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Museum professional, lover of all collections work, former collections manager of the TECHNOSEUM in Mannheim, Germany. Now Professional Services Specialist for Gallery Systems. Independent museum professional. Cat wrangler and #SciFi enthusiast. Views are my own. Of course, they are. I can't make anybody responsible for the garbage my brain produces!

Haushaltsgeräte, Möbel und darüber hinaus – Technische Objekte erfassen

Wenn man als Registrar arbeitet, hält man es oft für selbstverständlich, dass man weiß, was Registrare in anderen Museen tun. Wenn man sich dann aber mit den Kollegen unterhält, stellt man oft fest, dass manche Dinge gleich sind, aber andere sehr verschieden. Als Fernando uns erzählte, dass er einen Artikel über die Erfassung zeitgenössischer Kunst vorbereitet, nahmen wir die Herausforderung an, einen Artikel über die Erfassung von technischen Objekten zu schreiben. Also, wenn Sie normalerweise mit Kunst zu tun haben: lassen Sie sich von uns in das Wunderland der Technik entführen. Wenn Sie mit Technik befasst sind: schauen Sie uns über die Schulter und sagen Sie Bescheid, wenn wir etwas wichtiges vergessen haben sollten.
 
Technische Objekte erfassen: Ein oberflächlicher Blick

Blaupunkt (picture)

Blaupunkt Florida von 1954/55 (Bild: Eckhard Etzold)


Wenn Sie ein Kunstwerk erfassen, dann haben Sie normalerweise einen Künstler und ein Jahr, in dem es geschaffen worden ist. Sie können es erfassen und die technischen Daten auf klassische Weise angeben: Öl auf Leinwand, Aquarell, Lithographie… Die meisten Dinge können einfach mit bloßem Auge gesehen werden, vorausgesetzt, man hat das entsprechende Wissen und die entsprechende Ausbildung in Kunstgeschichte und in den künstlerischen Techniken – und beim Erwerb des Kunstwerkes ist alles nach Vorschrift verlaufen. Zugegeben, wenn hier etwas schiefgegangen ist und man nicht weiß, wer das Bild gemalt hat, kann es knifflig werden. Dann muss man seine ganzen Kunsthistoriker- und Registrarsinne zusammen nehmen und anfangen, zu forschen.

Wenn Sie technische Objekte erfassen, ist das erst der Anfang. Lassen Sie uns ein einfaches, altes Radio nehmen. Es hat einen Hersteller und wenn Sie Glück haben, steht der auf dem Gerät. Es hat vielleicht ein Typenschild mit weiteren Angaben. Wenn Sie Glück haben, steht da sogar das Baujahr drauf. Aber das ist nicht allzu oft der Fall. Also ziehen Sie los und suchen nach alten Radiokatalogen, um diesen Typ Radio zu finden. Wenn Sie eine gute Bibliothek mit alten Versandhauskatalogen und Katalogen für Radiohändler haben, haben Sie eine gute Chance, das Baujahr oder, wahrscheinlicher, die Baujahre herauszufinden.

Wenn Sie keinen Hersteller und kein Typenschild haben, was nicht ganz unüblich ist, sind die Kataloge auch ein guter Ausgangspunkt für die Recherche. Natürlich sollte man eine Vorstellung haben, aus welcher Zeit das Radio ungefähr stammt, sonst wühlt man sich durch Jahrzehnte an Katalogen. Hier kommt wieder die künstlerische Seite zum Tragen. Man kann aufgrund des Designs eine grobe Schätzung vornehmen. Aber das kann einen auch in die Irre führen.

Braun SK2 von 1960 (Bild: Nite_Owl)

Braun Kleinsuper SK2 gleich gebaut zwischen 1955 und 1960 (Bild: Nite_Owl)

Ein Beispiel: Der Hersteller BRAUN entwickelte schon ab 1955 ein unglaublich klares und funktionales Design, inspiriert von der Bauhausbewegung, in Teilen von Professoren und Studenten der berühmten Ulmer Schule mitentwickelt. Wenn Sie sich einige Radios aus dieser Zeit ansehen, könnten Sie schwören, dass sie tief in den 1960er Jahren gebaut wurden. Zur selben Zeit setzten Hersteller wie Grundig noch auf Radios, die ein wenig an Neo-Barock erinnern (obwohl man, wenn man sich Brauns SK61 http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Braun-Sk61.jpg und Grundigs SO271 http://www.radiomuseum.org/r/grundig_so271_barock.html ansieht, die beide 1961 gebaut wurden, nur schwer der Versuchung wiederstehen kann, den letzteren unter „Monstrosität“ zu verschlagworten).

Also, was kommt nun in die Datenbank? Als erstes der Hersteller und dann, in einigen seltenen Fällen, wo man es herausfindet, der Designer. Also genau umgekehrt wie in der Kunst, wo man normalerweise den Künstler kennt und in einigen wenigen Fällen einen Hersteller, normalerweise den Drucker.

Um bei der Datierung zu bleiben: Da der Blick aufs Design uns auf den Holzweg führen kann, ist es sicherer bei der Technik zu bleiben. Sie gibt uns hervorragende Hinweise, um in der richtigen Dekade zu bleiben. Manche Herstellungstechniken sind arbeitsintensiv und weisen uns auf frühe Zeiträume hin: Nieten ist zum Beispiel arbeitsintensiver als Punktschweißen. In Kriegszeiten herrscht Mangelwirtschaft und das schlägt sich in den verwendeten Materialien nieder: die Notwendigkeit, einheimische Materialien zu verwenden und generell Material zu sparen, wo immer es möglich ist, lässt sich meist ablesen. Wo wir gerade von Materialien sprechen: sie geben uns auch Hinweise für die Datierung. Kunststoffe wurden über die letzten hundert Jahre entwickelt und werden immer noch weiter verbessert. Ebenso Produktionsprozesse, die man am Objekt nachverfolgen kann: so hinterlässt Spritzgießen zum Beispiel Spuren der Auswerferstifte am spritzgegossenen Formteil. Also, das Wissen um Materialien und Technik hilft uns bei der Datierung sehr.

Als nächstes möchten Sie herausfinden, wo das Radio hergestellt wurde. Das bedeutet eine weitere Recherche. Ziemlich sicher werden Sie herausfinden, wo der Hersteller seinen Hauptfirmensitz hat, aber das ist nicht notwendigerweise der Ort, an dem das Radio hergestellt wurde. Große Konzerne haben meist im ganzen Land Standorte, wenn nicht gar auf der ganzen Welt. Einige produzieren unter Umständen das baugleiche Radio an verschiedenen Standorten. Einige Hersteller kooperieren mit anderen, so dass das Modell zwar in der Fabrik des einen hergestellt wird, aber den Namen des anderen Herstellers trägt. Viel zu erfassen…

 
Nichts leichter als das: die Abmessungen
Um wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen, messen wir das Radio jetzt aus. Das ist einfach. Höhe, Länge, Tiefe. Aber Moment! Was ist mit dem Kabel? Es ragt aus der Silhouette hervor. Wenn wir nur das Gehäuse abmessen, wird jeder Vitrinenbauer in Schwierigkeiten kommen, weil er nicht wusste, dass er Platz für das Kabel einplanen muss. Wenn wir die Maximalmaße mit samt dem Kabel ausgelegt in alle Richtungen nehmen, bekommen wir absolut lächerliche Abmessungen. Wenn wir das Kabel hinter dem Gehäuse einrollen und dieses Maß zu der Tiefe dazurechnen? Tja… vielleicht misst dann jemand das Gehäuse nach und kommt zu dem Schluss, dass das nicht das Radio sein kann, nach dem er sucht, da die Daten voneinander abweichen.

Die beste Lösung für dieses Problem – das schon Generationen von Ausstellungsmachern wahnsinnig gemacht hat – ist es, manche Abmessungen mit einem entsprechenden Hinweis zu versehen. Zum Beispiel „Gehäuse“, „Kabellänge“, „im geschlossenen Zustand“ oder „mit geöffnetem Deckel“.

 
Technische Daten: Das Innenleben
Was ist mit technischen Daten? Im Feld der klassischen Kunst kann man das meistens einfach halten und bringt es dabei trotzdem auf den Punkt. „Öl auf Leinwand“ enthält zum Beispiel alle technischen Informationen, die man gemeinhin braucht. Man weiß, was einen aus technischer Sicht erwartet, ohne das Bild vorher gesehen zu haben. Als erfahrener Registrar kann man sogar einen ganzen Katalog von benötigten Lagerbedingungen herunterbeten, ohne viel darüber nachdenken zu müssen.

