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Museum professional, lover of all collections work, former collections manager of the TECHNOSEUM in Mannheim, Germany. Now Professional Services Specialist for Gallery Systems. Independent museum professional. Cat wrangler and #SciFi enthusiast. Views are my own. Of course, they are. I can't make anybody responsible for the garbage my brain produces!

Hallo Registrar-Welt!

march13

Am 2. Januar sind wir mit einer verrückten Idee angetreten: Eine Plattform zu schaffen, um Registrare in der ganzen Welt zu verbinden. Jetzt, drei Monate später, ist es Zeit für einen ersten Rückblick. Also, was sagt die Karte?

Wo kamen die Besucher von Registrar Trek im März 2013 her?
Nordamerika: 1165
Europa: 426
Südamerika: 94
Ozeanien: 84
Mittelamerika (mit Mexiko): 18
Asien: 7
Afrika: 3

Wir vermuten, das bedeutet, dass wir Registrare weltweit erreichen und dass man sehr leicht sieht, wo der Registrar eine bekannte Spezies ist und wo unserer Beruf eher selten ist.

Wenn wir einen Blick auf alle Besucher zwischen dem 2. Januar und dem 29. März werfen, dann haben wir 9576 Besuche von 4453 Besuchern. Das ist, tja, wie sagen wir das am besten?…

Roar!

 
 
Im Ausblick hoffen wir natürlich, dass Sie uns weiter tolle Geschichten aus Ihrer täglichen Arbeit erzählen oder darüber, wie Sie Registrar wurden oder schöne Artikel über unser Arbeitsgebiet verfassen, die wir dann veröffentlichen und übersetzen können (mailen Sie uns unter story@museumsprojekte.de).
Wir sind froh über jeden, der bereit ist, das eine oder andere in eine neue Sprache zu übersetzen. Schreiben Sie uns, wenn Sie Teil unseres Teams werden wollen.

Angela and Fernando

Der Registrar: Eine merkwürdige, bedrohte Tierrasse, die selten zu beobachten ist

Neulich las ich eine Email von Alana Cole-Faber, Registrarin bei den Hawaiian Mission Houses in Honolulu, Hawaii, USA. Der Zusammenhang spielt hier keine Rolle, aber ihre Worte waren:
„…wir, die wir im wörtlichen Sinne isoliert sind. Wie auf Inseln. Umgeben von Ozeanen. Wo Registrare eine merkwürdige, bedrohte Tierrasse sind, die selten zu beobachten ist.“

A registrar in his natural habitat: caring for collections. Thanks to Matt Leininger for the picture.
Ein Registrar in seinem natürlichen Lebensraum: er kümmert sich um seine Sammlung. Dank an Matt Leininger für das Bild.

Ich habe immer wieder über diese Worte nachgedacht. Alana arbeitet auf einer Insel, daher sind diese Worte auf ihre Position natürlich ganz besonders zutreffend. Aber ich finde, dass es auch eine brillante Beschreibung unserer Arbeit als Registrare, Sammlungsmanager und Depotverwalter allgemein ist.

Manchmal wenn ich durch die Regalreihen unseres Depots gehe, auf der Suche nach einem Objekt, das ausgeliehen werden soll und in der Datenbank mit „Standort unbekannt“ vermerkt ist, kann ich fast die Stimme von Heinz Sielmann hören: „Die Registrarin schleicht durch den Urwald der Objekte, auf der Suche nach ihrem Opfer. In einiger Entfernung am Gang sitzt ein Objekt zusammen mit Artgenossen. Es ahnt nicht, dass das Verhängnis naht. Die Registrarin nähert sich. Sie erstarrt, überprüft die Unterlagen und mit einer einzigen, zielgerichteten Bewegung schnappt sie sich das Objekt.“

Ein Blick auf die Zahlen

Doch Scherz beiseite. Ist es nicht wirklich so, dass der Registrar ein Tier ist, das selten gesichtet wird? Unsere meiste Arbeit wird hinter den Kulissen geleistet. So weit hinter den Kulissen, dass wir sogar außer Sichtweite und damit auch manchmal aus dem Sinn unserer Kollegen arbeiten. Ich habe eine nicht representative Umfrage in verschiedenen fachbezogenen LinkedIn-Gruppen gestartet1, um zu sehen, ob sich meine persönliche Einschätzung mit der Arbeitswirklichkeit anderer KollegInnen deckt. Die Frage war: „Als Registrar: Wie sieht Ihre normale Arbeit aus (mehr als 50% Ihrer normalen Arbeitszeit)?“ Hier sehen Sie das Ergebnis:

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Glücklicherweise sind die einsamen Wölfe, die ihr Revier ganz allein durchstreifen müssen in der Minderheit. Aber, um im Bild zu bleiben, Registrare sind auch keine Rudeltiere. Die Arbeit, die der Registrar zu erledigen hat, muss zu 71% von ihm alleine erledigt werden.

Der Einsiedler im Depot

Registrars often work concentrated behind the scenes.Thanks to Lisa Verwys for the picture.
Registrare arbeiten oft hochkonzentriert hinter den Kulissen.
Dank an Lisa Verwys für das Bild.

Wie ist es, alleine zu arbeiten? Ich möchte einen Kommentar von Antony Aristovoulou zitieren2, der ein bezeichnendes Schlaglicht auf die Situation wirft: „Ich wurde selten von denjenigen kontrolliert, die mich beauftragt hatten, noch zeigten sie Anzeichen von Interesse und so wurde es ein sehr einsamer Arbeitsprozess. Die Objekte wurden meine Freunde.“ Niemand wird bestreiten, dass es von Zeit zu Zeit großartig ist, allein im Depot zu sein. Als Registrar allein zu arbeiten bedeutet ein Ausmaß an Freiheit, das sich heutzutage nur noch sehr wenige Menschen leisten können. Je nach Architektur und Infrastruktur kann es sogar bedeuten, ohne Internet und Mobilfunkverbindung zu sein. Abgetrennt vom Rest der Welt, auf einer einsamen Insel.

Was sind die Konsequenzen? Allein zu arbeiten beinhaltet gewisse Risiken. Da sind einmal die rein körperlichen Faktoren. Es muss ein Sicherheitskonzept für diejenigen geben, die alleine arbeiten. Vor allem muss der- oder diejenige, die gezwungen ist, alleine zu arbeiten, jederzeit die Möglichkeit haben, nach Hilfe und Unterstützung zu rufen. Es muss gesichert sein, dass auffällt, wenn sie oder er in eine Situation gerät, in der sie oder er nicht mehr in der Lage ist, um Hilfe zu rufen. Eine Routine, dass er oder sie von Zeit zu Zeit angerufen wird, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist. Ein Handy, das er oder sie ständig bei sich trägt (natürlich nur, wenn Mobilfunkverbindung besteht). Eine Checkliste oder ein Procedere, das sicherstellt, dass niemand in den Lagerräumen eingeschlossen wird. Zusätzliche Kontrollrunden des Wachpersonals. All das sollte organisiert sein, bevor jemand seine Arbeit alleine aufnimmt.

Aber es gibt noch andere Gefahren, wenn man alleine arbeitet. Es ist sehr wahrscheinlich, dass niemand an den- oder diejenige denkt, die noch im Magazin ist, wenn alle zum Mittagessen gehen. Wichtige Informationen in Institutionen erfährt man oft in den Arbeitspausen bei einer Tasse Kaffee. Menschen, die kein Feedback erhalten oder die Möglichkeit haben, sich mit ihren Kollegen auszutauschen, neigen dazu, eigenbrötlerisch zu werden. Es ist zunächst einmal Aufgabe des Registrars selbst, diesen Tendenzen entgegenzuwirken, indem er oder sie die totale Isolation vermeidet und versucht, weiterhin an den gemeinschaftlichen Aktivitäten im Museum teilzunehmen. Aber es ist auch die Aufgabe seiner/ihrer Kolleginnen und Kollegen, die- oder denjenigen im Depot nicht zu vergessen. Letztendlich ist es auch Aufgabe derjenigen, die für die Arbeitsorganisation verantwortlich sind, dafür zu sorgen, dass Möglichkeiten geschaffen werden, damit die Beschäftigten sich untereinander austauschen können. Dies ist vielleicht der einzige Weg, der verhindert, dass der Registrar das „seltsame Tier aus dem Depot“ wird, sondern der Kollege bleibt. Gut, vielleicht der „Kollege mit dem seltsamen Job“, aber immer noch der Kollege.

Der Job: Spaßbremse sein

Giving clear directions of what to do and what not is part of the job.Thanks to Zinnia Willits for the picture.
Klare Anweisungen zu geben, was zu tun und was zu lassen ist, ist Teil des Jobs.
Dank an Zinnia Willits für das Bild.

