Wie wird meine Sammlung nützlich ?

FeuLogoArbeiten mit Datenbanken gehört zu den Kernaufgaben jedes Sammlungsbetreuers. Oft genug ärgert man sich über die ein oder andere Unzulänglichkeit des eigenen Systems. Um so begeisterter war ich, als ich auf das Projekt von Michael Hesemann stieß. Da hatte sich jemand die Mühe gemacht, für sein eigenes Interessensgebiet, die Foraminiferen, eine Online-Datenbank zu entwickeln, die genau seinen Ansprüchen entsprach. Ehrenamtlich, aus Begeisterung für sein Fachgebiet. Sie ermöglicht Wissenschaftlern und Sammlern aus aller Welt schnellen Zugriff auf relevante Informationen und inzwischen stellen auch namhafte Institutionen wie das Smithonian und die Geologische Bundesanstalt Österreich Informationen zu ihren Foram-Bestände dafür zur Verfügung. Lesen Sie hier, wie das Projekt entwickelt wurde.
Herzliche Grüße
Angela

von Michael Hesemann, Foraminifera.eu Project, Hamburg

Zur Entstehung

Im Dezember 2007 erwachte mein Interesse für Foraminiferen (= Forams) – weitgehend unbekannte Einzeller, die seit 540 Mio. Jahren bis heute grazile Innengehäuse bilden. Dass die Kliffs von Dover, ägyptische Pyramiden und anderes Gestein zu 1/3 aus ihnen bestehen war mir neu. Ebenso überraschte die Information, dass alle lebenden Forams knapp 1% der Erdbiomasse ausmachen und damit bedeutender sind als alle Säugetiere.

Sie lesen das vermutlich auch zum ersten Mal, was belegt, dass wesentliche Informationen erst bei genauerer Betrachtung, Studium von Literatur und intensiver Recherche zu Tage treten. Glücklicher-weise traf ich in Hamburg auf zwei engagierte Foramliebhaber, die sich wie einst Ernst Häkel um 1900 für Schönheit und Formenreichtum der Forams schon länger begeisterten. Die Idee wurde geboren, unsere Sammlungen zu fotografieren und über die Webseite www.foraminifera.eu ins Internet zu stellen.

Es funktionierte zunächst ganz prächtig, die mühsam durchs Mikroskop gefertigten Aufnahmen online zu stellen. Doch schon nach wenigen Wochen meldete sich Fabrizio, ein italienischer Wissenschaftler mit dem Angebot 100 Rasterelektronenaufnahmen beizusteuern. Nun gab es plötzlich 250 Aufnahmen und die Notwendigkeit sie irgendwie zu sortieren und sinnvoll zugänglich zu machen. Ein Konzept musste entwickelt werden, das auch für 2500 Bilder noch tragfähig sein sollte.

(Bild: Michael Hesemann / www.foraminifera.eu)

Ein eigenes Datenbankkonzept ist unausweichlich!

Die Datenbankkonzepte der großen Museen, wissenschaftlichen Institutionen und Online-datenbanken wie EOL oder WORMS entpuppten sich als eindimensional auf Taxonomie und Nummerierung zugeschnitten. Haben Foraminiferen nicht mehr Informationen zu bieten und was wünschen wir uns als Nutzer von einer Sammlung? Unbefriedigend erschien uns die erhebliche Inkonsistenz von Datensätzen, das Fehlen von Illustrationen und umständliche Interfaces.

Unser multidimensionales Datenbankkonzept mit konsistenten Kategorien

Eine Sammlung soll nach unserer Philosophie ihre Objekte und verbundenen Informationen absoluten Laien bis zu hoch spezialisierten Wissenschaftlern auf einfache Weise zugänglich machen. Jede Klasse von Objekten – bei uns den Gehäusen der Forams – trägt eine Vielzahl von Informationen. Für eine Datenbank können wir allerdings nur Informationskategorien verwenden, die für nahezu alle Objekte bekannt oder mit vertretbarem Aufwand recherchierbar sind. Eine hohe Datenkonsistenz ist für die Auswertung unerlässlich.
Bei den Forams halten wir die Taxonomie und Morphologie, Ort, Zeit (Erdzeitalter), Literaturreferenz, Relevanz des Datensatzes und sammlungsbezogene Informationen für konsistente Kategorien. Ob der Lebensraum (= ökologische Nische) konsistent ermittelt werden kann ist umstritten.

