind sie natürlich einfacher zu überprüfen als wenn sie an verschiedenen Orten oder gar auf mehrere Depots verteilt gelagert sind. Wenn alle Emailschilder offen und sichtbar an Schiebewänden hängen sind sie einfacher und schneller zu überprüfen, als wenn sie in Luftpolsterfolie verpackt sind. Wenn sie verpackt hängen sind sie einfacher zu überprüfen, als wenn sie in ein Regalfach oder eine Kiste gequetscht sind. Wenn die Luftpolsterfolie mit einem Ausdruck des Objektfotos versehen ist, ist es einfacher zu überprüfen als wenn nur die Inventarnummer darauf steht.
Nun, wir haben etwa 750 Emailschilder. Sagen wir, man kann die Auswahl auf 200 Stück eingrenzen, wenn wir die Größe als schnelles Ausschlusskriterium für unsere Überprüfung nehmen können. Dies setzt allerdings voraus, dass unsere Sammlungsdokumentation zumindest so gut ist, dass wir die Größe unseres gesuchten Objektes kennen.
Hier ist die Zeit, die wir zur Überprüfung in den drei bereits genannten Szenarien brauchen:
Schiebewandanlage (unter der Annahme, dass eine Schiebewand 20 Emailschilder trägt, die entweder offen hängen oder die zwar verpackt sind, aber einen großen Ausdruck des Objektfotos tragen):
4 Minuten pro Wand = 40 Minuten
Schiebewandanlage (unter der Annahme, dass eine Schiebewand 20 Emailschilder trägt, die verpackt sind und groß und deutlich mit der Inventarnummer gekennzeichnet sind):
7 Minuten pro Wand = 70 Minuten
Regalfächer oder Kisten (unter der Annahme, dass jeweils 10 Schilder in ein Fach oder eine Kiste passen)
15 Minuten pro Kiste = 300 Minuten
Es ist beeindruckend zu sehen, wie nicht ideale Lagerbedingungen die Arbeitszeit erhöhen. Die Zeit, die hier für die Lagerung in Kisten angegeben ist, ist immer noch in vielerlei Hinsicht ideal: Die investierte Arbeitszeit erhöht sich noch weiter, wenn Kisten mit dem Hubwagen oder dem Gabelstapler bewegt werden müssen, wenn die Schilder nicht alle an einem Ort gelagert sind oder wenn die Standortangaben vage sind. Natürlich muss man nicht jedes Mal alle 200 Schilder durchsehen, um das richtige zu finden. Auf der anderen Seite gibt es da Murphy’s Gesetz, also kann es gut sein, dass man tatsächlich bis zum letzten Schild suchen muss. Und: nach Emailschildern lässt sich vergleichsweise einfach suchen, verglichen mit einer Kaffeemaschine in einer Sammlung von 200 Kaffeemaschinen, die sich über 18 Regale erstreckt, vor allem, wenn man annimmt, dass diese alle gut in Luftpolsterfolie verpackt sind und nur irgendwo mit der Inventarnummer gekennzeichnet sind. Immer noch eine lösbare Aufgabe, sofern alle Kaffeemaschinen zusammen gelagert sind. Völlig aussichtslos wird das Unterfangen, wenn jedes nett verpackte Objektpäckchen in 400 Regalen potentiell den gesuchten Gegenstand enthalten könnte.
Zurück zu den Zahlen…
Der/die Depotverwalter/in ändert den Standorteintrag wenn sie oder er das Objekt gefunden hat oder setzt ihn auf „Standort unbekannt“, falls dies nicht der Fall ist: 1 Minute
Der/die Depotverwalter/in informiert den oder die Kurator/in ob das Objekt gefunden wurde oder nicht: 5 Minuten
Im schlimmsten Fall, in dem das Objekt trotz aller Anstrengungen nicht wieder aufgefunden wird, muss noch mehr Arbeitszeit investiert werden, denn der oder die Kurator/in muss nun nach Ersatz suchen. Zum zusätzlichen Rechercheaufwand kommen nun eventuell noch zusätzliche Kosten wie Transportkosten wenn ein Objekt von einer anderen Institution geliehen werden muss oder Reisekosten, wenn der oder die Kurator/in für ihre Forschungen zu einer anderen Institution reisen muss. Aber ziehen wir an dieser Stelle mal Bilanz:
Insgesamt eingesetzte Arbeitszeit der oder des Kurators/in (Der Informationsaustausch zwischen Kurator/in und Depotverwalter/in zählt jeweils bei beiden): 24 Minuten
Insgesamt eingesetzte Arbeitszeit der oder des Depotverwalters/in in einer ideal organisierten Sammlung: 94 Minuten
Insgesamt eingesetzte Arbeitszeit der oder des Depotverwalters/in in einer Sammlung, deren Organisation dem Standard entspricht: 124 Minutes
Insgesamt eingesetzte Arbeitszeit der oder des Depotverwalters/in in einer Sammlung, deren Organisation unterhalb des Standards liegt: 354 Minutes
Das bedeutet, dass sogar in ideal organisierten Sammlungen falsche Standorteinträge einen Arbeitszeitverlust von etwa 2 Stunden verursachen.
So stellt sich natürlich die Frage, wie oft so etwas vorkommt. Vorgesetzte werden normalerweise annehmen, dass dieser Fall die absolute Ausnahme darstellt. Sie vermuten, dass ihre Depotverwalter/innen äußerst genau arbeiten und ihre Sammlung im Griff haben, so dass solche Vorkommnisse mit Sicherheit nicht die Regel sein können. Auf der anderen Seite werden viele Depotverwalter/innen jetzt vermutlich ausgerufen haben „aber es passiert JEDESMAL!“ Welche Annahme ist jetzt richtig? Sie sind beide richtig und falsch. Wenn wir uns die Zahlen vom ersten Teil betrachten, kamen wir da auf eine Fehlerquote von 21,91 %. Da nur die Objekte, die aus verschiedenen Gründen keinen gültigen Standort hatten, für unseren Fall relevant sind, können wir den Fall „fehlendes Bild“ außer acht lassen, auch wenn der das Wiederauffinden etwas verkomplizieren könnte. Dann haben wir aber immer noch eine Fehlerquote von 20,54 %. Wenn wir für einen Moment annehmen, dass unsere experimentell ermittelte Fehlerquote der Realität in vielen Sammlungen entspricht, ist mit dem Standorteintrag von jedem fünften Objekt etwas nicht in Ordnung. Anders gesagt: wenn man eine Liste mit 15 Objekten erhält, wird man bei 3 Probleme haben, sie auf Anhieb zu finden. Das ist natürlich nicht zwangsläufig der Fall, aber es erklärt, warum viele Depotverwalter/innen glauben, dass es JEDESMAL passiert, weil so oft zumindest ein Objekt in jedem Vorgang, den sie auf den Schreibtisch bekommen, betroffen ist.
Tja, bedeutet das, dass die meisten Depotverwalter/innen nicht so detailversessen und sorgfältig sind wie ihre Vorgesetzten glauben? Ist unsere Selbstwahrnehmung, dass wir oft bis zur Zwanghaftigkeit sorgfältig arbeiten eine komplette Täuschung? Sind wir wirklich Schlamper? Oder gibt es außer Schlampigkeit andere Erklärungen für die Zahlen, die uns vorliegen? Das wollen wir uns im nächsten Teil einmal genauer ansehen.
Das Projekt: Die Mauern der Sprache durchbrechen und Registrare weltweit verbinden.