Es ist eine merkwürdige Sache. Immer einmal taucht das Problem der gefährlichen Substanzen in unseren Sammlungen auf, aber als menschliche Wesen neigen wir dazu, nicht daran zu denken, denn wir sind der Meinung, diese Gefahren gibt es – natürlich – aber wir sind uns sicher, dass wir unsere eigene Sammlung kennen und dass wir auf der sicheren Seite sind, wenn wir uns an unsere Sicherheitsvorschriften halten.
Als bei einer Schadstoffanalyse in einem unserer Depots Quecksilber in der Luft gefunden wurde war ich geschockt und sehr überrascht. Natürlich wusste ich, dass wir in unserer Sammlung Quecksilber hatten. Wir besitzen schließlich eine Sammlung von Thermometern und Quecksilber-Schaltern. Aber bis zu jenem Tag hielt ich unsere Handlungsanweisungen und unsere Vorsichtsmaßnahmen für ausreichend sicher. Dieses Quecksilber war alles gut verwahrt, nicht wahr? Aber wir hatten nicht an andere Quecksilberquellen gedacht, offene Quellen, die sich in unserer Sammlung verbargen.
Offene Quellen entdecken und was man daraus lernt
Als wir begannen unsere Sammlung mit der Lupe „Quecksilber?“ zu durchsuchen stießen wir auf eine Reihe von Objekten, an die wir nie gedacht hatten. Es kam heraus, dass es einen Musikautomaten gab, der mit Kontakten arbeitete, die in Quecksilberbehälter tauchten. In der Medizinhistorischen Abteilung gab es Geräte, die mit offenem Quecksilber Thrombozyten im Blut messen. Wie klein auch immer, da Quecksilber bei Raumtemperatur verdampft sind auch kleinste Öffnungen ein Problem. Es gab Barometer und selbst Chronometer mit offenen Quecksilberquellen. Es bedurfte einer ziemlichen Anstrengung, heraus zu finden, wo sie alle waren. Und einer noch größeren, um das Quecksilber entweder zu entfernen oder zu versiegeln und die kontaminierten Objekte entsprechend zu beschriften.Dabei lernten wir eine ganze Menge:
- Glaube nie, dass Du alles über Deine Sammlung weißt
- Glaube nie, dass die Richtlinien und Handlungsanweisungen jeden Aspekt abdecken
- Glaube nie, dass alles in Ordnung ist – und habe ein Auge auf die Forschung
Das Wichtigste aber war die Lektion, die wir über die Bedeutung einer guten Dokumentation lernten – wenn auch auf unbequemem Weg.
Alles Expertenwissen vorhanden – und trotzdem…
Aus der Rückschau sieht man: wenn jemand die Arbeitsweise dieser Objekte gründlich genug studiert hätte, dann hätten er oder sie entdeckt, dass sie Quecksilber brauchten um zu funktionieren. Wir wissen nicht, ob es zum Zeitpunkt der Erwerbung im Museum jemanden gab, der das wusste. Zumindest erwähnte derjenige, der das Objekte inventarisierte das Quecksilber in der Dokumentation und im Katalogeintrag nicht.
Der aus unverbundenen Abschnitten bestehende Arbeitsprozess ist wohl die wirkliche Gesundheitsgefahr! Wenn wir uns die Gegebenheiten in einem klassischen Museum ansehen, dann gibt es unterschiedliche Personen mit unterschiedlichem Wissen, die den Dokumentationsprozess betreiben.
Es sind Leute, deren Fähigkeiten wunderbar zusammenpassen, aber ihr Wissen ist nutzlos, wenn es im Workflow nicht verbunden wird:
Alle diese Experten arbeiten für die gleiche Institution aber wenn sie das Objekt nicht zusammen bearbeiten und dabei ihr Wissen einbringen, dann können sie sehr leicht eine Gefahr übersehen und Kollegen, spätere Forscher und Besucher einem Gesundheitsrisiko aussetzen.
Die Bedeutung der Fachkenntnis beim Katalogisieren
Es ist offensichtlich, wie gefährlich es ist, wenn die Person, die den Katalogeintrag verfasst
keine in die Tiefe gehenden Kenntnisse der Objekte hat. Es gibt in den Museen die Tendenz zu glauben, dass das Inventarisieren eine Aufgabe sei, die „irgendjemand“ erledigen könne. Wissen ist nicht wichtig, jeder Praktikant kann eine Beschreibung und ein paar Maße herunterklopfen, nicht wahr? Natürlich wissen wir alle, dass das Blödsinn ist, aber dagegen zu halten ist harte Arbeit. Es ist schwer zu vermitteln, welche Schäden es heraufbeschwört, wenn Daten, Maße und Zuordnungen nicht korrekt sind. Bei gefährlichen Substanzen sollte die Gefahr offensichtlich sein: wenn jemand den Katalogeintrag verfasst, der nicht genügend Wissen hat um zu verstehen, wie das Ding funktioniert, wird er vermutlich auch die Gefahrenpunkte übersehen und bringt daher die Kollegen und Besucher in Lebensgefahr.