Die Zahlen zeigen, warum sich Registrare isoliert fühlen, sogar innerhalb eines Teams. Das hat viel mit der Aufgabe des Registrars zu tun. Sie oder er ist für das Wohlergehen der Sammlungsobjekte verantwortlich. Das schließt mit ein, dass sie oder er oft „nein“ sagen muss, wenn es um Veranstaltungen und Ausleihen geht. Wenn der Direktor der Institution ein großes Fest in den Ausstellungsräumen veranstalten möchte, muss der Registrar seine Position verteidigen und sagen, dass das nur ohne Speisen und Getränke geht. Wenn das Marketing-Team Schülergruppen mit einem historischen Schulbus abholen will, wird der Registrar mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, dass das unmöglich ist. Wenn eine befreundete Institution eine Flagge aus dem Sammlungsbestand ausleihen und sie ohne Tastschutz im Eingangsbereich der Ausstellung aufhängen will, kann der Registrar nur den Kopf schütteln. Sie oder er agiert als Anwalt der Sammlungsobjekte, die eben nicht für sich selbst sprechen können. Obwohl auf dem Papier alle Museumsangestellten für das Bewahren von Sammlungsgütern für zukünftige Generationen verantwortlich sind, hat trotzdem oft der Registrar den schwarzen Peter. Aber der Registrar ist nicht der Direktor. Normalerweise ist er auch nicht der Abteilungsleiter. Das bedeutet, dass, obwohl die Verantwortung für die Sicherheit der Objekte auf seinem oder ihrem Schreibtisch ruht, nicht sie oder er selbst es ist, der oder die die letztendliche Entscheidung fällt. Dieser Fakt verstärkt das Gefühl der Isolation.

Für die Teammitglieder sieht die Sache anders aus: Ausstellungsmacher haben großartige Ideen für künftige Ausstellungen. Gestalter haben neue Ideen, wie Objekte präsentiert werden können. Marketingverantwortliche denken angestrengt darüber nach, wie man das Museum für Besucher attraktiver machen kann. Und dann kommt der Registrar daher und sagt einfach „nein“ zu ihren Ideen. Natürlich scheint es ihnen, als seien Registrare seltsame Tiere! Diejenigen, die einem jeden Spaß verderben! Aber die bittere Wahrheit ist: das ist der Job. Wenn der Registrar Glück hat, dann sind noch Restauratoren mit von der Partie, die seine Sichtweise unterstützen. Andernfalls kann er nur auf Richtlinien und Standards verweisen (was für den Rest des Teams ziemlich langweilig ist) oder Fälle präsentieren, wo etwas schief gelaufen ist, weil man nicht auf den Registrar gehört hat (was unterhaltsamer, aber nicht notwendigerweise überzeugender ist). Schlussendlich kann der Registrar nicht mehr tun, als seine Meinung darzulegen und den ganzen Entscheidungsprozess dokumentieren, um auf der sicheren Seite zu sein.

Eine bedrohte Art?

High-quality work is important - and needs enough time and money. Thanks to Sharon Steckline for the picture.
Qualitativ hochwertige Arbeit ist wichtig – und braucht Zeit und Geld.
Dank an Sharon Steckline für das Bild.

Also, ist der Registrar eine bedrohte Art? Tja, der Registrar ist wahrscheinlich nicht mehr und nicht weniger bedroht als andere Museumsprofis heutzutage. Wenn das Geld knapp wird, ist der Kulturbereich der erste, der mit einem Stirnrunzeln von Entscheidungsträgern betrachtet wird. Aber soweit ich das beurteilen kann, ist das nicht auf Sammlungsmanagement beschränkt. Politiker fragen gerne, ob ein Museum nicht von weniger Leuten betrieben werden kann oder ob man es überhaupt braucht. Tatsächlich haben in den letzten Jahren einige Länder außerhalb der USA bemerkt, wozu Registrare gut sind und haben mehr Arbeitsplätze in diesem Bereich geschaffen. Aber das ist nur ein Teil der Geschichte.
Ein anderer Teil ist, dass die Qualität unserer Arbeit wirklich bedroht ist. Wenn das Geld knapp ist, sind die Entscheidungen, wohin das Geld fließen soll, besonders schwierig. Und of bekommt das Geld der, der am lautesten schreit. Registrare, darauf trainiert, so unauffällig wie möglich zu agieren, werden mit ihren Bitten um archivtaugliche Verpackungen und Manpower dabei gerne überhört. Aber wieder ist das nur ein Teil der Geschichte.

In vielen kleineren Museen ist das Geld so knapp, dass es nicht die Entscheidung zwischen Archivkartons für die Sammlungsabteilung oder Anzeigenschaltung in der Zeitung ist, sondern die Entscheidung, ob man das Dach repariert oder eine Ausstellung veranstaltet. In diesen Fällen ist Arbeitskraft ein großes Thema3. Die Stelle mag mit „Registrar“ betitelt sein, beinhaltet aber wesentlich mehr. Er oder sie arbeitet gleichzeitig in der Besucherbetreuung, dient als Beschwerdestelle, verkauft im Shop und sitzt an der Kasse und macht gleichzeitig noch Ausstellungen. Das bedeutet aber auch, dass diese Person nicht so viel Zeit ins Sammlungsmanagement investieren kann, wie vielleicht notwendig wäre.

Andere Museen entscheiden, dass sie sich keinen Registrar im festangestellten Personalstamm leisten können. Sie stellen einen freiberuflichen Registrar ein, wenn sie ihn dringend benötigen. Das ist eine gute Idee, wenn es darum geht, neue Lagereinrichtungen zu planen, Beratungsleistungen zur Inventarisierung und Dokumentation gefragt sind, die Objekte für eine Sonderausstellung in guten Händen sein sollen4 oder ein bestimmter Sammlungsbestand erfasst werden soll. Anders sieht es aus, wenn die Institution in Besitz eines Sammlungsbestandes ist, der eine gewisse Größe überschreitet (es ist nicht einfach, hier eine Zahl anzugeben, es hängt von der Zielsetzung der Sammlung ebenso ab, wie davon, wie der Bestand von der Institution „genutzt“ wird). Sammlungsverwaltung ist ein Ganztagsjob. Die Idee, die Sammlung einen Registrar katalogisieren zu lassen und dann die Betreuung „jemandem neben seiner sonstigen Aufgaben“ zu übertragen oder zu sagen „alle sind für die Sammlung verantwortlich“, funktioniert nicht.

der
Qualitätvolle Arbeit in Museen ist immer eine gemeinsame Anstrengung. Teamwork ist der Schlüssel. Dank an Matt Leininger für das Bild.

Ein Registrar ist mehr als eine menschliche Datenbank. Wenn Sie alle Sammlungsgegenstände hundertprozentig korrekt in Ihrer Datenbank haben (nennen Sie mir ein Museum, das das von sich behaupten kann), heißt das nicht, dass das so bleibt. Die Objekte im Blick zu behalten ist eine dauerhafte Anstrengung. Alles richtig in der Datenbank zu haben genauso. Sie können alle Museumsmitarbeiter einen Eid darauf schwören lassen, dass sie jede Objektbewegung in der Datenbank dokumentieren, Sie werden immer noch sehen, dass die Heilige Entropie auf magische Weise Unordnung in Ihre Bestände bringt. Ein guter Registrar behält das im Auge und arbeitet dagegen an. Aber das geht noch weiter… Wie in jeder Bibliothek gehen Dinge „verloren“, weil sie auf den falschen Standort zurückgestellt werden. Ein Registrar, der mit seiner Sammlung vertraut ist, wird eine Ahnung haben, wo er danach suchen muss – basierend auf seiner Erfahrung und auf dem Wissen, wer zuletzt mit dem vermissten Gegenstand zu tun hatte. Vergessen Sie nicht, dass Sie normalerweise nicht einfach einen Registrar unter Vertrag nehmen – sie heuern auch ein Elefantengedächtnis an.

Zuletzt: Ein Registrar, der lange Zeit für eine Sammlung verantwortlich ist, wird irgendwie mit ihr und ihrem Lagerungsort verschmelzen. Er oder sie entwickelt so etwas wie einen sechsten Sinn für Dinge, die nicht so sind, wie sie sein sollen: ein plötzliches Ansteigen der Luftfeuchtigkeit noch bevor jemand das Messgerät überprüft hat, ein Objekt, das nicht so aussieht, wie es immer ausgesehen hat, eine Stimme, die dem Registrar sagt, dass er nochmal um die Lagerhalle gehen soll, bevor er oder sie geht… Das ist etwas, was sich mit der Zeit entwickelt. Das bekommen Sie mit kurzfristigen Verträgen nicht, die nur über ein paar Monate oder ein Jahr laufen.