Was sind die technischen Daten eines alten Radios? Die Materialien sind Holz, Metall, Glas und wahrscheinlich auch Kunststoff. Über dem Lautsprecher mag eine Textilbespannung sein. Und das ist nur die Außenseite. Wenn man die Rückwand abnimmt, findet man Röhren, Widerstände, Kondensatoren, Spulen und Kabel. Also erweitert sich die Materialliste auf Pappe, Blei, Teer, Wachs, verschiedene Klebstoffe und verschiedene synthetische Materialien, über die man lieber gar nicht so detailliert nachdenken möchte (zum Beispiel Pertinax, ein Faserverbundwerkstoff aus Papier und Phenol-Formaldehyd-Kunstharz). In den Kondensatoren sind sogar noch Elektrolyte, so dass unser Augenmerk auch noch Flüssigkeiten gelten muss.

Open backside of a Philco PT-44 Transitone from 1940/41. Can you name all the materials you see?

Geöffnete Rückseite eines Philco PT-44 Transitone von 1940/41. Können Sie alle Materialien nennen, die Sie sehen?

Was sind die idealen Lagerbedingungen für so einen Materialmix? Tja, was ich Ihnen flüstern kann ist, dass es keine idealen Lagerungsbedingungen für so etwas gibt. Man kann nur versuchen, das Klima einigermaßen stabil zu halten, aber man reißt mit Sicherheit die Messlatte für einzelne Materialien.
Und was ist nun mit der Herstellungstechnik? Holz wird gesägt und gefügt, Glas wird geblasen, Metall wird gestanzt, gebogen, gewalzt, gedrückt, geschweißt, punktgeschweißt, genietet, gelötet, geschraubt… Sind Sie noch da?

Wenn Sie also detailfixiert sind wie die meisten Registrare, dann haben Sie jede Menge zu erfassen. Ziehen Sie auch in Betracht, dass jede Röhre ihren eigenen Hersteller, ihr eigenes Baujahr, ihren eigenen Zweck (Verstärkerröhre, Gleichrichterröhre) und eigene technische Daten (Spannung, Leistung) hat, was sie von anderen Bauteilen unterscheidet, die auf den ersten Blick gleich aussehen mögen.

Und das ist jetzt nur ein einfaches Radio! Sie haben keine beweglichen Teile wie kleine Elektromotoren oder Antriebsriemen, die sie in einem Kassettenrekorder finden. Und das ist noch ganz weit weg von der Menge an Komponenten, aus denen ein Auto besteht.

 
Über die technischen Daten hinaus: der Kontext
Menschen nutzen Technik um ihre Umwelt zu formen. Und umgekehrt formt Technik den Menschen. Sie glauben uns nicht? Sehen Sie sich einfach mal Menschen an einer Bushaltestelle an und versuchen Sie sich das gleiche Bild vor 10 Jahren in Erinnerung zu rufen. Damals lasen die Leute Zeitungen oder Bücher oder sie starrten einfach vor sich hin, beobachteten ihre Umwelt und ließen das Leben an sich vorbeiziehen. Heutzutage starren die Menschen auf ihr Smartphone. Technik prägt unser Verhalten und das ist so, seit der erste Mensch entdeckte, dass man einen Stein als Werkzeug verwenden kann.

Um auf das Radio zurückzukommen: dieses Gerät hat das Leben der Menschen verändert. Vor dieser Erfindung erfuhr man die Neuigkeiten aus der Zeitung, etwa einen Tag nachdem sie passiert waren. Mit dem Radio erfuhr man Neuigkeiten nur Minuten oder Stunden, nachdem sie passiert waren. Als das Radio kam, war das eine Sensation. Es gab nur wenige Sendungen, nicht die Rundumversorgung, wie wir sie heute gewöhnt sind. Wenn eine Sendung kam, scharte sich oft die ganze Familie um das Radio – in den Anfangszeiten noch jeder mit dem eigenen Kopfhörer.

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Kleinkind beim Radiohören, 1920-1930 (Foto ist Eigentum der John Oxley Library, State Library of Queensland.)

Fertige Radios gab es kaum zu kaufen und wenn, waren sie sehr teuer. Also fingen die Menschen an, sich selbst Radios zu bauen. Selbstbau war ein weit verbreitetes Hobby. Die Radiohersteller zogen rasch nach und schon in den späten 1920er Jahren gab es unter deutschen Radioherstellern den Plan, gemeinsam ein erschwingliches Radio zu produzieren. Die Produktionskosten ließen sich dadurch senken, dass man die einzelnen Teile weitestgehend standardisierte. Der “Volksempfänger” VE 301 war also nicht Hitlers Idee, wie es oft propagiert wird.

Nach dem Krieg änderte sich die Rolle des Radios. Man arbeitete verstärkt daran, das Radio transportabel zu machen, was mit der Entwicklung der Transistoren, die die Röhren ersetzten, auch gelang. Als das Fernsehen aufkam, verdrängte es das Radio aus dem Zentrum der abendlichen Familienaktivität. Radiohören wurde zu einer Nebentätigkeit, etwas, was man neben einer wichtigeren Beschäftigung wie Kochen, Bügeln oder Auto fahren machte. So nutzen wir das Radio noch heute – wobei, nicht ganz.

Mit dem Internetradio ist es gelungen, dass man nun auch Stationen hören kann, die sich jenseits der eigenen Antenne befinden. Es war schon in den frühesten Zeiten der Radionutzung möglich, auf Kurzwelle Stationen aus der ganzen Welt zu empfangen. Aber damals war es noch nötig, dass man die damit verbundene Technik verstand. Das richtige Gerät, die richtige Antennenlänge, Ausbreitungsbedingungen… Heutzutage schaltet man einfach das kleine WLAN-Radio an, klickt sich durch die Stationsliste und kann Country aus dem Mittleren Weste, Samba und Bossa Nova aus Brasilien oder Volksmusik aus der Mongolei hören. Sie brauchen nicht zu wissen, wie es technisch funktioniert, Sie müssen nur wissen, wie man das Gerät bedient (zugegeben, manche Menüführungen sind so kompliziert, dass man sich wünscht, es wäre so einfach und logisch wie die Berechnung eines Dipols).

Wie hilft uns das bei der Erfassung unseres Radios? Naja, wenn Sie die Entwicklungsgeschichte im Hinterkopf haben, wird es einfacher, die Spuren, die sie am Radio finden richtig zu deuten.

Unter Umständen kann man die Geschichte eines gewöhnlichen Haushaltgerätes nachzeichnen: Während es vielleicht zu Beginn im Zentrum der Familie stand, weisen Schichten von Bratenfett vermischt mit Staub darauf hin, dass es zum Küchenradio degradiert wurde. Vielleicht, weil ein neueres und besseres Modell angeschafft wurde oder ein Fernseher ins Haus kam. Glasabdrücke auf der Oberseite zeigen, dass es oft zum Abstellen von Trinkgläsern genutzt wurde, also an einem Ort im Haus stand, der dazu einlud, vielleicht im Jugendzimmer eines Teenagers? Unter Umständen entdeckt man, dass es jemand mit dekorativer Klebefolie überzogen hat, um ihm in den 1970er Jahren ein jugendlicheres Aussehen zu geben. Oder man hat die Oberfläche abgeschliffen und weiß angemalt, damit es besser zur modernen Wohnzimmereinrichtung passt. Man kann Spuren von Restaurierungsversuchen finden, als das Radio Sammlerwert erreichte. Vielleicht sieht es aber auch aus wie Frisch aus der Fabrik, weil es über Jahrzehnte in hohen Ehren gehalten wurde.

Header of the category "What wiring do I chose to build?" of the popular German monthly journal "Radio Amateur" (taken from the issue 12/1928)

Selbstgebaute Radios waren in der Frühzeit durchaus üblich, ebenso wie das Wissen über die zugrundeliegende Technik. Titelbild der Rubrik „Nach welcher Schaltung baue ich?“ der deutschen Monatszeitschrift „Radio Amateur“ (hier aus der Ausgabe 12/1928)

Wenn man die Rückseite öffnet, findet man vielleicht Veränderungen zur ursprünglichen Schaltung. Vielleicht vorgenommen, um andere Frequenzen als die zu hören, für die das Radio ursprünglich ausgelegt war. Vielleicht nur, weil der ursprüngliche Besitzer eine andere zulässige Frequenz hören wollte, vielleicht aber auch, um “verbotene” Stationen zu hören (zum Beispiel Feindsender zu Kriegszeiten). Vielleicht findet man auch einen Umbau im Chassis, um andere als die ursprünglich vorgesehenen Röhren verwenden zu können, zum Beispiel weil die ursprünglichen Röhren nicht mehr hergestellt wurden oder andere günstiger zu haben waren.

