Ein faszinierende Experiment im Hinblick auf Lichtschäden
Judith Haemmerle, Executive Director
Digital Game Museum, Santa Clara, California
In unserem Museum für Videospiele, einem Start-up Unternehmen, wird alles von Ehrenamtlichen gemacht und das mit einem lächerlich geringen Budget. So müssen wir immer versuchen, das Gleichgewicht zu halten zwischen der Pflege der Sammlung – und einfach allem übrigen. Meine größte Sorge im letzten Jahr waren Schäden durch Licht.
Wir entfernten die Hälfte der Neonröhren in dem Sammlungsbereich und versahen die übrigen mit UV Folien; das war nicht sehr kostspielig und eine Arbeit, die leicht zu erledigen war. Aber die große Fensterfront in dem Raum, in dem wir unsere Ausstellungen zeigen, blieb ungeschützt. Niemand war gewillt, die mühsame Arbeit auf sich zu nehmen, eine UV-Folie an zu bringen und das in Auftrag zu geben war viel zu teuer, zumal in einem Gebäude, für das wir nur einen Mietvertrag mit kurzer Laufzeit hatten. Wir stellten Dinge aus, die von Interesse sind, die aber leicht ersetzt werden konnten und ich machte mir Sorgen wegen des Lichts. Dann kam uns eines Tages unsere Vergangenheit zu Hilfe.
Zu der ersten öffentliche Veranstaltung die wir gemacht hatten gehörte ein 10×10 Fuß großer Raum, den kein Besucher so leicht von sich aus betreten hätte. So hielten wir jeden an, der vorbei ging und baten ihn, den Namen seines liebsten Videospiels und sein Geburtsjahr auf einen farbigen Post-it-Zettel zu schreiben. Das war natürlich nur zum Spaß und keine ernsthafte Forschung, aber wir fanden auch so ein paar interessante Dinge heraus 1. Wir befestigten die Zettel an der Rückwand, nach Dekaden gruppiert und das erwies sich als Blickfang. Und da wir so auch hunderte von Personen für unsere Mailing-List gewannen war es auch eine sehr effektive Strategie.
Die Post-it-Wand, Foto von Brian Quan
Wir hatten Berge von Post-it-Zetteln übrig, denn wir hatten eine Menge gekauft, um eine gute Auswahl bei den Farben zu haben. Eines Tages, als ich mir gerade wieder Gedanken wegen des Lichts machte, nahm ich eine Pappe von der Rückseite eines Notizblocks und reihte dort Post-its in verschiedenen Farben auf, sodass sie halb hinter der Pappe waren und zur Hälfte dem Licht ausgesetzt. Aus irgend einem Grund befestigte ich sie so, dass sie sich gegenseitig überlappten. Und dann hängte ich das ins Fenster.
Monate gingen vorbei. Ich weiß nicht mehr wie viele, denn ich hatte kein Datum angebracht. Ich schätze es waren sechs oder acht. Wir kauften schließlich die Lichtschutzfolien, auch wenn keiner Lust hatte, sie an zu bringen und ich nahm den Farbtest mit den Post-its ab und bat unseren Fotografen ein paar Aufnahmen zu machen. Die folgenden Aufnahmen zeigen das Vorher und Nachher.
Post-its von Außen, Foto von Brian Quan
Das Foto oben zeigt den Zustand von außerhalb des Fensters als ich das Ding herunter holte. Das Foto unten zeigt, wie es aussah, als wir die Zettel umklappten, um den von der Pappe geschützten Teil mit dem der Sonne ausgesetzten zu vergleichen.
Verblasste Post-its, Foto von Brian Quan
Der Kontrast zwischen den Originalfarben und denen, die dem Sonnenlicht ausgesetzt waren ist überwältigend, dabei sind es die Rückseiten der Zettel – das Verblassen ging durch bis auf die Rückseite. Darüber hinaus haben die überlappenden Farben miteinander reagiert, sodass das Orange auf dem Blau nicht nur zu Gelb verblasste, sondern von dem Blau auch einen Stich ins Grüne erhielt. Einige der Teile in Rosa und Pink sind fast zu Weiß verblasst; das waren zwei deutlich unterschiedliche Farben als wir anfingen: ein kräftiges Rosa und ein leuchtendes Pink.
Überlappende Post-ist, Foto von Brian Quan
Ich zeigte das den Ehrenamtlichen und die Folien waren rasch angebracht! Wir heben den Post-it-Verblassungs-Test im Museum auf und zeigen ihn den Besuchern, wenn wir die Bedeutung von Konservierung und Sammlungspflege erklären. Manchmal können die einfachsten Mittel unsere größten Probleme lösen!
Erstens: das Spiel, das die ältesten (über 60) und die jüngsten (5) Teilnehmer wählten war das gleiche: Angry birds! Zweitens, die Dekade der Leute, die in den 1960er Jahren geboren wurden wählte viele Arcade-Spiele. Vorher gab es keine und kurz nach 1970 hört das abrupt auf. Für diejenigen von Ihnen, die Rohdaten lieben, sind sie hier einzusehen. ↩
Dies ist ein spezieller Dienstag. Heute wird mein ehemaliger Professor Hans Wilderotter in den Ruhestand verabschiedet und damit geht gewissermaßen eine Ära zu Ende. Ich könnte jetzt eine wehmütige Rückschau halten, denn damals, als ich 1998 das Studium der Museumskunde aufnahm, war der Studiengang noch recht jung, gerade erst hatten die ersten Diplom-Museologinnen und -Museologen die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin verlassen. Vieles war noch im Experimentierstadium und leicht könnte ich in eine verklärte Betrachtung der guten alten Studienzeit verfallen, die vermutlich ebenso wenig mit der Realität zu tun hat wie alle anderen guten, alten Schul-, Nachkriegs- oder sonstigen –zeiten.
Dennoch gibt es einige Dinge, die ich aus meinem Studium mitgenommen habe, jenseits der fachlichen Ausbildung. Die Fakten sind nur ein kleiner Teil des Lerninhalts, egal, ob Schule, Universität oder Arbeitsstelle. Viel mehr prägt die Persönlichkeit des oder der Lehrenden diejenigen, die von ihm oder ihr lernen. In leichter Abwandlung zu Karl Valentin könnte man sagen: „Menschen unterrichten bringt gar nix, sie machen einem eh alles nach.“ Unwillkürlich übernimmt man Eigenheiten und Ausdrucksweisen, übernimmt eine gewisse Sicht auf die Dinge oder auch die Herangehensweise bei Problemen. Und wenn etwas von diesen übernommenen Strategien zum Erfolg führt, dann würde man das nur allzu gerne der eigenen Klugheit und Lebenserfahrung zuschreiben. Wenn man aber ganz ehrlich ist, dann schimmert da ein Lehrmeister oder eine Lehrmeisterin durch. Bei dem einen „müllert“ oder „meiert“ es dann, bei mir „einholzt“ oder „wilderottert“ es.
Was das im Detail ist, das sei hier nicht verraten. Aber ich möchte an dieser Stelle einmal „Danke!“ sagen. Zunächst natürlich persönlich an Prof. Sibylle Einholz, die letztes Jahr in den wohlverdienten Ruhestand gegangen ist, und an Prof. Wilderotter. Dann aber auch an all diejenigen weltweit, die die Aufgabe übernommen haben, Menschen zu unterrichten und die diesen Job mit Leidenschaft machen. Das sind nicht nur Professoren. Es sind auch Lehrer, Ausbilder, Meister oder auch einfach Arbeitskollegen, die ihr Wissen weitergeben. Was Sie von anderen unterscheidet ist die Begeisterung und Leidenschaft sowohl für Ihr Fachgebiet als auch für die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten. Wie sehr das Ihre Schüler prägt, werden die eventuell erst sehr viel später merken und Sie werden es vielleicht nie erfahren.
