Die Wetterfeuerzwerge oder: Ein paar Gedanken über Sensoren – Teil 1

Foto von Brett_Hondow CC0 via pixabay

Wenn ich an meine frühe Kindheit zurückdenke, habe ich ab und zu das Bild meines Großvaters vor Augen, der vor einer sogenannten „Wetterstation“ steht – einer Holztafel mit drei Messgeräten aus Messing: Einem Thermometer, einem Hygrometer und einem Barometer. Behutsam pflegte er gegen die Glasabdeckung des Barometers zu klopfen, bevor er auf die Anzeige schaute.

Als Kind war ich fest davon überzeugt, dass er dabei einen kleinen Arbeiter in der Wetterstation weckt, der wiederum prüft, ob das Wetter trocken, regnerisch oder wechselhaft wird. Dies ergab für mich Sinn, da ich dachte, dass besondere Mächte für das Wetter verantwortlich sind: Die Wetterfeuerzwerge.

Nach den Abendnachrichten sagte der Nachrichtensprecher nämlich immer: „Und nun die Wetterfeuerzwerge für morgen“. Viel später erst fragte ich meine Mutter danach und sie erklärte mir, dass es nicht um „Wetterfeuerzwerge“ ging, sondern um die „Wettervorhersage“. Bis dahin war ich der festen Überzeugung, dass „Wetterfeuerzwerg“ ein gewöhnlicher Beruf sei, wie Feuerwehrmann, Bäcker oder Lehrer. Sie beobachten das Wetter und machen Prognosen. Zudem war ich der Meinung, dass es Zwerge sein müssten, weil sie ja in den kleinen Instrumenten wie einem Barometer wohnen müssen.

Nun fragen Sie sich sicherlich, worauf ich mit diesen Kindheitserinnerungen hinaus will? Nun, mein Großvater konnte sicherlich keine kleinen Wetterfeuerzwerge erwecken noch praktizierte er andere Arten von Magie. Durch das Beklopfen des Barometers, in dessen Innerem sich eine kleine Metalldose – ein sogenannter Aneroid – befindet, wollte er lediglich eine Tendenz ablesen. Wenn man nämlich gegen ein solches Barometer klopft, wird der Druck in der Dose auf einen Zeiger übertragen, der einem anzeigt, ob der Luftdruck steigt oder fällt. Ebenso wusste mein Großvater, dass die kleinen Markierungen, auf denen man etwa „sehr stürmisch“, „Regen“, „wechselhaft“, „klar“ oder „sehr trocken“ lesen konnte, nicht wortwörtlich zu verstehen waren. Im Winter konnte „klar“ oft bedeuten, dass es sehr kalt werden würde. Er schaute also nicht einfach nur auf das Barometer, er wusste auch, wie er die Anzeigen zu deuten hatte.

Springen wir zurück in das Jahr 2018: Oft habe ich Schwierigkeiten, einigen Kollegen die Nutzung und die Genauigkeit von Sensoren zu erläuten. Ich werde das Gefühl nicht los, dass die Digitalisierung und ihre Auswirkungen auf unsere Vorstellungskaft und unsere Erwartungen hinsichtlich Messgeräten gewissermaßen ihren Tribut fordern.

Es stimmt, auf Hygrometer bezogen, dass es wesentlich komplizierter ist, Feuchtigkeit zu messen als die genaue Temperatur. 1. Ein digitales Hygrometer zeigt für gewöhnlich Werte bis zu zwei Stellen nach dem Komma an.

Während man beispielswiese auf einem analogen Hygrometer eine Feuchtigkeit von über 50% ablesen würde, liefert das digitale Gerät einen exakten Wert von 51,23%. Das ist erstaunlich. Leider bedeutet dies nicht das, was viele Menschen darunter verstehen. Denn gerade weil ein so genauer Wert angegeben wird, nehmen viele an, dass die digitale Anzeige viel genauer ist, als das analoge Auslesen von Großvaters alter Wetterstation. Aber dies ist nicht zwangsläufig der Fall.

