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Museum professional, lover of all collections work, former collections manager of the TECHNOSEUM in Mannheim, Germany. Now Professional Services Specialist for Gallery Systems. Independent museum professional. Cat wrangler and #SciFi enthusiast. Views are my own. Of course, they are. I can't make anybody responsible for the garbage my brain produces!

Ja, wo isses denn?

Barcodes in der Standortverwaltung im TECHNOSEUM

Einfache und effektive Standortverwaltung: Der größte Teil der Rundfunksammlung ist bereits mit Barcodes versehen. TECHNOSEUM, Foto Hans Bleh
Einfache und effektive Standortverwaltung: Der größte Teil der Rundfunksammlung ist bereits mit Barcodes versehen.
© TECHNOSEUM; Foto: Hans Bleh
Wenn Dinge im Museum verschwinden, denkt jeder an Einbruch und Diebstahl. Tatsächlich werden tagtäglich Objekte in Museen vermisst, doch die Gründe sind meist eher banal: Das Objekt wurde entnommen, um es auszustellen, zu verleihen oder zu restaurieren. Die Nachverfolgung dieser Standortänderungen erfolgt über eine Datenbank. Dieses System hat eine Schwachstelle: Ein Mensch gibt die Inventarnummer des Objekts in die Datenbank ein und vermerkt den neuen Standort. Ein kleiner Zahlendreher und statt der Kaffeekanne ist plötzlich die Druckmaschine in der Restaurierung, obwohl die ihren Standort nie verlassen hat. Der Fehler fällt meist erst dann auf, wenn ein dringend benötigtes Objekt nicht an dem in der Datenbank angegebenen Standort zu finden ist. Wenn regelmäßig tausende Objekte im Jahr bewegt werden, wie dies im TECHNOSEUM der Fall ist, stellen Fehler in der Standortverwaltung ein ernstzunehmendes Problem dar. Die naheliegende Lösung ist es, sowohl die Inventarnummer als auch die Standorte maschinenlesbar zu machen und damit die Schwachstelle „Falscheingabe“ auszuschalten.

Barcode oder RFID?

Wie bei jedem Praxisproblem gibt es auf der einen Seite die Fülle des technisch Machbaren, auf der anderen die konkreten Rahmenbedingungen vor Ort. Was in dem einen Museum sinnvoll ist, muss es nicht automatisch im nächsten auch sein. Wir haben zunächst ergebnisoffen mehrere Möglichkeiten geprüft: Zum einen Barcodes. Sie kennt man vom Einkaufen als eindimensionaler Strichcode auf den Verpackungen, von Werbeplakaten und Zeitschriften als zweidimensionalen Code, hier meist verallgemeinernd QR-Code genannt. Zum anderen RFID-Chips, die eher von Diebstahlsicherungen und Tierkennzeichnungen bekannt sind. Dann schlossen wir uns mit Kolleginnen und Kollegen weltweit kurz, die die verschiedenen Systeme in ihren Museen einsetzen. So bekamen wir einen recht guten Überblick über Möglichkeiten und Probleme. Nachdem wir diese Informationen mit unseren Anforderungen vor Ort abgeglichen hatten, entschieden wir uns für den eindimensionalen Strichcode.

Der Mensch macht‘s

Inventarkarte an einem „Einstein-Bierkrug“, eines von etwa 100 Exemplaren in den Sammlungsbeständen. Das TECHNOSEUM zeigt 2016 eine Sonderausstellung zum Thema „Bier“ © TECHNOSEUM; Foto: Hans Bleh
Inventarkarte an einem „Einstein-Bierkrug“, eines von etwa 100 Exemplaren in den Sammlungsbeständen. Das TECHNOSEUM zeigt 2016 eine Sonderausstellung zum Thema „Bier“
TECHNOSEUM, Foto: Hans Bleh
Von Anfang an stand für uns fest, dass wir die Barcodes nicht direkt auf den Objekten anbringen wollten. Hier bleibt es puristisch bei der Kennzeichnung mit der Inventarnummer. Der Barcode ist Bestandteil der Inventarkarte, einer laserbedruckten Polyesterfolie, die im TECHNOSEUM jedes Objekt begleitet. Der Barcode auf dieser Karte ist lediglich eine Umsetzung unserer Inventarnummer in maschinenlesbare Form. Ebenso verhält es sich mit den Barcodes, die die Standorte kennzeichnen: sie sind keine willkürliche Nummer, sondern eine vereinfachte Umsetzung unserer alphanumerischen Standortkennung.
Diese Art der Umsetzung bietet gleich mehrere Vorteile:
• Die Standortverwaltung kann auch bei Totalausfall der Scanner-Technik weitergehen. Alle Nummern bleiben menschlich lesbar, die Standorte auffindbar.
• Die Einführung der Barcodes kann sukzessive, parallel zur gewohnten Art der Verstandortung erfolgen. Es gibt keine Verzögerungen im Arbeitsablauf, wenn ein Objekt oder ein Standort noch keinen Barcode hat.
• Durch die geringe Zeichenzahl reicht die Kapazität des klassischen Strichcodes aus, wodurch günstigere Lesegeräte verwendet werden können.

Arbeit vor Ort und in der Datenbank

Die Barcode-Scanner arbeiten nicht anders als eine Tastatur oder eine Maus. Wenn der Barcode gescannt wird, zeigt unsere Datenbank (Faust 7) den zugehörigen Datensatz an, der dann bearbeitet werden kann. Soll der Standort verändert werden, wird der Standortbarcode direkt an der Lagereinheit oder aus einer Liste am Arbeitsplatz abgescannt. Die im TECHNOSEUM eingesetzten Barcode-Lesegeräte arbeiten drahtlos über Funk. Sie besitzen außerdem eine Speicherfunktion, wodurch auch Barcodes außerhalb der Reichweite des Empfängers eingelesen und dann am Arbeitsplatz ausgegeben werden können.

Die Umsetzung: Von Null auf 170.000?

Die Umsetzung einer solchen Maßnahme sieht zunächst wie eine Mammutaufgabe aus. Schließlich sollen irgendwann alle rund 170.000 Objekte des TECHNOSEUM „ihren“ Barcode tragen. Durch die simple Direktive „Alles, was wir in die Hand nehmen, bekommt einen Barcode.“ stellt sich das jedoch in der Realität wesentlich weniger dramatisch dar. Seit Februar 2015 bekommt jede Neuerwerbung zeitgleich mit der Inventarisierung ihren Barcode. Dazu bekommt jedes ausgeliehene, fotografierte, überprüfte oder restaurierte Objekt seinen Barcode umgehängt – pro Jahr betrifft das zwischen 4.000 und 6.000 Objekte. In der Datenbank haben ohnehin alle Objekte bereits einen Barcode, wodurch er automatisch auf jeder neu ausgedruckten Inventarkarte, Packliste und Kartonkennzeichnung erscheint. Freie Hilfskraftstunden werden dazu genutzt, komplette Lagereinheiten mit neuen Inventarkarten zu versehen.
Die erste Feuertaufe haben die Barcodes bereits bestanden: den Abbau der Ausstellung „Herzblut“. Etwa 600 der 700 ausgestellten Objekte entstammten dem hauseigenen Sammlungsbestand und wurden im Juni verpackt und zurück ins Depot gebracht. Dank der Barcodes gab es zum ersten Mal keine „blinden Flecken“ in der Logistikkette: jedes Objekt war zu jeder Zeit auffindbar, ob noch in der Vitrine, schon im nummerierten Umzugskarton oder bereits eingelagert im Depot. Und noch ein Novum: dies war der erste Ausstellungsabbau in der 25-jährigen Geschichte des Museums, der ganz ohne Zahlendreher ablief!