Schlußfolgerung

Wie wir gesehen haben, ist ein Registrar wirklich ein Tier, das selten zu beobachten ist. Eine gemeinschaftliche Anstrengung ist notwendig, um ihn nicht zur bedrohten Tierart werden zu lassen:

  • Für das Individuum: Alle, die im Museum arbeiten müssen darauf achten, dass der Registrar sicher ist, wenn er alleine arbeitet und darauf achten, dass er nicht vom Rest der Museumsgemeinschaft isoliert wird.
  • Für die Fachleute: Alle Kollegen müssen verstehen, was die Aufgabe des Registrars ist. Er oder sie will keine Spaßbremse sein, es ist seine / ihre Aufgabe, die Objekte zu schützen, damit auch zukünftige Generationen daran Freude haben.
  • Für das Museum: Verantwortliche müssen ernsthaft über den Stellenwert eines professionellen Sammlungsmanagements nachdenken. Es ist ein alter Hut, dass vorbeugende Bestandserhaltung und professionelle Lagerung auf lange Sicht Geld spart. Hier Gelder zu kürzen heißt höhere Ausgaben in der Zukunft in Kauf zu nehmen.
  • Für die Gesellschaft: Politiker, Kommunen und Steuerzahler allgemein sollten sich fragen, was ihnen Museen und Sammlungen wert sind. Wir wissen alle, dass ein Mensch, der sein Gedächtnis verliert, sich selbst verliert. Für eine Gesellschaft, die ihre Geschichte verliert, gilt das gleiche. Unser Erbe zu bewahren ist nicht einfach ein Kostenfaktor, es ist ein hoher Wert für unsere Gesellschaft.

Das sind einfach meine Gedanken zu diesem Thema. Nun muss ich gehen. Mir ist so, als hätte ich just in diesem Moment zwei undokumentierte Objekte etwas weiter hinten in diesem Gang gesehen…

Angela Kipp

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  1. Association of Registrars and Collection Specialists, Collections Management und Collection Preservation and Care, die Daten wurden zwischen dem 27.1. und 23.2.2013 erhoben. ↩
  2. Der Kommentar wurde zur oben genannten Umfrage in der LinkedIn-Gruppe „Association of Registrars and Collection Specialists“ auf www.LinkedIn.com gepostet. ↩
  3. Als ich in der LinkedIn-Gruppe „Collections Management“ fragte: „Aufruf an alle Museumsmitarbeiter, die für Sammlungsmanagement und Registrierung verantwortlich sind: Was sind die Hauptprobleme in Ihrem job?“ antworteten überwältigende 50% „Arbeitskräfte“, noch vor „Geld für Klimatiesierung, Sicherheit usw.“ (16%), „Geld für Verpackungsmaterial, Regale, usw.“ (12%), „Schenkungen/Stiftungen“ (10%) und „Ausleihen“ (9%). Die Diskussion ist recht aufschlußreich und hebt hervor, mit welchen Problemen Sammlungsmanagement zur Zeit konfrontiert ist: http://www.linkedin.com/groupItem?view=&gid=3280471&type=member&item=175582165&qid=4a59729e-7bf2-4bb6-8b6b-e2883014a660&trk=group_search_item_list-0-b-ttl ↩
  4. Ich empfehle, immer einen Registrar im Team zu haben, wenn es um eine Ausstellung mit einer gewissen Anzahl Originale geht. Siehe hierzu: „5 Tipps zum Umgang mit Registraren“ http://world.museumsprojekte.de/?p=24 ↩

Erkenne Dein Kunstwerk!

Neulich lernte ich Eduardo De Diego kennen, Physical Security Professional (PSP) bei Applied Security Research Associates, mit Sitz in Kanada. Sicherheit ist immer ein großes Thema in Museen und ich war interessiert an seinen Einblicken zum Umzug von Sammlungsgegenständen. Natürlich habe ich ihm von diesem Blog erzählt und ihn gefragt, ob er nicht eine interessante Geschichte für uns hat. Natürlich hatte er (und ich hoffe, er hat noch mehr)! Genießen Sie die Lektüre und danke an Eduardo fürs erzählen!

Während einer Überprüfung der Sicherheitsvorkehrungen und Zugangskontrollen an einem großen, international bekannten Museum erfuhren wir, dass der Chefkurator (der ungenannt bleiben soll, um die Institution zu schützen) eine Crew der Fernsehnachrichten eingeladen hatte, um mit ihnen ein „Zeigen und Erklären“-Feature aufzuzeichnen.

Der Kurator wollte für die Medien ein bißchen angeben und präsentierte eine hervorragende Fälschung eines sehr bekannten Kunstwerkes. Das Fernsehteam fragte, wie er denn feststellen könne, dass das eine Fälschung sei? Der Kurator sagte: „OK, ich zeige es Ihnen“ und holte das Original aus dem Sicherheitstrakt (was einen völligen Bruch der Zugangs- und Bewegungskontrollvorschriften darstellte). Er brachte also das Original, stellte Original und Fälschung auf zwei identische Staffeleien und fuhr damit fort zu erklären, wie seine ausgezeichnete Kenntnis der Materie ihn in die Lage versetze, das wahre Kunstwerk von der Fälschung zu unterscheiden. Dann zeigte der Kurator weitere Kunstwerke und interpretierte sie, während er die ersten beiden Gemälde unbeobachtet ließ. Ein Mitglied der Nachrichtencrew fand, dass es an der Zeit für einen Streich wäre und tauschte die beiden Bilder gegeneinander aus. Der Kurator bemerkte es nicht, da seine Aufmerksamkeit anderweitig in Anspruch genommen war. Der Kurator kam zurück und die Nachrichtencrew fragte noch einmal, für die Zuschauer, welches war jetzt bitte das richtige Kunstwerk? Er identifizierte die Fälschung als das echte Kunstwerk.

Danach sagte man dem Kurator was vorgefallen war und es brauchte Wochen, ehe eine unabhängige Überprüfung das echte Bild zweifelsfrei identifiziert hatte und es wieder ins Depot zurückgebracht werden konnte.

Happyend, aber teuer.

Text: Eduardo De Diego

Auf die Größe kommt es an!

Diese Papiermaschine wurde mehrfach vermessen, bevor sie transportiert wurde.
Diese Papiermaschine wurde mehrfach vermessen, bevor sie transportiert wurde.

Wenn Sie Museumsleute stöhnen hören wollen, sagen Sie einfach mal „Maße“. Jeder hat eine Geschichte darüber. Murphy aus Murphys Gesetz treibt sich immer in der Nähe unserer Maßbänder, Zollstöcke und Lasermessgeräte herum. Nicht alle Geschichten sind so extrem wie die, die Sie in den Bildern sehen. Die Papiermaschine war immer wieder vermessen worden, weil es klar war, dass sie eines der problematischsten Transportgüter beim großen Depotumzug sein würde. Wir hatten eine technische Dokumentation. Wir hatten Spezialisten für Schwertransporte, erfahren in wesentlich problematischeren Fällen als unserer „kleinen“ Papiermaschine. Wir vertrauten unseren Fähigkeiten als Profis, als wir überwachten, wie das Maschinenteil per Kran auf den Tieflader verladen wurde. Erst dann wurde uns klar, dass die Maschine auf dem Tieflader stehend nicht durch das Tor passen würde. Es fehlte nicht viel, nur ein paar Zentimeter. Es schien so zu sein, dass sich die Meßungenauigkeiten (Höhe des Maschinenteils, höhe des Tiefladers, Höhe des Tors) zum schlimmsten Fall aufsummiert hatten. Es ließ sich nicht leugnen – wir hatten ein Problem.

Auf dem Tieflader passte die Maschine nicht durchs Tor - Die Transporteure mussten sich etwas einfallen lassen...
Auf dem Tieflader passte die Maschine nicht durchs Tor – Die Transporteure mussten sich etwas einfallen lassen…

Zum Glück hatten wir eine erfahrene Transportfirma. Nach ein paar Diskussionen wurde entschieden, die Maschine auf Rollbretter zu stellen und sie vorsichtig durch das Tor zu schieben. Es funktionierte. Nachdem sie durch war, wurde sie wieder auf den Tieflader gehoben und in ihr neues Zuhause gebracht.