Ganz konkret wünsche ich denjenigen, die nun in die Professoren-Fußstapfen im Studiengang Museumskunde treten den gleichen Enthusiasmus und Mut, die gleiche Energie und Experimentierfreude aber auch die Ausgeglichenheit und das Durchhaltevermögen Ihrer Vorgänger.
Und natürlich wünsche ich allen Professoren, Studierenden, Ehemaligen und sonstigen Teilnehmern heute Abend eine schöne Feier!
Staub aus dem Naturkundemuseum (c) Klaus PichlerTagein, tagaus sind wir Sammlungsleute in Museen damit beschäftigt, den Staub zu bekämpfen. Wir verpacken Kunstwerke, verhüllen Saurierskelette oder verstauen Blechdosen in Archivkartons, alles nur, um unserem Erzfeind, dem Staub, keinen Zugriff auf unsere Objekte zu gestatten. Und während wir pinseln, wischen und saugen ist wohl keinem von uns je die Idee gekommen, dass dieser Übeltäter eine ästhetische Seite haben könnte.
Doch der Fotograf Klaus Pichler, den wir schon von seiner Serie „Skeletons in the Closet“ kennen, hat diese ästhetische Seite nun ans Licht gebracht. Und während ich immer noch fasziniert vergleiche, wie sich der Staub eines Naturkundemuseums von dem eines Modegeschäfts unterscheidet, habe ich ihn gefragt, wie er auf die Idee gekommen ist.
Klaus Pichler:
„Die Idee zu meinem Projekt kam durch einen bloßen Zufall: ich bin aus meiner alten Wohnung ausgezogen und habe beim Ausräumen gemerkt, dass der Staub im Wohnzimmer rot gefärbt ist, und im Schlafzimmer blau. Das hat mich gewundert und nicht mehr losgelassen, und ich habe dann beschlossen, dass ich der Sache auf den Grund gehen und mich systematischer mit Staub, und da vor allem mit den berühmt-berüchtigten ‚Wollmäusen‘ – also Agglomerationen aus Staub – beschäftigen möchte. Mein Plan war von Beginn an, über die Zeit ein Staubarchiv anzulegen, das Staub aus den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft enthalten sollte, und diese Staubproben dann zu fotografieren. Ich habe mir für die Festlegung der Orte, an denen ich Staub entnehmen werde, das soziologische Modell der Daseinsgrundfunktionen (Wohnen, Arbeiten, Erholung, Verkehr,…) hergenommen und anhand dieses Modells eine ungefähre Gewichtung vorgenommen, welche Orte in welcher Menge im Projekt enthalten sein sollen. Und dann war es soweit: ich ging auf die Jagd nach Staub!
Staub aus einem Modegeschäft (c) Klaus PichlerSie können sich wahrscheinlich vorstellen, welche Reaktionen ich erntete, als ich (ohne Voranmeldung, wohlgemerkt!) in den verschiedenen Geschäften, Wohnungen, Museen, Schulen, Lokalen usw., deren Staub mich interessierte, auftauchte und darum bat, mich auf die Suche nach Staub machen zu dürfen. Erst recht, weil ich gar nicht viel erklärte, warum ich das mache, sondern, als ich die Erlaubnis dazu bekam, mich gleich auf alle Viere begab und die Räume nach Staubmäusen absuchte. Für viele Leute, die ich mit meinem Anliegen konfrontierte, dürfte das jedenfalls eine der seltsameren Anfragen in ihrem Berufsleben gewesen sein…
Die gefundenen Staubproben (obwohl ich in jedem Raum versuchte, mehrere zu finden, wählte ich daraus immer nur eine aus) kamen dann in mein Staubarchiv – ich katalogisierte sie mit gleichbleibenden Angaben (Datum, Ort, Adresse, Beschreibung, Katalognummer) und archivierte sie in nummerierten Petrischalen. Und wenn ich wieder 25 neue Proben zusammenhatte, dann gab es eine Fotosession, bei der ich die Staubproben unter gleichbleibenden Bedingungen mit einer speziellen, hochauflösenden Makrokamera abfotografierte. Und die Resultate meiner Sammlungstätigkeit sind im Buch ‚Dust‘ zu finden, das dieser Tage erschien.“
Was fasziniert Sie an Staub, der doch von den meisten Menschen eher als Ärgernis wahrgenommen wird?
Klaus Pichler: Staub aus einem Kunstmuseum (c) Klaus Pichler„Als ich das Projekt begann, dachte ich mir schon, dass ich eine gewisse Bandbreite an Staub zu sehen bekommen würde, aber was ich dann wirklich fand, damit hätte ich beim besten Willen nicht gerechnet: jeder Staub war anders, und vom angenommenen monochrom grauen Staub war keine Spur. Im Gegenteil, die verschiedenen Staubmäuse waren oft von großer Farbenpracht, manche in einer Hauptfarbe, manche bunt gemischt, manche farblich harmonisch, andere wieder dissonant. Und dazu passend hat mich auch die Vielfalt von Bestandteilen irritiert – von Fasern und Haare bis zu Teilen, die der jeweiligen Nutzung des Raums, in dem der Staub entstand, geschuldet sind. Popcornstücke im Kinostaub, tote Insekten im Staub der entomologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums, Brotkrumen im Bäckereistaub. Manchmal ist es fast möglich, anhand der Bestandteile und Farben zu raten, woher denn der jeweilige Staub gekommen ist, da jeder Raum durch seine Gestaltung und Nutzung seinen jeweils eigenen Staub produziert. Für mich war das alles extrem faszinierend.
Deshalb eine kleine Handlungsanweisung von mir: nehmen Sie sich, wenn Sie das nächste Mal damit beschäftigt sind, Staub zu kehren, einen Moment Zeit, richten Sie den Strahl einer starken Taschenlampe auf die Wollmäuse und tauchen Sie ein in die faszinierende Welt des Staubs.“
Danke für diese wunderbare Gelegenheit, Staub mit anderen Augen zu sehen!
Das Buch „Dust“:
Hardcover, Einband handgemacht aus 2mm dickem Stoff und mit dem „Dust“ Logo beflockt. 30x30cm (offen: 30x60cm), 102 Seiten (4 Seiten Transparentpapier, 98 Seiten ungestrichenes Papier), 45 Bilder. Inklusive gefaltetes Poster, 50x70cm, ebenfalls auf ungestrichenen Papier gedruckt. Fotos von Klaus Pichler, Text von Josef Haslinger, zweisprachig Deutsch/Englisch.
Es kann über die Website des Fotografen bezogen werden: http://kpic.at/images/4497
Transport und Ausstellung des Rolls-Royce von John Lennon
Von Derek Swallow – Royal BC Museum
Fortsetzung von Teil 1Ich hatte das Gefühl zu ersticken, da das ja nur schief gehen konnte und versuchte langsam aus zu atmen. Entspanne dich, murmelte ich. Ich bin nur dafür verantwortlich ein Auto aus unserer Sammlung zu einer Ausstellung in Montreal zu bringen, wenn auch mit ein paar erschwerenden Faktoren: das Auto ist ein Oldtimer, den einst die Beatels–Legende John Lennon fuhr; die gesamte Metall-Oberfläche ist zugleich Malgrund für ein originales Ölgemälde, es wiegt 2700 kg und kann deshalb nur mit funktionierenden Bremsen transportiert werden – diese funktionieren aber nur, wenn der Motor läuft; der Motor und andere mechanische Teilen müssen überholt werden: außerdem entdeckte das Restauratorenteam, dass Farbe abblättert UND wir haben weniger als fünf Wochen Zeit, bis das Auto bei dem Leihnehmer sein muss. Der Eröffnungtermin konnte auf keinen Fall verschoben werden. Also, dache ich, packen wir’s an. Ich rief gleich unseren zuständigen Mechaniker an und rief einen unserer Restauratoren zu mir, der zufälligerweise auf bemaltes Metall spezialisiert war. Ersatzteile wurden bestellt und die Restaurierung der Oberfläche begann.