Angela Kipp

Der Artikel erschien ursprünglich in „KulturBetrieb. Magazin für innovative und wirtschaftliche Lösungen in Museen, Bibliotheken und Archiven“; Ausgabe drei (August 2015); www.kulturbetrieb-magazin.de

Verwendete Kürzel und technische Begriffe

RFID (engl. Abkürzung für „radio-frequency identification“): Identifizierung mit Hilfe von Radiowellen.

Urheberrechte und wie man damit umgeht: Neues E-Book nun erhältlich!

(Rights & Reproductions: The Handbook for Cultural Institutions)

Von Anne M.Young
Zuständig für Urheberrechte
Indianapolismuseum of Art

In der vorletzten Woche erschien Rights & Reproductions: The Handbook for Cultural Institutions herausgegeben vom Indianapolis Museum of Art und der American Alliance of Museums, s. die offizielle Pressemitteilung. Nach zwei Jahren intensiver Arbeit an dem Handbuch freue ich mich sehr, dass die Anstrengung so vieler Leute Früchte getragen hat, die nun der Öffentlichkeit übergeben werden. Da ich das Handbuch gerne mein drittes „Kind“ genannt habe – hier ist es nun, ein springlebendiges neugeborenes E-book.

Umschlag der Publikation: Ausschnitt aus dem Gemälde von Edward Hopper (Amerikaner, 1882-1967): Hotellobby, 1943, Ölfarbe auf Leinwand, 81 x 100 cm, im Indianapolis Museum of Art, William Ray Adams Memorial Collection, 47.4 © Edward Hopper.
Umschlag der Publikation: Ausschnitt aus dem Gemälde von Edward Hopper (Amerikaner, 1882-1967): Hotellobby, 1943, Ölfarbe auf Leinwand, 81 x 100 cm, im Indianapolis Museum of Art, William Ray Adams Memorial Collection, 47.4 © Edward Hopper.

Das Handbook ist die erste Publikation für Spezialisten auf dem Gebiet des Urheberrechts und der Nutzungsbedingungen für geistiges Eigentum, das sich einzig auf die entsprechenden Richtlinien, Normen und die sich herausbildenden Usancen konzentriert. Wie im Handbook erklärt, muss jeder der in einer Kulturinstitution arbeitet und mit diesen Dingen zu tun hat, sich damit beschäftigen, das betrifft Registrare, Archivare, Bibliothekare, Rechtsanwälte und andere mehr.

Das Schreiben, Editieren und Gestalten von Rights & Reproductions: The Handbook for Cultural Institutions war, vergleichsweise, die einfachere Aufgabe. Die Kärrnerarbeit war die Koordination all der beweglichen Elemente, die mit dieser Produktion in Verbindung standen. Der einzige Grund, warum es nun erscheinen kann ist der: es gelang IMA (Indianapolis Museum of Art) und AAM (American Alliance of Museums) als Verleger auf eine Linie zu bringen, mehr als 20 Autoren und juristische Gutachter zusammen zu bringen, das IMA erhielt eine Beihilfe vom U.S. Institute of Museum and Library Services (IMLS) und die Getty-Stiftung ermöglichte die elektronische Publikation mit Hilfe seines Online Scholarly Catalogue Initiative (OSCI) Toolkit. Einer der Beiträger scherzte deshalb: Anne, du wirst jetzt zum „Obersten Floh-Hüter“ ernannt, ein Titel, den ich in aller Bescheidenheit annehme.

Hervor zu heben sind u.a. die folgenden Punkte:

  • 400 „Seiten“ Text und fast 800 Fußnoten (nur vier fehlen – wie dumm)
  • Ein Überblick über die Gesetze die das geistige Eigentum betreffen, ethische Richtlinien und Risiken (in den USA), sowie Verweise auf andere persönliche und moralische Rechte und Rechte Dritter, die mit den sehr unterschiedlichen internationalen Urheberrechten abgeglichen werden.
  • Darstellung der Wichtigkeit einer einheitlichen Politik im Hinblick auf die Urheberrechte unter Berücksichtigung von Open Access und deren regelmäßige Überprüfung
  • Je 50 Bezugnahmen auf Lizenzen für freie Dokumentation und Open Access und über 170 auf „gerechte“ Nutzung und/oder kulanten Umgang mit dem Urheberrecht
  • Rechtsfragen in Ständigen Sammlungen: Bestimmung des rechtlichen Status der Objekte, Identifizierung des Rechte-Inhabers und die Erarbeitung nicht-exklusiver Genehmigungen.
  • Nutzung von Material unter Berücksichtigung von, aber nicht Beschränkung auf, Internetgegebenheiten im Hinblick auf Publikationen und Ausstellungen, Material für pädagogische Zwecke, Webseiten und Sozialen Netze, Marketing und Werbung, Einzel- und Großhandel
  • Unterschiedliche Vorgehensweisen um Genehmigungen zu erhalten und Material zu finden, auch wenn „gerechte Nutzung“ anwendbar ist und die unterschiedlichen Bedingungen, die dabei gelten
  • 20 Fallstudien, die tatsächliche Beispiele der beitragenden Autoren nachzeichnen und ihre Erfahrungen und die Vorgehensweisen ihrer jeweiligen Arbeitgeber darlegen
  • Wie mit externen Vertriebspartnern der Vermehrung der Nutzerzahlen und einer möglichen Vergrößerung des Einkommens zum Durchbruch verholfen wird
  • Analyse, wie die Internetkommunikation mit dem Publikum funktioniert, einschließlich der Vermarktung eigener Lizenzen und der Weiterentwicklung der Strategien hinsichtlich der Fotoverwertung
  • Direkte Hyperlinks zu externen Quellen und verwandten Artikeln innerhalb der Fußnoten, der Anhänge und der Bibliographie ebenso wie zu eingefügten Videos
  • Vier Anhänge: Internationale Vereinbarungen, Gesetze und Urteile der Vereinigten Staaten, Dokumente und Vorlagen für Verträge (über 100 Seiten!),
    Literatur- und Quellenangaben.

Wer es noch nicht getan hat sollte die nächste Kaffeepause nutzen, um ein Exemplar von Rights & Reproductions: The Handbook for Cultural Institutions von der AAM Website https://aam-us.org/ProductCatalog/Product?ID=5186 herunter zu laden. Es kostet nur $4.99!

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Rights & Reproductions: The Handbook for Cultural Institutions wurde ermöglicht durch einen Zuschuss des U.S. Institute of Museum and Library Services. Es nutzt das OSCI Toolkit, das von der Getty-Foundation als Teil seiner Initiative für wissenschafltiche Online-Kataloge unterstützt wird.

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt.

Aber wie nennt man das? Nomenclature 4.0 hilft!

Die korrekte Terminologie zu nutzen ist für eine gute Museumsdokumentation von grundlegender Bedeutung, es ist die Basis jeder fachlich fundierten Museumsarbeit. Wir haben dieses Thema schon mehrfach aufgegriffen. Ich bin sehr froh, dass Nomenclature, das Standardwerk für die richtige Benennung von Objekten in den historischen Museen der USA nun in 4. Auflage erschienen ist. Jeder von Ihnen, der schon mit Kollegen darüber diskutiert hat ob ein Werkzeug (je nach Gegend) ein „Engländer“ oder ein „Franzose“ ist oder ob man einen von vier weiteren, offiziellen Bezeichnungen verwenden soll (im englischsprachigen Bereich kann man sich um „adjustabel spanner“ oder „monkey wrench“ streiten), der weiß, warum es ein Segen ist, ein normiertes Vokabular zu haben. Ich habe deshalb Jennifer Toelle gebeten, uns anlässlich der Neuauflage ein paar Zeilen zu schreiben.

nimnclatureNomenclature 4.0 ist die allerneuste Print-Ausgabe von einem der beliebtesten Thesauri für die Klassifizierung und Benennung von Objekten in Historischen Museen in Amerika.
Aufbauend auf Expertenwissen und auf die hierarchische Gliederung, die in der letzten Ausgabe eingeführt wurde, bietet Nomenclature 4.0 nun einen breiteren Anwendungsbereich und Verbesserungen, die neue Forschungen und Beiträge von Museumsfachleuten aus den Vereinigten Staaten und Kanada berücksichtigen.