Lassen Sie sich nicht täuschen: Jetzt scheint es so, als ob die Maschine niemals durch das Tor passen konnte. Aber das liegt an der Perspektive. In Wirklichkeit fehlten nur vier Zentimeter.
Lassen Sie sich nicht täuschen: Jetzt scheint es so, als ob die Maschine niemals durch das Tor passen konnte. Aber das liegt an der Perspektive. In Wirklichkeit fehlten nur vier Zentimeter

Andere Fälle von falschem Messen sind weniger spektakulär, aber die Probleme, die dadurch entstehen, sind manchmal größer. Ich weiß nicht, warum, aber einige Menschen tendieren dazu, Maße abzurunden. Nicht besonders hilfreich, besonders, wenn man einen Kistenbauer oder Vitrinendesigner mit der selben Angewohnheit hat…

Ein besonderes Problem tritt auf, wenn man mit internationalen Partnern zusammenarbeitet. In der Europäischen Union ist das metrische System üblich, während das Vereinigte Königreich und die USA ihr eigenes System verwenden (Imperial units und United States customary units, die sich in einigen Fällen leicht unterscheiden). Man hat das als Registrar normalerweise im Hinterkopf, aber Mißverständnisse sind trotzdem vorprogrammiert. Ich erinnere mich an einen Fall, als uns ein schwer lesbares Fax mit Objektdaten erreichte. Wenn man zurückblickt, klingt es verrückt, aber eine lange Zeit rechneten wir damit, eine kleine Kiste von etwa 50 x 20 x 21 Zentimetern zu erhalten. Als uns der Kostenvoranschlag für den Transport erreichte, waren wir vom Preis leicht schockiert. Als wir das ursprüngliche Fax noch einmal lasen, fiel uns auf, dass wir es mißverstanden hatten. Ja, das Zeichen hinter den Maßen war KEIN Doppelstrich („), sondern nur ein Strich (‚). Der kleine Unterschied, der das Inch (1“ = 2.54 cm) vom Fuß (1‘ = 30.48 cm) unterscheidet. Wir würden kein nettes, kleines Kistchen erhalten, sondern einen veritablen Überseecontainer….

Angela

Digitale Medien, Universitätsdidaktik und kultureller Kannibalismus: Überlegungen von einer lateinamerikanischen Professorin im Exil

January 2013

„Wenn Du die Antwort nicht weißt, diskutiere die Frage“ (Clifford Geertz)

Im anthropologischen Sprachverständnis ist der „Eingeborene“ das lokale Wesen, das zu diesem Land gehört und der der erste Bewohner dieses Platzes war, wohingegen der „Einwanderer“ der Fremde oder Ausländer ist, der von außen kommt und den Platz des Eingeborenen einnimmt und sein Gebiet besetzt. Es ist wie in einem Cowboy-und-Indianer-Film aus Holywood, in dem der Indianer von Elvis Presley gespielt wird und seine indigene Mutter von einer Südamerikanerin wie Dolores de los Rios!

Es ist interessant, festzustellen, dass die Sprache der Cyberkultur oder des Cyberspace die vergegenständlichten Konzepte der westlichen Kultur in Hinblick auf Kolonialismus und Imperialismus anwendet: in diesem neuen Cyberkontext ist der „Eingeborene“ der, der innerhalb der digitalen Ordnung geboren wurde und dementsprechend auf der Grundlage dieser Logik seine Schlüsse zieht, während der „Einwanderer“ aus seiner buchzentrierten Mittelalter/Rennaissance-Kultur in die Cyberkultur hinein vertrieben wird, immer noch mit dem einen Fuß in dieser, mit dem anderen in jener Kultur.

Was wird aus dieser Kultur im Cyberspace, besonders, wenn man an die große Zahl sowohl grammatikalischer als auch digitaler Analphabeten in Lateinamerika denkt? Néstor García Canclini untersucht, in Büchern wie Diferentes, Desiguais e Desconectados, Editora UFRJ, 2005, die Widersprüche der südamerikanischen indigenen Bevölkerung, die das Internet nutzt, ohne überhaupt Lesen und Schreiben gelernt zu haben! Als Anthropologin und Lehrerin scheint mir das eine relevante Frage zu sein, die diskutiert werden sollte: wie kommt man in die digitale Ära von globalen oder internationalen Charakter, ohne den regionalen Bezug der brasilianischen Kultur zu verlieren, hier bin ich inspiriert von der Haltung von Oswald Andrade zum „kulturellen Kannibalismus“?

Als eine Art, meine Studenten darin zu schulen, eine kritische Haltung zu entwickeln – das Ziel jeder Hochschulbildung – habe ich ein Produkt der visuellen Gestaltung in der Kunsterziehung entwickelt, in dem ich auf die Wichtigkeit hinweise, die Cyberkultur auf eine kritische Art und Weise zu verschlingen und sie zurück-verändert wiederzugeben, einer lokalen „einheimischen“ Sprache gemäß. Mir scheint es, als ob diese bemerkenswerte Frage nie betont wird, wenn über Cyberkultur gesprochen wird: Könnte es möglich sein, dass alle kulturellen Statuten die hier auf scheinbar demokratischem Wege aufgestellt werden, die selbe sozioökonomische Vorherrschaft ergeben, wenn man sie einfach schluckt?

Wenn dem so ist, wie kann es mit den Studenten gelingen, einen Zusammenhang mit dem „kritischen Kannibalismus“ herzustellen? Wie kann man in ihnen ein ästhetisches Gespür (im platonishcen Sinne) für Konzepte wecken? Wie kann man sie lehren, die Spreu vom Weizen zu trennen in einem Wust von digitalem Medienchaos, das unweigerlich durchzogen ist von der kapitalistischen, imperialistischen und kolonialistischen Logik der Europäischen und Nordamerikanischen Ersten Welt?

Philosophische und humanistische Fragen erster Ordnung, Gefährten: ist es möglich, dass das, was ein typischer „digitaler Eingeborener“ denkt, relevant, angemessen, politisch und ethisch korrekt ist und kann es die Welt zum besseren verändern? Oder, immer noch wichtiger, was ist der wahre didaktische Beitrag, den das profunde Wissen eines Lehrers im Vergleich zu dem Übermaß an unterschwellig transportierten Informationen durch die digitalen Medien in der heutigen Welt leisten kann?

Prof. Dr. Dinah Papi Guimaraens – Professor für Architektur und Städtebau an der Universidade Federal Fluminense und ist Direktorin und Mitbegründerin des Museu de Arte e Origens, NYC (promovierte über das Postgraduiertenprogramm in Social Anthropology -Museu Nacional- UFRJ und New York University – Museum Studies Program /Fullbright Scholar; PhD, Department of Anthropology, University of New Mexico, USA)
Translated by Araceli Galán

Eine ernsthafte Arbeit

Wo ist oben? Es gibt keine Möglichkeit, es richtig zu machen…

Ja, die Arbeit eines Registrars ist ein ernsthaftes Geschäft. All die wertvollen Objekte, die ganze Dokumentation… wir Registrare sind sehr ernsthaft und geradlinig, richtig? Richtig! Aber warum bricht dann das Team des Registrars bei Sitzungen oder Veranstaltungen plötzlich in hilfloses Gekicher aus? Weil unsere Arbeit voller unfreiwilliger Komik ist!

Ich erinnere mich, wie einmal eine Kiste für eine Ausstellung angeliefert wurde, die auf zwei völlig unterschiedlichen Seiten „hier oben“ stehen hatte. Dummerweise habe ich kein Foto davon geschossen. Sie können sich vorstellen, wie glücklich ich darüber war, dass mir Noel Valentin vom El Museo del Barrio, New York das Foto links geschickt hat.

Unglaublich, wie viel Humor in Datenbankeinträgen steckt. Wie wäre es denn mit „Messer ohne Klinge, Heft fehlt“? Ich nehme an, dass es sich um eine elegante Methode handelt, einen Totalverlust zu verschleiern. Oder eine Anmerkung im Zustandsfeld der Datenbank: „muss mit dem Staubsauger behandelt werden“. Wir haben den Staubsauger immer griffbereit, es hat mit Sicherheit mehr Mühe gekostet, diesen Datenbankeintrag vorzunehmen, als das Objekt zu staubsaugen. Überhaupt: Zustandsprotokolle. Eine Kollegin mailte einmal, dass sie tatsächlich dort die Bemerkung „häßlich, aber langlebig“ gelesen hatte.

"Close door! Because of climate" Registrar's do something against climate change!
Registrare gegen den Klimawandel…

Ich liebe bescheuerte Aufschriften und versuche sie zu fotograferen, wenn ich sie sehe. Leider habe ich meinen persönlichen Favoriten verloren, es war eine Kiste mit der Aufschrift „Vorsicht Inhalt“. Es zeigte sich, dass es sich bei dem Inhalt um einen Autofeuerlöscher handelte und dass offensichtlich jemand vermeiden wollte, dass man die alte Weinschachtel achtlos wegwarf, in der sich das undokumentierte Objekt befand. Von der Aufschrift her hätte ich allerdings zumindest etwas Asbest- oder Quecksilberhaltiges erwartet…

Was ich allerdings fotografiert habe, ist das improvisierte Türschild rechts: „Tür zu! wg. Klima“. Natürlich wissen wir alle, was damit gemeint ist. Wir sollen die Tür geschlossen halten, weil der Raum dahinter eine konstante Temperatur und relative Feuchte benötigt. Trotzdem, mit den ganzen Diskussionen um den Klimawandel… es sieht nach einer sehr einfachen Lösung aus.