Was den Transportplan betrifft: ursprünglich gingen wir davon aus, dass der Wagen natürlich in einer Transportkiste bewegt würde. Wir entschieden uns dafür, den Wagen in einer Kiste zu verpacken, auf einen Transportwagen mit Bremsen zu setzen und das Transportrisiko dadurch zu minimieren, dass wir einen Flugtransport wählten.
Ein guter Plan? Nein!
Eine Kiste in dieser Größte müsste mit einem Frachtflugzeug transportiert werde, der nächste Landeplatz war Seattle. Das hätte bedeutet, die Kiste von der Insel zu holen auf der Victoria liegt, die Grenze zu den USA zu überschreiten und schließlich den Wagen zurück in die USA zu bringen – ein logistischer und bürokratischer Albtraum. Außerdem zeigte ein zweiter Blick auf den Facility Report des Leihnehmers, dass die Kiste die größte Eingangstüre nicht hätte passieren können.
Mehr als nur ein bißchen beunruhigt fragte ich unsern Rolls-Royce Mechaniker um Rat. Der schlug vor, eine Transportfirma unter Vertrag zu nehmen, die auf hochwertigste millionenschwere Rennautos spezialisiert ist. Ich suchte wie verrückt nach einer solchen Firma, fand sie schließlich und regelte den Vertrag. Gut zwei Wochen vergingen wie im Flug: die Logistik organisieren, ebenso Leihvereinbarungen und Versicherung. Der Termin, zu dem der Wagen abgeholt werden sollte, war in einer Woche. Die Konservierungsarbeiten schritten voran, die am meisten geschädigten Stellen waren stabilisiert, aber aus Zeitmangel konnte die Arbeit nicht fertiggestellt werden. Wir hatten uns aber darauf verlassen, denn das einzige klimatisierte Fahrzeug der Transportfirma war schon vor 6 Monaten vergeben gewesen.
Verzweifelt riefen wir beim Nationalen Institut für Konservierung an, mit der Frage, wie diese Farbe auf Metall reagieren würde bei den raschen Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen denen Wagen und Fracht bei der Überlandfahrt ausgesetzt sein würden. Unter Wettergesichtspunkten gab es in Kanada keinen schlechteren Monat für diesen Transport. Das Kanadische Nationale Konservierungsinstitut antwortete rasch, dass diese ungewöhnliche Farbe normalerweise nur auf Holz verwendet wird. Jedoch, so meinten sie unter Vorbehalt, könnte die Farbe unter diesen Bedingungen halten. Das ergab eine allgemeines Aufatmen, das aber doch von Unruhe gedämpft war.
Ich rief unseren Mechaniker an. Die Ersatzteile sollten am Donnerstag ankommen. Donnerstag? Der Transporter würde am folgenden Dienstag sehr früh da sein. Können Sie die Reparaturen rechtzeitig fertigstellen, fragte ich erwartungsvoll. Sollte kein Problem sein, war die Antwort – noch ein zögerlicher Seufzer der Erleichterung.
Rolls load – RBCM SicherheitsdepotDer Dienstagmorgen kam. Die Ersatzteile waren gekommen, die Reparaturen durchgeführt, der Wagen geprüft und fertig fürs Verladen. Der Lastwagen kam herein und ließ seine Hebebühne herab. Der Fahrer hielt, kam aus seiner Kabine, blickte auf den Rolls, sah skeptisch drein und sagte: wie lang ist nochmal der Achsabstand des Wagens? Alle Augen richteten sich darauf und alle Herzen des Teams blieben einen Moment lang stehen, während dieser fürchterliche Gedanke in allen Köpfen gleichzeitig erschien: der Rolls ist zu lang für die Hebebühne. Messbänder erschienen und Maße wurden genommen. Das Ergebnis: der Wagen sollte so gerade passen. Unser Mechaniker setzte sich in den Wagen und bugsierte ihn zuversichtlich, aber vorsichtig in seine richtige Position. Es funktionierte. Die Bremsen wurden angezogen, der Wagen angehoben, dann in den Laster gefahren und an den Rädern gesichert.
Der Fahrer verschloss die Ladefläche, sprang in seinen Führerstand und die Überlandreise begann. Wie blieben regelmäßig in Kontakt mit dem Fahrer, der gute Wetterbedingungen meldete, bis kurz vor dem Ende seiner Reise, als die Wettervorhersage mit einem großen Tiefdruckgebiet drohte, das vom Nordwesten her mit hoher Windgeschwindigkeiten und Schnee seine Route kreuzen würden. Der Fahrer schlug vor, weiter zu fahren um dem Sturm zuvor zu kommen. Das war die eine Möglichkeit – oder das Ende des Sturms abwarten und damit den Termin für die Ablieferung verpassen. Nachdem wir uns vergewissert hatten, dass er erst vor kurzem eine Rast eingelegt hatte, ließen wir ihn fahren. Schwerlast-TransporteinrichtungAm späten Nachmittag des 4. März, mit 8 Stunden Verspätung, steuerte er sein sperriges Fahrzeug durch die schmalen Straßen der Innenstadt von Montreal. Zuvor war die Polizei von Montreal aufgeboten worden, die Gegend zu sichern, kritische Straßen zu sperren und Fußgänger um zu leiten und die Museumsmitarbeiter versammelten sich schon, um den Lastwagen zu empfangen. Die Mitarbeiter hatten sich – mit wunderbaren Schwerlast-Transportwagen ausgerüstet – darauf eingestellt, den Rolls auf der Straße vom Lastwagen zu ziehen und dann eine Metallrampe zum Museum hinauf zu schieben.
Unser Mechaniker und unser Oberrestaurator, die beide voraus geflogen waren, erklärten aber, dass die Karosserie durch das Schieben beschädigt würde und dass es nur eine Möglichkeit gäbe: den Wagen an seinen Platz zu fahren. Die Straße war nass und voll Streusalz sodass der Weg erst abgedeckt werden musste, ehe der Wagen bewegt werden konnte. Decken, Plastikfolien und Verpackungsschaumplatten wurden aus dem Lastwagen und dem Museum entführt, aber das reichte nicht. off loadIn seiner Verzweiflung durchsuchte jemand einen Müllcontainer in der Nähe und entdeckte eine große Rolle orangener Plastikfolie, die für diesen Zweck mehr als ausreichte.
Als der Weg bereitet war startete unser Mechaniker vorsichtig den Wagen, setzet ihn zurück aus dem Transporter heraus und manövrierte ihn dann die Straße hinunter zum Museumseingang. Da gab es den nächsten kurzen Herzstillstand – es sah so aus, als sei der Eingang zu schmal für den Rolls. Wir hatten die Maße des Eingangstores vorher erhalten und hatten für die Maße des Wagens die der Katalogbeschreibung benutzt. Menschen mit Maßbändern traten in Aktion. Schließlich erklärte ein Museumsangestellter mit selbstgerechtem Lächeln, dass wir gerade mal 10 cm auf jeder Seite Luft hätten. Es gibt Leute, die sagen Sammlungsverwalter wären geradezu obsessiv, wenn es um die Größe und andere Details der Sammlungsobjekte geht. Gott sei dank erwies sich diese Behauptung als richtig. in das MuseumDie nächste Herausforderung für unseren Mechaniker war es, den großen Wagen mit viel Fingerspitzengefühl durch einen ziemlich engen Gang zu bugsieren. Das waren schwierige Minuten mit Leuten, die Anweisungen brüllten und mit wachsender Spannung, aber schließlich erreichte der Wagen unversehrt die Ausstellungshalle.