Nutzerorientierte Zugänglichkeit

Der Nutzer soll die Möglichkeit erhalten, durch ein einfach zu bedienendes Interface alle verfügbaren Informationen auf verlässliche und einfache Weise abzufragen. Als notwendig wird erachtet:

  • jedes Objekt wird durch möglichst realistische Illustrationen (Zeichnungen, Fotos, 3D-Objekte) repräsentiert und mit Werten für alle definierten Kategorien verknüpft (Metadaten)
  • der User erhält ein Interface in dem er in allen Kategorien aus den vorhandenen Werten auswählen kann.
  • Als Ergebnis erhält der User eine Trefferliste aus Vorschaubildern mit wesentlichen Informationen, von denen er durch einen Klick zu detaillierteren Informationen bis hin zu einer Literaturreferenz kommt.

Technische Mittel und finanzielle Ausstattung

Als nicht kommerzielles Projekt gibt es keine finanzielle Ausstattung. Alle Beiträge basieren auf Begeisterung für die Sache. Jeder trägt die Kosten seines Beitrages privat selbst. Alle Beitragenden werden detailliert genannt und erhalten eigene Webseiten und Auswertungsmöglichkeiten für Ihre Beiträge.
Technisch kommen nur einfachste Programme und Systeme zum Einsatz: Excel, PHP, SQL, HTML und eine Basis-Homepage bei einem Massenprovider.

Es werden eine umfassende Literatursammlung zu Forams, Zeitschriftenabbos sowie gute Kontakte zu einschlägigen Wissenschaftlern gepflegt. Es werden Sediment- und Foramsammlungen geführt sowie wurde detailliertes Know-how und Werkzeug für die Probenbearbeitung erworben. Es besteht ein kostenloser Zugang zu einem Rasterelektronenmikroskop.

Meilensteine

nicht alles wurde so geplant, hat sich aber im Rückblick so ergeben:

Milestone 2008:
Aufbau/Bekanntmachung der Webseite, Erhalt von Proben durch Hobbyfossilsammler

Milestone 2009:
Erweiterung der Abdeckung in Zeit und Raum durch 1200 Bilder, Schaffung einer Unterstützerszene aus Amateuren und Juniorwissenschaftlern.

Milestone 2010:
Vorstellung des Projektes auf der FORAMS2010 Konferenz in Bonn vor 400 Wissenschaftlern. Ausbau auf 2500 Bilder. Unterstützung durch Wissenschaftler. Hilfsangebote an Amateure und junge Wissenschaftler insbesondere aus weniger entwickelten Ländern.

Milestone 2011:
Erweiterung der Datenbankkriterien auf 20. Umstellung von reinem HTML auf PHP-SQL. Gewinnung von Senior-Scientists als Unterstützer. Präsentation auf internationalen Konferenzen. Ausbau auf 4000 Bilder.

Milestone 2012:
Top Ranking bei Google (SEO) Erweiterung der Datenbankriterien auf 30. Networking. Erhalt von Bildrechten durch Verlage und Institutionen. Ausbau auf 5500 Bilder.

Milestone 2013:
SI National History Museum Washington, Österreichisches Geologisches Bundesamt und die Grzybowski Foundation gestatten die Nutzung Ihrer ca. 30.000 Forambilder, darunter von zahllosen Typexemplaren. Senior Scientists gestatten die Nutzung Ihres Lebenswerkes. Ausbau der Bilddatenbank auf 7700 Bilder. Pflege der Unterstützerszene. Kooperation mit WORMS.

Milestone 2014:
Präsentation des Projektes auf der FORAMS2014 in Chile. Weitere Kooperation mit WORMS. Schließung der Lücken aus den erhaltenen Bildrechten. Ausbau der Datenbank auf über 10.000 Bilder. Pflege der Unterstützerszene.

*)
EOL= Encyclopedia of Life: www.eol.org
WORMS= World Register of Marine Species: www.marinespecies.org

Dieser Artikel ist auch auf italienisch erhältlich, übersetzt von Marzia Loddo.

2 thoughts on “Wie wird meine Sammlung nützlich ?”

  1. What an incredibly wonderful project. Thank you so much for showing what can be done when a few people make an effort to share their passion.

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