Offensichtlich bin ich nicht die einzige, die unfreiwillige Komik liebt. Schauen Sie sich den wunderbaren Film  „Stuff Museum People Say“ (Zeug das Museumsleute sagen) vom Atlanta History Center an: http://www.youtube.com/watch?v=IhAJiz2ixuY bei 1:23 sehen Sie eine typische Szene mit einem Registrar: ein Museumsmitarbeiter verletzt sich und die Registrarin ruft „Bluten Sie nicht auf die Artefakte!“.

Oh ja, und dann gibt es da noch die Fehlleistungen bei der Objektlagerung. Liz Walton hat dafür ein Blog ins Leben gerufen: Art Storage Fail. Genießen Sie es, und wenn Sie etwas beizutragen haben: schicken Sie es ihr.

Lassen Sie mich diesen Beitrag mit zwei unfreiwillig komischen Postkarten eines Schornsteinfegers beschließen. Unsere Außenlager sind nicht rund um die Uhr besetzt. Unser Kaminkehrer hat das durch die vielen, vielen sinnlosen Anfahrten für die jährliche Untersuchung unserer Heizungsanlage gelernt. Deshalb schickt er jetzt Postkarten, um diese Termine auszumachen. Die erste lautete: „Ich komme am 25. Februar um 10:15 Uhr oder an den darauffolgenden Tagen.“ Nachdem er zu dem ersten Termin nicht erschien, rief ich ihn an und wir vereinbarten einen Termin auf den 26. um 11 Uhr. Alles ging glatt. Im folgenden Jahr erhielt ich eine Postkarte „Wir kommen im Februar. Bitte warten Sie nicht, wir rufen Sie zwecks genauerer Terminvereinbarung an.“ Wieder ging alles glatt, nachdem wir telefoniert hatten. Aber bis heute geht mir das Bild nicht aus dem Kopf, wie jemand den ganzen Februar hindurch auf einen Schornsteinfeger wartet…

Angela

Wie ich ein Museumsregistrar wurde II

Vagabundin in verschiedenen Arbeitsfeldern im Museum

Angela Kipp

picture by Bernd Kiessling
Einblick in meinen derzeitigen Arbeitsplatz.
HDR-Foto von Bernd Kießling

Es sollte wohl besser heißen: Wie ich entdeckte, dass ich eine Registrarin bin. Aber von Anfang an…

Ich mochte schon immer altes Zeug und bin so lange ich denken kann auf Burgen herumgeklettert und in Museen gegangen. Also war es irgendwie logisch, dass ich mich nach der Schule für ein Studium der Museumskunde entschied. Übrigens fand das mein Berater beim Arbeitsamt eine dumme Idee… Wie auch immer, ich entschied mich für das Studium an der Fachhochschule für Technik und Wirtschaft (FHTW) in Berlin. Dies bedeutete, dass ich sechs Monate Praktikum in einem Museum oder einem Archiv vorweisen musste, um die Zugangsvoraussetzungen zu erfüllen.

Ich entschloß mich, das Vorpraktikum am Landesmuseum für Technik und Arbeit in Mannheim zu absolvieren. Das war das erste Mal, dass ich in Kontakt mit der Arbeit in Museumssammlungen kam, denn eine meiner Aufgaben war die Inventarisierung und Dokumentation einer 500 Objekte umfassenden Blechdosensammlung, vom sehr kleinen Medikamentendöschen bis zur großen Kaffeedose.

Der Vorteil dieses Praktikums war nicht nur, dass ich im Herbst 1998 in Berlin als Studentin der Museumskunde angenommen wurde, sondern auch, dass ich in den ersten Semesterferien einen Museumsjob hatte. Das Landesmuseum für Technik und Arbeit hatte da eine Ausstellung „automatisch aromatisch – wie Kaffee zubereitet wird und wie er schmeckt“ und ich arbeitete als eine Mischung aus Vorführtechniker und Kellnerin: erst erklärte ich anhand eines Proberösters, wie Kaffee geröstet wird und dann schenkte ich Kaffee an die Besucher aus. Wenn es nichts zu tun gab, dokumentierte ich eine Sammlung von Kaffeemaschinen und Kaffeemühlen. Bis heute kann ich Ihnen aus dem Stand einen 5-Minuten-Vortrag darüber halten, was „rezirkulierende Perkolatoren“ sind und warum es eine dumme Idee ist, damit seinen Kaffee zuzubereiten.

In meinen nächsten Semesterferien absolvierte ich ein Praktikum am Museum für Kommunikation (dem ehemaligen Postmuseum) in Berlin. Dort wurde gerade die neue Dauerausstellung vorbereitet und so musste ich „leider“ mein Studium unterbrechen, weil ich als Projektassistentin unter Vertrag genommen wurde. Das war eine sehr spannende Zeit und ich hatte Gelegenheit, viel über Ausstellungen, Recherche, Textarbeit, Urheberrechtsfragen, Umgang mit Objekten und Problemlösung zu lernen.

Im Mai 2000 nahm ich mein Studium wieder auf, aber seit dieser Zeit gab es keinen Zeitraum mehr, in dem ich nicht für Museen oder ähnliche Einrichtungen gearbeitet hätte. Ich arbeitete neben meinem Studium her als Freiberuflerin und hatte sehr unterschiedliche Jobs, die aber alle mehr oder weniger mit Sonderausstellungen zu tun hatten. So lernte ich viel über die Enigma, das Preussische Militär, Ziegel, Papierherstellung, die Entwicklung der Landwirtschaft im Land Brandenburg, Paramente und Kirchengeschichte, das menschliche Gehirn und Schraubenherstellung.

Im Frühjahr 2002 war ich mit meinem Studium fertig und arbeitete weiterhin als Freiberuflerin, hauptsächlich für das Deutsche Museum in München und für das Dommuseum in Brandenburg/Havel. Nebenher schaute ich immer wieder nach befristeten und unbefristeten Stellen in Museen. Eines Tages, als ich wieder Stellenanzeigen im Internet durchforstete, tauchte ein sehr bekannter Name auf. Das Landesmuseum für Technik und Arbeit suchte einen wissenschaftlichen Angestellten für die Betreuung der Ausstellungseinheit Kunststoffe und für den Sammlungsbereich Chemie. Da ich ohnehin nichts zu verlieren hatte, schickte ich eine Bewerbung, ohne mir große Hoffnungen zu machen, denn sie suchten einen Spezialisten im Fach Chemie. Sehr zu meiner Überraschung wurde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen und im Februar 2003 war ich zurück in „meinem alten Museum“ und fühlte mich, als wäre ich nach Hause zurückgekommen.

Developing Banana Key Rings (from left to right): Polypropylene let the key ring break too easy, blue was the wrong color, polyethylene with yellow color was just perfect.
Entwicklungsreihe der Bananen-Schlüsselanhänger: bei Polypropylen brach der Schlüsselring zu leicht, blau war offensichtlich die falsche Farbe, Polyethylen mit gelber Farbe war einfach perfekt.

Die Ausstellungseinheit Kunststoffe umfasste auch einige Spritzgußmaschinen, die immer noch funktionstüchtig waren. Als das Museum eine Sonderausstellung zum Thema Bananen zeigte, gelang es uns, einen Hersteller von Spritzgußformen aus der Nähe zu gewinnen, der uns eine Spritzgußform für einen Schlüsselanhänger in Bananenform entwarf, herstellte und spendete. Die Vorführtechniker und ich hatten viel Spaß dabei, den richtigen Kunststoff und die richtige Farbe für eine perfekte Banane zu finden. Wir hatten weiße, rosane und blaue Bananen und schließlich sogar eine, die aussah, als sei sie verfault, weil die Temperatur zu hoch eingestellt war und der Kunststoff außen etwas verbrannt war. Nach einiger Zeit konnten wir dann perfekte gelbe Polyethylen-Bananen-Schlüsselanhänger herstellen. Die Besucher liebten sie. (Entschuldigung für den Exkurs, aber da das keine Registrar-Geschichte ist, werde ich sie wohl nirgends sonst erzählen können.)

As a side note: The little blue banana is travelling the world as a geocaching travelbug, see http://www.geocaching.com/track/details.aspx?guid=0bbfcf4f-c2e6-4f21-8539-ab73e54b9dfa
Randbemerkung: die blaue Banane zieht als Geocaching Travelbug „little blue banana“ um die Welt, derzeit befindet er sich in Schweden…

Aber der „Kunststoffmensch“ zu sein, bedeutete nicht nur Ausstellungsarbeit, sondern auch Sammlungsarbeit. Es gab eine riesige Sammlung von Magnetbändern, die bis zu den ersten Entwicklungen von 1934 zurückreichte, aber auch die aktuellsten Typen umfasste. Dieser Bestand musste gesichtet und dokumentiert werden. Die größten Schwierigkeiten bereitete die Recherche nach den Lagerungsbedingungen und dazu, wie man die Inhalte sichern konnte – ein Problem das bis heute noch nicht zufriedenstellend gelöst ist.