Den Wagen rasch an seine Ausstellungsposition auf verstärkten Bodenplatten zu bringen war die nächste große Herausforderung. Die Meisten der schwimmend verlegten Bodenfliesen vertrugen maximal 567 Kilo Gewicht, während die Last an jedem Einzelnen der Räder 680 kg betrug. Ziemlich sofort nachdem der Wagen in die Halle gekommen war, begannen sich die ersten Bodenfliesen zu wölben und drohten zu brechen. Der Wagen drohte den Boden zu zerstören. Die Museumsmittarbeiter eilten in eine Schreinerei und kamen mit Sperrholplatten zurück. Rasch wurde der Wagen auf sie gefahren, um so das Gewicht besser zu verteilen und das Unglück ab zu wenden. Aber wie sollte der Wagen nun an seinen Platz gebracht werden? Eine kreative Lösung, die Technik und rohe Gewalt verband wurde ausgekocht. kreative Transporttechnik Transportrollen mit anhängenden Gurtbändern wurden unter jedes Rad platziert. Dann zog das Team den Wagen händisch über die Spanplatten bis neben die verstärkten Bodenfliesen. Dann fuhr der Mechaniker den Wagen rasch und sicher so, dass die vier Räder genau auf den verstärkten Fliesen standen. Der Wagen war nun in Position. Ja! Nun galt unsere Sorge der Farbe. Hatten der dramatische Wechsel der Temperaturen und der Luftfeuchtigkeit ernste Folgen gehabt? Ein Gemälderestaurator vor Ort, der die Eingangsprotokolle anfertigte, untersuchte den Wagen sorgfältig und fand die Farbe unbeschädigt.
Geschafft! Wir hatten die Zielvorgabe eingehalten. Der Wagen war an seinem Platz, 24 Stunden vor der feierlichen Eröffnung mit den beiden bedeutendsten Politikern der Provinz Quebec, dem Premierminister und dem Vizegouverneur. Harte Arbeit und Planung, unterstützt von einer außerordentlich genauen Katalogisierung und gemildert durch innovative Problemlösungen hatten zum Erfolg dieses Projekts geholfen. http://pacmusee.qc.ca/en/media/press-releases/john-lennon-s-rolls-royce-at-pointe-a-calliere (Geschichte des Rolls und seine Überführung)
Dies ist meine letzte Geschichte für RegTrek. Ich möchte dem Team von RegTrek für seine intensive Arbeit und Unterstützung danken, besonders Angela Kipp für den Enthusiasmus mit dem sie dieses wunderbare Projekt voran treibt. Ich möchte allen von Herzen alles Gute wünschen, da ich einen neuen Lebensabschnitt beginne: ich unterrichte Englisch als Fremdsprache und entwickle Unterrichtsmaterial und Lehrpläne dazu. Ich wünsche allen das Beste bei diesem erstaunlichen Abenteuer RegTrek voran zu bringen und bedanke mich dafür, dass ich teilnehmen konnte.
Herzliche Grüße
Derek Swallow
Senior Registrar, Royal BC Museum
Transport und Ausstellung des Rolls-Royce von John Lennon, Teil 1
Von Derek Swallow Royal BC Museum
Lennon Rolls – RBCM 992.66.2 Sammlung des Royal British Columbia Museum – RBCM
Widmung: Dem Team der Registrare in den Nordischen Ländern, das die Europäische Registrar-Konferenz 2014 gesponsert hat, die ich vor kurzem im Helsinki besucht habe und allen Kollegen, die ihre Objekte exakt vermessen (s. den zweiten Teil dieses Artikel).
Einleitung
Als Gerücht zog die Nachricht schon seit etwa einem Monat durch das Museum, aber dann schlug sie zu, während ich an jenem kalten Januarmorgen im Jahr 2013 meine Nachrichten überflog. Mein Auge blieb an der Betreffzeile hängen: „Ausleihe Lennon Rolls“.
Ich zögerte und öffnete dann die Nachricht. Es war also wahr: wir hatten fünf Wochen Zeit um den Transport des Rolls Royce von hier nach Montreal zu planen. Er ist groß und schwer: 6 Meter lang und 2,2 breit, mit einem Gewicht von 2.700 Kilogramm. 5000 Kilometer sind zu überwinden, quer-feld-ein, während des kältesten kanadischen Winters, möglicherweise bei strenger Kälte, von Blizzards bedroht auf trügerischen Highways.
Ich atmete tief durch, beunruhigt wegen des engen Zeitrahmens, des Gewichts des Objekts, der möglichen Gefahren bei ungünstigen Witterungsverhältnissen aber auch, weil ich keine Erfahrung mit einem solchen Projekt hatte. Trotz jahrzehntelanger Erfahrung mit hunderten von Ausleihen hatte ich nie einen Wagen betreut. Das Unwohlsein wuchs noch, denn ich wusste, dass dies nicht einfach ein museumswürdiges Auto war, ein Repräsentant seiner Zeit, seines Stil und seiner Produktionstechnik. Dieses Auto war eine verehrte Ikone der Pop-Kultur und ein wirkliches Kunstwerk, einmalig und viel wertvoller als sein Versicherungswert.
Der John-Lennon-Rolls-Royce
Ein Gebrauchsfahrzeug
Beatles im Rolls vor dem Buckingham Palast, 26. Oktober 1965 www.beatlebrunchclub.comDiese voll funktionsfähige 1965er Rolls-Royce Phantom Touring Limousine, die jetzt dem Royal BC Museum gehört, war ursprünglich im Besitz der Rockmusiklegende John Lennon und wurde von den Beatles drei Jahre lang genutzt.
Eine Ikone der Popkultur
John Lennon im Rolls in Spanien im Oktober 1966 www.beatlebrunchclub.com Die 60er Generation erhob Lennon und die andern Mitglieder der Band in den Stand von „Halbgöttern“ der Popkultur. Deshalb verlieh die Tatsache ihrer physischen Präsenz in diesem Fahrzeug diesem einen solchen Assoziationswert, dass es einem „Heiligtum“ gleich geachtet wird. Dass es später von anderen Superstars der Musikszene, wie den Rolling Stones, Moody Blues und Bob Dylon ausgeliehen wurde verstärkte diese mystische Qualität noch.
Kunstwerk
John und Julian Lennon neben dem Rolls, 1967 thegilly.tumblr.com1968 beschloss Lennon dieses teure Gebrauchsfahrzeug in ein Kunstwerk zu verwandeln. Er beauftragte den Künstler Steve Weaver das düstere „Valentine-Schwarz “ der Karosserie des Autos in eine spektakuläre, leuchtende Malerei zu verwandeln. Weaver grundierte seine metallene „Leinwand“ mit mehreren Schichten chromgelber Farbe und versah sie dann eigenhändig mit plakativen Motiven, die von Zigeunerkunst inspiriert waren. Dabei verwendete er grelle Farben, die mit den gesättigten Pigmenten der „Psychedelischen Kunst“ verwandt waren, einem in Europa in den 1960ern populären Stil. Das Endprodukt, mit Malerei auf der ganzen Oberfläche des Autos, war eine kraftvolle, einzigartige Komposition. Diese Transformation schuf mehr als nur ein dreidimensionales Kunstwerk. Der Rolls-Royce, das vollkommene Sinnbild von Prestige und traditionellem Establishment, war nun umgeformt in das Symbol der Gegenkultur der 1960er Jahre und eine eindrucksvolle Ikone der Werte des Anti-Establishments. Die Beatles sollten eine Generation verkörpern, die begierig war, das „Establishment“ an zu prangern, und so entfachten sie die „Beatlemania“.