Auch wenn es sich um einen sehr guten digitalen Feuchtigkeitssensor mit einer 1,5%-igen Genauigkeit handelt, wäre ein Wert zwischen 50 bis ca. 52% gemeint. Wenn man dagegen einen etwas mäßigeren Sensor mit einer Genauigkeit von 5% nimmt, würde dies bedeuten, dass der angezeigte Wert zwischen einer tatsälcihen Feuchte von 46 bis 56% liegt. 2

Foto von Alexas_Fotos via pixabay CC0

Aber warum werden dann überhaupt zwei Stellen nach dem Komma angezeigt? Hat dies nur eine schmückende Funktion? Ja und nein. Um dies zu verstehen, müssen wir den Unterschied zwischen Genauigkeit und Auflösung verstehen – beides sind Angaben, die Sie finden werden, wenn Sie einen Datalogger oder einen Sensor kaufen.

Das, worüber wir gerade gesprochen haben, ist die Genauigkeit. Die Auflösung ist oft höher als die Genauigkeit. Ein Feuchtigkeits-Sensor kann zwar eine Genauigkeit von +/- 2% aufweisen, aber eine Auflösung von 0,1. Dies mag zunächst wie ein Widerspruch klingen, aber dem ist nicht so. Man möge sich hierzu einen kleinen Wetterfeuerzwerg vorstellen, der in der Lage ist, zu fühlen, wie feucht es ist.

Er sagt: „Es sind 52%“. Da wir nun wissen, dass dies einen Wert zwischen 50 und 54% bezeichnen kann, wird er, wenn wir ihn erneut hinaus schicken, in der Lage sein, uns zu sagen, ob es feuchter oder trockener wird als zuvor. Es wird ihm möglich sein, uns eine genauere Prognose zu geben als er dies bei der Einschätzung der allgemeinen Feuchtigkeit tun kann. Er wird sagen können: „Es wird feuchter, da es nun 52,1% sind“.

Während also die Stellen nach dem Komma hinsichtlich der allgemeinen Feuchtigkeit unbedeutend sind, können sie uns helfen, die Tendenz des Raumklimas sowie den Grad der Veränderung zu erkennen.

Wenn Sie eine halbe Stunde lang alle fünf Mintuendas Klima messen und dabei Werte auslesen wie: 52,1%, 52,3%, 52,2%, 52,1%, 52,2% und 52,1%, werden Sie andere Schlussfolgerungen ziehen, als bei einer Folge von Werten wie 52,0%, 52,2%, 52,3%, 52,4%, 52,6%, 52,8%. Während beide Zahlenfolgen nach wie vor bedeuten können, dass es allgemein 2% mehr oder weniger feucht ist als die Anzeige behauptet, zeigt die zweite Folge eine Tendenz an – dass etwas geschieht, was den Raum zunehmend feuchter macht. Verstehen Sie die Auflösung also als eine Maßeinheit, die Ihnen dabei hilft, Veränderungen zu erkennen – genauso wie Großvaters Barometer-Klopfen.

Demnächst werden wir der Frage nachgehen, ob Sensoren wirklich die Temperatur und die Feuchtigkeit in einem Raum darstellen können…

Bleiben Sie dran!

Hier geht’s zum zweiten Teil…
Angela

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Edith Harmati.

  1. Was auch der Grund dafür ist, dass Temparturanzeiger bereits für wenig Geld zu kaufen sind, während man ein kleines Vermögen in den Erwerb von guten Feuchtigkeitsmessgeräten stecken kann
  2. Fun Fact: Der prozentuale Wert, der bei Loggern +/- angegeben wird, ist nicht standardisiert. Also kann eine 5%-ige Genauigkeit bedeuten, dass der angezeigte Wert innerhalb einer Spanne von 5 Prozentpunkten liegt oder aber, dass der tatsächliche Wert vom angezeigten Wert sowohl 5% nach oben als auch nach unten abweichen kann. Sprich: Bei einer Anzeige von 51% könnte entweder eine Spanne von 48,5 bis 53,5% oder aber eine Spanne von 46 bis 56% gemeint sein. Da die meisten Hersteller von Dataloggern und Sensoren sich weigern festzulegen, was sie unter prozentualer Genauigkeit vertehen, gehe ich grundsätzlich von der schlimmeren der beiden Möglichkeiten aus.
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2 thoughts on “Die Wetterfeuerzwerge oder: Ein paar Gedanken über Sensoren – Teil 1”

  1. I love your story Angela!
    I think my Rotronic dataloggers must have Swiss Weather Dwarfs inside – the Wetterfeuerzwerge unroll the red lines when I draw graphs, and the Wetterfeuchtezwerge unroll the blue lines!

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