Seit über 35 Jahren bietet Nomenclature einen praktischen und flexiblen Rahmen der sicherstellte, dass Museumsdokumentation, Datensuche und gemeinsame Datennutzung einheitlich erfolgen können. Dieses System bleibt das Standard-Katalogwerk für tausende von Museen und historischen Vereinen. Nomenclature unterstützt Museen, indem es ein System vorgibt, nach dem Objekte gleichartig benannt werden können und so den Austausch von Informationen zwischen Mitarbeitern, Wissenschaftlern, anderen Institutionen und der Öffentlichkeit erleichtert.

Nomenclature ermöglicht es den Katalogisierenden, die Objekte ihrer Sammlung genau und gleichartig zu benennen. Wie Pflanzen nach Familien, Gattungen und Arten unterschieden werden, so gruppiert Nomenclature die Dinge nach hierarchischen Ebenen, auf der Basis ihrer Funktion. So werden etwas die Objekte, die ursprünglich als Spielzeug entstanden oder für Spiele, Sport, Glücksspiel oder öffentliche Vergnügungen genutzt wurden in einer Kategorie zusammengestellt (Kategorie 9: Freizeitobjeke), Objekte, die dazu dienten, Ideen aus zu drücken (z.B. Kunst, Archivalien, Kultgegenstände) dagegen in der Gruppe 9: Kommunikation (von Ideen und Werten).

Das Lexikon hat zehn Kategorien, die alle von Menschen hervorgebrachten Objekte umfassen, von Gebäuden, Möbeln, Persönlichen Gegenständen, Werkzeug und Ausrüstungsgegenständen zur Materialbearbeitung, Werkzeug und Ausrüstungsgegenstände für Naturwissenschaft und Technik, Werkzeug und Ausrüstungsgegenstände für Kommunikation, Objekte für die Verteilung und den Transport von Dingen, Objekte, die Ideen und Werte kommunizieren, Freizeitobjekte und Objekte, die nicht zu klassifizieren sind. Jede Kategorie wird dann wieder in Klassen und weitere Untergliederungen aufgeteilt, wobei primäre, sekundäre und tertiäre Objektbegriffe zur Verfügung stehen.

Vielleicht finden Katalogisierende außerhalb der Grenzen Nordamerikas die Objektbezeichnungen von Nomenclature 4.0 bei ihrer täglichen Arbeit auch nützlich.
Es kann ein praktisches Referenzwerk sein, das eine bestehende Terminologie ergänzt und deshalb in den Alltag der Museumspraxis mit einbezogen werden könnte.

Nomenclature 4.0 enthält:

  • eine einführende Handreichung zur Nutzung von Nomenclature und eine Darstellung von erprobten Beispielen der Katalogisierung
  • neue und auf den neuesten Stand gebrachte Tipps und Hinweise
  • ein alphabetisches Verzeichnis von mehr als 16.900 Deskriptoren (= Normbegriffen, vorzugsweise zu benutzenden Begriffen) und weiteren Begriffen
  • einen erweiterten Thesaurus mit fast 950 neu aufgenommenen Deskriptoren
  • 475 neu in den Katalog aufgenommenen Nicht-Deskriptoren (Begriffe, die nicht verwendet werden sollen)
  • eine erweiterte und neu organisierte Abteilung für Wassertransport
  • Netzwerke, Digitale Sammlungen, Elektronische Medien, archäologische und ethnographische Objekte und vieles mehr ist nun besser abgedeckt!
  • Der Inhalt wurde überarbeitet, um kulturellem Wandel und sich entwickelnden Sammlungen http://community.aaslh.org/nomenclature/ besser gerecht werden zu können, so kann nun zeitgenössische materielle Kultur besser beschrieben werden, ebenso wie traditionelle Dinge.
  • Der Zugang zu diesen aktualisierten Daten sichert die Konsistenz der Katalogeinträge und verbessert und erleichtert das Teilen und Finden von Informationen beträchtlich.
  • Diese Edition enthält eine ganze Reihe von neuen Begriffen, die von Kollegen „vor Ort “ in Sammlungen und Dokumentationen vorgeschlagen und erbeten wurden.

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Ordering Nomenclature 4.0

Nomenclature 4.0 For Museum Cataloging bestellen: https://rowman.com/ISBN/9781442250987

Jennifer Toelle arbeitet als Registrar im Smoky Hill Museum in Salina, Kansas, U.S.A. und ist Mitglied des Arbeitskreises für Nomenklatur der American Association for State and Local History. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich an sie unter: jennifer.toelle@salina.org

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt.

Wie man Objekte NICHT nummeriert!

Es fing alles an einem Freitagmorgen damit an, dass mir eine gusseiserne Gedenktafel in die Hände fiel, die irgendjemand mit einem Post-It mit der Inventarnummer, dem Objekteigename und dem Herstellungsjahr versehen hatte. Und damit das auch ganz bestimmt hält war der Post-It an allen vier Seiten mit Tesafilm festgeklebt worden. Ich fand das zugleich furchtbar und furchtbar komisch, also erzählte ich es den Kollegen von der RCAAM-Emailliste (http://www.rcaam.org/Listserv). Offensichtlich war ich nicht alleine. Hier sind die Erlebnisse, die die Kolleginnen und Kollegen daraufhin mitteilten:

  • Ich habe mal mit einem Objekt gearbeitet, bei dem die Inventarnummer über das Original-Herstellerschild gepinselt war.
  • Das klingt nach den Dingen, die ich gesehen habe als ich meinen Job angefangen habe! Meine Vorgänger wussten nicht, wie man etwas inventarisiert oder wo man die Inventarnummer hinschreibt. Einige der schönen Bilderrahmen haben an allen vier Seiten Inventarnummern, geschrieben in gigantischen Eddingziffern. Es ist furchtbar!
  • Und dann war da noch das feine Leinentaschentuch aus dem 19. Jahrhundert, dessen Inventarnummer in anderthalb Zentimeter großen Buchstaben mit rotem Nagellack direkt auf das Gewebe geschrieben wurde. Wenn ich daran denke, treten mir immer noch die Tränen in die Augen.
  • Ein Kartenspiel aus den 1880er Jahren mit weißer Farbe und Tintennummern.
  • Ich habe selbst gesehen wie der Abteilungsleiter der Abteilung Sammlung dort wo ich damals gearbeitet habe eine Inventarnummer mit einem großen, schwarzen Edding auf eine Hutschachtel aus Pappe geschrieben hat!!
  • Edding auf unglasierter Keramik…
  • Another example of stapling the tag to the textile
    Ein weiteres Beispiel dafür, dass ein Etikett eingetackert wurde.
    Das Etikett in den Pelzkragen eintackern statt es einzunähen.
  • Edding auf Panzerband, das um ledergebundene Bücher aus dem 19. Jahrhundert geklebt wurde (um sie am aufgehen zu hindern).
  • Wow – ihr hattet alle die noblen Eddings. In meinem Museum mussten sich die Mitarbeiter mit der minderwertigen Billigvariante zufrieden geben, um Pappe und Seide zu beschriften.
  • Ich hatte rote Ölfarbe auf unglasierter Keramik. Zählt die Größe? Die Nummern waren fast 2 cm groß…
  • Wie wäre es mit Papieranhängern, die mit einem Bleistift beschrieben wurden welcher nach weniger als 5 Jahren schon komplett verblichen ist?
  • Viele unserer älteren Gemälde sind Opfer der alten „roter Nagellack“ Methode….
  • An einem meiner früheren Arbeitsplätze waren fast alle Inventarnummern in Edding auf den Sammlungsgegenständen angebracht. Zusätzlich stimmte die Nummer oft nicht mit dem Inventarbuch überein, z.B. war es ein anderes Zugangsjahr.
  • Viele Dokumente in unserem Archiv sind so beschriftet: erst kommt eine Schicht weißer oder durchsichtiger Kunstharzlack, dann mit einem archivtauglichen Stift die Nummer und dann eine weitere Kunstharzschicht… das wundert ich immer wieder.
  • Die Universitätsverwaltung verfolgte den Verbleib ihrer „Sachen“ indem sie Inventarnummern vergab, die zum Teil als Metallplatten fest mit den „Sachen“ verbunden waren. Zum Glück machen wir das nicht mehr. Ja, wir lernen… wir sind ja schließlich auch eine Bildungseinrichtung.
  • An einem Museum an dem ich vor Jahren gearbeitet habe gab es eine Landkarte auf Pergament von 1770, die auf der Frontseite mit großen Lettern mit einem blauen Kugelschreiber nummeriert war. Und wer auch immer das gemacht hat wollte wohl sicher gehen, dass sie da drauf blieb denn er hat richtig feste aufgedrückt.
  • Ich fand eine Kiste vollgestopft mit Objekten. Einige in (zu großen) Plastiktüten und ein Paar Mokkasins (nicht alt, sehr, sehr modern). Jemand hatte mit Edding auf die Plastiktüten geschrieben, hatte das nicht trocknen lassen und hat alle Tüten zusammen mit den ungeschützten Mokkasins in die Kiste gestopft…. tja, die Eddingfarbe hat sich auf die Mokkasins übertragen. Die haben jetzt eine Inventarnummer in Spiegelschrift oben drauf.
  • Ich habe schon eine Menge Tinte in Büchern gesehen. Und nicht nur Nummern…
  • Wir finden dauernd Dinge, die vor 50 oder mehr Jahren gemacht wurden und die bei uns leichtes Kopfschütteln hervorrufen. Hier sind meine beiden Lieblinge.

    1. Bei Metallwerkzeugen hatte ich den Fall, dass jemand einen nicht unerheblichen Teil der Oberfläche abgeschliffen hat (genügend, um die Form des Objekts zu verändern) um es schön glatt zu machen und dann wurden mit einem Dremel die Nummern in die Oberfläche eingefräst.

    2. Kennen Sie die Plastik-Klebestreifen in die Nummern mit einer kleinen Handstanze eingedrückt werden? Ich habe solche direkt auf Objekte geklebt gefunden und dazu wurden die noch an beiden Enden festgetackert. Der Klebstoff ist so stark dass sie sich scheinbar kaum entfernen lassen, ohne dass das Objekt Schaden nimmt, deshalb lasse ich es meist wie es ist wenn ich so etwas sehe.

    Man findet schon sehr interessante Dinge in einer über 100 Jahre alten Sammlung!

  • How about carved inside a wood mask? I can say this was not done by anyone claiming to be a museum professional. It was done by the donor in an effort to keep an inventory of the collection. As you can see from the photo, hanging hardware was included for no extra charge. Lucky me!
    Wie wäre es mit in eine Holzmaske eingeritzt? Ich kann zumindest sagen, dass dies nicht von jemand gemacht wurde, der sich als Experte bezeichnet hat. Es wurde vom Spender gemacht, um einen Überblick über seine Sammlung zu behalten. Wie man am Foto sieht wurde die Aufhängevorrichtung gleich mitgeliefert. Hab ich ein Glück!
    Unser Büro für Bestandsverwaltung an der Universität vergibt immer noch Inventarnummern, aber schon vor langer Zeit hat ihnen jemand erklärt, dass Kunstwerke Schaden nehmen, wenn man die direkt draufklebt. Jetzt schicken sie nur noch die Aufkleber und ich sortiere sie in die Objektunterlagen ein.

    Als ich hier anfing fand ich es amüsant, dass, wenn die Bestandsverwaltung stichprobenartig Inventur machte, sie das Objekt gar nicht sehen wollten, sondern nur die Aufkleber. Das hat sich seit ein paar Jahren geändert und jetzt wollen sie beides sehen. Ich schätze es sehr dass ihnen scheinbar wirklich an der Sammlung gelegen ist und dass sie sicher gehen wollen, dass wir sie aufpassen.

    So witzig das alles ist, wir sollten uns daran erinnern, dass zu irgendeinem Zeitpunkt die Leute dachten, dass sie mit der Markierung das richtige tun. Ich frage micht, was zukünftige Registrare in 50 Jahren über uns sagen…