Verbindung mit den Nordischen Ländern
Beatles in Copenhagen at the KB June 4th, 1964 http://thegilly.tumblr.com1963 rollte die Welle der Beatlemania über Großbritannien und strömte dann nach Norden in diese wunderbare Skandinavische Region. Schweden war für den ersten Schritt außer halb der Vereinigten Königreiche gewählt worden. Fünf Tage lang tourte die Band und erschien sogar im Schwedischen Fernsehen http://www.youtube.com/watch?v=-clOQdFRyig . Im gleichen Jahr 1963 puschte die Jugend eines einzigen Landes den bahnbrechenden Beatle-Song „Twist and Shout“ an die Spitze der Musikcharts. Diese Land war Finnland http://www.youtube.com/watch?v=pVlr4g5-r18&feature=kp (Twist and shout Video, in Deutschland gesperrt). Letzte Woche (am 4. Juni 2014) feierten Beatles-Enthusiasten in Dänemark das 50jährige Jubiläum des Konzerts der Gruppe in Kopenhagen, wo die Beatls ihre zweijährige „Welt-Tour“ begannen http://www.youtube.com/watch?v=8_zzoJYoeao (Video der Beatles in Dänemark).
Trotz ihrer Herkunft aus England bleiben die Beatle, ihre Musik und das Phänomen der Beatles–Manie ein dauerhafter Teil der Geschichte der Popkultur der 60er Jahre in Skandinavien, Europa und Nordamerika und der Lennon Rolls Royce eines seiner hervorstechendsten Symbole und Ikonen. Das Royal BC Museum bewahrt den Rolls Royce nicht nur für die Bewohner von British Columbia, sondern für die ganze Welt. http://www.youtube.com/watch?v=imXZS6WTxEw (Victoria news cast about the Rolls).
Die Überstellung des Lennon Rolls Royce vom Royal BC Museum in Victoria nach Montreal, Quebec diente dazu, diese Ikone beim Jubiläum der „Beatle Mania“ zu zeigen und an das Konzert der Gruppe in Montreal bei ihrer Welt-Tour zu erinnern. Es war ein Beatles-Fest für die ganze Welt.
Bilder von der Pointe-à-Callière website: http://pacmusee.qc.ca
Bleiben Sie dran für den 2. Teil: Der Transport des John Lennon Rolls Royce kommt bald…
Gute Nachrichten: Wir starten ins dritte Jahr als Registrar Trek!
Nachdem wir neulich auf ein großartiges Jahr 2014 zurückgeblickt haben, fragen wir uns natürlich was 2015 für uns bereit hält?
Das ist schwierig zu sagen, wenn man keine Kristallkugel besitzt. Und wenn man eine in der Sammlung hätte, würde man als Registrar zulassen, dass sie benutzt wird? Und funktionieren Kristallkugeln auch, wenn man weiße Handschuhe oder Nitrilhandschuhe trägt? Fragen über Fragen…
Was wir Ihnen für 2015 versprechen können ist, dass wir Sie weiter mit Geschichten und Artikeln aus unserem Bereich unterhalten werden. Traurigerweise geht Derek in den Ruhestand, also wird sein nächster Artikel auch sein letzter sein. Der ist allerdings sehr spannend, bleiben Sie deshalb dran für die Geschichte von Lennons Rolls Royce!
Während der Feiertage haben mein Partner und ich uns mit Mikrocontrollern beschäftigt und ja, es wäre möglich dass dabei auch an Dingen herumprobiert wird, die für die Sammlungsarbeit relevant sein könnten. Oder aus Versehen ein Arduino dran glauben muss. Oder beides. Lassen Sie uns nur noch ein wenig weiter experimentieren…
2015 wird die zweite ARCS Konferenz sein, diesmal in New Orleans und ich bin mir sicher, dass wir darüber einen Bericht bringen werden. Wir werden natürlich auch weiterhin das Feld der Museumsdokumentation unterstützen und hoffen, dass viele von Ihnen den Hashtag #MuseumDocumentation auf Twitter nutzen. Und ich weiß, dass wo auch immer Sie sind und was auch immer Sie arbeiten es jede Menge schöne, unerzählte Sammlungsgeschichten gibt, die wir alle hören möchten, also schicken Sie sie an story@museumsprojekte.de.
Danke fürs Lesen, bleiben Sie uns gewogen und halten Sie uns auf dem Laufenden!
Ein Jahr ist seit Weihnachten vergangen? Ich kann es kaum glauben. Die letzten Festtagsgrüße scheinen von gestern zu stammen.
Wir haben dieses Jahr jede Menge ganz unglaublicher Geschichten gesehen: wir haben ein Trilemma gelöst, die Europäische Konferenz der Registrare besucht, einiges an Material in den Werkzeugkasten gepackt (zum Beispiel, wie man Buttons am besten lagert), wir haben uns mit Barcoding auseinander gesetzt, uns für Kinder im Museum eingesetzt, Bomben gefunden und Vögel und Fledermäuse aus den Depots vertrieben. Wir haben Matt mit „Art and Craft“ im Kino gesehen und die Initiative von Rupert Shepherd unterstützt, um Museumsdokumentation über #MuseumDocumentation ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Kurz gesagt: wir haben viele Geschichten erzählt, die dies wert waren.
Aber wenn wir heute anstoßen, dann möchte ich das nicht auf uns, die Sammlungsleute tun. Vor kurzem gab es Beitrag über Registare bei Peabody’s Lament (http://peabodyslament.wordpress.com/2013/10/22/registrar-humor/) und in der Kommentarspalte stellte der Author, T.H. Grey fest: „ .. wir haben schon oft von Registraren gehört, dass sie sich als die “unbekannten Helden” der Museen bezeichnen“. Das mag stimmen, aber wir sind nicht die wirklich unbekannten Helden. Wenn ich an unbekannte und ungerühmte Helden im Museumsbereich denke, dann kommen mir sofort die Reinigungskräfte in den Sinn.
Wenn sie überhaupt je im Museumkontext erwähnt werden, dann mit einem spöttischen Unterton, besonders wenn sie etwas sauber machten, das nicht gereinigt werden sollte, so wie 2011 bei der Installation von Martin Kippenberg „Wenn’s anfängt durch die Decke zu tropfen“ http://www.dw.de/cleaning-lady-destroys-contemporary-sculpture-with-her-scrubbing/a-15510231 Das Vorurteil, dass nur Reinigungsdamen so dumm und ungebildet sind, dass sie Kunst von Abfall nicht unterscheiden können ist so stark, dass die Meisten denken, sie wären für die Zerstörung der Arbeit “Ohne Titel (Badewanne)“ von Joseph Beuys von 1960 verantwortlich, die 1973 versehentlich gereinigt wurde – in Wirklichkeit wurde sie von zwei Mitgliedern einer deutschen Partei sauber geschrubbt, die nach einem Fest die Teller spülen wollten (http://www.spiegel.de/einestages/skandal-um-beuys-badewanne-a-947414.html). Seltsam nur, dass die Berichte von der Zerstörung von Kunstwerken durch andere Museumsmitarbeiter oder durch Besucher (http://content.time.com/time/specials/packages/article/0,28804,1956922_1956921_1956906,00.html) nie mit der gleichen klammheimlichen Freude geschrieben werden…
Nie gibt es einen Bericht darüber, wie uns das Reinigungspersonal Millionen von Euro an Konservierungs- und Restaurierungskosten erspart, da es Schäden durch Staubeinwirkung verhindert, Museen schädlingsfrei hält und Vorfälle melden, sobald es sie sieht. Und es sieht sie wirklich, wenn man ihm nur sagt, worauf es achten muss. Es ist bestimmt kein Vergnügen, Toiletten und Büros zu reinigen, besonders die Büros, in denen so viel Papier lagert, dass nur mit Mühe ein Platz zum Reinigen zu finden ist (dabei kommen mir immer gleich Büros von Registraren und Konservatoren in den Sinn… ). Aber Sauberkeit ist eines der Fundamente unserer Arbeit: Staub, Schimmel, Insekten und all die andern üblen Gesellen sind fern zu halten, um so die Sammlungen für die Zukunft zu sichern.