Wie Sie sich vorstellen können, verging die Zeit wie im Fluge und ich hatte nur einen Zweijahresvertrag. In meinem zweiten Jahr wurde die Stelle des Depotverwalters am Landesmuseum ausgeschrieben. Da ich wieder nichts zu verlieren hatte, bewarb ich mich und wurde genommen. Dies markiert den Wendepunkt, ab dem ich aus der Ausstellungsarbeit komplett in die Sammlungsarbeit wechselte.

Es war wesentlich später, nachdem wir 2006 die Schließung eines unserer Depots und den Umzug unserer Sammlungen in die beiden verbliebenen Hallen über die Bühne gebracht hatten, als ich versuchte, einem Amerikanischen Kollegen zu erklären, was ich eigentlich machte. Ich konsultierte das Internet und grub zwei Stellenbeschreibungen aus, eine von einem „Collection Manager“ und eine von einem „Registrar“. Da ich der Meinung war, dass ich mehr mit dem praktischen Umgang mit Objekten zu tun hatte, wählte ich die Bezeichnung „Collection Manager“. Später erfuhr ich, dass die Verwendung dieser Bezeichnungen sich von Museum zu Museum unterscheidet und, da ich auch viel mit unserer Datenbank und mit dem Leihverkehr befasst bin, ich mich durchaus auch als „Registrar“ hätte bezeichnen können.

Das war’s Leute! So wurde ich Registrar, bzw. merkte ich, dass ich eine Registrarin war.

 

Hoch am Himmel

Diese Geschichte erhielt ich per Email, nachdem ich nach den Hintergründen zu den faszinierenden Fotos gefragt hatte. Sharon McCullar ist die Sammlungskuratorin (Curator of Collections) am Lakeshore Museum Center in Muskegon, USA. Sie empfiehlt, sich beim Lesen der Geschichte vorzustellen, wie sie über den Rand des Hubsteigers gelehnt versucht, das einem vorbeigehenden Passanten zuzurufen. 🙂
Die Sammlungskuratorin vom Lakeshore Museum Center, Sharon McCullar, die Archivarin Beryl Gabel und der Hubsteigerfahrer der Stadt Muskegon aschen und wachsen die oberste Statue des „Soldiers and Sailors Monument“ (70 feet tall) in der Innenstadt von Muskegon, Michigan. Mehr Details in der Geschichte.

Hackley Park ist ein wichtiger Blickpunkt in der Innenstadt von Muskegon Michigan. Der Park wurde am 30. Mai 1892, am Volkstrauertag eingeweiht. Charles H. Hackley, ein prominenter einheimischer Sägemühlenbesitzer, hatte das Stück Land erworben und das Denkmal für die Soldaten und Seeleute in Auftrag gegeben, um des Einsatzes der Einwohner des Bezirks Muskegon während des Amerikanischen Bürgerkriegs (1861-1865) zu gedenken. Das etwa 23 Meter hohe Granitmonument mit fünf Bronzestatuen wurde von dem in Italien geborenen Architekt Joseph Carabelli gestaltet. Um den Sockel stehen ein Seemann, ein Kavalerist, ein Infantrist und ein Artillerist. An der Spitze der Säule steht eine über 4 Meter hohe Statue der Siegesgöttin Victoria. Das Denkmal trägt die Inschrift „Nicht Eroberung, sondern Frieden – den Soldaten und Seemännern, die gekämpft haben und allen patriotischen Männern und Frauen, die geholfen haben, im Krieg der Rebellion unsere Nation zu erhalten.“

Vier weitere Statuen wurden von Charles H. Hackley in Auftrag gegeben und am Volkstrauertag 1900 an den vier Ecken des Parks aufgestellt. Es sind die Plastiken von bedeutenden Personen des Amerikanischen Bürgerkriegs. President Abraham Lincoln und Admiral Farragut wurden vom Bildhauer Charles Niehaus gefertigt. General U.S. Grant and General William T. Sherman wurden von J. Massey Rhind gemacht.

Die Sammlungskuratorin vom Lakeshore Museum Center Sharon McCullar, die Archivarin Beryl Gabel and der Hubsteigerfahrer der Stadt Muskegon reinigen die Statue des Kavaleristen am Denkmal für die Seemänner und Soldaten. Die Statue befindet sich etwa 6 Meter über dem Boden, aber sie haben immer noch die volle Sicherheitsausstattung an. Der Fahrer des Hubsteigers braucht viel Fingerspitzengefühl, um beim Manövrieren nicht gegen die Statue zu stoßen.

Zwischen 1997 und 1998 wurden die Statuen von McKay Lodge Fine Arts Conservation aus Oberlin, Ohio restauriert. Das Lakeshore Museum Center hat zusammen mit der Stadt Muskegon einen einfachen Wartungsplan entworfen, um die restaurierten Statuen zu erhalten. Teil der Zusammenarbeit ist, dass „unsere“ Kuratoren (das heißt, ich (Sharon McCullar) als Sammlungskuratorin und andere Kuratoren, wie sie gerade verfügbar sind) mit der Stadt zusammenarbeiten, um die Statuen jedes Jahr zu reinigen und leicht einzuwachsen. Wir planen das immer in den frühen Septembertagen ein. Dann ist es normalerweise mild mit günstiger relativer Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Wenn es zu heiß ist, hält das Wachs schlecht am Untergrund, aber wenn es zu kalt ist, ist das Reinigen äußerst unangenehm und der Wachsauftrag wird ungleichmäßig. Das reinigen beseitigt oberflächlichen Schmutz und gibt uns die Möglichkeit, die Statuen auf Beschädigungen und Verfallserscheinungen hin zu untersuchen. Wir benutzen ein mildes Waschmittel, das vom Restaurator empfohlen wurde, und ziemlich weiche Bürsten. Die leichte Wachsschicht erzeugt eine dünne Schutzschicht gegen den Schmutz und macht das Reinigen im nächsten Jahr einfacher. Aggressievere Mittel setzen wir nicht ein, weil wir keine Metallrestauratoren sind. Der Zeitaufwand beträgt, je nachdem, wie die Bedingungen sind, pro Statue etwa vier Stunden. An warmen Tagen mit einer leichten Brise trocknen die Statuen ziemlich schnell wieder ab. Wespennester in den Kleiderfalten der Statuen sind eine unangenehme Überraschung. Ich habe auch schon ein paar sehr große Spinnen mit einem Seifenbad geärgert.

Um an die Statuen heranzukommen, stellt uns die Stadt Muskegon einen großen Hubsteiger zur Verfügung – Wir müssen etwa 24 Meter in die Höhe, um auch an den höchsten Punkt der Viktoria-Statue zu kommen. Dazu braucht man einen geübten Hubsteigerfahrer und Nerven aus Stahl. Es kann da oben sehr windig werden – besonders wenn über Lake Michigan ein Sturm aufzieht. Um die Statuen und das Granitpodest herumzukommen braucht auch besondere Fähigkeiten. Wir müssen nahe genug sein, um effektiv arbeiten zu können, dürfen aber nicht mit dem Fahrkorb an das Denkmal anstoßen. Der Fahrkorb schwankt ein bißchen hin und her – am Ende der Woche läuft man wie beschwipster Seemann, denn die Welt schwankt, egal, ob man auf dem Hubsteiger oder auf der Erde ist. Aber die Aussicht über den Muskegon Lake, über die Stadt und Lake Michigan ist einfach spektakulär!

Text und Bilder: Sharon McCullar

Ein seltsamer "Stift"

A misterious pen

Es kann Teil der Arbeit eines Registrars sein, herauszufinden, um was für ein Objekt es sich überhaupt handelt. Es klingt vielleicht seltsam, aber es gibt auf dieser Welt viele Objekte, die einen zunächst ratlos lassen, wenn man sie noch nie zuvor gesehen hat. Dieser Stift ist so ein Objekt, der als „Was ist das?“ in die Sammlung kam, ein unidentifiziertes Objekt unbekannter Verwendung. Dies ist die Geschichte, wie das Objekt seinen Namen und seine Bedeutung zurückbekommen hat.

Wenn man herausfinden will, wozu etwas dient, wird man das Objekt zunächst einmal von allen Seiten untersuchen und außerdem wenn möglich versuchen, einen Kontext herzustellen. In diesem Fall war das Objekt in einem Konvolut von Funkzubehör ins Haus gekommen, das ein Funkamateur dem Museum gespendet hatte. Dies legte nahe, dass es ein Werkzeug war, das man zur Reparatur von Funkgeräten oder etwas ähnlichem benötigte. Unsere naheliegndste Vermutung war, dass es sich um einen Phasenprüfer handelte, aber diese Erklärung befriedigte uns nicht. Es unterschied sich zu stark von den anderen Phasenprüfern, die wir kannten und in der Sammlung hatten. Wer zweifelt, sollte fragen. Also schickten wir das folgende Bild und die Beschreibung an die Mailingliste des RC-AAM (Registrars Comittee of the American Association of Museums):

disassembled pen

(Übersetzung, Original siehe Englische Version)

Während wir gerade eine Schenkung eines Funkamateurs fiel uns dieses seltsame Objekt in die Hände.