  • Das hat so direkt mit Objektbeschriftung nichts zu tun, aber… wir haben vor einigen Jahren eine Spende von Büchern, Fotografien und andere Kleindrucksachen erhalten, die nun Teil unseres Archives sind. Ich vermute, es wurde gemacht, um die Eigentümerschaft klar zu stellen und/oder vielleicht für die Nachwelt, jedenfalls hat die Spenderin alles mit ihrem Ex-Libris-Stempel versehen, der auch ihren Namen enthält. Die meisten Werke wurden mehrfach gestempelt (vorne, hinten, auf der Umschlagseite). Und in vielen Fällen (mein Lieblingsärgernis) steht der Stempel auf dem Kopf…
  • Wir hatten einen ähnlichen Fall am Thomas Wolfe Memorial in Asheville, aber mit Namenszügen. Thomas Wolfe gehörten einige Bücher in unserer Sammlung und er hat sie auf dem Vorsatzblatt signiert. Nach seinem Tod ist eine seiner Schwestern die Bücher durchgegangen und hat überall „Tom hat das geschrieben“ dazugesetzt, dazu einen dicken Pfeil, der auf seine Signatur deutet.
  • Ich habe 45 Jahre alte Kugelschreibertinte auf Malerkrepp, die auf hunderten von Objekten aus den frühen 1970ern vor sich hinaltert.
  • Im Farmers‘ Museum in Cooperstown, New York, hat eine arbeitsame Seele in den 1940ern mit einem Eimer roter Farbe und einem kleinen Pinsel Inventarnummern auf viele dreidimensionale Objekte geschrieben. Dank der offensichtlich fehlenden Begabung für diese Tätigkeit wird er oder sie traditionell als „Roter Kleckser“ bezeichnet. Die Nummer zu finden ist nie das Problem aber eine 5 von einer 6 oder eine 8 von einer 9 (ad nauseam) zu unterscheiden kann ein unmögliches Unterfangen sein.
  • Ich erinnere mich auch an eine Geschichte der verstorbenen Caroline Keck, betreffs der Nummern auf hunderten von archäologischen Metallgegenständen, die katalogisiert und in ein klimatisiertes Depot eingebracht wurden. Das schnelle Austrocknen der korrodierten Oberflächen bewirkte, dass fast alle Objekte ihre äußerste Schicht abwarfen… zuammen mit der Nummerierung.
  • Ich arbeitete mal irgendwo wo die ObjeKte mehrfach nummeriert worden waren, mit einer ganzen Bandbreite von Nummerierungssystemen und einer ganzen Bandbreite von Größen und Materialien. Wir spielten oft „kannst Du es jetzt noch sehen?“ indem wir Gegenstände hoch hielten und ausprobierten, von wie weit entfernt man die Nummern noch lesen konnte…
  • Großartiges Thema, könnte ein Kapitel eines Buches sein. Hier ist mein persönlicher Favorit: Wenn die schwarze 4 cm große Nummer nicht lesbar ist, sollte es zumindest die weiße 4 cm Nummerierung sein. Was auch immer als durchsichtige Schutzschicht verwendet wurde, es hat bislang allen meinen Versuchen widerstanden sie zu entfernen. Ich habe schon an Sandstrahlen gedacht aber ich fürchte, es wird eher das Metall verschwinden als die durchsichtige Schutzschicht (nur ein ganz klein wenig Galgenhumor).
  • Die Plage der verrückten Nummerierer hat auch die hintere Pampa heimgesucht. Wir haben Beweise, wie die bereits geschilderte mehrfarbige Nummerierung. Auf einigen Objekten wurde die Nummer auch eingraviert, manchmal mit einem Schnitzwerkzeug, manchmal mit einem angeschliffenen Nagel.
  • Cupboard
    Someone, long, long ago, must have found a sale on house paint. Several of our objects look like the pics I am attaching.  The second shows the bottom of a totem, you can see my little number in the center, as well as the yellow painted number I found on it. I just had to re-number it myself to indicate my disgust at the first method. At least they could have gotten the number right the first time (you'll see it is marked out and rewritten, as if one go-round with paint wasn't enough - sheesh!!).
    Jemand muss vor langer, langer Zeit mal ein Schnäppchen bei gelber Wandfarbe gemacht haben. Einige unserer Objekte sehen so aus wie es die Bilder zeigen.
    Das zweite zeigt die Unterseite eines Totems, man kann meine kleine Nummer im Zentrum erkennen, zusammen mit der gelben Nummer, die ich vorgefunden habe. Ich musste es einfach nochmal nummerieren um meine Verachtung für die erste Methode herauszustellen. Sie hätte wenigstens beim ersten Mal die Nummer richtig schreiben können (man sieht, dass sie durchgestrichen und darüber geschrieben wurde, as ob ein Anstrich mit Farbe nicht schon genug wäre – tztztz!!)
    Gut zu wissen, dass man unter Freunden ist! Hier sind einige unserer Sünden der Vergangenheit… Edding, roter Nagellack, gelber Nagellack, Metallgravur, Schlagzahlen, Kugelschreiber auf Papier, Tipp-Ex (ja, die Objekte wurden quasi mit Tipp-Ex angestrichen), verschiedene Nummernsysteme auf einem Objekt, Heftklammern in Textilien, Malerkreppetiketten, Metallklammern… Nummern in verschiedenen Größe und Formen… wir haben soweit ich weiß sogar ein paar neonfarbene Beschriftungen… Seufz.
  • Ich bin ja so froh, dass meine Institution nicht die einzige ist, das eine Geschichte hat in der mit diesen Plastikbeschriftungsdingern gearbeitet wurde! Unsere unerschrockenen Vorfahren hatten offensichtlich Angst, dass wir bei manchen Dingen den Zweck nicht mehr erfassen würden, also haben sie uns Plastikschilder hinterlassen, auf denen Dinge stehen wie „hölzerne Schale“ oder „Buttermodel“. Direkt auf der Vorderseite des Objekts. Diese armen Schalen hatten nicht den Hauch einer Chance.
  • Tatsächlich habe ich die teuflischste aller Nummerierungsmethoden vergessen. Vor Jahren hat ein Kurator für die historischen Stätten im Staat North Carolina die Mitarbeiter in den einzelnen Gedenkstätten angewiesen, die Inventarnummern auf Klebeetiketten zu schreiben und diese auf die Objekte zu kleben. Über die Jahre sind die Etiketten ausgetrocknet, sind abgefallen und die dienstbaren Mitarbeiter haben sie zusammengefegt und weggeworfen. Nicht nur, dass wir jetzt eine klebrige Stelle dort haben, wo das Etikett war, wir haben auch ziemliche Mühe herauszufinden, welches Objekt zu welchem Datensatz passt – dank schlechter Maßangaben und Beschreibungen. Aber das ist eine andere Geschichte. (Seufz)
  • Bevor ich hier arbeitete gab es mal einen Direktor, der seinen Mitarbeitern Anweisung gab silbernen Nagellack als Grundierung zu verwenden, auf die dann die Inventarnummer mit rotem Edding geschrieben wurde. Gefolgt von einer Schutzschicht aus klarem Nagellack. Über die Jahre sind die Nummern so ausgeblichen, dass sie fast unmöglich zu lesen sind. Wenn es kein silberner Nagellack war, dann war es Tipp-Ex.

    Der selbe Direktor nahm auch den Radierer am anderen Ende von Tintenschreibern, um ein Areal auf einer Münze zu „reinigen“, bevor er die Nummer darauf schrieb.

    Einen hab ich noch – als die Sammlung noch an einer Hochschule war, wurde ein emeritierter Professor Direktor. Er entschied, dass alles gekennzeichnet werden müsse. Er malte also einen großen weißen Klecks auf alles, schrieb die Nummer mit Tusche darauf und versah das Ganze mit einer Schutzschicht aus Schellack, der oft am Objekt herunterlief. Das machte er meistens an der auffälligsten und herausragensten Stelle an der Vorderseite des Objektes und die Größe änderte sich nie. Es war immer RIESIG! Manchmal schrieb er noch zwei- oder dreimal die exakt gleiche Nummer auf das gleiche Objekt. Wir haben einen wunderschönen Zuni Pueblo Topf bei dem die Nummer auf das Muster gemalt ist. Der Schllack ist dann an den Seiten des Topfes heruntergelaufen. Oh, die Menschheit!

Und der Gewinner ist…

Drei Tage nach meinem ursprünglichen Aufschrei gab es einen Beitrag, den wir einvernehmlich als ultimativen Gewinner auszeichneten:
“An einer ehemaligen Arbeitsstelle hatten wir einen menschlichen Schädel auf dem die Inventarnummer irgendwann im letzten Jahrhundert pflichtschuldigst mit schwarzem Stift mitten auf die Stirn aufgebracht wurde. Und das war ausgerechnet einer der Fälle, den wir repatriiert haben.”

Ja, es gibt so etwas wie „zu viel Dokumentation“!

via pixabay, openvectorgraphicsDies wird für Rupert Shepherd und alle Unterstützer des Hashtags #MuseumDocumentation auf Twitter ein Schock sein. Tatsächlich war es für mich auch ein Shock. Um das zu erklären muss ich etwas ausholen:

Zur Zeit ist es wirklich heiß in Süddeutschland mit Temperaturen bis zu 40 Grad Celsius. Bis vor etwa drei Wochen hätte ich im Brustton der Überzeugung gesagt, dass das einem richtigen Museumsmenschen nichts ausmacht. Dass mein Hirn immer anfing „In the Summertime“ von Mungo Cherry oder irgendeinen anderen Sommerhit der letzten 40 Jahre zu summen, wenn ich ernsthaft versuchte über etwas nachzudenken hätte mir ja zu denken geben können. Aber ich habe ja schon mal darüber geschrieben, dass es im Kopf eines Registrars manchmal seltsam zugeht, deshalb machte ich mir darüber nicht allzuviele Gedanken.