Aber bei all den Reden mit den „weiter so“ –Wünschen, in denen am Ende eines erfolgreichen Jahres den Beiräten, den Freunden des Museum, den Volontären und Ehrenamtlichen, den Mitarbeitern in den Sammlungen, in der Museumspädagogik, im Ausstellungsbetrieb, im Marketing und in der Verwaltung gedankt wird habe ich kaum je ein Wort über die Reinigungskräfte gehört.
Deshalb wollen wenigsten wir, bei Registar Trek unsere Gläser auf Sie erheben, unsere treuen Reinigungskräfte, unsere Partner bei der Pflege des Bestandes und bei der Schädlingsbekämpfung!
Darüber hinaus wünscht das ganze Team von Registrar Trek allen treuen Lesern und Unterstützern:
ein fröhliches Weihnachtsfest und ein gesundes und glückliches Neues Jahr 2015
Alex Gallafent mit einer etwas langen Beschriftung für „U-Bahn Totems“.Angela Kipp vom Registrar Trek war so freundlich, „Erzähle eine Geschichte von einem Transit-Totem“ als ein neuartiges Konzept für die Präsentation der Museumssammlung vor zu stellen. Aber ich muss gestehen, dass ich einem Vorschlag folgte, der im Jahr 2013 in einer Sitzung der AAM (American Alliance of Museums)-Konferenz in Baltimore gemacht worden war. Das Generalthema war da „Die Macht der Geschichten“ und Rob Walter vom Experiment „Bedeutsame Objekte“ hielt dort einen Vortrag.
Wie alles begann
Vor diesem Zeitpunkt hatte ich vier Jahre lang ruhig vor mich hin die dreidimensionalen Objekte des NYTM (New Yorker U-Bahnmuseum) katalogisiert. Dabei stieß ich auf Werkzeuge unbekannter Herkunft und auf Teile aus dem weiteren Geschäftsbereich der Städtischen Verkehrsbetriebe. Es war immer ein großes Vergnügen, den allgemeinen historischen Zusammenhang und den Kontext heraus zu finden. Ein oder zwei konkrete Fakten heraus zu bekommen hatte für mich als gelernten Archivar eine große Bedeutung, aber ich ging auch zum Mittagessen oder fuhr abends nach Hause und dachte über den Schienenarbeiter nach, der mit einem Sechskantschlüssel arbeitete, der so dick war wie mein Arm oder über den Ingenieur, der Tests zur Leitfähigkeit einer Stromschiene machte.
Rob Walker rief mir alle diese Spekulationen wieder ins Bewusstsein. Ich konnte mir gut eine formelle oder informelle Schreibgruppe vorstellen, platziert in einem Raum mit einigen der unbekannteren und abstrakten Objekte und daneben einigen der kultigen und allgemein mit der Geschichte der New Yorker U-Bahn verbundenen Gegenstände um die Personen dann zu einem „Geschichten-Slam“ zu animieren. Ich kam von dieser AAM-Offenbarung zurück und erzählte einigen wenigen in der Verwaltung und in der Pädagogik und Programmentwicklung davon. Ich sah es nicht als meine Aufgabe an, ein solches Programm selbst durch zu führen, ich wollte es aber unterstützen. So erwähnte ich es mehrere Monate lang hin und wieder bei den zuständigen Leuten, um die Idee am Leben zu halten.
Das Projekt nimmt Fahrt auf
Teilnehmer schrieben und trugen ihre erfundenen Beschriftungen vor.Gegen Ende des Jahres 2013 beschritt die Programmentwicklung des Museums neue Wege, indem eine kreative Person engagiert wurde, der Öffentlichkeitsarbeit am Herzen lag. Julia Malta-Weingard eröffnete auf kluge Weise eine neue Ära der Öffentlichkeitsarbeit, indem sie die Mitarbeiter und Freunde des Museums um Programmideen bat und deren Schwarmintelligenz nutzte. Inhaltliche Vorschläge auf zu greifen war die eine Sache, aber zugleich brachte sie auch die verschiedenen Abteilungen des Museums zu kreativen Aktivitäten derjenigen Museumsmitarbeiter zusammen, die schöpferische Impulse haben, aber ihre Kreativität nicht jeden Tag bei ihrer Arbeit als grundlegendes Instrument einsetzen.
Das war meine Gelegenheit, auf die Frage nach Programmideen zu antworten. Da ich schon einige im Hinterkopf hatte und sie ganz unverbindlich mehrfach angesprochen hatte, war es nicht schwer, sie zu präzisieren, sodass sie zu denen gehörten, die ausgewählt und zu Papier gebracht wurden. Eine davon verschmolz meine Kenntnisse der Museumsobjekte mit dem „Significan Object“- Projekt und Foren für Geschichten-Erzähler, wie etwa „The Moth“.
Teilnehmer finden
Susan Augenbrau liest ihre Übernatürliche, von einem U-Bahn Totem inspirierte Kurzgeschichte vor.Die Aktion „Erzähle die Geschichte eines U-Bahn Totems“ zu nennen, war ein bisschen ein Lockvogel-Geschichte. Ich hatte mir vorgestellt, wir könnten Besucher mit Hilfe von nostalgischen und gefühlvollen Erinnerungen an die besonders bekannten Elemente der New Yorker U-Bahn ins Museum holen und dann auch Dinge verwenden, die seltener zu sehen oder abstrakter sind, um daraus originelle, kreative Funken zu schlagen. Mein ursprünglicher Vorschlag war auch ganz bescheiden nur gewesen, Studenten, die einen Kurs „kreatives Schreiben“ belegt hatten ein zu laden. Im Nachhinein sehe ich, dass das schon eine gute Idee war, aber keine sehr publikumswirksame.
Im Frühherbst trafen sich die Sammlungsmitarbeiter mit Julia und wir einigten uns darauf für den 12. November schreibende Studenten, Museumsmitarbeiter, Schreibgruppen, Improvisations-Schulen und Theater und die Freunde des NYTM ein zu laden. Da wir nur wenige Wochen bis zu dem Termin am 12. November 2014 hatten, der für die Beteiligten kostenlos sein sollte, erreichten wir mehr Aufmerksamkeit und erhielten mehr Anmeldungen indem wir Bilder verschiedener Objekte und alter Aufnahmen auf die Tumblr-Seite des Museums stellten, um Einsendungen schon im Vorfeld zu bekommen. Damit konnten auch Personen teilnehmen, die sich nicht in der Lage fühlten vor Ort zu improvisieren oder laut vor zu lesen. Diese anfänglich publizierten „Totems“ und die 25 weiteren für die folgende „Pop-Up-Ausstellung“ im Museum wurden von einem spontan gebildeten Produktions-Team aus Mitarbeitern des Hauses ausgewählt.
Die Abendveranstaltung
Alex Gallafent hielt die Gruppe in Bewegung und bei der Sache. Während sich bescheidene 50 Personen angemeldet hatten und dann etwa die Hälfte gekommen war, war es dann ein wirklich erfreuliches Pilotprojekt für etwas, von dem wir hoffen, dass es eine dauerhafte oder periodisch wiederkehrende Veranstaltung wird. Der Schlüssel zum Erfolg des Abends war der von Julia verpflichtete Conférencier, der dafür sorgte, dass alle Teilnehmer 90 Minuten lang bei der Sache blieben. Alex Gallafent nahm nicht nur selbst am Schreibprozess teil, er improvisierte auch und schüttelte einige wirklich witzige Bemerkungen aus dem Ärmel. Wir hatten ein Podium und eine Bestuhlung vorbereitet, aber beides wurde nicht benötigt. Außer bei zwei Schreib-Intervallen, in denen Snacks für neue Energie sorgten, standen die Teilnehmer und Alex sorgte dafür, dass sie in Bewegung blieben. Er sorgte für eine lockere Stimmung und dafür, dass das Engagement aller die ganze Zeit anhielt.