Wenn der Konservator den Eintrag aus guten Gründen nicht selbst vornehmen kann (und wohlgemerkt: zu faul, zu alt, zu beschäftigt um zu lernen wie das geht ist kein guter Grund, jedenfalls nicht aus meiner Sicht!) dann sollte er sein Wissen zu dem Objekt dem oder derjenigen mitteilen, die den Katalogeintrag dann macht.
Wie man es besser macht
Es gibt einige Dinge, die man tun kann, um unerfreuliche Überraschungen zu vermeiden.:- Wenn ein Objekt erworben wird, sollte man sich mit allen in Verbindung setzten, die in den Erwerbungsprozess eingebunden sind. Alles Expertenwissen an einem Tisch wird es möglich machen, so viel Gefahren als möglich zu entdecken.
- Wenn man nur ein EinMann-/ EinFrau-Museum ist, dann sollte man Experten aus der Gegend, aus dem regionalen Museumsverband oder auch internationale Experten über Mailinglisten und Online-Gruppen nach möglichen Gefahrenquellen bei der neuen Erwerbung fragen.
- Wenn die Gefahrenquelle neu ist definiert man Sicherheitsvorschriften für Handhabung und Lagerung. Wenn die Gefahr schon länger bekannt ist sollte mach sich vergewissern, dass Handhabung und Lagerung noch dem neuesten Stand der Forschung entsprechen.
- In der Datenbank: sicherstellen, dass das gefährliche Material benannt wird. Idealerweise hat man einen Thesaurus gefährlicher Substanzen zur Auswahl, der verlinkt ist mit Sicherheitsvorschriften und korrekten Beschriftungen.
- In der Datenbank: sicherstellen, dass ein Objekt mit gefährlichen Substanzen klar von anderen Objekten zu unterscheiden ist, sodass jeder wahrnimmt, dass hier besondere Handhabungs- und Lagerungsbedingungen zu berücksichtigen sind.
- Im Depot: gefährliche Substanzen den Internationalen Vorschriften entsprechend beschriften.
- Im Depot: gefährliche Substanzen den Internationalen Vorschriften entsprechend lagern. Das kann bedeuten, dass besondere Behältnisse zu verwenden sind oder Räume mit einem Ventilationssystem und deutlich auf dem Behälter angebrachten Anweisungen für die Handhabung.
Leben Sie lange und gesund!
Angela Kipp
Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt.
You left out from the list museum managers who are told about the hazards but cant be bothered to inform themselves, too lazy to do anything, pretend an expertise they dont have, think it will be too expensive or will create bad publicity, thereby leaving their collections staff and volunteers at risk. Think that cant happen? Try working for a Local Authority run museum.
I know it too good, Bryn, I know it too good. Sometimes a hint that this can become rather expensive if a former staffer, volunteer, visitor or researcher sues the museum can do something to get lazybones-in-chief to do something about it. Also, asking insurance questions can help.
A load of information, that hadn’t been thought of before by us. Thank you for this, will be re-thinking cataloguing process.
Working with the conservation of period furniture on a regular basis I am always aware of the possible presence of leaking mercury in pre 1900 mirrors. For those interested, information can be found on the following website http://www:conservation-wiki.com/wiki/Tin-Mercury_Amalgam_Mirrors#Preventative_Conservation
Thanks for the hint, Robert. Indeed this is a huge issue especially for historic houses and castles.
I once found a puddle of mercury splashed onto a layer of tissue packing in a crate where it had been left without a lid at the bottom of a shelving unit. It was a completly inexplicable how it had got there or what object it might have come from. This may explain the mysterious source.
Thanks for this valuable information. Will keep in mind this info. for my museum.
Sounds like you are up and running tackling those collections, Mary. Keep up the good work!
Very useful, thank you!!! Sometimes we need written material to prove we don’t ask for fantastic things.
Mercuric chloride was also commonly used as a pesticide on botanical specimens in herbaria in the past. Treated sheets were rarely labeled so.
Good point, Elana! That’s why one should always assume they are treated unless proven otherwise.
Excellent post, Angela! Sometimes I feel like a voice in the wilderness — I appreciate knowing I am not alone. 🙂
It’s the purpose of this blog to share this stuff, so all those out in the trenches know they are not alone. 🙂
Great post and so true that we need to share information with each other and document document document