Es liegt in Ihrer Verantwortung als Registrar solche Spuren lesen zu können und als guter Ermittler zu fungieren. Bloße Vermutungen kennzeichnen Sie zum Beispiel als solche. Sie können eventuell verifiziert werden, indem Sie beim Spender nachfragen, an was er oder sie sich im Zusammenhang mit diesem Objekt erinnert. Wenn Sie Glück haben, gibt es sogar noch zusätzliche Dokumente: Die Originalrechnung, die Lizenz für das Gerät oder ein Bild des stolzen Besitzers. Diese Dokumente müssen selbstredend gut archiviert und in der Datenbank mit dem Datensatz des Radios verknüpft werden. Wenn Sie zusätzliche Hinweise und Geschichten vom Spender erhalten, müssen die selbstverständlich auch dokumentiert werden.

Das Radio ist Teil der Menschheitsgeschichte. Vielleicht nur ein sehr kleiner Teil, aber als Bewahrer unseres kulturellen Erbes sind wir dafür verantwortlich, wichtige Informationen zusammenzuhalten.

 
Wie tief soll Erfassung sein?
Wenn Sie bis hier hin gelesen haben fühlen Sie sich sicher mit Informationen und Dingen, die erfasst werden sollten, überrollt. Alle scheinen sie wichtig zu sein, weil sie Zusammenhänge herstellen, nicht nur für das spezifische Objekt, sondern auch für allgemeine Radiogeschichte. Ihre Beobachtungen können tatsächlich hilfreich sein, um Thesen von Historikern zu verifizieren oder falsifizieren.

The perfect way to store technological objects? Certainly not! (picture: Philip (flip) Kromer from Austin, TX)

Die perfekte Art, technische Sammlungen zu lagern? Sicherlich nicht! Aber viele Leute glauben immer noch, dass es so in den Depots von Technikmuseen aussieht… (Bild: Philip (flip) Kromer from Austin, TX)

Aber in der Realität können wir kaum so viel Zeit in ein einzelnes Objekt investieren. Wir müssen Entscheidungen darüber treffen, was wir erfassen und was nicht. Das gilt besonders, da wir Registrare in Technikmuseen schwer an Altlasten zu tragen haben: Jahrelang war es gelebte Praxis, technische Objekte so zu sammeln, wie man einen Schrottplatz verwaltet: man sammelt sie einfach und stapelt sie in einer Industriehalle, ohne sie zu dokumentieren. Himmel, es sind einfach nur industrielle Massengüter, die kann man in der Zukunft immer noch erfassen, richtig? Tja, wir wissen alle, dass das nicht richtig war, dass wir Informationen verloren haben, weil sie unseren Vorgängern egal waren. Deshalb ist es Teil unserer Arbeit zu recherchieren und zu forschen, damit manche Objekte in unseren Sammlungen ihre Geschichte zurück bekommen.

Also müssen wir uns aber auch bei der Erfassung von einzelnen Objekten beschränken, um mehr für die gesamte Sammlung tun zu können. Irgendwann wird das Autorenteam einmal etwas darüber schreiben, wie man bei der Sammlungsverwaltung eine „Triage“ vornimmt, um so vielen Objekten wie möglich eine erfassungstechnische und bestandserhaltende Erstversorgung zukommen zu lassen.

TV storage gone wrong? Nope, we are back in the arts sphere: That's "idiot boxes" by Nam Jun Paik (picture: Artiii)

Falsche Lagerung von Fernsehgeräten? Nein, wir sind zurück in der Kunstszene: Das ist „Sensory Overload“ von Nam Jun Paik (Bild: Arti Sandhu)

Wie tief man in die Erfassung eines einzelnen Objekts einsteigt, ist immer eine Einzelfallentscheidung. Für die meisten Ausstellungen und Ausleihen genügen die einfachen technischen Daten, die gemessen und vom Typenschild abgeschrieben werden können, zusammen mit einer groben Schätzung des Herstellungszeitraums. Es gibt spezielle Forschungs- und Ausstellungsprojekte, die eine genauere und tiefergehende Dokumentation erfordern. Aber da kann man dann wiederum Synergieeffekte nutzen: diese Projekte werden entweder von Spezialisten durchgeführt, deren Erkenntnisse dann wieder Eingang in die Datenbank finden, oder es stehen genügend Mittel zur Verfügung, um selbst mehr Zeit in eine detailliertere Dokumentation zu stecken.

Die Erfassung von technischen Objekten gleicht oft der Quadratur des Kreises: Wenn man akkurat erfasst, kann man nicht viele Objekte erfassen. Wenn man nicht akkurat genug erfasst, kann man hohe Zahlen an Datenbankeinträgen erreichen, doch diese sind dann unter Umständen nicht besonders hilfreich. Während „Nachtwache, Rembrandt van Rijn, 1642, Öl auf Leinwand” aussagekräftig genug ist, ist “Radio, BRAUN, 1950-1959, Holz” ausgesprochen nichtssagend. Also liegt es am Registrar einen guten Mittelweg zwischen zu detailliert und zu allgemein zu finden.

Angela Kipp, Bernd Kießling

 

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Bernd Kießling ist Museologe am TECHNOSEUM, Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim. Seine Arbeit ist mir der eines Registrars vergleichbar. Seine Spezialgebiete sind die Sammlungen zum Thema Radio, Fernsehen, Funk, Computer, Bürotechnik, Fotografie und Kernkraft.

Dieser Artikel ist auch auf Italienisch erhältlich, übersetzt von Silvia Telmon.

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Matchball für den Registrar!

Wenn Sie an die Arbeit eines Registrars denken, denken Sie wahrscheinlich als erstes an Kunst, archäologische Fundstücke oder Fossilien. Weniger bekannt und beachtet sind Sportsammlungen und -museen. Aber, hey, Sport und Museum? Klingt für mich nach einer Win-Win-Kombination. Ich bin froh, Antony Aristovoulou kennen gelernt zu haben, der schon für einige Sportsammlungen gearbeitet hat. Das Spiel des Registrars scheint immer das gleiche zu sein: sortieren, katalogisieren, in die Datenbank eintragen, verpacken, einlagern. Keine großen Überraschungen, man spielt einfach nach den Regeln. Aber das, was Antony passiert ist, war nicht damit zu vergleichen, mit einem Rasenplatz zu rechnen und einen Sandplatz vorzufinden. Es war eher so, als ob man einen Hundertmeterlauf erwartet und am Tag des Wettbewerbs erfährt, dass es ein Ironman ist, den man in Flip-Flops zu absolvieren hat.

tennisMeine Arbeit für das Melbourne Cricket Club Museum/National Sports Museum, die darin bestanden hatte, die Sammlung umzuziehen, zu dokumentieren und neu zu verpacken, ging langsam ihrem Ende entgegen und ich sicherte mir einen neuen Auftrag für das Deakin University’s Centre for Leisure Management Research (CLMR) im Dezember 2006. Man sagte mir, dass im Januar 2007 Tennis Australia eine Sammlung haben würde, die umgezogen und dokumentiert werden müsste. Mit Kind und Kegel und allem, was so dazu gehört. Was man mir an diesem Punkt wohlweislich nicht verraten hatte, war, dass noch keinerlei Gründungsarbeiten (z.B. Lagerraum, Datenbanksystem, Regale…) gemacht worden waren. Mann, der Vertrag zwischen der Universität und Tennis Australia (TA) war noch nicht einmal in trockenen Tüchern! Da war ich also, stolz auf mich und dachte, dass ich den einen Auftrag beenden würde, dann Weihnachtsurlaub hätte und dann direkt mit dem neuen Job anfangen könnte. Wie falsch lag ich damit!

Im März ’07 kamen die Dinge dann langsam in Gang, als ich in ein Schiffscontainerlager gerufen wurde. Im Grunde genommen war die ganze Sammlung in diesem Container – direkt aus Kalifornien, U.S.A. Es war die Privatsammlung eines deutschen Auswanderers namens Rolf Jaeger, der sie in einem kalifornischen Privatmuseum ausgestellt hatte. Sie wurde vom Präsidenten der TA, Geoff Pollard, aufgekauft, in der Hoffnung, damit den Grundstein einer eigenen Sammlung des Kulturerbes von Tennis Australia für ein Tennismuseum im Melbourne Park zu legen. Diese Jaeger-Sammlung sollte diejenigen historischen Objekte ergänzen, die sich bereits in den Büros und Lagerräumen von Melbourne Park befanden. Australien war die einzige Grand Slam Nation, die noch kein eigenes Grand Slam Tennismuseum besaß. Alle Objekte waren in den Container gestopft und ich sah auf den ersten Blick, dass es Opfer gegeben haben musste. Ich starrte mit offenem Mund und fragte mich, wo ich da reingeraten war.
Wie auch immer, ich musste mich also nicht nur um die Objekte kümmern, sondern auch einen Lagerraum, Computer, Bildbearbeitungs- und Datenbanksoftware und Fotoausrüstung beschaffen, sowie Empfehlungen zu Sicherheitseinrichtungen, Lagereinrichtungen usw. geben.