Das improvisierte Schreiben von Beschriftungsschildern war ein wunderbarer Auftakt und sorge dafür, dass die Kreativität aller ins Fließen kam. Einige Gäste nahmen sogar die größere Aufgabe war, ihre hier entstandenen Entwürfe für Kurzgeschichten vor zu lesen, einige der vorher eingereichten Arbeiten wurden ebenfalls vorgetragen.
Die Besucher mit einbeziehen – und die Mitarbeiter
Wir fanden ein wunderbares und anpassungsfähiges Muster für Fortsetzungen dieses Programms. Ich tendiere dazu, mit einem Schreibkurs auf Grundstudiums-Ebene zu kooperieren. Damit bekämen wir einen Besucherstamm mit Vorbildfunktion der es schon gewöhnt ist, Ideen und Fragmente von Geschichten mit einander zu teilen. Dann können weitere Kontakte darauf aufbauen.
Nachhaltig war für mich die Erfahrung aus erste Hand, dass eine große Gruppe von Museumsmitarbeitern zu diesem Event zusammen fand. Auch wenn wir das nie wieder machen würden wäre ich doch sehr stolz auf die Gelegenheit zur Teambildung, die aus diesem Programm-Vorschlag erwuchs. Museen könnten oft nur einen Teil Ihrer Sammlungen zeigen, aber wir wissen, dass Neugier darauf besteht. Unzweifelhaft sind die Sammlung und das Archiv die Abteilungen mit dem größten Informations-Inhalt, aber die Mitarbeiter hinter dden Kulissen bekommen davon oft nicht viel mit. Hausintern zeigt mir das Projekt, dass die nie genutzte Neugier und Kreativität unserer vielseitigen und zuverlässigen Mitarbeiter ausgewertet und zur Programmgestaltung verwendet werden kann.
Meistens geht man davon aus, das die Arbeit in einer Museumssammlung eine sichere Sache ist. Ich würde sagen, das stimmt auch meistens. Aber manchmal gibt es so Tage … Lesen Sie die Geschichte von Julie Blood, Sammlungs- und Ausstellungsmanagerin am Museum der San Joaquin County Historical Society in Lodi, Kalifornien.
HandgranateEs war im August 2009. Ich arbeitete seit etwa 8 Monaten im Museum der San Joaquin County Historical Society als ich zusammen mit einem Ehrenamtlichen auf eine Schachtel stieß, die mit „Munition“ beschriftet war. Es war spät am Freitag Nachmittag und wir öffneten die Schachtel und fanden dort eine nicht gesicherte Eierhandgranate aus dem 2. Weltkrieg, eine japanische Mörsergranate und einen Kanister, von dem wir nach den Beschriftungen annahmen, dass er Pikrinsäure enthielt.
Als im Jahr 2000 eine ganze Sammlung Militaria dem Museum übergeben werden sollte, waren viele der möglichen Sammlungsobjekte von der Polizeibehörde von San Joaquin County inspiziert, entfernt und zur Detonation gebracht worden, da man sie für nicht sicher hielt. Aus unbekannten Gründen war die Schachtel mit diesen Objekten nicht inspiziert oder von der Polizeibehörde als sicher eingestuft worden. Bis heute weiß ich nicht, wie und warum diese Objekte ihren Weg in die Sammlung gefunden haben.
Japanische MörsergranateAm Montag morgen habe ich die Polizeibehörde benachrichtigt und ein Angestellter kam, um sich das gleich an zu sehen, aber offensichtlich war militärisches Gerät nicht sein Spezialgebiet und ich wartete nur darauf, das er womöglich den Sicherungsstift zieht, oder etwas ähnliches. Es war ziemlich beängstigend … Schließlich sprach er mit seinem Vorgesetzten und so wurde der örtliche Luftwaffenstützpunkt verständigt. Von dort kamen Sprengstoffspezialisten um die Objekte mit zu nehmen, die wir natürlich auch sofort deakzessioniert haben.
KanisterNichtwissen ist manchmal ein Segen – das war das längste Wochenende meines Lebens! Seitdem benutzte ich diese Geschichte, um Dozenten, Ehrenamtlichen und Studenten, die zu Depotbesichtigungen kommen darauf hin zu weisen, welche Gefahren manchmal im Museum lauern. Ich hoffe, dass ich um Gotteswillen nie wieder etwas ähnliches finde – das ist sicher. Es hat uns wirklich einen großen Schreck eingejagt.
Niin makaa, kuin petaa
Wie man sich bettet, so liegt man
(Finnisches Sprichwort)
Immer in Bewegung… unsere Objekte im TECHNOSEUM sind viel unterwegs.An diesem Thema war ich besonders interessiert, da ich als Depotleiterin in einem Museums arbeite in dem 3% der Sammlung ständig in Bewegung sind – sei es wegen Ausstellungen, Ausleihen oder aus anderen Gründen.
Verlagerung von Sammlungen und Organisationen
Per Hedström vom Schwedischen Nationalmuseum sprach über die „Verlagerung von Sammlungen und Organisationen“. Dort musste das Hauptgebäude wegen einer Restaurierung geschlossen und 700 000 Objekte aus dem Haus in ein Magazin gebracht werden. Sie waren erfolgreich, nichts ging kaputt oder verloren und nun warten sie darauf zurück zu kommen. Die Wiedereröffnung ist für 2017 geplant.
Per legte dar, warum das Projekt so erfolgreich ablaufen konnte und wie aufkommende Probleme an zu gehen sind: ein entscheidender Punkt ist, dass das Umzugsprojekt Top-Priorität haben muss. Man muss berücksichtigen, dass jede Änderung Unsicherheit auslöst und die Belegschaft nervös macht. Man muss Sondermittel für die Aktion finden, denn man wird zusätzliche Kräfte brauchen.
Dann kam die Feststellung, die ich mit Großbuchstaben festhalten und mit einem goldenen Rahmen versehen möchte:
EIN UMZUG IST EINE UMZUG, NICHTS SONST!
Es ist kein Projekt für die Dokumentation oder für die Restaurierung, man hat nicht einmal die Zeit, neues Packmaterial aus zu probieren, es geht nur darum die Objekte sicher von A nach B zu bringen und damit gut.
Allerdings muss man auch die Besucher im Blick behalten, die werden enttäuscht sein, dass sie die Objekte nicht sehen können, so dass man andere Wege finden muss, um sie weiter an das Haus zu binden. Und man muss die Mitarbeiter einbinden, damit sie sich engagieren und nicht andere Arbeitsplätze suchen.
Andererseits ist eine Schließung auch eine Chance, die man nicht ein zweites Mal bekommt. Man kann sich auf die Zukunft konzentrieren, neue Ideen gewichten und diskutieren. Man wird auf 100 neue Ideen kommen und dann die Schwierigkeit haben aus zu wählen und dabei die aus zu wählen die strategisch richtig sind. Per sagte, dass sie sich während der Schließung auf drei Punkte konzentriert haben:
Was die neue Dauerausstellung betrifft, so soll der Schwerpunkt auf die besonders signifikanten Objekte der Sammlung gelegt und die Bereiche betont werden, in denen das Museum besonders gut aufgestellt ist. Aber er räumte auch ein: „Es ist nicht leicht, vielleicht tun wir zu viel, vielleicht sollten wir uns auf weniger konzentrieren und das besser machen“.