Es ist etwa 17 cm lang, der Durchmesser ist 11 mm. Es hat einen Clip an der Seite, um es an einer Hemdtasche o.ä. zu befestigen. Der rote Plastikknopf ist um 90 Grad drehbar, bis es ein klickendes Geräusch von sich gibt. Das rote Ding mit dem Metall- stift am vorderen Ende ist abschraubbar, so dass zwei AA-Batterien eingefügt werden können. Im Inneren des roten transparenten Plastikkopfes vorne sieht man, dass der Metallstift an etwas im Inneren angelötet ist und ebenfalls an eine kleine Lampe angelötet ist (ich wette auf nichts, aber es scheint sich um eine Glühlampe zu handeln, nicht um eine LED).

Wie wir alle wissen, funktioniert Netzwerken oft sehr gut. Keiner der Kollegen kam mit einer besseren Lösung als einem Durchgangsprüfer, aber eine Kollegin gab uns den Ratschlag, einmal in einem Elektronikshop in Berkeley/California/USA nachzufragen: „Die Leute dort sind in der Lage so ziemlich jede Frage zu beantworten, die Elektronik betrifft.“

Die Antwort von dort kam innerhalb weniger Stunden, kurz und bündig (Original in der Englischen Version):

Hi

Ich denke, es ist ein Buzz-it.

Es ist ein Signalinjektor.                

Bob Lasher

http://www.antiqueradios.com/forums/viewtopic.php?t=812

Nun wussten wir, dass es eine Art kleiner Oszilator ist mit dem man analysieren kann, welcher Teil in einem Radio oder Funkgerät nicht arbeitet. Wir hatten sogar Bilder eines ähnlichen Werkzeuges inklusive einer kurzen Bedienungsanleitung.

Für mich ist es ein großartiges Beispiel, dass Arbeit mit Sammlungen nie langweilig ist. Es ist oft Detektivarbeit und manchmal sogar internationale Zusammenarbeit.

Angela

5 Tipps zum Umgang mit Registraren

Warum Ausstellungsmacher und Sammlungsmanager oft aneinander vorbei reden – obwohl sie sich eigentlich perfekt ergänzen.

Die Zeit, als Lagerverwalter in Museen starke Männer mit kanaldeckelgroßen Händen waren, ist längst vorbei. Heute liegt das Sammlungsmanagement meist in den Händen von ausgebildeten Spezialisten für Kulturgut. Die Berufsbezeichnungen variieren von Museum zu Museum. Sie lauten Registrar/in, Depotleiter/in, Magazinverwalter/in, Sammlungsmanager/in und dergleichen mehr. Gemeint ist eigentlich immer das gleiche: diese Person ist verantwortlich für die sichere Lagerung und den Transport von Sammlungsgütern inklusive dem dazugehörigen Papierkram. Von allen Profilen im Museumswesen unterscheiden sich wohl keine zwei Personengruppen so stark voneinander wie Ausstellungsmacher und Registrar.

Wer Ausstellungen macht, muss:

  • kreativ sein
  • Besucher und Partner mit Neuem überraschen
  • nicht nur einen Plan B, sondern auch noch einen Plan C, D und E in der Schublade haben
  • kurzfristig auf Planänderungen und unvorhergesehene Ereignisse reagieren
  • Ausstellungsstücke so in Szene setzen, dass sie im besten Licht erscheinen

Wer Sammlungen verwaltet, muss:

  • in langfristigen Zeiträumen denken
  • Materialien einsetzen, die auf Herz und Nieren auf ihre Archivtauglichkeit geprüft wurden
  • alles, was irgendwie mit einem Ausstellungsstück passiert, dokumentieren, dokumentieren, dokumentieren
  • auf größtmögliche Sicherheit achten
  • Aufmerksamkeit von Depoteinrichtungen, Transporten und Ausstellungsstücken ablenken
© Claudia Wagner, Der Super-Registrar

Kein Wunder also, dass es an dieser Schnittstelle bei Ausstellungen oft zu Reibungsverlusten kommt. Dabei ist das gar nicht nötig. Wenn beide Seiten das Denken und die Anforderungen des jeweils anderen verstehen, sind Ausstellungsgestalter und Sammlungsmanager sogar ein äußerst schlagkräftiges Team. Aus Sicht einer Depotleiterin, die lange genug auch für die »andere Seite« gearbeitet hat, gibt es 5 Punkte, die Ausstellungsmachende verstehen sollten, damit die Zusammenarbeit gut klappt:

Die Zukunft im Blick

Registrare denken in Generationen. Ob ein Objekt in einer Ausstellung für drei Monate zu sehen sein wird oder nicht und ob das für die Besucher toll wäre, ist für sie erst einmal zweitrangig. Wichtig ist, dass das Objekt unbeschädigt zum Ausstellungsort kommt, dort so präsentiert wird, dass es keinen Schaden nimmt und schließlich sicher und wohlbehalten wieder zurück kommt.

Das klingt erst einmal simpel, aber ein guter Registrar wird ein Objekt erst freigeben, wenn alle Stationen auf diesem Weg für sie oder ihn sichergestellt sind. Das bedeutet für Ausstellungsmachende: je mehr Details zur Präsentation sie liefern können, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie seitens der Sammlungsverwaltung einen positiven Bescheid bekommen.

Das Procedere unterscheidet sich zwar von Museumssparte zu Museumssparte und oft genug auch von Objekt zu Objekt, aber die Wahrscheinlichkeit, dass die Sammlungsverwaltung zu Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Sonneneinstrahlung, Zwischenlagerung, Sicherheitseinrichtungen usw. Rückfragen hat, ist ziemlich hoch. Einen guten Eindruck macht es, wenn diese Daten gleich bei der Leihanfrage für eine Ausstellung mitgeliefert werden. Das zeigt, dass man sich dieser Anforderungen bewusst ist.

Wenn bereits detaillierte Vorstellungen bestehen, wie das Objekt präsentiert werden soll, ist es gut, wenn diese Informationen mitgeliefert werden. Sollte daran etwas problematisch sein, kann das gleich, noch relativ früh im Planungsprozess, besprochen werden. Das ist allemal hilfreicher, als wenn der Kurier der ausleihenden Institution erst bei der Aufstellung kurz vor Ausstellungseröffnung die Notbremse zieht, weil die geplante Präsentation so nicht ohne Schaden für das Objekt möglich ist. Oder – noch schlimmer – das erst nach Ausstellungseröffnung bemerkt wird, die Institution unter Umständen ein wichtiges Stück zurückfordert und die Besucher vor einer leeren Vitrine stehen.

Depots sind keine Warenhäuser

Die Tendenz, seinen Sammlungsbestand auf der hauseigenen Website in einer Online-Datenbank zu präsentieren, ist aus Sicht der Öffentlichkeitsarbeit zu begrüßen. Allerdings weckt diese Art von Präsentation oft falsche Erwartungen. Weder sind alle Stücke, die dort gezeigt werden, grundsätzlich ausleihfähig, noch ist gesagt, dass der Gesamtbestand präsentiert wird.

Das führt bei Ausstellungen gerne zu Missverständnissen. Die Versuchung, sich einen »Warenkorb« zusammenzustellen und dann die Objekte für die nächste Ausstellung zu »bestellen« ist groß. Ebenso die Tendenz, gleich mehr anzufragen, als man eigentlich vernünftigerweise für die Ausstellung braucht, mit dem Hintergedanken aus dem Online-Versandhandel: »was ich nicht brauche, kann ich ja zurückschicken«.

© Claudia Wagner

Trotz der neuen Präsentationsformen hat sich aber nichts an der klassischen Sammlungsarbeit geändert: Jedes Objekt muss einzeln herausgesucht und auf seine Ausleihfähigkeit überprüft werden. Dazu gehört nicht nur der generelle Zustand, sondern auch das Abprüfen, ob das Objekt schon für andere Projekte vorgesehen ist, ob es für die speziellen Bedingungen in der anfragenden Ausstellung überhaupt geeignet ist und ob die Daten in der Datenbank noch aktuell sind. Jedes mehr angefragte Objekt erzeugt also beim zuständigen Registrar mehr Arbeitsaufwand. Für sie oder ihn ist es vollkommen unerheblich, ob das Objekt dann später in der Ausstellung real zu sehen sein wird, der Arbeitsaufwand bleibt gleich.

Wenn der zuständige Registrar den Eindruck hat, dass die anfragende Institution mehr oder weniger »auf Vorrat« bestellt, ohne sich vorher ausreichend Gedanken zu machen, wird seine Kooperationsbereitschaft ähnlich hoch sein wie bei einem Ausstellungsmacher, dem man sagt, er müsse ja schließlich nur Bilder an die Wand hängen.