Das machte ich also, der Container wurde angeliefert und im Verlauf einiger Monate sortiere ich die ganzen Objekte durch. Geld wurde schon nach kurzer Zeit knapp – was die Liegenschaft, Computer, Datenbank und Fotoausrüstung betraf, hatte ich bekommen, was ich gewollt hatte, aber nicht im Hinblick auf Verpackungsmaterial (säurefreie Kartons usw….) und Lagereinrichtung (ich bekam einiges, aber nicht genügend, um alle Objekte sicher unterzubringen). Für viele Objekte – besonders für die Hunderte von Tennisschlägern – musste ich große Acrylcontainer (mit Stretchfolie darüber) nehmen, die mit dem Container mitgekommen waren, die auf Holzpaletten standen. :-/
Dennoch wurde alles bezeichnet, registriert, inventarisiert (Vernon CMS), mit Standort versehen, fotografiert und zur Datenbank verlinkt und, natürlich, verpackt (zumindest soweit es mir möglich war).
Ich erstellte umfassende Schadensberichte für die Objekte, die ungeschützt oder nur unzureichend geschützt aus dem Container kamen und das war’s dann.

Oh, nein, noch nicht ganz. Ich musste mich auch noch (was ich vorher nicht wusste) um die überschüssigen Einrichtungsgegenstände und um die Australien Open Gerätschaften kümmern. Das schluckte natürlich ziemlich viel Lagerplatz und ich brauchte Monate, um die ganzen Dinge so zusammenzupacken und einzudampfen, dass maximal viel Platz für die Sammlung blieb UND so wenig Dreck und Staub wie möglich die Sammlung beeinträchtigte.

Tja, das war’s – soweit ich mich jetzt, da ich es aufschreibe, erinnern kann. Ich weiß nicht, was aus dem Großteil der Sammlung geworden ist, seit ich das Projekt im April 2009 beendet habe. Aber etwa ein Jahr später habe ich gesehen, dass einige der Objekte, mit denen ich gearbeitet hatte, an den Kooyong Tennis Club (das ehemalige Zuhause der Australian Open) ausgeliehen worden war und das war schön zu sehen. Wenigstens hatte einige der Schmuckstückchen, die ich in Händen hatte, ihren großen Auftritt! 🙂

Text: Antony Aristovoulou

Dieser Beitrag ist auch auf russisch erhältlich, übersetzt von Helena Tomashevskaya.

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Registrare auf der ISS!

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Ein Blick auf google analytics förderte heute eine bisher unbekannte Tatsache zutage: Es gibt Registrare auf der International Space Station (ISS), oder zumindest Leute, die Registrar Trek lesen! Scheint so, als sei unser Blogtitel nicht so futuristisch wiewir dachten…

Naja, in Wahrheit ist es ein Aprilscherz von Google, aber ein ziemlich guter, denn dieser Ort bewegt sich auf der Flugbahn der realen ISS. Behaltet die Sterne im Auge!

Da wir heute ohnehin in ausgelassener Stimmung sind, gibt es heute noch einen Link oben drauf zu einem Spiel namens „Must Escape the Museum“. Ein Point-und-Klick-Abenteuer für die dunkle Seite Ihrer Registrarspersönlichkeit… Sie können die Statuen, Dinosaurier und – um auf den Titel zurückzukommen – Raumanzüge mit bloßem Mauszeiger anfassen (na, zumindest trägt der ja in der Standardversion weiße Handschuhe): Must escape the museum!

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Von Laderampen und Türen

Als Registrare sind wir vertraut mit Standards, Richtlinien und Normen. Neulich stolperte ich über eine Passage in der DIN EN 15946:2011 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Verpackungsverfahren für den Transport“. Unter 5.2.1 wurde da darauf hingewiesen, dass darauf zu achten ist, dass die äußeren Dimensionen der Verpackung so bemessen sind, dass sie durch die engste Stelle auf dem Transportweg gehen. Und dass man kleine Gegenstände zusammen verpacken kann, solange sie zusammenpassen und den gleichen Zielort haben. Meine erste Reaktion war:
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„Sag bloß?“

Meine Kollegin Anne T. Lane informierte mich kurz darauf, dass das zwar durchaus wie eine Anweisung von Hauptmann Offensichtlich klingt, aber doch nicht ganz blöd ist:

Da die Laderampe unseres Universitätsmuseums natürlich so ist, dass kein normaler LKW dort rückwärts ranfahren kann, nutzen wir oft die benachbarte Laderampe der Theater-Abteilung, wenn ein Sattelschlepper eine Sendung abholt oder anliefert. Das bedeutet, dass wir unsere Kisten durch das ganze Ausstellungshaus und eine ganze Reihe von Fluren und Türen schleppen. Kevin, einer unserer Präparatoren („preparator“ entspricht in US-Museen in etwa unseren Ausstellungstechnikern – Anmerkung der Übersetzerin), versuchte schon geraume Zeit eine Kiste aus unserem Museum durch die Doppeltür zu bringen, aber sie hing immer wieder fest. Ich kam, um ihm behilflich zu sein und stellte fest, dass es so eng war, dass ich die beiden Türdrücker auf beiden Seiten abwechselnd eindrücken musste, damit die Kiste hindurch passte. Die Kiste war eigentlich ein Standardmodell, diese Dinger aus Sperrholz, die mit Leisten verstärkt sind, so dass hervorstehende Leiste und flachere Platten sich abwechseln. Deshalb schnappten die Türdrücker natürlich wieder zurück, sobald die erste Leiste durch war und hielten die Kiste fest. Deshalb musste ich immer vor und wieder zurück, um die Türdrücker wieder hineinzudrücken, bis wir das Ding endlich durch hatten. Da meine Arme nicht lang genug sind, um beide Türflügel zu erreichen, mussten wir die Kiste immer in genau so einem Winkel halten, dass sie den einen Türdrücker von selbst hineindrückte, während ich auf die andere Seite ging, um den dortigen Türdrücker herunterzudrücken. Wenn die Kisten nur einen Zentimenter breiter gewesen wäre, hätten wir sie nach draußen und um das ganze Gebäude herum transportieren müssen.
Das sind so Tage, die Spaß machen….

Text: Anne T. Lane, Übertragen ins Deutsche von Angela Kipp

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Hallo Registrar-Welt!

march13

Am 2. Januar sind wir mit einer verrückten Idee angetreten: Eine Plattform zu schaffen, um Registrare in der ganzen Welt zu verbinden. Jetzt, drei Monate später, ist es Zeit für einen ersten Rückblick. Also, was sagt die Karte?

Wo kamen die Besucher von Registrar Trek im März 2013 her?
Nordamerika: 1165
Europa: 426
Südamerika: 94
Ozeanien: 84
Mittelamerika (mit Mexiko): 18
Asien: 7
Afrika: 3

Wir vermuten, das bedeutet, dass wir Registrare weltweit erreichen und dass man sehr leicht sieht, wo der Registrar eine bekannte Spezies ist und wo unserer Beruf eher selten ist.

Wenn wir einen Blick auf alle Besucher zwischen dem 2. Januar und dem 29. März werfen, dann haben wir 9576 Besuche von 4453 Besuchern. Das ist, tja, wie sagen wir das am besten?…

Roar!

 
 
Im Ausblick hoffen wir natürlich, dass Sie uns weiter tolle Geschichten aus Ihrer täglichen Arbeit erzählen oder darüber, wie Sie Registrar wurden oder schöne Artikel über unser Arbeitsgebiet verfassen, die wir dann veröffentlichen und übersetzen können (mailen Sie uns unter story@museumsprojekte.de).
Wir sind froh über jeden, der bereit ist, das eine oder andere in eine neue Sprache zu übersetzen. Schreiben Sie uns, wenn Sie Teil unseres Teams werden wollen.

Angela and Fernando

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Der Registrar: Eine merkwürdige, bedrohte Tierrasse, die selten zu beobachten ist

Neulich las ich eine Email von Alana Cole-Faber, Registrarin bei den Hawaiian Mission Houses in Honolulu, Hawaii, USA. Der Zusammenhang spielt hier keine Rolle, aber ihre Worte waren:
„…wir, die wir im wörtlichen Sinne isoliert sind. Wie auf Inseln. Umgeben von Ozeanen. Wo Registrare eine merkwürdige, bedrohte Tierrasse sind, die selten zu beobachten ist.“

A registrar in his natural habitat: caring for collections. Thanks to Matt Leininger for the picture.