Umzug des Magazins des Museums Islamischer Kunst in Qatar und die Herausforderungen die die Organisation eines neues Museums mit sich bringt
Atemberaubend waren die beiden Präsentationen von Marie-Astrid Martins und Nancy Konstantinou, die über die Herausforderungen sprachen, die das Sammlungs-Management und die Umstände eines Umzugs in der Golfregion mit sich bringen.
Um es kurz zu fassen: stellen Sie sich vor, Sie machen genau das, was Sie gerade jetzt in Ihrem Museum machen – nur dass es an diesem Platz zum ersten Mal geschieht. Alles was an Arbeitsabläufen und Methoden in einem nordeuropäischen oder amerikanischen Museum selbstverständlich ist, muss hier in Qatar erst einmal eingeführt werden – und das in einem extremen Klima, bei dem auch eine kurze Zeit ohne Klimatisierung enormen Schaden an den Objekten anrichten kann und mit einer Infrastruktur, die weit entfernt ist von der, an die man gewöhnt ist. Unnötig zu sagen, dass es nur wenige Versicherungen gibt, die bereit sind, dort etwas zu versichern und in Qatar gibt es bisher auch keine Staatshaftung. Die Formel dafür ist: „Die größte Herausforderung ist die, in der Wüste zu leben“. Aber die Museumsleute dort haben sich der Herausforderung gestellt und schafften es, die Sammlung in ein neu gebautes Museumsdepot mit 9.940 Quadratmetern Hochregal-Einheiten zu überführen. Hut ab vor Marie-Astrid, Nancy und ihren Kollegen!
Umsiedlung einer XXL-Sammlung – Man kann kein Omelette machen, ohne Eier zu zerschlagen
Es gab sicher keinen Vortrag bei der ERC 2014 bei dem ich öfter mit dem Kopf nickte, als bei dem von Joachim Hüber. Wahrscheinlich sah ich aus wie ein Wackel-Dackel…
Joachim Hüber: „Der Umzug“ als die große Unbekannte zwischen der momentanen und der zukünftigen Situation.Joachim stellte fest, dass „der Umzug“ in der Regel als black box zwischen der Situation, die zum Umzug führt und dem neuen Domizil angesehen wird, bei dem natürlich alles nach den besten Vorbildern gebaut und eingerichtet wurde. Um dieses neue Gebäude machen sich der Architekt, der Museumsdirektor, der Abteilungsleiter Sammlungen, die Restauratoren, der Umzugs-Beauftragte und der Verantwortliche für Logistik viele Gedanken, während sich um den Umzug nur die beiden letzteren kümmern. Deshalb wird der Umzug oft unterschätzt und mit zu wenig Personal angegangen.
Joachim empfahl, immer im Blick zu behalten, dass es einen engen Zusammenhang zwischen dem Umzug der Sammlung und der Ausstattung der Lagerräume gibt, sodass es sich auszahlt, Synergieeffekte zu nutzen. Sehr oft wird einfach auch der Arbeitsumfang unterschätzt – extra Ressourcen sind hier unumgänglich. Es ist auch ganz entscheidend zu verstehen, dass in der Umzugszeit der Leihverkehr eingeschränkt werden muss und auch die Verfügbarkeit von Objekt im Haus begrenzt wird.
Joachim warnte auch davor, dass man Kräfte aus anderen Abteilungen abzieht und sie beim Umzug einsetzt. Das sei keine gute Idee. Umzüge von Sammlungen haben ihre spezifischen Erfordernisse, die nicht dadurch zu lösen sind, dass man Leute einsetzt, die es gewohnt sind etwas völlig anderes zu tun. Statt dessen gibt es drei Möglichkeiten: Mehr Leute einstellen, Werkverträge abschließen oder ganze Aufgabenpakete vergeben (z. b. für den Transport oder die Reinigung). Wie immer die Entscheidung ausfällt, darf nicht vergessen werden, dass man extra Personal braucht, Personal, das vertrauenswürdig und verlässlich ist. Joachim wies darauf hin, dass die Umzugskosten bis zu 20 % der gesamten Kosten für den Magazinneubau betragen, und dass das sehr oft unterschätzt würde. Man sollte auch bedenken, dass es um so teurer wird, je mehr Verantwortung der Vertragspartner übernehmen soll.
Ganz praktisch: man wird mehrere Teams benötigen, sowohl im „alten“ Depot als auch im neuen Gebäude. Ein wichtiger Tipp dazu: man sollte an beiden Stellen eine Hilfskraft haben, die nichts anderes tut als Material herbei zu schaffen etc. Auch eine zu Entscheidungen befähigte und befugte Kraft sollte an beiden Plätzen zur Stelle sein, damit der Arbeitsprozess sich nicht verlangsamt, weil man lange auf Entscheidungen warten muss. Diese Person muss jemand sein, der sich mit allen Aufgaben auskennt, ein Generalist mit Problemlöse-Persönlichkeit – er/sie ist die wichtigste Person am Platz.
Äußerst wichtig bei XXL-Umzügen ist es auch, nicht mehr in einzelnen Objekte zu denken sondern in Konvoluten. Wenn man für jedes einzelne Objekt maximale Sicherheit möchte bewegt man gar nichts, denn jede Bewegung bedeutet ein Risiko. Wenn man einen Umzug auf kostenbewusste Weise organisieren möchte, dann muss man ein gewisses Risiko eingehen. Vom minimalen Risiko muss man zum akzeptablen Risiko wechseln. Das heißt, dass wir 95 % der Objekte als Standard-Fälle ansehen sollten und nur 5 % als solche, die eine Sonderbehandlung brauchen. Es muss genau darauf gesehen werden, was absolut notwendig ist und was nur wünschenswert.
Der Umzug rennt der zukünftigen Situation hinterher – keine gute Situation!Sehr wichtig ist es, die richtige Reihenfolge der einzelnen Schritte beim Bewegen/Packen/Transportieren genau zu planen – aber auch: nicht tot-planen.
Was sich als hilfreich erwiesen hat, sind Sicht-Verpackungen, so dass man sehen kann, was transportiert wird und so unmittelbar deutlich wird, wo Transportprobleme vorliegen. Auch sollte so früh als möglich alles auf Räder gesetzt werden. Standardverpackungen zu benutzen macht alles einfacher und kostengünstiger. Standard-Palletten, Standard-Schachteln, die in Standard-Regale passen … Und außerdem immer daran denken dass Platz, Platz, genügend Platz alles ist!
Auch wenn wir das immer mit bedenken, so sollte man sich daran erinnern, dass bei einem Umzug die Sicherheit nicht das größte Problem ist. Joachim formulierte das so: Sorgt für die Sicherheit des ganzen Vorgangs, nicht für die Sicherheit des einzelnen Objekts. Wenn man das Team bei guter Laune hält und gut bezahlt ist das Sicherheitsrisiko sehr gering.
Joachim gab uns auch die Mahnung mit, frühzeitig an das benötigte Material zu denken, auf die absehbaren Kosten eingestellt zu sein, Standardprodukte zu nutzen und Werkzeug und Material frühzeitig zu bestellen. Einfache Lösungen an Stelle von komplizierten verringern die Gefahr, dass etwas schief läuft. Manchmal braucht es spezielle Lösungen, dann sollte man sich aufmerksam umschauen, denn meistens liegt die Lösung ganz nah.
Noch ein Wort zu Verträgen: erfahrenes Personal muss frühzeitig unter Vertrag genommen werden, das gilt besonders für die Entscheider. Zu viel überqualifiziertes Personal ist nicht vorteilhaft. Nochmals: man halte das Team bei guter Laune und bezahle es gut.
Um zusammen zu fassen:
Kosten nicht unterschätzen
Einen stimmigen Ablaufplan erstellen
Angemessenes Personal, Werkzeug und Material
Akzeptable Risiken eingehen
Von dem vielen Nicken etwas schwindelig ging ich in die Mittagspause.