Dann ist es passiert. Ich habe ein Kapitel aus dem Buch über unbearbeitete Sammlungen, an dem ich zur Zeit schreibe, an eine Freundin geschickt, die es irgendwie hinbekommt, mich mit Gegenlesen und Kommentieren zu unterstützen, obwohl ihr Zeitplan auch übervoll ist. Sie ist immer sehr höflich und zurückhaltend mit Kommentaren, aber sie meinte, dass ich in dem folgenden Abschnitt den Einsatz der Worte „documentation“ und „document“ doch in einigen Fällen überdenken sollte (der Text ist hier im Original wiedergegeben, da ich sicherlich den gleichen Mist nicht noch einmal im Deutschen wiederholen möchte):

„As you see by these examples, your documentation strategy will look different every time, because the foundation of a good documentation strategy is to consider all circumstances that play a role in this process. It is also important to recognize that ”documentation strategy“ doesn’t mean to define a certain set of fields you will fill in your data base and totally ignore that there is other useful information contained in the objects that is worth being documented. A ”documentation strategy“ is seldom one single step after which all the documentation is done but more likely a set of steps where you first document what needs to be documented immediately and define later circumstances under which you will add further documentation. Be careful to define these ”later circumstances“, as they have the tendency of translating into ”never“ if not properly defined. In Example X it is the moment the online data base is online and the proper documentation is done by the volunteers (and preferably checked by a museum professional), in Example Y it is the time directly after the move. Preferably the order in which the objects will be documented after the move is already laid out in the documentation strategy.“

Ja, ich habe es hinbekommen, insgesamt zwölf Mal „documentation“ oder „to document“ zu schreiben, in einem Absatz, der gerade mal 200 Wörter lang ist. Logischerweise macht das den Sachverhalt nicht gerade klarer und das ist es schließlich, was gute Dokumentation leisten sollte. Ich sollte dieses Zeug wirklich nicht schreiben, wenn es über 30 Grad hat…

Ich hoffe, Sie behalten alle einen kühlen Kopf und schaffen es trotz allem, Ihre Arbeit gut zu machen! Genießen Sie den Sommer!

Angela

P.S.: Oh nein! Da ist es schon wieder! Alalalalalong…

Dieser Beitrag ist auch auf russisch erhältlich, übersetzt von Helena Tomashevskaya.

Kreatives Kistenrecycling

Manche sagen, dass Museumsleute geborene Jäger und Sammler sind. Das ist möglicherweise richtig, aber es ist auch wahr, dass Stauraum in Museen immer knapp ist. Für Sammlungsmanager ist das besonders schwierig: während die haushälterische Seite ihrer oder seiner Persönlichkeit alles behalten möchte, falls man es wieder benötigt, sagt die logistische Seite, dass man das nicht machen kann, sonst baut man sich innerhalb kürzester Zeit so zu, dass gar nichts mehr geht.

Ein üblicher Konfliktfall sind Spezialkisten, die für einen bestimmten Zweck maßgefertigt wurden, zum Beispiel, um ein Objekt oder eine Gruppe von Objekten über eine weite Strecke zu transportieren. Nach ihrem Einsatz verstellen sie eigentlich nur noch Platz. Meist sind sie zu sperrig oder nicht geeignet für die Langzeitlagerung und es ist fast zum verrückt werden: es scheint nie eine Leihanfrage zu geben, bei der wieder eine Kiste mit exakt diesen Maßen benötigt wird.

Es gibt viele Möglichkeiten, was man mit gebrauchten Kisten machen kann. Sie anderen Museen anbieten ist zum Beispiel eine sehr gute Möglichkeit. Hier ist eine sehr bequeme Möglichkeit: Eine Bank, die aus einer Kiste gebaut wurde, mit der ursprünglich ein paar Schiffsmodelle transportiert wurden.

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Was sind das für Objekte und wo kommen sie her?

Erschließung der Sammlung der Historischen Gesellschaft der Anna Maria Insel (Anna Maria Island Historical Society (AMIHS)

Von Ashley Burke

Im ganzen Land gibt es Gemeinden, die sich darum bemühen ihr historisches Erbe zu erhalten. In Folge dessen gibt es kleine historische Gesellschaften und Museen entstehen zu diesem Zweck. Viele dieser Organisationen werden von Ehrenamtlichen betrieben, die keine spezielle Museumsausbildung haben, besonders im Hinblick auf die Betreuung einer Sammlung. Diese Museen beherbergen oft Sammlungen, zu denen es sehr wenige Informationen gibt und die daher in Zukunft wahrscheinlich Schwierigkeiten haben werden, sowohl bei der Forschung als auch bei ihrer Entwicklung.

Das Erbe der Anna Maria Insel (Florida) erhalten

AMIHS on eHiveDas AMIHS war ein solches Museum. Es war 1992 von Bürgern gegründet worden, die von den Veränderungen in ihrer Gemeinde beunruhigt waren. Viele der früheren Bewohner zogen weg oder starben und eine rasche Veränderung der Insel hatte begonnen. AMIHS versuchte nun, die Geschichte ein zu fangen, ehe sie verschwand und dazu auch historische Objekte zu sammeln, um die einzelnen Geschichten besser erzählen zu können. In den folgenden 18 Jahren wurden mehr als 1300 Objekte, ein Häuschen aus den 1920er Jahren und noch viel mehr Archivmaterial und Notizbücher angehäuft, die noch bearbeitet werden müssen.

Viele Jahre später, nämlich 2014, an einem heißen Sommertag, besuchte eine unbekannte Museumsperson die Sammlung und erklärte dem Ehrenamtlichen, der gerade Dienst hatte, dass das Museum kein guter Hüter seiner Sammlungen sei. Von dem Augenblick an änderte sich der Blick des Museum auf die Sammlung und man bemühte sich um eine Verbindung zu einem örtlichen Museumsberater (der Autorin). Die erste Aufgabe bestand darin, das Museum zu evaluieren, um die notwendigen Konservierungsmaßnahmen zu skizzieren und Empfehlungen für deren Implementierung zu geben. Eine der wichtigsten Empfehlungen war, die Sammlung vollständig zu erfassen und zu katalogisieren. Auf der Basis der Empfehlungen und der Evaluation entschied sich das Museum, das Katalogisierungsprojekt in Angriff zu nehmen.

Katalogisieren – wie am Fließband

Das Museum beschloss eine Schließung von 1 ½ Monaten (während der Zeit, in der am wenigsten Touristen kommen) um der Museumsberaterin umfassenden Zugang zum Museum zu ermöglichen, ohne von Ehrenamtlichen und Sponsoren belästigt zu werden. So konnte eine Art Fließbandbearbeitung eingerichtet werden, bei der die Objekte Raum um Raum erfasst und fotografiert wurden, Notizen in einem Tabellenprogramm festgehalten wurden, zugleich Stützen und andere Hilfsmittel angebracht, die für eine bessere Konservierung der ausgestellten Objekte sinnvoll waren. Nach und nach wurde das Vorgehen immer stromlinienförmiger und zentrierte sich immer mehr auf das Fotografieren. Eine große Zahl von Objekten wurde aufgestellt, nummeriert, fotografiert und dann zurück gestellt. Beim Fotografieren wurde erst die Nummern fotografiert und dann das Objekt. Wenn die Fotos auf den Computer überspielt waren, wurden die Objekte den Inventarnummern entsprechend neu nummeriert. So konnte der größte Teil der Arbeit außerhalb des Museums erledigt werden. Versehen mit den Fotos der Sammlung in hoher Auflösung konnte die Museumsberaterin leicht die Bezeichnungen nach der Nomenklatur 3.0 anfügen und auch ein paar Web-Recherchen erledigen.

Nachdem die Sammlung vollständig verzeichnet und katalogisiert war (zum Schluss betrug die Zeit pro Objekt ca. 7 Minuten) wurden noch das Archiv und die Zeitungen nach Informationen über Schenker durchsucht. Nachdem die Museumsberaterin nach der Katalogisierung die Sammlung recht gut kannte war es nun leichter, Informationen der Schenker den Objekten zu zu ordnen.