Ein Registrar in seinem natürlichen Lebensraum: er kümmert sich um seine Sammlung. Dank an Matt Leininger für das Bild.

Ich habe immer wieder über diese Worte nachgedacht. Alana arbeitet auf einer Insel, daher sind diese Worte auf ihre Position natürlich ganz besonders zutreffend. Aber ich finde, dass es auch eine brillante Beschreibung unserer Arbeit als Registrare, Sammlungsmanager und Depotverwalter allgemein ist.

Manchmal wenn ich durch die Regalreihen unseres Depots gehe, auf der Suche nach einem Objekt, das ausgeliehen werden soll und in der Datenbank mit „Standort unbekannt“ vermerkt ist, kann ich fast die Stimme von Heinz Sielmann hören: „Die Registrarin schleicht durch den Urwald der Objekte, auf der Suche nach ihrem Opfer. In einiger Entfernung am Gang sitzt ein Objekt zusammen mit Artgenossen. Es ahnt nicht, dass das Verhängnis naht. Die Registrarin nähert sich. Sie erstarrt, überprüft die Unterlagen und mit einer einzigen, zielgerichteten Bewegung schnappt sie sich das Objekt.“

Ein Blick auf die Zahlen

Doch Scherz beiseite. Ist es nicht wirklich so, dass der Registrar ein Tier ist, das selten gesichtet wird? Unsere meiste Arbeit wird hinter den Kulissen geleistet. So weit hinter den Kulissen, dass wir sogar außer Sichtweite und damit auch manchmal aus dem Sinn unserer Kollegen arbeiten. Ich habe eine nicht representative Umfrage in verschiedenen fachbezogenen LinkedIn-Gruppen gestartet1, um zu sehen, ob sich meine persönliche Einschätzung mit der Arbeitswirklichkeit anderer KollegInnen deckt. Die Frage war: „Als Registrar: Wie sieht Ihre normale Arbeit aus (mehr als 50% Ihrer normalen Arbeitszeit)?“ Hier sehen Sie das Ergebnis:

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Glücklicherweise sind die einsamen Wölfe, die ihr Revier ganz allein durchstreifen müssen in der Minderheit. Aber, um im Bild zu bleiben, Registrare sind auch keine Rudeltiere. Die Arbeit, die der Registrar zu erledigen hat, muss zu 71% von ihm alleine erledigt werden.

Der Einsiedler im Depot

Registrars often work concentrated behind the scenes.Thanks to Lisa Verwys for the picture.

Registrare arbeiten oft hochkonzentriert hinter den Kulissen.
Dank an Lisa Verwys für das Bild.

Wie ist es, alleine zu arbeiten? Ich möchte einen Kommentar von Antony Aristovoulou zitieren2, der ein bezeichnendes Schlaglicht auf die Situation wirft: „Ich wurde selten von denjenigen kontrolliert, die mich beauftragt hatten, noch zeigten sie Anzeichen von Interesse und so wurde es ein sehr einsamer Arbeitsprozess. Die Objekte wurden meine Freunde.“ Niemand wird bestreiten, dass es von Zeit zu Zeit großartig ist, allein im Depot zu sein. Als Registrar allein zu arbeiten bedeutet ein Ausmaß an Freiheit, das sich heutzutage nur noch sehr wenige Menschen leisten können. Je nach Architektur und Infrastruktur kann es sogar bedeuten, ohne Internet und Mobilfunkverbindung zu sein. Abgetrennt vom Rest der Welt, auf einer einsamen Insel.

Was sind die Konsequenzen? Allein zu arbeiten beinhaltet gewisse Risiken. Da sind einmal die rein körperlichen Faktoren. Es muss ein Sicherheitskonzept für diejenigen geben, die alleine arbeiten. Vor allem muss der- oder diejenige, die gezwungen ist, alleine zu arbeiten, jederzeit die Möglichkeit haben, nach Hilfe und Unterstützung zu rufen. Es muss gesichert sein, dass auffällt, wenn sie oder er in eine Situation gerät, in der sie oder er nicht mehr in der Lage ist, um Hilfe zu rufen. Eine Routine, dass er oder sie von Zeit zu Zeit angerufen wird, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist. Ein Handy, das er oder sie ständig bei sich trägt (natürlich nur, wenn Mobilfunkverbindung besteht). Eine Checkliste oder ein Procedere, das sicherstellt, dass niemand in den Lagerräumen eingeschlossen wird. Zusätzliche Kontrollrunden des Wachpersonals. All das sollte organisiert sein, bevor jemand seine Arbeit alleine aufnimmt.

Aber es gibt noch andere Gefahren, wenn man alleine arbeitet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass niemand an den- oder diejenige denkt, die noch im Magazin ist, wenn alle zum Mittagessen gehen. Wichtige Informationen in Institutionen erfährt man oft in den Arbeitspausen bei einer Tasse Kaffee. Menschen, die kein Feedback erhalten oder die Möglichkeit haben, sich mit ihren Kollegen auszutauschen, neigen dazu, eigenbrötlerisch zu werden. Es ist zunächst einmal Aufgabe des Registrars selbst, diesen Tendenzen entgegenzuwirken, indem er oder sie die totale Isolation vermeidet und versucht, weiterhin an den gemeinschaftlichen Aktivitäten im Museum teilzunehmen. Aber es ist auch die Aufgabe seiner/ihrer Kolleginnen und Kollegen, die- oder denjenigen im Depot nicht zu vergessen. Letztendlich ist es auch Aufgabe derjenigen, die für die Arbeitsorganisation verantwortlich sind, dafür zu sorgen, dass Möglichkeiten geschaffen werden, damit die Beschäftigten sich untereinander austauschen können. Dies ist vielleicht der einzige Weg, der verhindert, dass der Registrar das „seltsame Tier aus dem Depot“ wird, sondern der Kollege bleibt. Gut, vielleicht der „Kollege mit dem seltsamen Job“, aber immer noch der Kollege.

Der Job: Spaßbremse sein

Giving clear directions of what to do and what not is part of the job.Thanks to Zinnia Willits for the picture.

Klare Anweisungen zu geben, was zu tun und was zu lassen ist, ist Teil des Jobs.
Dank an Zinnia Willits für das Bild.

Die Zahlen zeigen, warum sich Registrare isoliert fühlen, sogar innerhalb eines Teams. Das hat viel mit der Aufgabe des Registrars zu tun. Sie oder er ist für das Wohlergehen der Sammlungsobjekte verantwortlich. Das schließt mit ein, dass sie oder er oft „nein“ sagen muss, wenn es um Veranstaltungen und Ausleihen geht. Wenn der Direktor der Institution ein großes Fest in den Ausstellungsräumen veranstalten möchte, muss der Registrar seine Position verteidigen und sagen, dass das nur ohne Speisen und Getränke geht. Wenn das Marketing-Team Schülergruppen mit einem historischen Schulbus abholen will, wird der Registrar mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass das unmöglich ist. Wenn eine befreundete Institution eine Flagge aus dem Sammlungsbestand ausleihen und sie ohne Tastschutz im Eingangsbereich der Ausstellung aufhängen will, kann der Registrar nur den Kopf schütteln. Sie oder er agiert als Anwalt der Sammlungsobjekte, die eben nicht für sich selbst sprechen können. Obwohl auf dem Papier alle Museumsangestellten für das Bewahren von Sammlungsgütern für zukünftige Generationen verantwortlich sind, hat trotzdem oft der Registrar den schwarzen Peter. Aber der Registrar ist nicht der Direktor. Normalerweise ist er auch nicht der Abteilungsleiter. Das bedeutet, dass, obwohl die Verantwortung für die Sicherheit der Objekte auf seinem oder ihrem Schreibtisch ruht, nicht sie oder er selbst es ist, der oder die die letztendliche Entscheidung fällt. Dieser Fakt verstärkt das Gefühl der Isolation.

Für die Teammitglieder sieht die Sache anders aus: Ausstellungsmacher haben großartige Ideen für künftige Ausstellungen. Gestalter haben neue Ideen, wie Objekte präsentiert werden können. Marketingverantwortliche denken angestrengt darüber nach, wie man das Museum für Besucher attraktiver machen kann. Und dann kommt der Registrar daher und sagt einfach „nein“ zu ihren Ideen. Natürlich scheint es ihnen, als seien Registrare seltsame Tiere! Diejenigen, die einem jeden Spaß verderben! Aber die bittere Wahrheit ist: das ist der Job. Wenn der Registrar Glück hat, dann sind noch Restauratoren mit von der Partie, die seine Sichtweise unterstützen. Andernfalls kann er nur auf Richtlinien und Standards verweisen (was für den Rest des Teams ziemlich langweilig ist) oder Fälle präsentieren, wo etwas schief gelaufen ist, weil man nicht auf den Registrar gehört hat (was unterhaltsamer, aber nicht notwendigerweise überzeugender ist). Schlussendlich kann der Registrar nicht mehr tun, als seine Meinung darzulegen und den ganzen Entscheidungsprozess dokumentieren, um auf der sicheren Seite zu sein.