Umgekehrt aber können Ausstellungsmachende immens vom Wissen des Depotleiters profitieren, wenn sie detailliert kommunizieren, um was es ihnen geht. Oft sind interessante Objekte noch gar nicht in der Online-Datenbank gelandet, aber der Registrar erkennt sofort, dass sie in den Ausstellungskontext passen könnten.

Der Faktor Zeit

Niemand hat Zeit, am wenigsten Menschen, die Ausstellungen machen. Trotzdem: gut Ding will Weile haben. Eine Leihanfrage, die zu kurzfristig kommt, hat wenig Aussicht auf Erfolg. Fehlt die Zeit zur Prüfung, wird der Registrar sich eher auf die für ihn sichere Seite schlagen und Bedenken gegen die Ausleihe anmelden. Je frühzeitiger die Anfrage kommt, umso wahrscheinlicher, dass das Objekt noch nicht für ein anderes Projekt gebucht ist. Für Reinigungs- und Restaurierungsmaßnahmen, die das Objekt in einen ausleihfähigen Zustand bringen, bleibt so eher ein Zeitfenster. Außerdem kann man sich ausreichend Gedanken um die Verpackungs- und Transporterfordernisse machen und kritische Punkte zur Zufriedenheit aller Beteiligten abklären.

Doch wie rechtzeitig ist rechtzeitig? Die Antwort ist wie immer: es kommt darauf an. Wenn sich die Ausstellungsmachenden noch nicht sicher sind, ob ein Objekt überhaupt ausgestellt werden soll oder nicht, ist es in der Regel zu früh. Kein Leihgeber ist begeistert von Leihanfragen, die dann noch mehrmals geändert werden. Andererseits sind auf Leihgeberseite ja wie dargestellt noch diverse Punkte zu klären, so dass noch genügend Zeit bleiben muss, sich gegebenenfalls nach Alternativen umzusehen. Ganz tückisch wird es bei Museen, bei denen noch eine übergeordnete Institution wie ein Stiftungsrat oder ein Board of Trustees seine Zustimmung geben muss. In so einem Fall muss die Leihanfrage so rechtzeitig eingehen, dass sie noch auf der nächsten turnusmäßigen Sitzung behandelt werden kann.

Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt ist also nicht abschließend zu beantworten. Idealerweise hat man ohnehin eine Person im Ausstellungsteam, die sich schwerpunktmäßig um den Leihverkehr kümmert und daher genügend Gespür, Erfahrung und Kontakte besitzt, um den richtigen Zeitpunkt für die jeweiligen Anfragen zu erkennen.

Sicher von A nach B

Sicherheits- und Transportfragen sind das Tagesgeschäft eines Registrars. Das endgültige »go« wird sie oder er erst geben, wenn sie oder er vollständig davon überzeugt ist, dass alles in Ordnung ist. So kann es Ausstellungsmachenden durchaus blühen, dass ihr Kleintransporter unverrichteter Dinge wieder abfahren muss, weil keine ausreichenden Vorkehrungen zur Ladungssicherung getroffen wurden. Auch hier gilt: Kommunikation ist der Schlüssel.

Wenn klar ist, was ausgeliehen wird, können die Transportbedingungen festgelegt werden. Ist eine Kunstspedition mit klimatisiertem LKW notwendig? Genügt ein Kleintransporter? Passt alles auf die Ladefläche? Werden Klimakisten benötigt und müssen die eventuell extra angefertigt werden? Werden diese während der gesamten Ausleihdauer beim Leihnehmer gelagert oder kommen diese zurück, um dann zum Ausstellungsabbau wieder geliefert zu werden? Muss das Objekt von einem Kurier begeleitet werden? Tausend Kleinigkeiten sind zu beachten und festzulegen, damit es, wenn es dann mit dem Ausstellungsaufbau ernst wird, nicht zu Reibungsverlusten kommt. Ein guter Sammlungsmanager wird den Ausstellungsmacher von sich aus auf kritische Punkte hinweisen bzw. die richtigen Fragen stellen. Ein beliebtes Problem sind z.B. zulässige Deckentraglasten in historischen Gebäuden oder Fahrstühle, die zu klein für die Exponate sind. Trotzdem denkt auch ein Registrar nicht immer an alles. Je besser die Kommunikation im Vorfeld, desto unwahrscheinlicher, dass unliebsame Überraschungen auftauchen.

Von i-Punkten und t-Strichen

Registrare sind schon beinahe sprichwörtlich genau, wenn es um die Dokumentation geht. »Dot every i and cross every t« ist das englische Idiom für »sehr penibel sein« und gleichzeitig so etwas wie der internationale Wahlspruch der Registrare. So kommt es, dass Registrare durchaus nervtötend genau sein können, wenn es um Formalien geht. Im Zweifelsfall wird lieber einmal zu viel dokumentiert und abgezeichnet als einmal zu wenig. Das treibt Ausstellungsmachende, die schon wieder die drei nächsten Baustellen im Kopf haben, gerne in den Wahnsinn.

© Claudia Wagner

Ein Beispiel: Der Zustand des Objekts wird vor der Leihgabe protokolliert und in der Regel wird die ausleihende Institution zu jedem Objekt eine Art Laufzettel mitgeben. Auf diesem soll jeweils vermerkt werden, in welchem Zustand das Objekt nach dem Transport beim Leihnehmer ankommt und wie der Zustand nach der Ausstellung, bevor es auf den Rücktransport geht, aussieht. Diese Zustandsprotokolle binden natürlich Arbeitszeit, sowohl beim Aufbau, wo es meist schnell gehen soll, als auch beim Abbau, wo schon das nächste Projekt in den Startlöchern wartet.

Je objektzentrierter die Ausstellung und je mehr Leihen aus unterschiedlichen Institutionen oder gar aus dem Ausland anstehen, desto mehr Papierkrieg ist zu bewältigen und desto eher ist man geneigt, mal das ein oder andere nicht so genau zu nehmen oder genervt zu reagieren, wenn zum gefühlt 387. Mal unterschrieben werden soll, dass alles in Ordnung ist.

Aber spätestens, wenn ein Versicherungsfall da ist oder unangenehme Fragen von den Zollbehörden kommen, kann man froh sein, wenn da jemand im Team war, der eben die i-Punkte und t-Striche im Blick gehalten hat.

Fazit: Ein starkes Team

Ausstellungsmacher und Registrar haben sehr unterschiedliche Aufgaben und meist auch Persönlichkeiten. Aber gerade deshalb können sie sich in einem interdisziplinären Team perfekt ergänzen. Was ein guter Ausstellungsmacher leistet, darüber ist schon viel geschrieben und gesprochen worden. Über den guten Registrar ist weitaus weniger bekannt und das ist insofern konsequent, als das möglichst wenig Auffallen Teil des Berufsbilds ist.

Dabei sind die verborgenen Stärken nicht zu unterschätzen: Da wäre die erwähnte Genauigkeit bei Formalitäten und Detailorientierung bei der Planung. Dazu gehört je nach Museum auch ein reicher Erfahrungsschatz in Hinblick auf Zollformalitäten, Transportunternehmen und regionale oder institutionelle Besonderheiten. Hinzu kommt, dass Sammlungsmanagement in den meisten Fällen bedeutet, mit sehr beschränkten Budgets das bestmögliche herauszuholen. So haben Depotverwalter oft eine Idee, wo man am günstigsten an bestimmte Materialien oder Dienstleistungen kommt. Ein solides Netzwerk unter Kollegen besitzen sie durch ihre Arbeit meist zwangsläufig. Das ist für Ausstellungsmachende dann gut, wenn sie bewiesen haben, dass sie einen sensiblen Umgang mit Objekten an den Tag legen. Dann kann die Empfehlung unter Kollegen oft mehr bewirken als ein noch so schön formulierter Brief an den Museumsdirektor. Das gilt im negativen Fall natürlich analog. Außerdem besitzen Magazinverwalter oft nicht nur eine gute Datenbank, sondern auch noch ein Elefantengedächtnis. Das kann bei der Ausstellungsplanung äußerst hilfreich sein, da man so auf Objekte oder vergangene Ausstellungen hingewiesen wird, die man durch keine Datenbank- oder Internetrecherche findet.

Kurz: Wer mit Registraren zu tun hat, wird sich vielleicht manchmal an die Karikatur eines preußischen Beamten oder gar an Tolkiens Gollum erinnert fühlen. Wer aber versteht, wie sie arbeiten und welche Anforderungen und Grundgedanken dahinter stehen wird gut mit ihnen zusammenarbeiten können. Bei größeren Ausstellungsprojekten empfiehlt es sich ohnehin, einen solchen Detailfetischisten in den eigenen Reihen zu haben.

Dieser Beitrag ist auch auf italienisch erhältlich, übersetzt von Davide Bordenca