Die Sammlung online verfügbar machen

Am Ende des Katalogisierungsprojekts war das ganze Museum vollständig erfasst, die Objekte mit Nummern versehen und fotografiert – nur, was anfangen mit all diesen Informationen? Das Museum bekam einen vollständigen Ausdruck für einen raschen Zugriff – aber das Museum brauchte eine Computerlösung, die mehr bot als eine Exceltabelle. Da gab es allerdings einige Hürden, die höchste war die, dass das Museum nur einen einzigen Computer besaß, der zudem meistens weggeschlossen war. Es gab keinen Server und technische Unterstützung gab es auch nicht wirklich. Das Museum brauchte aber eine preiswerte, Cloud-gestützte Internet-Lösung. Mit diesem Wissen machte sich die Museumsberaterin auf, alle Museums-Management-Programme auf zu spüren, die Opensource im Netz zu finden sind.

Im Anhang findet sich der ursprüngliche Bericht über die verschiedenen untersuchten Systeme (einschließlich der Kosten und einer Auflistung von Pro und Contra). Auf Grund dieses Berichts und nach längeren Gesprächen mit dem Museum bleib zum Schluss noch die Wahl zwischen eHive und OMEKA. In beide Systeme wurden Daten aus dem Museum eingegeben und dann dem Museumsvorstand vorgeführt. Auf Grund all dieser Informationen entschloss sich das Museum eHive zu wählen.

Nachdem die Software fest stand, wurden mit Hilfe einer Zusammenarbeit von Museum und Museumsberaterin sowie der Softwarefirma die vorhandenen Daten in die Sammlungsdatenbank eingespielt. Das AMIHS hat jetzt eine nutzbare, recherchierbare Sammlungs-Datenbank – eine auf die Forscher leicht zugreifen können, in die Neuerwerbungen leicht eingetragen werden können und in die auch das vorhandene Archivmaterial eingearbeitet werden kann.

Ashley Burke ist die Sammlungsmanagerin des Leepa-Rattner Kunstmuseums in Tarpon Springs, Florida und Museumsberaterin für Burke Museum Services. Sie hat mehr als 10 Jahre Erfahrung in Museen mit den unterschiedlichsten Sammlungen von Kunst bis Kunsthandwerk, von naturgeschichtlichen und archäologischen Objekten bis zu medizinischen (einschließlich Feuchtpräparate). Sie begeistert sich für alles, was mit Museum zu tun hat und für die Geschichte Floridas. Außerdem ist sie Teilzeit-Schmied. Sie stellt in ihrer Freizeit von Museen inspirierten Schmuck her.

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt.

Nicht betreute Sammlungen – Großmutters Remedur

Picture by Mimirebelle via pixabayWenn man anfängt mit einer bis dahin nicht betreuten Sammlung zu arbeiten wird man in der Regel mit einer ganzen Reihe von Faktoren konfrontiert, die die Sammlung schädigen: Klimabedingungen, Ungeziefer, undichte Dächer, tropfende Wasserleitungen, Risse in den Wänden… Während jeder dieser Faktoren ganz oben auf der Liste stehen sollte, die die Dinge auflistet, die professionell angegangen werden müssen wird es doch eine Weile dauern, bis das nötige Geld dafür aufgetrieben ist. In der Zwischenzeit leidet die Sammlung jeden Tag. Das ist dann die Zeit und der Ort für etwas, das ich „Großmutters Remedur“ nenne.

Wir wissen alle, dass Großmütter die wunderbare Fähigkeit haben, Dinge zu heilen – gleich ob es eine zerbrochene Vase, ein gebrochener Finger oder eingebrochens Herz ist. Großmütter haben viele Erfahrung dabei gesammelt ihre Familie durch schwere Zeiten zu bringen oder mit knappen Ressourcen aus zu kommen. Bei „Großmutters Remedur“ (von remedium = Heilmittel) geht es darum, Dinge sofort zu verbessern – mit eigenen Händen und mit Sachen, die zur Hand sind und wenig bis gar nichts kosten. Natürlich sollte man keine Vase mit Schnellkleber reparieren, wie es die eigene Großmutter tun würde. Die Großmutter, die ich vor Augen habe ist ein Ideal von einer Großmutter, eine Superheldin mit überaus ausgeprägtem gesundem Menschenverstand und ebenso großer Kreativität. Sehr alt, sehr weise und sehr aufmerksam. Einfach ein Bild von einer „Großmutter“.

Meine eindrucksvollster Fall einer „Großmutter Remedur“ wurde bei einer Sammlung angewendet, die in einer großen Industriehalle gelagert war. Etwa 50% des Dachs bestand aus Fenster, sodass der Platz wunderbar hell zum Arbeiten war – aber auch sehr ungeeignet für eine Sammlung. Eine Notiz mit Kugelschreiber auf Papier verblasste so rasch, dass sie nach 6 Monaten in dieser Halle nicht mehr lesbar war. „Großmutters Remedur“ war unglaublich einfach: die Fenster wurden zugestrichen. Das war in wenigen Tagen getan, kostete nur ein paar Eimer Farbe und reduzierte den Lichteinfall beträchtlich. Die Langzeitlösung bestand darin, die Sammlung ein paar Jahre später in ein passenderes Magazin zu überführen, aber die Remedur reduzierte die Belastung für die Sammlung unmittelbar.

Was war Ihre eindrucksvollste „Remedur“ bei der Betreuung einer Sammlung?

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt.

Dieser Beitrag ist auch auf russisch erhältlich, übersetzt von Helena Tomashevskaya.

Was tun Sie eigentlich die ganze Zeit?

Eine Woche im Leben eines Sammlungsmanagers

One of the delicate glass slides
Eines der zerbrechlichen Glasbilder.
Ich liebe meine Arbeit, ohne Frage. Dafür verantwortlich sein, dass jedes Objekt an seinem richtigen Platz ist, und das zu dem Zeitpunkt an dem es gebraucht wird ist eine wunderbare Aufgabe, ebenso wie die Herausforderung, die Objekte für zukünftige Generationen sicher auf zu bewahren. Trotzdem gibt es eine Sache die mich ärgert und ich weiß, dass sie viele der Kollegen im Bereich der Sammlungspflege ärgert, gleich ob sie Sammlungsmanager, Depotverwalter, Registrare, Restauratoren, Konservatoren, Kuratoren, Dokumentare oder EDV-Verantwortliche sind. Das ist die Frage: „Warum dauert das so lange?“ oder „Warum ist das noch nicht fertig?“. Sie ärgert mich so sehr, dass ich geschworen habe, darüber einen Blogbeitrag zu schreiben, sobald ich ein gutes Beispiel bei der Hand hätte. Nun, letzte Woche war ein gutes Beispiel.

Glass slides wrapped in acid-free tissue
In säurefreies Seidenpapier eingeschlagene Glasbilder.
Eines der ersten Dinge, die ich am frühen Montagmorgen entdeckte, war eine sehr schwere Schachtel, in etwa von der Größe einer Schuhschachtel. Darinnen waren Dutzende von bemalten Glasscheiben, wie sie damals, im 19. Jahrhundert, für die „Laterna Magica“, die „Zauberlaterne“ verwendet wurden. Einige waren in ihren Originalschachteln, einige waren ohne jeden Schutz aufeinander gestapelt. Einige der Glasscheiben hatten auf Grund der schlechten Lagerungsbedingungen schon Schaden gelitten. Es war unvermeidlich, sie neu zu verpacken. Den ganzen Montag verbrachte ich deshalb damit zu recherchieren und mir eine bessere Lagerungsmöglichkeit aus zu denken.

Fitting ethafoam block with cut in supports
Passender Ethafoam-Block mit hineingeschnittenen Haltern.
Sie erst einmal in säurefreies Seidenpapier ein zu wickeln schien mir ein guter Anfang. Um sie dann zu lagern sollten sie aber eine Art der Aufbewahrung haben, bei der sie sich nicht bewegen und dadurch beschädigt werden konnten. Man sollte die gesuchte Scheibe leicht finden, ohne eine andere an zu fassen. Ich nahm einen Ethafoam-Block und schnitt ihn in der Größe einer Archivschachtel zu und da hinein schlitzte ich Halter für die Glasscheiben. So können die Glasprojektionsbilder sicher transportiert werden, sie können innerhalb der Schachtel nicht verrutschen und jeder kann rasch ein bestimmtes Glas finden.