Eine bedrohte Art?

High-quality work is important - and needs enough time and money. Thanks to Sharon Steckline for the picture.

Qualitativ hochwertige Arbeit ist wichtig – und braucht Zeit und Geld.
Dank an Sharon Steckline für das Bild.

Also, ist der Registrar eine bedrohte Art? Tja, der Registrar ist wahrscheinlich nicht mehr und nicht weniger bedroht als andere Museumsprofis heutzutage. Wenn das Geld knapp wird, ist der Kulturbereich der erste, der mit einem Stirnrunzeln von Entscheidungsträgern betrachtet wird. Aber soweit ich das beurteilen kann, ist das nicht auf Sammlungsmanagement beschränkt. Politiker fragen gerne, ob ein Museum nicht von weniger Leuten betrieben werden kann oder ob man es überhaupt braucht. Tatsächlich haben in den letzten Jahren einige Länder außerhalb der USA bemerkt, wozu Registrare gut sind und haben mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen. Aber das ist nur ein Teil der Geschichte.
Ein anderer Teil ist, dass die Qualität unserer Arbeit wirklich bedroht ist. Wenn das Geld knapp ist, sind die Entscheidungen, wohin das Geld fließen soll, besonders schwierig. Und of bekommt das Geld der, der am lautesten schreit. Registrare, darauf trainiert, so unauffällig wie möglich zu agieren, werden mit ihren Bitten um archivtaugliche Verpackungen und Manpower dabei gerne überhört. Aber wieder ist das nur ein Teil der Geschichte.

In vielen kleineren Museen ist das Geld so knapp, dass es nicht die Entscheidung zwischen Archivkartons für die Sammlungsabteilung oder Anzeigenschaltung in der Zeitung ist, sondern die Entscheidung, ob man das Dach repariert oder eine Ausstellung veranstaltet. In diesen Fällen ist Arbeitskraft ein großes Thema3. Die Stelle mag mit „Registrar“ betitelt sein, beinhaltet aber wesentlich mehr. Er oder sie arbeitet gleichzeitig in der Besucherbetreuung, dient als Beschwerdestelle, verkauft im Shop und sitzt an der Kasse und macht gleichzeitig noch Ausstellungen. Das bedeutet aber auch, dass diese Person nicht so viel Zeit ins Sammlungsmanagement investieren kann, wie vielleicht notwendig wäre.

Andere Museen entscheiden, dass sie sich keinen Registrar im festangestellten Personalstamm leisten können. Sie stellen einen freiberuflichen Registrar ein, wenn sie ihn dringend benötigen. Das ist eine gute Idee, wenn es darum geht, neue Lagereinrichtungen zu planen, Beratungsleistungen zur Inventarisierung und Dokumentation gefragt sind, die Objekte für eine Sonderausstellung in guten Händen sein sollen4 oder ein bestimmter Sammlungsbestand erfasst werden soll. Anders sieht es aus, wenn die Institution in Besitz eines Sammlungsbestandes ist, der eine gewisse Größe überschreitet (es ist nicht einfach, hier eine Zahl anzugeben, es hängt von der Zielsetzung der Sammlung ebenso ab, wie davon, wie der Bestand von der Institution „genutzt“ wird). Sammlungsverwaltung ist ein Ganztagsjob. Die Idee, die Sammlung einen Registrar katalogisieren zu lassen und dann die Betreuung „jemandem neben seiner sonstigen Aufgaben“ zu übertragen oder zu sagen „alle sind für die Sammlung verantwortlich“, funktioniert nicht.

der

Qualitätvolle Arbeit in Museen ist immer eine gemeinsame Anstrengung. Teamwork ist der Schlüssel. Dank an Matt Leininger für das Bild.

Ein Registrar ist mehr als eine menschliche Datenbank. Wenn Sie alle Sammlungsgegenstände hundertprozentig korrekt in Ihrer Datenbank haben (nennen Sie mir ein Museum, das das von sich behaupten kann), heißt das nicht, dass das so bleibt. Die Objekte im Blick zu behalten ist eine dauerhafte Anstrengung. Alles richtig in der Datenbank zu haben genauso. Sie können alle Museumsmitarbeiter einen Eid darauf schwören lassen, dass sie jede Objektbewegung in der Datenbank dokumentieren, Sie werden immer noch sehen, dass die Heilige Entropie auf magische Weise Unordnung in Ihre Bestände bringt. Ein guter Registrar behält das im Auge und arbeitet dagegen an. Aber das geht noch weiter… Wie in jeder Bibliothek gehen Dinge „verloren“, weil sie auf den falschen Standort zurückgestellt werden. Ein Registrar, der mit seiner Sammlung vertraut ist, wird eine Ahnung haben, wo er danach suchen muss – basierend auf seiner Erfahrung und auf dem Wissen, wer zuletzt mit dem vermissten Gegenstand zu tun hatte. Vergessen Sie nicht, dass Sie normalerweise nicht einfach einen Registrar unter Vertrag nehmen – sie heuern auch ein Elefantengedächtnis an.

Zuletzt: Ein Registrar, der lange Zeit für eine Sammlung verantwortlich ist, wird irgendwie mit ihr und ihrem Lagerungsort verschmelzen. Er oder sie entwickelt so etwas wie einen sechsten Sinn für Dinge, die nicht so sind, wie sie sein sollen: ein plötzliches Ansteigen der Luftfeuchtigkeit noch bevor jemand das Messgerät überprüft hat, ein Objekt, das nicht so aussieht, wie es immer ausgesehen hat, eine Stimme, die dem Registrar sagt, dass er nochmal um die Lagerhalle gehen soll, bevor er oder sie geht… Das ist etwas, was sich mit der Zeit entwickelt. Das bekommen Sie mit kurzfristigen Verträgen nicht, die nur über ein paar Monate oder ein Jahr laufen.

Schlußfolgerung

Wie wir gesehen haben, ist ein Registrar wirklich ein Tier, das selten zu beobachten ist. Eine gemeinschaftliche Anstrengung ist notwendig, um ihn nicht zur bedrohten Tierart werden zu lassen:

  • Für das Individuum: Alle, die im Museum arbeiten müssen darauf achten, dass der Registrar sicher ist, wenn er alleine arbeitet und darauf achten, dass er nicht vom Rest der Museumsgemeinschaft isoliert wird.
  • Für die Fachleute: Alle Kollegen müssen verstehen, was die Aufgabe des Registrars ist. Er oder sie will keine Spaßbremse sein, es ist seine / ihre Aufgabe, die Objekte zu schützen, damit auch zukünftige Generationen daran Freude haben.
  • Für das Museum: Verantwortliche müssen ernsthaft über den Stellenwert eines professionellen Sammlungsmanagements nachdenken. Es ist ein alter Hut, dass vorbeugende Bestandserhaltung und professionelle Lagerung auf lange Sicht Geld spart. Hier Gelder zu kürzen heißt höhere Ausgaben in der Zukunft in Kauf zu nehmen.
  • Für die Gesellschaft: Politiker, Kommunen und Steuerzahler allgemein sollten sich fragen, was ihnen Museen und Sammlungen wert sind. Wir wissen alle, dass ein Mensch, der sein Gedächtnis verliert, sich selbst verliert. Für eine Gesellschaft, die ihre Geschichte verliert, gilt das gleiche. Unser Erbe zu bewahren ist nicht einfach ein Kostenfaktor, es ist ein hoher Wert für unsere Gesellschaft.

