Silikagel (Kieselgel) – das ist kein Wunder, sondern Physik!

Mir begegnen immer wieder falsche Vorstellungen davon, wie Silikagel funktioniert. Eine ist, dass Silikagel in einer Vitrine ununterbrochen Wasser absorbiert, bis entweder die Kapazität des Silikagels erschöpft, oder bis eine relative Luftfeuchtigkeit von 0% erreicht ist – und das stimmt nicht.

Am nützlichsten ist es wohl zu wissen, dass die physikalischen Gesetze, die das Funktionieren von Silikagel bestimmen genau die gleichen sind, die auch das Verhalten von Papier, Leder, Holz, Fotografien und vielen anderen Dingen im Museum regeln. Was passiert, wenn man ein Stück Papier in eine neue Umgebung bringt? Je nach den Bedingungen unter das Papier zuvor aufbewahrt wurde, wird es Feuchtigkeit aufnehmen oder abgeben, bis es sich in einer Art Gleichgewicht mit der neuen Umgebung befindet. Wenn wir dann die RH erhöhen, wird auch der Wasseranteil am Papier zunehmen, bis wiederum ein Gleichgewicht erreicht ist. Und entsprechend, wenn wir die RH reduzieren wird das Papier Wasser verlieren, bis auch da das Gleichgewicht hergestellt ist.

Es geht also immer und das Gleichgewicht zwischen dem Wasser im Objekt und dem Wasserdampf in der Luft um das Objekt. Ein weiteres wichtiges Detail ist, dass alle diese „trockenen“ Materialien das Wasser aDsorbieren (mit „d“) und nicht aBsorbieren (mit „b“). Bei der aBsorption wird das absorbierte Teil im Körper des aufnehmenden (absorbierenden) Mediums festgehalten. Wenn man einen Schwamm mit Wasser füllt –und wenn man ihn dann durchschneiden könnte, ohne dass das Wasser heraus läuft – dann würde man viele große und kleine Löcher voller Wasser sehen. Das ist eine Aktion, die sich in relativ großem Maßstab abspielt.
Bei der ADsorbtion verbinden sich einzelne Moleküle des Adsorbats mit einzelnen Molekülen des Adsorbens, auch Substrat genannt, wie kleine Kühlschrankmagneten.
Sie bleiben relativ leicht hängen und lösen sich auch wieder relativ leicht.

Von adsorbierten Gasen nimmt man an, dass sie sich in kondensiertem Zustand befinden. Üblichere Kondensat-Zustände bei Wasser sind der flüssige und gefrorene (Eis). Es geht also um ein Gleichgewicht zwischen den Phasen der Adsorption und der Dampf-Phase.

In der Regel wollen wir eine gegebenen RH erhalten und deshalb konditionieren wir das Silikagel auf die gewünschte relative Luftfeuchtigkeit. Wir schütten das Silikagel in die Vitrine und wenn die Konditionierung von Vitrine und Silikagel übereinstimmen passiert gar nichts. Wenn kein Gleichgewicht herrscht, wird das Silikagel – wie Papier – so lange Wasser adsorbieren oder abgeben, bis dieses hergestellt ist. Damit folgt es dem Prinzip vom kleinsten Zwang (Le Chatelier-Prinzip). Dies besagt: wenn ein System im Gleichgewicht ist und wir darauf einwirken und es verändern (z. B. indem wir die RH ändern, oder die Temperatur, oder den Luftdruck) , dann wird es sich in die dem Wechsel entgegengesetzte Richtung verschieben. Wenn also die RH in der Vitrine sinkt wird das Silikagel Wasser entlassen und die RH wird wieder steigen (wenn auch nicht bis zu dem ursprünglichen Wert). Wenn man also ganz wissenschaftlich daher kommen will, dann erklärt man den Leuten, dass es dem ersten Thermodynamischen Gesetz gehorcht: dem Erhalt der Energie.

-Doug
Douglas Nishimura
Image Permanence Institute
Rochester institute of Technology

Übertragung aus dem Englischen ins Deutsche von Brigitte Herrbach-Schmidt

Dieser Beitrag ist auch auf Französisch erhältlich, übersetzt von Aurore Tisserand.

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