Every support has written what slide you'll find inside
Auf jeder Halterung steht, welches Glasbild darin zu finden ist.
Am Dienstag beauftragte ich meine Hilfskraft damit die Schachteln für die übrigen Glasbilder zu machen. Vor allem, weil ich andere Dinge zu tun hatte, aber auch, weil ich nicht sehr begabt bin für das Herstellen von Schachteln, während sie wunderbare „Wohnungen“ für alles mögliche produziert (vgl. „Lagerungslösungen: Ein Zuhause für den Barcode-Scanner“). Ich konzentrierte mich darauf, einen Platz für die Projektionsbilder zu finden. Sie sollten dort untergebracht werden, wo unsere Sammlung von Foto- und Filmausrüstungen aufbewahrt ist. Aber, wie in vielen anderen Museen ist das mit dem Platz so eine Sache. Neu verpackt würden die Glasscheiben den Raum von 6 Archivboxen benötigen, einen Platz, den ich in dieser Regalreihe nicht hatte. Schließlich kam mir die Idee: wenn ich die Sammlung von Schmalfilmkameras in Archivboxen verpacken würde, dann könnte ich sie stapeln und so circa 3 freie Regalbretter gewinnen.

Nun, das ist nicht so einfach, wie es klingt. Wir überführen gerade unsere Standortverwaltung von einem rein händischen System zur Nutzung von Barcodes. Um dieses System voran zu bringen gibt es die Vereinbarung, dass jedes Objekt, das in die Hand genommen wird ein neues Beschriftungsschild mit Barcode bekommt. Das ist auch deshalb gut, weil viele unserer alten Objektbeschriftungen Hüllen aus Polyvinylchlorid haben, die wir los werden wollen.

Shelves with repacked narrow film cameras and the six boxes with glass slides (marked red). You can also catch a glimpse of the now empty shelf boards.
Regalböden mit den umgepackten Schmalfilmkameras und den sechs Archivkartons mit Glasbildern (rot markiert). Man kann auch die jetzt leeren Regalböden erahnen.
Ich musste also 118 Schmalfilmkameras umpacken, druckte deshalb 118 neue Objektbeschriftungen aus, schnitt sie zurecht und ordnete sie den entsprechenden Kameras zu. Natürlich brauchte auch jede neue Archivbox eine Beschriftung, damit wir über den Inhalt Bescheid wissen. Auch die mussten gedruckt, geschnitten und angebracht werden. Da die Objekte nun auf einem anderen Regalboden lagerten, musste der neue Standort in die EDV eingegeben werden, und auch die Archviboxen bekamen neue, unverwechselbare Identifikationsnummern, die ebenfalls in der Datenbank hinterlegt sein müssen.

Nun können Sie sich leicht vorstellen, was ich von Dienstag bis Freitag tat. Natürlich hatte ich auch noch ein paar andere Aufgaben zu erledigen (wer mehr wissen möchte lese Anne T. Lanes „Direkt ab Lager – Ein Tag im Leben eines Sammlungsmanagers“). Nachdem die 6 Archivschachteln mit den Projektionsgläsern an ihrem Platz waren, blieben mir 2½ Regalböden an neu gewonnenem Platz für die nächste Kameraausrüstung, die ankommt. Aber wenn man sich die Sache nicht im Detail ansieht, dann könnte man meine Arbeitswoche so zusammenfassen: ich habe eine Schachtel mit Glasplatten an einen anderen Ort gebracht.

Angela Kipp

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt.

Rembrandt auf dem Gabelstapler

Ursprüngliche Veröffentlichung am 25. März 2015 auf dem TECHNOblog des TECHNOSEUM

Der Gabelstapler ist im Depot unersetzlich. TECHNOSEUM, Bild Bernd Kießling
Der Gabelstapler ist im Depot unersetzlich. TECHNOSEUM, Bild Bernd Kießling
Zugegeben, wenn Kollegen aus den Kunstmuseen Sammlungen übernehmen, könnte man manchmal vor Neid erblassen. Rembrandt, Goya, Cranach… Zwar ist unser AEG Magnetophon K2 rarer als eine blaue Mauritius, aber es entfacht eben nur bei wenigen Begeisterungsstürme. Und ob die Mona Lisa oder unsere Dampflok „Eschenau“ mehr Kinderaugen zum Strahlen gebracht hat, wäre eine Wette wert. Technikliebhaber müssen aber zugeben, dass bei der Benennung technischer Geräte der Glamour oft zu kurz kommt.

Von Berlin nach Mannheim

Als jetzt die Sammlung des Deutschen Rundfunkarchivs angeliefert wurde, wurden wir für vieles entschädigt. Etwa 1.500 Geräte des ehemaligen Deutschen Rundfunkmuseums haben wir in den vergangenen Wochen von diversen Lastwagen geladen und in unseren Depots eingelagert. Selbstverständlich musste auch abgeglichen werden, ob alles, was in Berlin war, auch sicher in Mannheim gelandet ist. Bei dieser Kontrolle konnten wir uns dann plötzlich doch ein bisschen so fühlen wie die Kollegen aus den Kunstmuseen – oder doch eher wie Reiseveranstalter und Standesbeamte?

Ein Rembrandt für daheim

Die Kolleginnen und Kollegen im Depot wissen genau, wo sich welcher Fernseher befindet. TECHNOSEUM, Bild Bernd Kießling
Die Kolleginnen und Kollegen im Depot wissen genau, wo sich welcher Fernseher befindet 1 TECHNOSEUM, Bild Bernd Kießling.
Sachsenwerk bzw. Rafena in Radeberg gaben ihren Fernsehgeräten klingende Künstlernamen wie Rembrandt, Dürer oder Cranach. Philips hingen zwar an ihren kryptischen Typenbezeichnungen wie „23TD321A“, die Beinamen lesen sich aber ebenfalls wie ein „Who is Who?“ der Kunstgeschichte: Raffael, Leonardo, Michelangelo, Tizian, Bellini, Goya und schon wieder ein Rembrandt, diesmal von 1962. Blaupunkt träumte sich dagegen in südliche Urlaubsparadiese, hier stoßen wir auf „Toskana“ und „Sevilla“. Adelig wurde es bei Graetz mit „Landgraf“ und „Markgraf“. Nordmende schickte einen „Diplomat“ ins Feld, Philips einen „Mediator“, die Marketingspezialisten von Loewe entschieden sich gar für einen „Optimat“. Einen anderen Weg schlugen die VEB Fernsehgerätewerke Staßfurt ein: Hier sorgte eine Ines, Marion oder Sibylle für den guten Ton und gutes Bild. Und falls nicht – wer könnte einem Gerät mit einem so hübschen Namen schon ernstlich böse sein?

Wir in der Sammlungsabteilung können uns allerdings von den klingenden Namen nicht blenden lassen. In den nächsten Monaten geht es darum, die Sammlung zu sichten, zu sortieren und zu erfassen. Dann müssen sie noch so verpackt werden, dass ihnen die nächsten Jahrzehnte nichts passiert und sie trotzdem jederzeit zur Verfügung stehen: der „Zauberspiegel“ ebenso wie der „Bildmeister“, die „Lady“ und ihr „Kornett“ – und natürlich auch der eine oder andere „Rembrandt“.

Angela Kipp

  1. Hinweis: Weder ich noch meine Kollegen sind dafür verantwortlich, dass hier bis zu drei Fernsehgeräte übereinander gestapelt sind. Die Paletten kamen so bei uns an. Wir haben das schnellstmöglich in Ordnung gebracht.