Das sind einfach meine Gedanken zu diesem Thema. Nun muss ich gehen. Mir ist so, als hätte ich just in diesem Moment zwei undokumentierte Objekte etwas weiter hinten in diesem Gang gesehen…

Angela Kipp

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  1. Association of Registrars and Collection Specialists, Collections Management und Collection Preservation and Care, die Daten wurden zwischen dem 27.1. und 23.2.2013 erhoben.
  2. Der Kommentar wurde zur oben genannten Umfrage in der LinkedIn-Gruppe „Association of Registrars and Collection Specialists“ auf www.LinkedIn.com gepostet.
  3. Als ich in der LinkedIn-Gruppe „Collections Management“ fragte: „Aufruf an alle Museumsmitarbeiter, die für Sammlungsmanagement und Registrierung verantwortlich sind: Was sind die Hauptprobleme in Ihrem job?“ antworteten überwältigende 50% „Arbeitskräfte“, noch vor „Geld für Klimatiesierung, Sicherheit usw.“ (16%), „Geld für Verpackungsmaterial, Regale, usw.“ (12%), „Schenkungen/Stiftungen“ (10%) und „Ausleihen“ (9%). Die Diskussion ist recht aufschlußreich und hebt hervor, mit welchen Problemen Sammlungsmanagement zur Zeit konfrontiert ist: http://www.linkedin.com/groupItem?view=&gid=3280471&type=member&item=175582165&qid=4a59729e-7bf2-4bb6-8b6b-e2883014a660&trk=group_search_item_list-0-b-ttl
  4. Ich empfehle, immer einen Registrar im Team zu haben, wenn es um eine Ausstellung mit einer gewissen Anzahl Originale geht. Siehe hierzu: „5 Tipps zum Umgang mit Registraren“ http://world.museumsprojekte.de/?p=24
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Erkenne Dein Kunstwerk!

Neulich lernte ich Eduardo De Diego kennen, Physical Security Professional (PSP) bei Applied Security Research Associates, mit Sitz in Kanada. Sicherheit ist immer ein großes Thema in Museen und ich war interessiert an seinen Einblicken zum Umzug von Sammlungsgegenständen. Natürlich habe ich ihm von diesem Blog erzählt und ihn gefragt, ob er nicht eine interessante Geschichte für uns hat. Natürlich hatte er (und ich hoffe, er hat noch mehr)! Genießen Sie die Lektüre und danke an Eduardo fürs erzählen!

Während einer Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen und Zugangskontrollen an einem großen, international bekannten Museum erfuhren wir, dass der Chefkurator (der ungenannt bleiben soll, um die Institution zu schützen) eine Crew der Fernsehnachrichten eingeladen hatte, um mit ihnen ein „Zeigen und Erklären“-Feature aufzuzeichnen.

Der Kurator wollte für die Medien ein bißchen angeben und präsentierte eine hervorragende Fälschung eines sehr bekannten Kunstwerkes. Das Fernsehteam fragte, wie er denn feststellen könne, dass das eine Fälschung sei? Der Kurator sagte: „OK, ich zeige es Ihnen“ und holte das Original aus dem Sicherheitstrakt (was einen völligen Bruch der Zugangs- und Bewegungskontrollvorschriften darstellte). Er brachte also das Original, stellte Original und Fälschung auf zwei identische Staffeleien und fuhr damit fort zu erklären, wie seine ausgezeichnete Kenntnis der Materie ihn in die Lage versetze, das wahre Kunstwerk von der Fälschung zu unterscheiden. Dann zeigte der Kurator weitere Kunstwerke und interpretierte sie, während er die ersten beiden Gemälde unbeobachtet ließ. Ein Mitglied der Nachrichtencrew fand, dass es an der Zeit für einen Streich wäre und tauschte die beiden Bilder gegeneinander aus. Der Kurator bemerkte es nicht, da seine Aufmerksamkeit anderweitig in Anspruch genommen war. Der Kurator kam zurück und die Nachrichtencrew fragte noch einmal, für die Zuschauer, welches war jetzt bitte das richtige Kunstwerk? Er identifizierte die Fälschung als das echte Kunstwerk.

Danach sagte man dem Kurator was vorgefallen war und es brauchte Wochen, ehe eine unabhängige Überprüfung das echte Bild zweifelsfrei identifiziert hatte und es wieder ins Depot zurückgebracht werden konnte.

Happyend, aber teuer.

Text: Eduardo De Diego

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Auf die Größe kommt es an!

Diese Papiermaschine wurde mehrfach vermessen, bevor sie transportiert wurde.

Diese Papiermaschine wurde mehrfach vermessen, bevor sie transportiert wurde.

Wenn Sie Museumsleute stöhnen hören wollen, sagen Sie einfach mal „Maße“. Jeder hat eine Geschichte darüber. Murphy aus Murphys Gesetz treibt sich immer in der Nähe unserer Maßbänder, Zollstöcke und Lasermessgeräte herum. Nicht alle Geschichten sind so extrem wie die, die Sie in den Bildern sehen. Die Papiermaschine war immer wieder vermessen worden, weil es klar war, dass sie eines der problematischsten Transportgüter beim großen Depotumzug sein würde. Wir hatten eine technische Dokumentation. Wir hatten Spezialisten für Schwertransporte, erfahren in wesentlich problematischeren Fällen als unserer „kleinen“ Papiermaschine. Wir vertrauten unseren Fähigkeiten als Profis, als wir überwachten, wie das Maschinenteil per Kran auf den Tieflader verladen wurde. Erst dann wurde uns klar, dass die Maschine auf dem Tieflader stehend nicht durch das Tor passen würde. Es fehlte nicht viel, nur ein paar Zentimeter. Es schien so zu sein, dass sich die Meßungenauigkeiten (Höhe des Maschinenteils, höhe des Tiefladers, Höhe des Tors) zum schlimmsten Fall aufsummiert hatten. Es ließ sich nicht leugnen – wir hatten ein Problem.

Auf dem Tieflader passte die Maschine nicht durchs Tor - Die Transporteure mussten sich etwas einfallen lassen...

Auf dem Tieflader passte die Maschine nicht durchs Tor – Die Transporteure mussten sich etwas einfallen lassen…

Zum Glück hatten wir eine erfahrene Transportfirma. Nach ein paar Diskussionen wurde entschieden, die Maschine auf Rollbretter zu stellen und sie vorsichtig durch das Tor zu schieben. Es funktionierte. Nachdem sie durch war, wurde sie wieder auf den Tieflader gehoben und in ihr neues Zuhause gebracht.

Lassen Sie sich nicht täuschen: Jetzt scheint es so, als ob die Maschine niemals durch das Tor passen konnte. Aber das liegt an der Perspektive. In Wirklichkeit fehlten nur vier Zentimeter.

Lassen Sie sich nicht täuschen: Jetzt scheint es so, als ob die Maschine niemals durch das Tor passen konnte. Aber das liegt an der Perspektive. In Wirklichkeit fehlten nur vier Zentimeter

Andere Fälle von falschem Messen sind weniger spektakulär, aber die Probleme, die dadurch entstehen, sind manchmal größer. Ich weiß nicht, warum, aber einige Menschen tendieren dazu, Maße abzurunden. Nicht besonders hilfreich, besonders, wenn man einen Kistenbauer oder Vitrinendesigner mit der selben Angewohnheit hat…

Ein besonderes Problem tritt auf, wenn man mit internationalen Partnern zusammenarbeitet. In der Europäischen Union ist das metrische System üblich, während das Vereinigte Königreich und die USA ihr eigenes System verwenden (Imperial units und United States customary units, die sich in einigen Fällen leicht unterscheiden). Man hat das als Registrar normalerweise im Hinterkopf, aber Mißverständnisse sind trotzdem vorprogrammiert. Ich erinnere mich an einen Fall, als uns ein schwer lesbares Fax mit Objektdaten erreichte. Wenn man zurückblickt, klingt es verrückt, aber eine lange Zeit rechneten wir damit, eine kleine Kiste von etwa 50 x 20 x 21 Zentimetern zu erhalten. Als uns der Kostenvoranschlag für den Transport erreichte, waren wir vom Preis leicht schockiert. Als wir das ursprüngliche Fax noch einmal lasen, fiel uns auf, dass wir es mißverstanden hatten. Ja, das Zeichen hinter den Maßen war KEIN Doppelstrich („), sondern nur ein Strich (‚). Der kleine Unterschied, der das Inch (1“ = 2.54 cm) vom Fuß (1‘ = 30.48 cm) unterscheidet. Wir würden kein nettes, kleines Kistchen erhalten, sondern einen veritablen Überseecontainer….

Angela

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Digitale Medien, Universitätsdidaktik und kultureller Kannibalismus: Überlegungen von einer lateinamerikanischen Professorin im Exil

January 2013

„Wenn Du die Antwort nicht weißt, diskutiere die Frage“ (Clifford Geertz)

Im anthropologischen Sprachverständnis ist der „Eingeborene“ das lokale Wesen, das zu diesem Land gehört und der der erste Bewohner dieses Platzes war, wohingegen der „Einwanderer“ der Fremde oder Ausländer ist, der von außen kommt und den Platz des Eingeborenen einnimmt und sein Gebiet besetzt. Es ist wie in einem Cowboy-und-Indianer-Film aus Holywood, in dem der Indianer von Elvis Presley gespielt wird und seine indigene Mutter von einer Südamerikanerin wie Dolores de los Rios!

Es ist interessant, festzustellen, dass die Sprache der Cyberkultur oder des Cyberspace die vergegenständlichten Konzepte der westlichen Kultur in Hinblick auf Kolonialismus und Imperialismus anwendet: in diesem neuen Cyberkontext ist der „Eingeborene“ der, der innerhalb der digitalen Ordnung geboren wurde und dementsprechend auf der Grundlage dieser Logik seine Schlüsse zieht, während der „Einwanderer“ aus seiner buchzentrierten Mittelalter/Rennaissance-Kultur in die Cyberkultur hinein vertrieben wird, immer noch mit dem einen Fuß in dieser, mit dem anderen in jener Kultur.

Was wird aus dieser Kultur im Cyberspace, besonders, wenn man an die große Zahl sowohl grammatikalischer als auch digitaler Analphabeten in Lateinamerika denkt? Néstor García Canclini untersucht, in Büchern wie Diferentes, Desiguais e Desconectados, Editora UFRJ, 2005, die Widersprüche der südamerikanischen indigenen Bevölkerung, die das Internet nutzt, ohne überhaupt Lesen und Schreiben gelernt zu haben! Als Anthropologin und Lehrerin scheint mir das eine relevante Frage zu sein, die diskutiert werden sollte: wie kommt man in die digitale Ära von globalen oder internationalen Charakter, ohne den regionalen Bezug der brasilianischen Kultur zu verlieren, hier bin ich inspiriert von der Haltung von Oswald Andrade zum „kulturellen Kannibalismus“?

Als eine Art, meine Studenten darin zu schulen, eine kritische Haltung zu entwickeln – das Ziel jeder Hochschulbildung – habe ich ein Produkt der visuellen Gestaltung in der Kunsterziehung entwickelt, in dem ich auf die Wichtigkeit hinweise, die Cyberkultur auf eine kritische Art und Weise zu verschlingen und sie zurück-verändert wiederzugeben, einer lokalen „einheimischen“ Sprache gemäß. Mir scheint es, als ob diese bemerkenswerte Frage nie betont wird, wenn über Cyberkultur gesprochen wird: Könnte es möglich sein, dass alle kulturellen Statuten die hier auf scheinbar demokratischem Wege aufgestellt werden, die selbe sozioökonomische Vorherrschaft ergeben, wenn man sie einfach schluckt?

Wenn dem so ist, wie kann es mit den Studenten gelingen, einen Zusammenhang mit dem „kritischen Kannibalismus“ herzustellen? Wie kann man in ihnen ein ästhetisches Gespür (im platonishcen Sinne) für Konzepte wecken? Wie kann man sie lehren, die Spreu vom Weizen zu trennen in einem Wust von digitalem Medienchaos, das unweigerlich durchzogen ist von der kapitalistischen, imperialistischen und kolonialistischen Logik der Europäischen und Nordamerikanischen Ersten Welt?

Philosophische und humanistische Fragen erster Ordnung, Gefährten: ist es möglich, dass das, was ein typischer „digitaler Eingeborener“ denkt, relevant, angemessen, politisch und ethisch korrekt ist und kann es die Welt zum besseren verändern? Oder, immer noch wichtiger, was ist der wahre didaktische Beitrag, den das profunde Wissen eines Lehrers im Vergleich zu dem Übermaß an unterschwellig transportierten Informationen durch die digitalen Medien in der heutigen Welt leisten kann?

Prof. Dr. Dinah Papi Guimaraens – Professor für Architektur und Städtebau an der Universidade Federal Fluminense und ist Direktorin und Mitbegründerin des Museu de Arte e Origens, NYC (promovierte über das Postgraduiertenprogramm in Social Anthropology -Museu Nacional- UFRJ und New York University – Museum Studies Program /Fullbright Scholar; PhD, Department of Anthropology, University of New Mexico, USA)
Translated by Araceli Galán

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Eine ernsthafte Arbeit

Wo ist oben? Es gibt keine Möglichkeit, es richtig zu machen…

Ja, die Arbeit eines Registrars ist ein ernsthaftes Geschäft. All die wertvollen Objekte, die ganze Dokumentation… wir Registrare sind sehr ernsthaft und geradlinig, richtig? Richtig! Aber warum bricht dann das Team des Registrars bei Sitzungen oder Veranstaltungen plötzlich in hilfloses Gekicher aus? Weil unsere Arbeit voller unfreiwilliger Komik ist!

Ich erinnere mich, wie einmal eine Kiste für eine Ausstellung angeliefert wurde, die auf zwei völlig unterschiedlichen Seiten „hier oben“ stehen hatte. Dummerweise habe ich kein Foto davon geschossen. Sie können sich vorstellen, wie glücklich ich darüber war, dass mir Noel Valentin vom El Museo del Barrio, New York das Foto links geschickt hat.

Unglaublich, wie viel Humor in Datenbankeinträgen steckt. Wie wäre es denn mit „Messer ohne Klinge, Heft fehlt“? Ich nehme an, dass es sich um eine elegante Methode handelt, einen Totalverlust zu verschleiern. Oder eine Anmerkung im Zustandsfeld der Datenbank: „muss mit dem Staubsauger behandelt werden“. Wir haben den Staubsauger immer griffbereit, es hat mit Sicherheit mehr Mühe gekostet, diesen Datenbankeintrag vorzunehmen, als das Objekt zu staubsaugen. Überhaupt: Zustandsprotokolle. Eine Kollegin mailte einmal, dass sie tatsächlich dort die Bemerkung „häßlich, aber langlebig“ gelesen hatte.

"Close door! Because of climate" Registrar's do something against climate change!

Registrare gegen den Klimawandel…

Ich liebe bescheuerte Aufschriften und versuche sie zu fotograferen, wenn ich sie sehe. Leider habe ich meinen persönlichen Favoriten verloren, es war eine Kiste mit der Aufschrift „Vorsicht Inhalt“. Es zeigte sich, dass es sich bei dem Inhalt um einen Autofeuerlöscher handelte und dass offensichtlich jemand vermeiden wollte, dass man die alte Weinschachtel achtlos wegwarf, in der sich das undokumentierte Objekt befand. Von der Aufschrift her hätte ich allerdings zumindest etwas Asbest- oder Quecksilberhaltiges erwartet…

Was ich allerdings fotografiert habe, ist das improvisierte Türschild rechts: „Tür zu! wg. Klima“. Natürlich wissen wir alle, was damit gemeint ist. Wir sollen die Tür geschlossen halten, weil der Raum dahinter eine konstante Temperatur und relative Feuchte benötigt. Trotzdem, mit den ganzen Diskussionen um den Klimawandel… es sieht nach einer sehr einfachen Lösung aus.

Offensichtlich bin ich nicht die einzige, die unfreiwillige Komik liebt. Schauen Sie sich den wunderbaren Film  „Stuff Museum People Say“ (Zeug das Museumsleute sagen) vom Atlanta History Center an: http://www.youtube.com/watch?v=IhAJiz2ixuY bei 1:23 sehen Sie eine typische Szene mit einem Registrar: ein Museumsmitarbeiter verletzt sich und die Registrarin ruft „Bluten Sie nicht auf die Artefakte!“.

Oh ja, und dann gibt es da noch die Fehlleistungen bei der Objektlagerung. Liz Walton hat dafür ein Blog ins Leben gerufen: Art Storage Fail. Genießen Sie es, und wenn Sie etwas beizutragen haben: schicken Sie es ihr.

Lassen Sie mich diesen Beitrag mit zwei unfreiwillig komischen Postkarten eines Schornsteinfegers beschließen. Unsere Außenlager sind nicht rund um die Uhr besetzt. Unser Kaminkehrer hat das durch die vielen, vielen sinnlosen Anfahrten für die jährliche Untersuchung unserer Heizungsanlage gelernt. Deshalb schickt er jetzt Postkarten, um diese Termine auszumachen. Die erste lautete: „Ich komme am 25. Februar um 10:15 Uhr oder an den darauffolgenden Tagen.“ Nachdem er zu dem ersten Termin nicht erschien, rief ich ihn an und wir vereinbarten einen Termin auf den 26. um 11 Uhr. Alles ging glatt. Im folgenden Jahr erhielt ich eine Postkarte „Wir kommen im Februar. Bitte warten Sie nicht, wir rufen Sie zwecks genauerer Terminvereinbarung an.“ Wieder ging alles glatt, nachdem wir telefoniert hatten. Aber bis heute geht mir das Bild nicht aus dem Kopf, wie jemand den ganzen Februar hindurch auf einen Schornsteinfeger wartet…

Angela

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